Angesichts der innerparteilichen Beratungen über den völkischen "Flügel" um den Thüringer Nationalisten Björn Höcke hat sich der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen für eine Auflösung der Bewegung ausgesprochen. Dies verlautet  aus Parteikreisen. Laut der Nachrichtenagentur AFP soll ein Beschluss zum künftigen Umgang mit dem "Flügel", der seit kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet wird, noch an diesem Nachmittag gefasst werden.

Meuthens Idee stieß den Informationen zufolge in einer Sitzung des Bundesvorstandes auf Zustimmung. Die Frage, wie und wann dies erfolgen sollte, sei allerdings sehr kontrovers und hitzig diskutiert worden, hieß es demnach weiter. Während einige der Teilnehmer für eine Auflösung plädierten, sprachen sich andere für eine Schwächung des Flügels aus. Die Intention der Befürworter einer Auflösung ist, dass die Flügel-Mitglieder aber in der Partei bleiben. Die Diskussion wurde auch überlagert durch einen Bericht des Spiegel über ein nicht in der regulären Buchführung der der Partei angegebenes Konto des "Flügel".  

Hintergrund von Meuthens Vorschlag ist das Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen den "Flügel", dem er verfassungsfeindliche Bestrebungen vorwirft. Die Kritiker des Flügels innerhalb der AfD befürchten nun, dass die gesamte Partei demnächst vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft werden könnte. Damit bekämen vor allem die in der AfD organisierten Beamten, darunter viele Polizisten und Soldaten, ein Problem. Bereits jetzt stehen die Beamten, die Anhänger des "Flügel" sind, wegen der Beobachtung der Verfassungsschützer unter Druck.

Die nationalistische Gruppe ist eine lose Vereinigung von etwa 6.000 AfD-Mitgliedern, die selbst keine eigene Mitgliederstruktur hat, sich vielmehr durch regelmäßige Treffen auf Landesverbands- und Bundesebene manifestiert. Sie bestimmt bei Abstimmungen die Besetzung von AfD-Gremien maßgeblich mit.

Neben Höcke ist Brandenburgs AfD-Landeschef Andreas Kalbitz, der auch zum Bundesvorstand gehört, die wichtigste Führungspersönlichkeit. Kalbitz steht auch parteiintern wegen seiner Verbindungen zur später verbotenen Neonazi-Organisation HDJ unter Druck. Wenn eine Mitgliedschaft nachweisbar wäre, könnte die Parteiführung ihn per Beschluss aus der Partei werfen. Denn die HDJ steht auf einer Liste von Organisationen, die eine Mitgliederschaft in der AfD unmöglich machen.  

Hervorgegangen ist der Flügel aus den Unterzeichnern der Erfurter Resolution von 2015, die sich vor allem gegen den Kurs des damaligen Parteichefs Bernd Lucke gewandt hatte. Inzwischen sind vor allem die meisten ostdeutschen Landesverbände vom "Flügel" politisch und personell durchdrungen. Sie sind es auch, die sich gegen eine Auflösung der Gruppierung stellen. Allerdings stellen die Ost-Landesverbände nur etwa 20 Prozent der Mitglieder und Parteitagsdelegierten.

Die westdeutschen Verbände sind hingegen eher "Flügel"-kritisch. Aus den Landesverbänden in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg kamen zuletzt deutliche Forderungen, den Einfluss des "Flügel" zurückzudrängen. Getrieben sind diese Forderungen auch von der Befürchtung, dass die AfD in den ab 2021 anstehenden Landtagswahlen in westdeutschen Bundesländern stark verlieren könnte.