1,3 Millionen Demonstranten in Berlin? So leicht lassen sich die Übertreibungen widerlegen

Teilnehmer der Anti-Corona-Demo auf der Berliner Friedrichstraße.

Teilnehmer der Anti-Corona-Demo auf der Berliner Friedrichstraße.

Berlin. Die Initiative “Querdenken” hatte die Großdemonstration in Berlin gegen die Corona-Auflagen vom Samstag angemeldet. Schon zuvor hieß es, es würden bis zu 500.000 Menschen erwartet. Nach Polizeiangaben waren aber nur 10.000 Menschen für die Demonstration angemeldet. Dass sich die Zahl der angemeldeten von der tatsächlichen Personenzahl unterscheidet, ist allerdings nicht ungewöhnlich.

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Doch nach der Demonstration unterscheiden sich die offiziellen Angaben der Polizei massiv von denen der Veranstalter und ihrer Anhänger. So ist in zahlreichen Tweets von Hunderttausenden Teilnehmern die Rede, auf der Veranstaltungsbühne selbst wurde von 1,3 Millionen gesprochen – eine Zahl, die auch in den sozialen Medien geteilt wird. Medien werden bezichtigt, falsche Zahlen zu verbreiten – nämlich die offiziellen der Polizei Berlin.

Die spricht von 17.000 Teilnehmern bei der Demonstration.

20.000 Demonstrierende in Berlin: "Wir sind die zweite Welle"
 01.08.2020,Berlin,Deutschland,GER,Gro��demonstration gegen Corona-Auflagen,durchgef��hrt von der Stuttgarter Initiative Querdenken 711.Wir sind die 2.Welle *** 01 08 2020,Berlin,Germany,GER,Large-scale demonstration against corona conditions,conducted by the Stuttgart initiative Querdenken 711 Wir sind die 2 Welle

20.000 Menschen haben am Samstag an einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin teilgenommen.

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Bilder sollen die höheren Teilnehmerzahlen belegen, sogar ein angeblicher Screenshot der Polizei Berlin wird verbreitet, in dem von 3,5 Millionen Demonstranten die Rede ist – ein Fake, wie die Berliner Polizei sagt. “Das schließe ich aus, dass es so einen Tweet von der Polizei Berlin gab, der von 3,5 Millionen Teilnehmer berichtet”, sagte ein Sprecher der Polizei dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Das Blog Volksverpetzer, das sich gegen Hass und Fake News im Netz engagiert, hat sich die Bilder und Berichte zu der Demonstration genauer angeschaut und widerlegt die Zahlen der Anti-Corona-Demonstranten. So sind in dem Blog Bildvergleiche mit anderen Großereignissen in der Hauptstadt zu sehen. Zudem haben die Blogger das Tool Mapchecking genutzt. Dabei sehe man deutlich, “dass die Fläche der Corona-Demo auch bei einer großzügig dichten Personenmenge (ein Mensch auf einen qm – was eine Missachtung der Hygienemaßnahmen darstellt) lediglich knapp 15.000 Teilnehmer*innen möglich macht”, heißt es.

Ähnlich argumentiert auch der Faktenchecker von tagesschau.de in Bezug auf Mapchecking. “Bezieht man dies auf den Abschnitt der Straße des 17. Juni, auf der die Kundgebung stattfand, kommt man selbst bei großzügigen Berechnungen nicht auf deutlich über 20.000 Menschen am Samstag”, heißt es in dem Bericht. Demnach seien viele der Profile, Seiten und Gruppen, die die Zahl 1,3 Millionen verbreiteten, schon in der Vergangenheit wegen der Verbreitung von gezielten Falschinformationen aufgefallen.

Auch Twitter-Nutzer versuchen die Theorie der angeblichen 1,3 Millionen Teilnehmer zu widerlegen, in dem sie ebenfalls Vergleichsbilder zu Großereignissen ins Netz stellen. Etwa zum Berlin-Marathon ...

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... oder zur Loveparade 1999 mit 1,5 Millionen Teilnehmern.

Ein weiterer Versuch, um die angeblich hohe Teilnehmerzahl zu belegen, sind Demonstrationsbilder, die allerdings von anderen Protesten stammen und nicht aus Berlin, was sich mit einer Bilderrückwärtssuche schnell herausfinden lässt.

Bei der Demonstration selbst waren übrigens massiv die Hygieneregeln ignoriert worden, weshalb die Polizei Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung stellte. Der erklärte den Demonstrationszug am Nachmittag selbst für beendet.

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Da auch auf der anschließenden Kundgebung viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, löste die Polizei diese Versammlung am frühen Abend schließlich auf.

Doch die Demonstration hallt auch in der Politik nach. Es gibt scharfe Kritik am Verhalten der Demonstrationsteilnehmer und die Debatte, wie weit die Versammlungsfreiheit gehen darf, kocht hoch.

RND/das/lhen

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