Respektloser Auftritt von Joe Biden endet in Medien-Desaster „Mögen Sie in der Hölle schmoren,“ Mr. President!

Von Gregor Amelung

Air Force Base Dover, Bundesstaat Delaware. Es ist Sonntag, der 29. August 2021.

Drei Tage zuvor sind insgesamt 13 US-Soldaten bei Selbstmord-Anschlägen in Kabul ums Leben gekommen. Es waren die höchsten Verluste an einem einzelnen Tag in Afghanistan seit 10 Jahren. Auf der Airbase werden die mit der amerikanischen Fahne bespannten Särge nun aus einer Transportmaschine getragen. Für die Sargträger geht es vorbei an US-Präsident Joe Biden, der mit seiner Frau Jil, Außenminister Tony Blinken und anderen hohen Amtsträgern erschienen ist.

In der Zeremonie legen Zivilisten wie Biden ihre Hand aufs Herz, anwesende Militärs oder Ex-Militärs salutieren dem Toten, dessen Sarg zu ein paar Leichenwagen getragen wird, die auf dem Rollfeld geparkt sind. Das stille Zeremoniell symbolisiert sowohl die Ankunft des Gefallenen in seiner Heimat als auch die Übergabe seiner sterblichen Überreste an die Angehörigen. Nach der Ehrerweisung nehmen die Anwesenden ihre Hände herunter, um dem nächsten „toten Helden“ aufs neue die Ehre zu erweisen.

RTL NEWS am 30. August: „Das Foto mit Baby ging um die Welt.“ – Nachrichtensender ntv am 29. August: „‚Kabul, Afghanistan I love my job’, schrieb [Nicole] Gee bei Instagram unter 2 dieses Foto.“ (Quelle: www.rtl.de Foto: CNN Newsource / Twitter; www.n-tv.de Foto: picture
alliance/dpa/U.S. Marine Corps via AP)
Zu Toten gehört auch die Soldatin Nicole Gee (23), deren Foto, wie sie ein afghanisches Baby auf dem Flughafen Kabul in Armen hält, kurz zuvor um die Welt gegangen war. Entsprechend ist in den USA auch das Interesse an der Zeremonie auf Air Force Base Dover.

Kernschmelze aus Respektlosigkeit

Und genau hier beginnt am 29. August Joe Bidens medialer Super-GAU. Eine Kernschmelze aus Respekt- und Instinktlosigkeit. Denn Biden, der hier explizit in seiner Rolle als Oberbefehlshaber der nun tot heimkehrenden Soldaten anwesend ist, schaut auf seine Armbanduhr. Ganz so wie jemand, der mal kurz auf den Wecker glotzt um zu checken, wie lange denn der Kram hier noch dauert…

Entsprechend groß war der Aufschrei in den Sozialen Medien. Die den Demokraten zugeneigte Presse steuerte augenblicklich gegen. Die größte landesweite Tageszeitung USA Today veröffentlichte sogar einen Fakt-Check, in dem sie die im Netz viral gegangene Behauptung „Donald Trump grüßte die Särge gefallener US-Soldaten, während Joe Biden auf die Uhr schaut“ als „teilweise falsch“ einstufte. In dem Check hieß es, Biden habe den getöteten Soldaten seinen “Respekt erwiesen“, denn er habe erklärt: „Diese amerikanischen Soldaten… waren Helden.“ „Helden, die eine gefährliche, selbstlose Mission hatten, um das Leben anderer zu retten.“ Bidens Hand-aufs-Herz-legen und das Salutieren seines Vorgängers seien „gleich(wertige) Geste des Respekts“. Das war zwar durchaus richtig, allerdings stammten Bidens Worte von den toten „Helden“ aus einem Statement des Präsidenten vom Tag zuvor und hatten erstmal nichts mit der Ankunft der Särge zu tun.

Faktencheckerei als Brandbeschleuniger

Darüber hinaus führten die Faktenchecker aus: „Das Videomaterial…, das in den sozialen Medien weit verbreitet wird, zeigt Biden etwa 30 Sekunden lang mit der Hand auf seinem Herzen, während Leichenwagen die Überreste der Soldaten vom Rollfeld fahren. Nachdem die Wagen weggefahren waren, schloss Biden kurz die Augen, bevor er seine Arme senkte und einen Blick auf seine Uhr warf.“

Hier benutzte die USA Today das Verb „glance“, das die Aktion eines flüchtigen Blicks beschreibt, während die wütenden Posts in den Sozialen Medien das Verb „checken“ benutzen, was besagt, dass Biden seine Uhr bewusst gecheckt hatte, um die Uhrzeit zu erfahren. Kein flüchtiger Blick also und auch keine Übersprungshandlung, während er „seine Arme senkte“.

Darüber hinaus ordnete die USA Today das Geschehen insofern weiter ein, dass „in dem Moment“, also beim flüchtigen Blick, alle Anwesend, die in dem Video zu sehen waren, in normaler Haltung stand, „was zeigt, dass die Zeremonie vorbei war. Ungefähr 35 Sekunden später gingen Biden und die First Lady über das Rollfeld zu einem schwarzen SUV.“ Ergo: Behauptungen im Netz laut Faktencheck „teilweise falsch“.

„Flüchtiger“ oder gezielter Blick? Einmal oder zweimal?

Kurz darauf meldeten sich einige Familienangehörigen der toten Soldaten, die sogenannten „Gold Star Families“, zu Wort und wehrten sich gegen die Beschreibung der USA Today, denn sie hatte in Dover mit eigenen Augen gesehen, wie der Präsident nicht nur einmal flüchtig, sondern „mehrmals“ auf seine Uhr geschaut hatte. Daraufhin sah sich die USA Today gezwungen ihren Fakt-Check zu überarbeiten und ihr Fazit von „teilweise falsch“ auf „fehlender Kontext“ am 2. September umzustellen. Weiter hieß es nun, Präsident Biden haben „mehrmals“ seine Uhr gecheckt. Keine Rede mehr von einem flüchtigen Blick („glance“).

Da der US-Präsident nicht während der gesamten TV-Übertragung im Bild gewesen war, sind lediglich zwei seiner Blicke auf seine Uhr definitiv dokumentiert. Dazu kommen zwei Pressefotos der Fotografin Carolyn Kaster, die im Abstand von 10 Minuten aufgenommen worden waren, sowie ein drittes Foto des Getty-Fotografen Saul Loeb. Aus den Zeitangaben und der Ähnlichkeit zwischen den Fotos bzw. zwischen den Fotos und den Videos schloss USA Today darauf, dass Biden seine Uhr „mindestens 3 Mal“ gecheckt hatte.

Als „Biden blickt zu Boden“ für die Nachwelt archiviert

Suchte man nun nach diesen Pressefotos, fiel auf, dass die Nachrichtenagentur Associated Press (AP), für die Kaster fotografiert hatte, beide Fotos ohne jeden Verweis auf den Blick auf die Uhr (watch) in seinem Archiv abgelegt hatte. Ähnlich verfuhr man bei der Bildagentur Getty. Hier hieß die Bildbeschreibung: „US-Präsident Joe Biden blickt neben First Lady Jill Biden stehend zu Boden, während beide am 29. August 2021 an der Überführungszeremonie der Überreste eines gefallenen Soldaten auf der Dover Air Force Base in Dover, Delaware, teilnehmen…“ So informiert würde ein Marsmensch nach ein paar Stunden Englisch-Unterricht wohl denken: „Aha! ‚looking down’ bedeutet ‚auf seine Uhr gucken’.“

Screenshot aus dem Bildarchiv des international renommierten Bildagentur „gettyimages“ mit dem Foto von „SAUL LOEB“ und der Bildbeschreibung (oben), deren Text auch zur redaktionellen Suche benutzt, hier mit Hilfe einer Lupe vergrößert: „US President Joe Biden
looks down alongside First Lady Jill Biden…“ (Screenshot www.gettyimages.de)

Und mit diesem Aha-Moment einer bewussten ”(Information)Lücke“ zurück zum revidierten Faktencheck der USA Today. Zudem schrieb einen Tag später (03.09.) der konservative Sender FoxNews nicht ohne Schadenfreude: „Die sogenannten ‚Faktenchecker’ [von USA Today] bekamen mächtig Gegenwild, nachdem sie nahegelegt hatte, Gold-Star-Familien hätte darüber gelogen, was sie mit eigenen Augen gesehen hatten.“

„Entschuldigen Sie sich gefälligst bei den FAMILIEN“

In etwa zeitgleich hatte sich der zuständige Faktencheck-Redakteur Daniel Funke für den „Fehler“ via Twitter entschuldigt. In einer dem Anlass eigentlich eher unangebrachten Haltung erklärte er „Wir alle sind Menschen und machen Fehler“. Genau diese modern-urbane Copy-Paste-Lässigkeit flog Funke allerdings postwendend um die Ohren.

„Bei allem Respekt, Mr. Funke, Ihr ‚Faktencheck’ hat nahegelegt, dass trauernde Goldstar-Familien mit ihren Aussagen aus erster Hand GELOGEN HABEN. Behalten Sie Ihr allgemeines ‚Wir bedauern den Fehler’ und entschuldigen Sie sich gefälligst bei den FAMILIEN direkt “, twitterte etwa der Radiomoderator Larry O’Connor zurück.

Live-Übertragung von der Dover Air Force Base am 29. August 2021 – Titelblatt der Tageszeitung „New York Post“ vom 31. August 2021: „Dishonor / Entehrt“ (Quelle: FoxNews via Twitter-Post; Twitter-Post)

Vor der öffentlichen Zeremonie auf dem Rollfeld waren die Familien vom US-Präsidenten noch zu privaten Gesprächen in einem separaten Raum auf Air Base empfangen worden. Wegen der Kontroverse um Bidens Uhr-Blicke gerieten diese Gespräche nun deutlich stärker in den öffentlichen Fokus, als es ohne Kontroverse der Fall gewesen wäre. Und auch die privaten Gesprächen waren – zumindest zum Teil – ebenfalls schlecht gelaufen. So schlecht, dass selbst die Joe Biden sonst sehr wohl gesonnene Washington Post am 30. August darüber geschrieben:

„Noch in der Nacht vor [der Zeremonie] hatte Mark Schmitz einem Offizier gesagt, dass er kein Interesse habe, mit dem Präsidenten zu sprechen, für den er nicht gestimmt hatte und dessen Art und Weise, aus Afghanistan abzuziehen, er verachte – und den er für den Tod seines 20 Jahre alten Sohns Jared mitverantwortlich mache. Aber nachdem Schmitz eine Nacht in einem unscheinbaren Hotel in der Nähe darüber geschlafen hatte, änderte Jareds Vater seine Meinung.

„Vergessen Sie dieses Gesicht niemals“

Nachdem Joe Biden mit allen anderen Familien gesprochen hatte, sprach der US-Präsidenten Schmitz und seine Ex-Frau an. Aber weil Schmitz nach eigenen Angaben den Präsidenten scharf anstarrte, widmete der sich Schmitz’ Ex-Frau. Dabei sprach er wiederholte von seinem eigenen Sohn Beau, der vor sechs Jahren an einem Hirntumor gestorben war“, so die Post. Aber Schmitz wollte nichts von Beau Biden hören. Er wollte über seinen toten Sohn Jared sprechen. „Schließlich“, so die Post, „holten die Eltern ein Foto hervor, um es Biden zu zeigen. [Und] ‚ich sagte: ‚Vergessen Sie diesen Namen nie. Vergessen Sie dieses Gesicht nie. Vergessen Sie niemals die Namen der zwölf anderen.‘ ‚Und nehmen Sie sich etwas Zeit, um mehr über ihre [Lebens]Geschichten zu erfahren.‘

Biden schien das nicht hören zu wollen, so Schmitz. Etwas habe sich in ihm gesträubt, um dann schroff zurückzugeben: ‚Ich kenne ihre Geschichten.’“

Bei seiner nachträglichen Schilderung des Treffens gegenüber der Washington Post betonte Schmitz, dass er das Treffen nicht „politisieren“ wollte. Bereits zuvor hatte Schmitz innerlich mit sich gerungen. Zuerst wollte er den Präsidenten nicht treffen, dann doch. Er hatte nicht vor, Biden die Hand zu schüttelt, dann tat er es doch. Grundsätzlich stimmt Schmitz dem Oberbefehlshaber der USA Joe Biden zu, dass man sich aus Afghanistan zurückziehen sollte, aber eben nicht so. Nicht auf diese chaotische Weise. Bei aller Ernüchterung gab es für Schmitz allerdings auch einen positiven Moment.

Seit Jahren wird davon gesprochen, dass Joe Biden eine Karte bei sich trage, auf der die Anzahl der in Irak und Afghanistan gestorbenen US-Soldaten steht. Bei dem Treffen jetzt holte Biden diese Karte aus seiner Brusttasche. „Am Ende stand ‚Plus 13‘“, erzählte Schmitz. „Ich weiß, es war nur eine Zahl. Aber es war auch ein nachdenklicher Moment, als er [der Präsident] sie betrachtet hat, und dafür zolle ich ihm meinen Respekt.“ Darüber hinaus erkennt der Vater an, dass es „wohl eine der härtesten Sachen, die er je tun musste“ für Joe Biden war. „Sie machen ein paar Anrufe. Und hier sind die Konsequenzen. Das muss schwer sein. Das kann nicht einfach sein. Du kannst ja nicht einfach so auf die Leute zugehen und sie umarmen, so als ob du nichts mit der Sache zu tun hättest. Als Oberbefehlshaber geht das nicht.“

„Biden sprach lediglich über seinen Sohn“

Er wollte den Präsidenten nicht „beleidigen“, so Schmitz, „trotzdem war es irgendwie unpassend, so viel Zeit mit der Erinnerung an seinen eigenen Sohn zu verbringen.“ Und das hätte Joe Biden eigentlich auch wissen müssen; Bidens Sohn Beau war vor sechs Jahren an einer tödlichen Krankheit, die sich lange angekündigt hatte, im Alter von 46 Jahren verstorben. Mark Schmitz war als „stolzer Vater eines US Marines“ in einer Nacht kurz zuvor um 2 Uhr 40 von einem Militäroffizier an seiner Haustür geweckt worden war. Mit einer Nachricht, dass sein gerade 20 Jahre alter Sohn Jared nicht mehr ist.

„Ich glaube zwar, er wollte nur sagen, dass er Trauer und Verlust versteht“, so Schmitz nachdenklich über sein Treffen mit dem US-Präsidenten: „Aber man könnte schon auch meinen, wenn es letztendlich seine Verantwortung war, wie die Dinge gelaufen sind, dann könnte er sich davon auch ein bisschen mehr nehmen. Unser Sohn ist jetzt nicht mehr. Wegen einer direkten Entscheidung oder eines Plans oder des Fehlens eines Plans, den der Präsident in Gang gesetzt hatte.“

Vertauschte Rollen

Das waren schon fast vertauschte Rollen. Während sich der trauernde Vater irgendwie versuchte in die Haut des Präsidenten einzufühlen, wirkte Joe Bidens Verhalten frei von Empathie. Derart frei, als habe Biden gleichzeitig seinen politischen Instinkt in einem Blackout verloren.

Ähnlich wie Schmitz hatten auch die Angehörigen von Unteroffiziers Rylee McCollum (20) laut der Washington Post „gemischte Gefühle“, als es darum ging, den Präsidenten zu treffen. Zu viert waren sie nach Dover angereist: Rylees Vater, seine beiden Schwestern Roice und Cheyenne und seine Witwe Jiennah. Von den vier trafen letztlich nur Jiennah und ihre Schwägerin Cheyenne Joe Biden.

“Ich konnte es nur 15 Sekunden lang ertragen“

Danach sagte Cheyenne gegenüber ”Fox & Friends“, dass Biden das etwa dreiminütige Gespräch damit verbrachte, über seinen Sohn Beau zu sprechen. Beau habe als Soldat im Irak gedient und sei 2015 an einem Gehirntumor gestorben. „Ich konnte nur etwa 15 Sekunden seiner vorgeschobenen und vorformulierten Entschuldigung ertragen, dann war ich raus“, berichtete Cheyenn. Ihr Schwester Roice, die Biden nicht getroffen hatte, berichtete später noch, dass auch ihre verwitwete Schwägerin Roice McCollum das Gefühl gehabt hätte, Bidens Worte seien vorformuliert gewesen. Ein oberflächliches Gespräch von nur wenigen Minuten in „völliger Missachtung des Verlustes… unseres Bruders, Sohnes, Ehemanns und Vaters“.

Erst 6 Monaten zuvor hatten der Marine Rylee McCollum und seine Freundin Jiennah geheiratet. Für kommenden Oktober erwartete das Ehepaar die Geburt des Kindes.

Die Reaktionen auf die Gespräche mit Biden waren allerdings unterschiedlich. Einige Familien akzeptierten vom Präsidenten auch Umarmungen, so die Washington Post, andere erschienen gar nicht, weil sie es kategorisch abgelehnt hatten den US-Präsidenten zu treffen. Das lässt Raum für die Spekulation, dass Biden bzw. sein Stab gedacht haben könnten, dass der Präsident nur auf ihm grundsätzlich wohl gesonnene Familien treffen würde, weil die anderen zuvor abgesagt hatten.

Pressesprecherin verschlimmbessert die Lage

Das Weiße Haus lehnte es ab, sich zu Bidens Gesprächen mit den trauernden Familien zu äußern und erklärte, der Austausch solle privat bleiben. Als die Hauptstadtpresse am 31. August dann aber doch weiterbohrte, ob der Präsident denn tatsächlich „auf seine Uhr“ geschaut habe und was er den Menschen, die sich dadurch „verletzt“ und „beleidigt“ fühlten, zu sagen habe, erklärte Biden Pressesprecherin Jan Psaki:

„Nun, ich möchte allen Familienmitgliedern, die dort waren, sagen, dass er ihren Söhnen und Töchtern dankbar ist für das Opfer, das sie dem Land gebracht haben, und dass er aus erster Hand weiß, was es heißt, ein Kind zu verlieren, und dass einem zu so einem Verlust eigentlich niemand etwas sagen kann. Es gibt einfach keine Worte, die diese Lücke füllen können.“

Das verschlimmbesserte das Ganze in den Augen vieler eigentlich nur noch, denn der Präsident hatte die Gold-Star-Familie zuerst und zuletzt als Oberbefehlshaber getroffen, nicht als Vater, der ebenfalls seinen Sohn verloren hatte. Dass Joe Biden den Krebstod seines Sohns Beau im Jahr 2015 auch auf dessen Einsatz beim Militär (2008-2009 im Irak), zurückführte, war die persönliche Meinung des Präsidenten und stellte ihn keineswegs auf das gleiche Level wie sogenannte Gold-Star-Väter und -Mütter, die in den USA eine gewisse Unantastbarkeit genießen. Nicht umsonst dekoriert man dort die Rasenflächen vor dem Haus der Eltern mit amerikanischen Flaggen in Andacht an den Gefallenen.

”Es war gruselig“

Wer nun Joe Bidens Taktlosigkeiten mit seinem fortgeschrittenen Alter entschuldigen oder erklären möchte, dem sei gesagt, dass Biden auch als Vize-Präsident von Barack Obama im Jahre 2016 ähnliche Probleme bei einem Treffen mit Angehörigen hatte. So erinnert sich Mike Iubelt, dessen damals 20-jähriger Sohn kurz zuvor bei einem Selbstmordanschlag auf dem US-Militärflughafen Bagram ums Leben gekommen war, an ein „schreckliches Gespräch“. „Zu meiner Schwiegertochter [Shelby] hat er gesagt, … dass sie zu hübsch sei, als dass ihr so etwas passieren dürfe. (…) „Wahrscheinlich war’s gut, dass er von Secret-Service-Agenten umgeben war. Gut für uns beide, denn sonst würde ich heute im Knast sitzen“.

Auch die ebenfalls anwesende Mutter des getöteten US-Soldaten fand das Treffen mit Biden unangenehm. „Es war nicht beruhigend, es war gruselig“, so Charlotte Loquasto in einem Interview mit dem konservativen Nachrichtenmagazin Washington Examiner.

Jedes Mal „hat er auf seine Uhr geschaut“

Danach ging es in beiden Fällen – 2016 und 2021 – hinaus auf das Flugfeld zum öffentlichen Teil und zum Ausladen der Särge. Und während man als Beobachter alles, was zuvor im „Privaten“ geschehen war, als subjektiv berichtet und subjektiv empfundene Respektlosigkeiten von Joe Biden auffassen konnte, kamen jetzt seine wiederholte Blickt auf seine Armbanduhr, die eine objektive Respektlosigkeit darstellten.

„Nach jedem Salut der Anwesenden hat er runter auf seine Uhr geschaut“, so Darin Hoover, der seinen Sohn Taylor (31) verloren hatte und der sich dagegen entschieden hatte, mit Biden zu sprechen. „Bei allen 13“, so Hoover mit versteinerter Miene weiter. Auch Mark Schmitz erinnert sich an die wiederholten Blicke des US-Präsidenten auf seine Armbanduhr. Etwa beim vierten Mal beugte er sich zu seiner Ex-Frau hinüber, um ihr ins Ohr zu flüstern: „Ich schwör’ bei Gott, wenn er noch mal auf die Uhr schaut…“. Danach, so Schmitz, „konnte ich einfach nicht mehr hinsehen… Ich fand, es war das Respektloseste, was ich je in meinem Leben gesehen habe.“

Als die Familienangehörigen nach der Zeremonie bereits den für sie bereitgestellten Bus besteigen wollten, dreht sich eine Frau noch mal um und brüllte quer über das Rollfeld in Richtung von Joe Biden:

„Mögen Sie in der Hölle schmoren! Das eben war mein Bruder!!“

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

 

Der Autor ist in der Medienbranche tätig und schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Andrew Cline/Shutterstock
Text: Gast

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