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Die sittliche Beurteilung der Homosexualität
Moralhistorische Anmerkungen zum christlichen Standpunkt (November 2000)

Josef Spindelböck

Hinweis/Quelle: Erschienen in: Josef Spindelböck, Verantwortete Freiheit. Beiträge zur theologischen Ethik, Kleinhain 2004, 241–265. Die hier vorliegende inhaltlich leicht überarbeitete HTML-Version wurde aktualisiert am 23.04.2005 (zur Word-Version).

Einführung

Die christliche und insbesondere die römisch-katholische Beurteilung der Homosexualität als Neigung und in ihren Vollzügen hinsichtlich ihrer sittlichen Qualität scheinen in der postmodernen Gesellschaft wenig konsensfähig. So sehr sich die Kirche der Welt öffnen muss im Sinn eines missionarischen Dialogs mit der Zeit und im Hinblick auf ihre spezifischen „Zeichen“, so wenig darf sie sich zur unkritischen Übernahme nichtchristlicher Denkmuster und Verhaltensweisen bereit finden. Wo nötig, ist sie aufgerufen, „Zeichen des Widerspruchs“ zu sein, gerade um des Menschen und seiner unveräußerlichen Würde willen!

Wenn im folgenden der Versuch unternommen wird, einige Streiflichter auf die historische Entwicklung der Beurteilung des überaus vielschichtigen Phänomens der „Homosexualität“[2] zu werfen und hier vor allem auf die christliche Wertung einzugehen, so soll gleich zu Anfang eine methodische Vorentscheidung offen gelegt werden: Es geht dem katholischen Moraltheologen, wenn er moralhistorische Gesichtspunkte in seine Argumentation einbezieht, nicht um eine (prinzipiell gar nie mögliche) „wertfreie“ Darstellung. Zugrunde liegt den folgenden Überlegungen die Sicht des katholischen Lehramts, wie sie sich auch im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (Nr. 2357–59) ausdrückt: Homosexualität als Neigung ist zwar ungeordnet, aber in sich nicht sündhaft. Sündhaft sind hingegen die homosexuellen Akte, wenn sie bewusst und frei gesetzt werden.[3] Damit wird zugleich dem objektiven Bereich der Norm und des göttlichen Gebotes als auch der subjektiven Sphäre der menschlichen Person und ihrer Verantwortlichkeit Rechnung getragen. Diese Unterscheidung war im christlichen Horizont zumindest implizit auch früher gegeben und ist nicht ganz so neu, wie meist angenommen wird[4], wobei für die richtige Interpretation der Kontext und der lebensgeschichtliche Zusammenhang wichtig sind.

Eine wenigstens ansatzweise historische Betrachtung – mehr kann an dieser Stelle nicht erwartet werden – bietet den Vorteil, aufgrund der Kenntnis des Entwicklungsgangs der ethischen Beurteilung und Diskussion zu einem vertieften Verständnis des Problems in der Gegenwart zu finden.[5]

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in der Antike

Wenn festgestellt wird, bis in die Spätantike sei im Mittelmeerraum der „Strukturierungsprozess der Sexualität“ nicht abgeschlossen gewesen, ausgenommen in der christlichen[6], so kann das hingehend interpretiert werden, dass zwar „alle Gesellschaftsformationen ... bisher Homosexualität als Ausnahme von der Regel“ ansahen[7], ihre eindeutige moralische (Dis‑)Qualifikation im Hinblick auf den aktuellen Vollzug aber nur im jüdisch-christlichen Verständnishorizont möglich war.

Gewisse „primitive“ Stammeskulturen gestatteten dem zum Mann heranreifenden Jüngling erst nach zunächst passiver, dann aktiver Homosexualität auch den heterosexuellen Umgang, weil man meinte, „erst Männerliebe“ gewähre „dem Knaben die Fülle der männlichen Kraft“.[8]

Ägypten und Kanaan werden im Alten Testament wegen ihrer homosexuellen Praktiken – oft im Rahmen von Tempelprostitution – kritisiert (vgl. Lev 18,3 ff). Diese Praktiken in ihrer relativen Häufigkeit aufgrund von Originaldokumenten nachzuweisen ist allerdings schwierig.[9]

In Mesopotamien und Altsyrien wurde männliche Homosexualität in früher Zeit allem Anschein nach nicht unterdrückt und auch nicht als sittlich negativ qualifiziert. Nach dem Grundmuster der babylonisch-assyrischen Kulte manifestierten sich die Gottheiten auch in der Sexualität. So trugen sie durch ihre Dienerinnen und Diener allen Anhängern, Männern wie Frauen, auch in sexueller Hinsicht Rechnung, egal ob sich ihr Verlangen auf das gleiche, das andere oder auf beide Geschlechter richtete.[10]

Homosexualität war im Iran weit verbreitet, sie wurde aber von der zoroastrischen Religion verurteilt.[11]

Was das antike Griechenland betrifft, so war die Homosexualität nicht nur in Sparta und Kreta gängige Praxis, sondern sie war mancherorts gar zu einer „Art ständischer Initiation“[12] geworden, durch welche männliche Jugendliche in die Welt der adligen Männergesellschaft aufgenommen wurden. Als solche war sie vorübergehend, aber anerkannt. Gesetze gab es gegen Nötigung zur Homosexualität, doch waren z.B. Sklaven ohne Rechtsschutz und somit jedem Missbrauch ihrer Herren ausgesetzt.[13] Außerdem existierte eine „philosophische Homosexualität“, wobei persönlich nicht involvierte Philosophen wie Sokrates oder Platon die Homosexualität im Lehrer-Schüler-Verhältnis theoretisch rechtfertigten, da die gleichgeschlechtliche Liebe sowohl einen epistemologischen wie pädagogischen Wert in sich trage[14], eine für die christlich-jüdische Denkweise inakzeptable Vorstellung! Treffend bemerkt in diesem Zusammenhang Karl Hoheisel über diesen dunklen Schatten antiker griechischer Philosophie: „Doch Sokrates hatte mit dem Feuer gespielt: Platon und alle seine Nachfolger gerieten in die Nähe zur Tradition der Homosexualität.“[15]

Im antiken Rom wurde ursprünglich nicht die Homosexualität als solche, sondern nur die in Griechenland wichtigste Form der Homosexualität unter Freigeborenen abgelehnt.[16] Allmählich kam es zu einer philosophischen Entwertung männlicher Liebesbeziehungen.[17] Christliche Kaiser erließen in der Folgezeit auch gesetzliche Bestimmungen gegen Homosexualität.[18]

Ein kurzer Blick auf den Islam zeigt, dass die Homosexualität zwar religiösethisch verboten, eine rechtliche Sanktionierung in der Praxis aber durch strenge Beweisregeln fast unmöglich gemacht wurde. Teilweise wurde sie offiziell geduldet und praktiziert, besonders an Fürstenhöfen. Homosexuelle Kontakte wurden durch die strenge Geschlechtertrennung in bestimmtem Ausmaß gefördert.[19]

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in der Heiligen Schrift

Im Folgenden soll keine exegetische Spezialuntersuchung geboten werden, wohl aber ein auf bibelwissenschaftlichen Erkenntnissen fußender Überblick über die Stellungnahme der Bibel des Alten und Neuen Testaments zur Homosexualität. Darauf baut die folgende Tradition der Kirche auf; die Schrift als Wort Gottes ist bleibend normativ für die Kirche und ihr Lehramt.

Altes Testament

Die hebräische Bibel (AT) bietet eine Sicht, die sich von der Umwelt Israels und den antiken Völkern völlig unterscheidet: Volles Menschsein bedeutet Zuordnung und Gemeinschaft mit dem anderen Geschlecht.[20]

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau (Gen 1,27), die einander ergänzen und die im Bund der Liebe „ein Fleisch“ werden sollen. „Das biblische Menschenbild ist somit heterotrop. Homosexuelle Vergehen werden verurteilt (Lev 18,22; 20,13; Röm 1,24–32; 1 Kor 6,9–10; 1 Tim 1,8–11). Sie entsprechen nicht der Schöpfungsordnung.“[21]

Die Geschichte von Sodom in neuerer exegetischer Auffassung kein eindeutiges Argument für die biblische Verurteilung der Homosexualität, da hier auch das Gastrecht verletzt wird – dafür erfolgt die Bestrafung.[22]

Dass die innige Freundschaft Davids mit Jonathan (1 Sam 18,2–4) einen homosexuellen Charakter gehabt habe, lässt sich weder beweisen noch auch zwingend widerlegen. In der traditionellen kirchlichen Interpretation hat diese Auslegung jedenfalls keine Grundlage. Doch selbst bei Annahme einer homoerotischen oder gar homosexuellen Prägung dieser Freundschaft wäre damit keine Billigung von Homosexualität durch die Bibel vorgenommen, da die Heilige Schrift vieles darstellt und beschreibt, ohne es zugleich sittlich und religiös gutzuheißen.[23]

Das Alte Testament und das Judentum kennen einen Topos, nach dem der sittliche Verfall im Heidentum zurückzuführen ist auf die Leugnung des einen Gottes. Dies trifft auch auf die sittlich negativ beurteilte praktizierte Homosexualität zu.

Eine wichtige Stelle ist hier Weish 14,26 f, wo es über die heidnische Welt heißt: „Es herrscht Umkehrung der Werte, undankbare Vergeßlichkeit, Befleckung der Seelen, widernatürliche Unzucht, Zerrüttung der Ehen, Ehebruch und Zügellosigkeit. Die Verehrung der namenlosen Götzenbilder ist aller Übel Anfang, Ursache und Höhepunkt.“ Die eigentliche Sünde ist also der Abfall von Gott, der alle anderen Übel im Gefolge nach sich zieht, so auch die Verkehrung des Verhaltens im sexuellen Bereich.

Neues Testament

Auf dieser Linie liegt auch der Völkerapostel Paulus, wenn er in Röm 1,26 f die praktizierte Homosexualität als schuldhafte Verirrung beurteilt, die eine tiefere Ursache hat: „Der schlimme Zustand der Heidenwelt ist Folge ihres Götzendienstes. Weil sie die doxa Gottes mit Götzenbildern vertauscht haben, hat dieser bewirkt, dass sie nun bei sich selber Richtung und Ziel im Sexuellen vertauschen.“[24] Es wird beide Male das selbe Verbum „vertauschen“ (allásso) gebraucht. Paulus geht es nicht um psychologische Erklärung, wohl aber um Deutung der theologischen Zusammenhänge. Es ist darum nicht möglich, eine Aussage über den Einzelfall homosexueller Veranlagung hinsichtlich ihrer Ursache zu treffen. Auch ist mit dieser auf die objektiven Zusammenhänge abzielenden Beurteilung des Apostels die Bewertung subjektiver Schuld bei homosexuellem Tun nicht vorweggenommen.

Von Paulus werden alle nicht zwischen Mann und Frau vollzogenen Geschlechtsakte als „para physin“ (an der Natur vorbei) abgelehnt: „Wie die Menschen mit dem Abrücken von der Erkenntnis des wahren Gottes wenn nicht in Widerspruch zu, so doch neben die Ordnung Gottes bzw. der Schöpfung gerieten, so steht Geschlechtsverkehr von Männern untereinander, selbst ein Ergebnis des Abweichens vom einen Gott, im selben Sinne außerhalb dieser Ordnung.“[25]

Wenn heute manche meinen, Paulus habe Homosexualität „nur als frei gewählte Form der Lustbefriedigung, also als Perversion und Sünde“ abgelehnt[26], aber nicht jede Form ihrer Aktualisierung, so nimmt diese Interpretation den Paulustext in seiner Aussageabsicht nicht ernst und gelangt dadurch zu einer mit dem heutigen Zeitgeist leichter vereinbaren Sicht, welche nicht mehr heilsame Provokation bedeutet, sondern nachträgliche Bestätigung dessen, was sich menschlicher Autonomismus auch im sexuellen Bereich gegenüber dem Gottes Gebot herausnimmt. Demgegenüber fasst Korff zusammen, dass für Paulus homosexuelles Verhalten „geradezu zum Symbol einer von Gott abgewandten, in sich verkehrten Welt“ geworden sei.[27]

Jesus Christus nimmt nicht ausdrücklich Stellung zur Homosexualität. In diesem Zusammenhang ist seine klare und positive Bewertung der Ehe und der darin vollzogenen sexuellen Hingabe von Bedeutung (vgl. Mt 19,3–12). Dies schließt die Anerkennung der gottgewollten Polarität von Mann und Frau ein, zu der eine homosexuelle Haltung und Praxis in Widerspruch stellt. Indem Jesus die Ehe auf das Geheimnis des Anfangs – den Schöpfungsplan Gottes – zurückführt, zeigt er einschlußweise auch, dass alles, was im Widerspruch zur rechten Sicht der Ehe und ihren aus der gegenseitigen Liebe und Treue kommenden Vollzug steht, gegen diese Schöpfungsordnung Gottes gerichtet ist. Wer um des Himmelreiches willen wie Jesus auf die Ehe verzichtet (Jungfräulichkeit, Zölibat), anerkennt diese doch als hohen Wert und verneint nicht ihre gottgewollte Ordnung sowie die darin vollzogene sexuelle Begegnung von Mann und Frau.

Die in den Lasterkatalogen 1 Kor 6,9 f und 1 Tim 1,8–10 verwendeten Termini „malakoi“ und „arsenokoitai“ lassen sich kaum eindeutig in ihrer genauen Bedeutung bestimmen; die Interpretation in Richtung Homosexualität ist aber wahrscheinlich zutreffend.[28]

Auf der Basis der Schrift lässt sich also eine eindeutige Ablehnung homosexuellen Verhaltens nachweisen. Zugestanden werden kann, dass über Homosexualität als Neigung noch kaum reflektiert wurde, was aber die biblisch negative Wertung der homosexuellen Akte in ihrer Normativität für die spätere theologische Reflexion nicht aufhebt.

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität bei den Kirchenvätern

Die sittliche Bewertung der Homosexualität verbindet in Weiterführung von Röm 1,26 f das von der Stoa entwickelte Naturrechtsparadigma mit einer schöpfungstheologischen Sicht: „Schöpfungsgemäßes Handeln bedeutet secundum naturam vivere. Homosexuelles Handeln ist ein Handeln contra naturam.“[29]

Justin verurteilt Homosexualität als spezifisch heidnisches Laster.[30] Bei Lactantius gilt homosexuelles Tun als besonders schwere Sünde und als Erfindung des Teufels.[31]

Cyprian von Karthago verurteilt die homosexuelle Praxis entschieden.[32] Er hält aber im Gegensatz zu Tertullians Rigorismus[33] keine Sünde für unvergebbar, auch nicht die homosexuelle Abirrung.[34]

Bisweilen findet sich bei Apologeten und Kirchenvätern auch der „Reflex zutiefst sexualitätsfeindlicher Zeitströmungen“.[35] So ansatzweise auch bei Clemens von Alexandrien, der die Lust als legitimen Aspekt der Sexualität auszuklammern scheint und „jede Form der Geschlechtslust, die nicht ihrem einzigen Zweck, der Zeugung, diente, kategorisch“ ablehnt.[36] Bezüglich der homosexuellen Akte urteilt er: „Deshalb ist es für uns ohne jeden Zweifel klar, dass man die Unzucht mit Männern und die unfruchtbaren Begattungen und die Päderastie und die von Natur unmöglichen Verbindungen der Androgynen vermeiden muss, gehorsam der Natur, die selbst solches durch den Bau der Glieder verbietet, indem sie dem männlichen Geschlecht die Manneskraft verliehen hat, nicht dass es den Samen in sich aufnehme, sondern dass es ihn von sich ergieße.“[37]

Die Synode von Elvira (305) verbot die Rekonziliation von Knabenschändern selbst in der Todesstunde[38]; dagegen wandte sich das Konzil von Nicäa (325).[39] Die Novellen Nr. 77 und 141 des christlichen Kaisers Justinian aus den Jahren 538 bzw. 559 befassen sich mit homosexuellen Vergehen, die aufs schärfste verurteilt werden. Unter anderem heißt es: „Denn wegen solcher Vergehen entstehen Hungersnot, Erdbeben und Pest, und darum ermahnen wir sie, sich der angegebenen unerlaubten Handlungen zu enthalten, damit sie nicht ihr Seelenheil verlieren.“[40] Von einer solchen pauschalen Feststellung aus, die Justinian in der alttestamentlichen Sodomerzählung begründet wissen will, war es nicht weit dazu, Sündenböcke für Naturkatastrophen gerade bei praktizierenden Homosexuellen zu finden – ein Beispiel für ungerechte Diskriminierung und Verdächtigung, die Homosexuellen oft widerfahren ist.

Am umfassendsten wandte sich Johannes Chrysostomos gegen die Homosexualität bei den Heiden, aber auch unter Christen.[41] In seinem Römerbriefkommentar meint er: „Es gibt nichts, was schlimmer wäre als dieser Frevel.“ Als Hauptgrund für die sittliche Verwerflichkeit nennt er die krasse Widernatürlichkeit der Homosexualität. Und er fragt: „Welche Höllenstrafen werden groß genug sein für solche Menschen?“[42] Die unmittelbare Strafe liegt nach seinen Worten bereits in der Sünde selbst, in der Abkehr von der rechten Ordnung, die den Sündern in ihrer Verblendung oft gar nicht mehr bewußt ist.[43]

Augustinus betont, „dass Männer beim Geschlechtsverkehr die Rolle des Weibes spielen, ist nicht naturgemäß, sondern widernatürlich.“ Und er tadelt jene, die im Namen der heidnischen Götter „diese Seuche, dies Verbrechen, diese Schmach“ sogar „in jenem Kult gewerbsmäßig“ betreiben.[44]

Dieser kurze Überblick zeigt: Es gab bei den Kirchenvätern und kirchlichen Schriftstellern gerade in Bezug auf die sittliche Wertung der Homosexualität zeitbedingte Elemente und leider auch echte Diskriminierungen von homosexuellen Menschen. Unbeschadet aller diesbezüglichen Trübungen und Verzerrungen hielt sich in der Kirche die von der Offenbarung vorgegebene Grundlinie durch: Homosexuelles Verhalten ist Ausdruck des Abfalls von Gott und gegen die Schöpfungsordnung gerichtet. Daher ist es in schwerer Weise ein Verstoß gegen das Gebot Gottes und für einen Christen auf jeden Fall zu meiden.

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie des Mittelalters

In den mittelalterlichen Bußbüchern wurde homosexuelles Tun unter die schuldhaften sexuellen Verfehlungen gerechnet.[45] Extreme Anschauungen – die keineswegs den kirchlichen und theologischen „mainstream“ repräsentieren – qualifizierten bereits die ungeordnete Lust als solche als sündhaft. In dieser Linie gab es keinen Raum für eine adäquate Unterscheidung von homosexueller Neigung und homosexuellem Tun.

„In den früh- und hochmittelalterlichen Bußbüchern wird die Homosexualität ohne besondere Hervorhebung im Rahmen der sonstigen Sexualdelikte mit verschiedenen Kirchenstrafen belegt. Theologen aus der Zeit des ‚Reformpapsttums’ fordern eine schärfere Strafpraxis (Petrus Damiani).“[46] Dieser Theologe hat in seinem um 1049 verfaßten „Liber Gomorrhianus“ die homosexuelle Betätigung auf schärfste verurteilt.[47] Im Hintergrund standen konkrete Vorkommnisse auch innerhalb des Klerus, gegen die sich Petrus Damiani wenden musste. Homosexualität sah er als Bedrohung nicht nur für die Kirche, sondern auch für die Gesellschaft. Die „von Petrus geprägten Metaphern (Krebsgeschwür, Gift, Virus)“ übten „großen Einfluß auf die Perhorreszierung der Gleichgeschlechtlichkeit im gesamten Mittelalter“ aus.[48]

Im 3. Laterankonzil (1179) wurde angeordnet, als homosexuell überführte Kleriker zu degradieren sowie Laien aus der Kirchengemeinschaft auszuschließen.[49]

Nach Thomas von Aquin zählt Homosexualität zu den widernatürlichen Unzuchtssünden („vitium contra naturam“). Er nimmt eine zweifache Einteilung der Unzuchtssünden („luxuria“) vor: Es gibt solche, die der rechten Vernunft („ratio recta“) entgegenstehen, und es gibt andere, die darüber hinaus auch noch direkt „gegen die natürliche Ordnung des sexuellen Aktes“ gerichtet sind, wie sie dem Menschen entspricht.

Zu diesem „vitium contra naturam“ zählt er dann wiederum vier Gruppen: Jemand sucht „ohne sexuelle Vereinigung um der Lust willen“ den Orgasmus (= Selbstbefriedigung); jemand bedient sich einer „Sache nicht derselben Art“ für den geschlechtlichen Vollzug (= Bestialität); jemand vollzieht den „Beischlaf mit dem nicht gebührenden Geschlecht“ (= Homosexualität); jemand beachtet „nicht die natürliche Art und Weise des Beischlafs“, entweder in Hinsicht auf ein „ungebührliches Mittel“ oder im Hinblick auf „andere scheußliche und bestialische Weisen des sexuellen Vollzugs“ (z.B. Anal- und Oralverkehr).[50]

Der Aquinate fragt nach der objektiven Schwere der Sünden gegen die Natur, zu denen die schon erwähnten vier Gruppen zählen. Seine Auffassung ist, dass diese Sünden innerhalb der Unzuchtssünden von der Sache her die schwersten sind, da der Mensch dabei das übertritt, „was gemäß der Natur bezüglich des geschlechtlichen Vollzugs festgelegt ist“ („quod est secundum naturam determinatum circa usum venereorum“).[51] Eine Aussage über die Schwere der Schuld im Einzelfall macht er dabei nicht, da für Thomas von Aquin feststeht, dass zur subjektiven Anrechenbarkeit einer Schuld als schwer die bewusste und freiwillige Zustimmung zur Übertretung des Gebotes Gottes in einer wichtigen Sache gegeben sein müssen.

Über die generelle Entwicklung urteilt Hergemöller: In der theologischen und kirchenrechtlichen Diskussion des späten Mittelalters könne „ein Trend zur Aufwertung der ‚sodomitischen Sünde’ als schlimmste aller Unzuchtssünden, ja als die größte aller Verfehlungen überhaupt, beobachtet werden. Sodomie wird seit dem 13. Jahrhundert als Angriff auf die von Gott geschaffene Naturordnung, auf die Heiligkeit des Ehebandes und auf die Grundlagen von Staat und Gesellschaft unter Androhung der Höchststrafe verfolgt“.[52]

Im weltlichen Bereich erfolgte in (straf-)rechtlicher Hinsicht eine Kriminalisierung der Homosexualität. Als Beispiel dafür kann die Peinliche Gerichtsordnung von 1532 genannt werden, die jenen die Verbrennung androhte, die gleichgeschlechtliche Unzucht trieben (Art. 116).[53] „Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass Verstümmelungs-, Ehren-, Geld- und Exilstrafen (insbesondere für Minderjährige und passive Partner) häufiger verhängt wurden als Todesurteile. In Venedig wurden z.B. im 15. Jh. ca. 70 öffentliche Hinrichtungen vollzogen (meist Feuertod bzw. Enthauptung mit anschließender Verbrennung). Die Todesstrafe für Frauen wegen analoger Delikte konnte für die Zeit des Mittelalters bislang nicht nachgewiesen werden.“[54]

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie der Neuzeit

Ökumenisch bedeutsam ist die Einschätzung der Homosexualität und ihrer Akte bei Martin Luther. Während er in seinem Kommentar zum Römerbrief die Homosexualität als sittliche Abirrung der Menschen infolge ihres Gottesverlustes nur en passant zur Sprache bringt, da er hier die Selbstbefriedigung einbezieht[55], zeigt er in seinem Traktat vom ehelichen Leben die Ehe als gottgewolltes und in der Schöpfungsordnung begründetes Heilmittel gegen jede Art von sexueller Zügellosigkeit und Perversion auf, wie sie nach seiner Auffassung auch die homosexuellen Akte darstellen.[56] Am deutlichsten wird der Reformator in seiner Vorlesung zum Buch Genesis: Das homosexuelle Ansinnen der Bewohner Sodomas wertet er als „contra naturam“ sowie als „perversitas“. Ihre eigentliche Wurzel habe diese Verkehrung in der Anstiftung des Teufels.[57] Damit fällt er ein klares Urteil, das der Wertung katholischer Theologen seiner Zeit in nichts nachsteht.

Als exemplarischer Vertreter der katholischen Moral der Neuzeit soll der heilige Alfons von Liguori angeführt werden. Seine Moraltheologie ist am Evangelium orientiert, bedient sich aber auch der rechtlich-kasuistischen Kategorien seiner Zeit. Nach seiner Auffassung besteht die besondere Hässlichkeit („deformitas“) der Sodomie im Verkehr mit dem ungebührenden Geschlecht. Es bestehe ein Unterschied in der sittlichen Bewertung, je nachdem jemand dabei die aktive oder passive Rolle übernommen habe.[58] In bezug auf die Straffolgen der Sodomie überrascht folgender Satz: „Quoad poenas sodomitarum, si sint laici, damnantur morte, et combustione.“[59] Heißt das, dass Alfons hier nicht nur die gesetzliche Regelung seiner Zeit referiert, sondern die Todesstrafe bei Sodomie sogar befürwortet? Sofern dies zutrifft, ist er hier beeinflußt von einer rigoristischen Zeitströmung in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller. Für Kleriker allerdings treten andere Strafen ein (wie Amtsverlust etc.). Im Übrigen fällt gerade bezüglich der Behandlung des 6. Gebotes die kasuistische Sichtweise auf, die aus heutiger Sicht in manchen Bereichen skrupelhaft anmutet.[60]

Dominicus Prümmer (+ 1931) gehört zur jüngsten Vergangenheit. Er anerkennt, dass es „sexuelle Perversion“ („perversio sexualis“) in der Weise gibt, dass jemand ein ungestümes sexuelles Verlangen in Bezug auf eine Person desselben Geschlechtes hat („appetitus sexualis valde vehemens in personam eiusdem sexus“). Eine solche Perversion sei bisweilen gleichsam angeboren („quasi innata“), manchmal durch sexuell zügellose Akte erworben („acquisita actibus valde libidinosis“). Hier könne die sittliche Verantwortung gemindert sein. Deren völlige Aufhebung zieht er kaum in Erwägung: Weil der menschliche Geist überaus selten durch eine derartige sexuelle Perversion in völlige Verwirrung gerate, würden die von der sexuellen Begierde initiierten Akte dem Handelnden prinzipiell angerechnet.[61]

An der grundsätzlichen Auffassung der katholischen Kirche bezüglich der sittlichen Verwerflichkeit homosexueller Akte hat sich in der Neuzeit nichts geändert, obwohl die Kirche ihren gesellschaftlichen Rückhalt vielfach verlor und darum mitunter zu einem einsamen Zeugnis der von ihr vertretenen Wahrheit in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre aufgerufen war.

Gesellschaftlich kann der Weg der Bewertung von Homosexualität und ihrer Akte in der Neuzeit so skizziert werden: Homosexualität wurde von einem Vergehen bzw. Verbrechen zu einer privaten Sünde, dann zu einer Krankheit, schließlich zu einer tolerierten und heute zu einer als gleichwertig mit der Heterosexualität anerkannten Lebensform. Diesem Wandel hat sich die Kirche allerdings nicht in der von vielen erwarteten Weise angeschlossen, was ihr nicht selten Widerspruch einbringt.

Die sittliche Beurteilung der Homosexualität in Kirche und Theologie der Gegenwart

Nicht zuletzt aufgrund des Beitrags der Humanwissenschaften hat sich eine Unterscheidung zwischen homosexueller Ausrichtung[62], homosexuellem Verhalten und homosexueller Identität als hilfreich erwiesen. Hinsichtlich des verantwortlichen Umgangs von Christen mit einer homosexuellen Neigung gebe es zwei Lösungswege, meint W. Korff: Entweder den „Weg des Verzichts auf sexuelle Betätigung bei gleichzeitiger Sublimierung des geschlechtlichen Antriebslebens im Rahmen eines individuell und sozial produktiven Lebensentwurfs“ oder den „Weg der Integration der homosexuellen Orientierung und des daraus fließenden Verhaltens in eine auf Dauer ausgerichtete homosexuelle Partnerschaft“.[63] Er meint dann, eine „undifferenzierte und grundsätzliche Verwerfung homosexuellen Verhaltens erscheint aber besonders dort problematisch, wo sich die Betroffenen nicht nur keinerlei strafrechtlicher Verfehlungen schuldig machen ..., sondern umgekehrt ihre Homosexualität in eine dauerhafte, auf personale Bindung gerichtete partnerschaftliche Beziehung integrieren.“[64]

Dieses Beispiel, das sich leicht durch viele andere ergänzen ließe, zeigt, dass selbst innerhalb der katholischen Theologie die Beurteilung von Homosexualität als ungeordnete Neigung und die sittliche Wertung homosexueller Akte als in sich schlecht, wie sie vom Lehramt der katholischen Kirche in Konsens mit Bibel und Tradition vorgenommen wird, nicht mehr auf ungeteilte Zustimmung stößt. Was ist in den letzten Jahren geschehen, was hat zu dieser Entwicklung geführt?

Zur so genannten „Entpathologisierung“ der Homosexualität

Längst wird es in einschlägigen Kreisen nicht mehr als Fortschritt für eine angemessene Beurteilung individueller Verantwortlichkeit angesehen, homosexuelle Neigung in bestimmtem Ausmaß als unfreiwillig zu beurteilen und sie in eine Reihe mit anderen Abweichungen von der rechten Norm zu stellen oder als eine Form krankhafter Prägung der Persönlichkeit zu werten. 1973 beschloss die „American Psychiatric Association“, die Homosexualität als solche zu entpathologisieren und aus dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) zu streichen.[65]

Die Herausnahme von Homosexualität aus dem Verzeichnis krankhafter Erscheinungen verleitet zur Annahme, es handle sich dabei um eine völlig normale, der heterosexuellen Orientierung durchaus gleichwertige Form menschlicher Sexualität. Mitunter wird impliziert, die Zuschreibung einer Krankheit sei per se eine Diskriminierung der Person. In dieser Weise setzt Rauchfleisch einfach voraus, dass eine „stark pathologisierende“ Sicht der Homosexualität zugleich eine „diskriminierende“ Sicht sei.[66] Homosexuelle „Orientierung“ finde „schon im Verlauf der Kindheit und Jugend ihre definitive Ausgestaltung“. Daher sei Therapie nicht nur unmöglich, „sondern geradezu antitherapeutisch und inhuman“, da sie für die Klienten „zu einer Verleugnung und einem Vorbeileben an ihrer wahren Identität“ führe. Homosexuelle Menschen seien oft Opfer von Gewalt, in offener oder subtiler Form, auch „durch soziale Ausgrenzungen, Pathologisierungen ihrer Orientierung mittels medizinischer und psychologischer Theorien und nicht zuletzt auch durch offizielle kirchliche Verlautbarungen.“[67]

Angefragt werden soll, ob die Neubewertung der Homosexualität aufgrund ideologischer Vorentscheidungen oder gemäß medizinisch-therapeutischen Kriterien erfolgt ist. Die Antwort darauf können allerdings nicht Theologie und Kirche geben. Diese Aufgabe muss der psychiatrischen Wissenschaft zugewiesen werden.[68]

Aufwertung der Homosexualität als der Heterosexualität gleichwertige Schöpfungsvariante?

Die Stoßrichtung jener Theologen, die eine Neubewertung der Homosexualität vornehmen und dies auch von der Kirche einfordern, ist klar. Es geht um nichts Geringeres als um eine Anerkennung homosexueller Praxis als legitime Variante von Schöpfungserfahrung.[69]

So sehen manche nur mehr ein Defizit bei homosexueller Praxis als gegeben an: die Unmöglichkeit, Leben weiterzugeben. „Den Fortfall der geschlechtlichen Ergänzung sieht man offenbar kompensiert durch die Möglichkeit personaler Partnerschaft.“[70] Das Verbot homosexueller Akte wird nur mehr als rein kirchliche Verbotsnorm interpretiert, deren Übertretung in der Sache nicht schwer zu gewichten wäre.[71] Ausnahmen gemäß dem Spruch des individuellen Gewissens seien legitim. Die Kirche müsse dies respektieren. Damit wird die Frage objektiver Normativität elegant umschifft.

Auf diese Weise ist eine Kehrtwendung von der biblischen, patristischen und theologischen Tradition hin zu einer dem momentanen Zeitgeist folgenden Sicht vollzogen.

Eheschließung für Homosexuelle?

Der kirchliche und kirchenrechtliche Standpunkt ist klar: „Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sind Männer und Frauen mit entschiedener homosexueller Neigung zur heterosexuellen Ehe in der Regel unfähig (c. 1095 n. 3). Eine ‚Ehe’ zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern ist kirchenrechtlich unmöglich.“[72]

Das genügt vielen allerdings nicht. Wenigstens für den gesellschaftlichen Bereich fordern sie eine Art von „Homosexuellen-Ehe“ als institutionelles Äquivalent der Homosexualität.[73]

In diesem Sinn existiert auch eine Resolution des Europäischen Parlaments vom 8.2.1994 für eine gesetzliche Ermöglichung der zivilen „Eheschließung“ für homosexuelle Paare. Wenn aktuelle politische Entwicklungen in bestimmten Staaten analysiert werden, dann zeigt sich, dass zumindest die Bestrebungen stark sind, dies auch zu realisieren. Diese Bestrebungen hat die Kongregation für die Glaubenslehre zum Anlass genommen, in einem eigenen Schreiben darauf hinzuweisen, dass eine derartige institutionelle Aufwertung homosexueller Beziehungen naturrechtlichen Prinzipien, aber auch der Offenbarung widerspricht, ja in Wahrheit eine Diskriminierung gegenüber der Ehe zwischen Mann und Frau darstellt.[74]

Theologische Klärungen

Die homosexuelle Neigung ist nicht als der heterosexuellen Ausrichtung gleichwertig anzusehen. „So wenig es eine Diskriminierung der Person geben darf, so wenig darf man andererseits den Mangel übersehen, den die Person mit der homosexuellen Ausrichtung und Orientierung erleidet.“[75] Vor allem die Bedeutung, die der Weitergabe des Lebens zukommt, aber auch die der leiblichen und affektiven Ergänzung von Mann und Frau sprechen gegen eine Gleichwertigkeit. Es ist sogar nach Auffassung Gründels „nicht zu erwarten, dass der Homosexualität die gleiche Wertschätzung eingeräumt wird wie der Heterosexualität; geht man von dem zeichenhaften Charakter der Leiblichkeit der sexuellen Begegnung aus, so behält eben doch die Homosexualität die Eigenart einer Anomalie.“[76]

Jene Argumente, die sogar eine sittliche Anerkennung homosexueller Akte fordern, erweisen sich als nicht stichhaltig:

  • Homosexualität sei eine gleichwertige Variante der Natur. Man müsse daher der Natur gemäß handeln dürfen. Hier wird die faktische von der normativen Natur nicht unterschieden. „Als Norm kann vielmehr immer nur die Natur in ihrer Finalität gelten: Es ist so zu handeln, dass die in der Natur liegenden Zwecke realisiert werden.“[77]
  • Der Homosexuelle dürfe sein eben so geprägtes Wesen nicht verstümmeln. Als Antwort darauf könnte auf Mk 9,43 verwiesen werden, wo Jesus Christus sehr wohl Opfer verlangt für jene, die in seine Nachfolge eintreten, was für Außenstehende sogar den Charakter scheinbarer Selbstverstümmelung haben kann.

  • Nicht jeder eheliche Akt diene dem Leben. So könnten auch homosexuelle Akte berechtigt sein. Doch ist hier festzustellen, dass die Ehe in ihrer Gesamtheit auf die Weitergabe des Lebens ausgerichtet ist, worin sich die „Fleischwerdung“ der Liebe vollendet. Jeder sexuelle Einzelakt ist vom Menschen für das Leben offen zu halten. Wenn es auch aufgrund biologischer Gründe unfruchtbare Ehen gibt, so ist doch die sexuelle Gemeinschaft von Mann und Frau an sich auf Fruchtbarkeit hingeordnet und dafür offen. Bei homosexuellen Akten fällt diese Offenheit aufgrund natürlicher Grenzen von vornherein weg. Somit sind diese sittlich nicht positiv zu werten.

  • Homosexuelle Akte seien Ausdruck der Liebe zwischen gleichgeschlechtlich empfindenden Menschen. Dem steht entgegen, dass die Sprache des Leibes keine willkürliche ist und daher die Frage zu stellen ist, ob homosexuelle Akte überhaupt zum Ausdruck personaler Liebe werden können.

  • Der Mensch mit homosexuellen Neigungen könne eben nicht anders, als sich homosexuell zu verhalten. Hier wird von Ausnahmen auf die Regel geschlossen. Doch selbst da, wo persönliche Schuld fehlt oder gemindert ist, bleibt die objektive Unrichtigkeit homosexueller Akte bestehen.

  • Man müsse Homosexuellen mit Barmherzigkeit begegnen und dürfe daher ihr Tun nicht verbieten. Doch kann es gerade ein Zeichen von Barmherzigkeit sein, Menschen auf die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens hinzuweisen, auch im Bereich des Sexuellen und seiner Vollzüge!

Zusammenfassung und Wertung

Die kirchliche Wertung der Homosexualität hat sich im Wesentlichen nicht verändert. Dennoch ist eine Entwicklung festzustellen. So lässt sich das Ergebnis wie folgt zusammenfassen:

  • Unverrückbar ist das Urteil, dass Homosexualität nicht der Schöpfungsordnung entspricht und dass homosexuelles Handeln objektiv sündhaft ist. Homosexualität ist eine Anomalie und keine Variante der Schöpfung, die zwar weniger wertvoll, aber immer noch gut wäre. Diese Wertung ist das Kernstück der lehramtlichen Texte zum Thema.[78]

  • Vor allem auch aufgrund humanwissenschaftlicher Erkenntnisse gibt es heute keinen Moraltheologen mehr, der Homosexualität schlechthin als die „Sünde aller Sünden“ werten würde. Es gibt eine Reihe von Sünden, die objektiv viel schlimmer sind als homosexuelle Beziehungen.

  • Auch die subjektive Verantwortung wird viel vorsichtiger abzuwägen sein als dies früher der Fall war, unter anderem in Hinblick auf die heute deutlichere Unterscheidung zwischen unfreiwilliger Neigung und in Freiheit vollzogenem sittlich-bewussten Handeln.

  • Klarer ist auch geworden, dass es eine wichtige Unterscheidung zwischen dem Rechtsbereich und der Ebene des moralischen Verhaltens gibt. Der Staat soll durch das Gesetz jene Werte schützen, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung garantieren und die Fundamente der Gesellschaft betreffen. Er kann aber nur jene Übertretungen sittlicher Gebote unter Strafe stellen, die zugleich eine Schädigung der Werte des Gemeinwohls sowie der personalen Würde anderer Menschen bedeuten. Für homosexuelle Akte Erwachsener trifft dies im Allgemeinen nicht zu, außer diese sind mit der Verführung Minderjähriger verbunden oder sie geschehen unter dem Einfluss von Furcht und Gewalt bzw. erregen öffentliches Ärgernis.

  • Strafrechtliche Exzesse früherer Zeiten und in anderen Kulturräumen sind für den heutigen Betrachter unverständlich. Wenn es so etwas wie eine „Entschuldigung“ für Unrecht gibt, das Vorgänger in (staatlichen und kirchlichen) Amtspositionen begangen haben, ist eine solche gewiss auch Homosexuellen gegenüber angebracht. Mit einer moralischen Anerkennung der Homosexualität an sich hat dies allerdings nichts zu tun.

Für einen Beobachter von außen mag die Haltung der Kirche zu restriktiv und zu negativ erscheinen. Es kann hilfreich sein festzustellen, dass es nicht um Verbote an sich geht, sondern dass gerade auch die negativen Gebote des Sittengesetzes immer den Sinn haben, positive Werte zu schützen und zu fördern. Was hier auf dem Spiel steht, ist nichts anderes als die rechte Ordnung der menschlichen Sexualität als Ausdruck der Liebe von Mann und Frau und damit auch die gottgewollte Institution der Ehe als Grundlage von Familie, Gesellschaft und Kirche. Für die Verteidigung dieser unersetzbaren Werte wird es sich daher mit Sicherheit lohnen, auch manchen Widerspruch auf sich zu nehmen!

Quellen

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H. Weber, Spezielle Moraltheologie. Grundfragen des christlichen Lebens, Graz-Wien-Köln 1999

 

 


 

[1] Der für diese Publikation aktualisierte Beitrag geht zurück auf einen Vortrag bei der Studientagung „Homosexualität und Kirche“ in Salzburg vom 04.-06.09.2000 und erschien erstmals in: Laun (Hg.), Homosexualität, 161–178.

[2] Der Terminus „Homosexualität“ wurde erst im Jahre 1869 vom ungarischen Schriftsteller Kertbeny alias Benkert geprägt (vgl. Hoheisel, Homosexualität, 291). Mitunter erfolgt eine Abgrenzung zu Homoerotik und Homophilie, welche dann nur die besondere gleichgeschlechtliche Neigung und Empfindung bezeichnet, gleichgeschlechtliche Akte aber ausschließt. Auch behandeln viele das Phänomen der lesbischen Sexualität in eigener Weise, was hier allerdings – ohne die spezifischen Differenzen zu leugnen – unter dem Gesamtbegriff „Homosexualität“ zusammengefaßt werden soll.

[3] Ein Kernsatz lautet: „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‚dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind’ (KKK 2357, mit Berufung auf „Persona humana“, Nr. 8). In der neuen deutschen Fassung, welche der für authentisch erklärten lateinischen Fassung des KKK folgt, heißt es in Nr. 2358, dass die homosexuelle Neigung „objektiv ungeordnet“ ist („obiective inordinata“).

[4] Vgl. z.B. Niedermeyer, Handbuch, Bd 1, 258.

[5] Nach H. Weber (Moraltheologie, 201, Anm. 521) gibt es bisher „noch keine Gesamtgeschichte der christlichen Sexualethik“, wohl aber Monographien zur historischen Entwicklung von Einzelfragen.

[6] Holderegger, Homosexualität, 228; ähnlich Hoheisel, Homosexualität, 290.

[7] Gründel, Homosexualität, 3.

[8] Hoheisel, Homosexualität, 291.

[9] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 293 f.

[10] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 294–296.

[11] Hoheisel, Homosexualität, 298.

[12] Hoheisel, Homosexualität, 301, der A. Winterling zitiert.

[13] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 307.

[14] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 308.

[15] Hoheisel, Homosexualität, 310.

[16] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 313. „In puncto Homosexualität ist alles erlaubt – aber nur mit Sklaven“, urteilt Bleibtreu-Ehrenberg (Tabu 184) über die römischen Anschauungen. Brown (Keuschheit, 44) präzisiert: „Was streng verurteilt wurde, war die Tatsache, dass manche Männer in Verfolgung ihrer Lust den Wunsch entwickelten, die weibliche Rolle zu spielen, indem sie sich von ihren Liebhabern penetrieren ließen: Ein solches Verhalten stellte die Ärzte vor ein Rätsel und war für die meisten Leute schockierend.“

[17] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 321 ff.

[18] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 355 ff.

[19] Vgl. Fleischer, Homosexualität, 115.

[20] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 327.

[21] Gründel, Homosexualität, 3.

[22] Gen 19,1–11. Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 329 f. „Der Sache nach könnte ... eine Strafvergewaltigung zur Bestätigung der geltenden Rangordnung vorliegen.“ – Ebd., 331.

[23] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 331 f.

[24] Weber, Moraltheologie, 294.

[25] Hoheisel, Homosexualität, 338.

[26] Hoheisel, Homosexualität, 339. Gründel (Sexualmoral, 539) relativiert die Sicht des Paulus: „Sicherlich hat Paulus die Homosexualität als Symptom menschl. Ursünde verworfen, entsprechend seiner zeitgenössischen Wertung der Päderastie als Zeichen der Verworfenheit und Dekadenz.“ Oder in anderer Version (Gründel, Homosexualität, 3): „Aus Röm 1,24–27 kann keine konkrete Anweisung zur Beurteilung der Homosexualität entnommen werden. Diese Stelle deutet vielmehr an, dass die Abkehr von Gott negative Auswirkungen hat auf das Zusammenleben der Menschen.“ Bei Holderegger (Homosexualität, 229) findet sich sogar eine gewisse Umdeutung von Röm 1,26 f: „Homosexualität als Ausrichtung auf das gleiche Geschlecht ist hier nicht im Blick, sondern offensichtlich eine entehrende und instrumentalisierende homosexuelle Praxis von Menschen, von denen angenommen wird, sie könnten durchaus auf das andere Geschlecht hin bezogen leben. Nicht Homosexualität als gleichgeschlechtliche Beziehung, sondern Homosexualität als eine Form der Lustbefriedigung wird abgelehnt.“

[27] Korff, Homosexualität, 256; vgl. auch Schlier, Römerbrief, 59–62; Schnackenburg, Botschaft, Bd 1, 240 f.

[28] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 339 f.

[29] Holderegger, Homosexualität, 229.

[30] Justin, Dialog mit dem Juden Tryphon, 95,1.

[31] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 346 mit Hinweis auf Lactantius, Divinae institutiones VI,23,8.

[32] Vgl. Cyprian, An Donatus, 8 f.

[33] Siehe z.B. Tertullian, De corona 6,2 (aus der montanistischen Zeit).

[34] Vgl. Cyprian, Briefe 59, 13 f; 64, 5. Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 345.

[35] Hoheisel, Homosexualität, 342. Im Grundsätzlichen erfolgt bei Clemens von Alexandrien bereits eine gegenläufige Wertung. Trotz seiner bisweilen rigoros erscheinenden Einzelweisungen zeigt er auf, dass die Ehe und die mit ihr verbundene Sexualität eine wahre christliche Berufung darstellen. Vgl. dazu Brown, Keuschheit, 137–154.

[36] Hoheisel, Homosexualität, 348. „Wenn man aber geschlechtlich verkehrt, ohne Kinder erzeugen zu wollen, so heißt das gegen die Natur freveln“ (Clemens von Alexandrien, Der Erzieher, II 95,3). „Denn die bloße Lust ist, auch wenn sie in der Ehe gewonnen wird, gesetzwidrig und ungerecht und unvernünftig“ (ebd., II 92,2).

[37] Clemens, Der Erzieher, II 87,3.

[38] Synode von Elvira, can. 71: „Päderasten werden auch auf dem Totenbette nicht mehr zur Communion zugelassen.“ Zitiert nach Bleibtreu-Ehrenberg, Tabu, 204.

[39] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 356 f.

[40] Justinian, Novelle, Nr. 77, dt. bei Bleibtreu-Ehrenberg, Tabu, 192.

[41] Vgl. Hoheisel, Homosexualität, 351 f. Gerade im Werk „Adversus oppugnatores vitae monasticae“ 3,8 schildert Johannes Chrysostomos den diesbezüglichen Verfall der Sitten auch bei Christen.

[42] Johannes Chrysostomos, Kommentar zum Römerbrief, Homilie V 3.

[43] Johannes Chrysostomos, Kommentar zum Römerbrief, Homilie V 2.

[44] Augustinus, De civitate Dei, lib. VI, c.8.

[45] Eine detaillierte Zusammenfassung über kanonische Strafbestimmungen bei homosexuellen Handlungen bietet Bleibtreu-Ehrenberg (Tabu, 209–218). Besonderes Augenmerk widmet sie den Pseudo-Kapitularen des Benedictus Levita (ca. 848–850), welche ausgerechnet in der praktizierten Homosexualität die Ursache für Naturkatastrophen, Kriege und politische Niederlagen (!) sahen und sogar die Todesstrafe durch Verbrennen für derartige Vergehen anführten (vgl. ebd., 218–231). Über die Tragweite dieser Aussagen und die praktische Anwendung dieser Bestimmungen gibt es unter den Forschern keinen Konsens. Bleibtreu-Ehrenberg wertet die besonders in den späteren Hexenprozessen erfolgte Verbindung von Sodomie mit Hexerei als direkte Folge dieser Kapitularen (vgl. ebd., 253–296, bes. 283). Ungeachtet der tatsächlichen praktischen Auswirkungen sind derartige Wertungen und Strafmaßnahmen wie in den Pseudo-Kapitularen als pauschale Diskriminierungen und Verfolgungen homosexueller Menschen entschieden abzulehnen – und dies in vollem Einklang mit der kirchlichen Lehre! Es muss Christen mit Schmerz erfüllen, dass solche Thesen und Vorgangsweisen von Vertretern der Kirche vorgebracht wurden und auch ein gewisses Echo fanden.

[46] Hergemöller, Homosexualität, 113.

[47] Vgl. dazu Boyd, Norm.

[48] Hergemöller, Einführung, 70.

[49] Vgl. Hergemöller, Homosexualität, 113 mit Bezug auf X 5.31.4.

[50] Vgl. Thomas von Aquin, S.Th. II-II q.154 a.11.

[51] Thomas von Aquin, S.Th. II-II q.154 a.12.

[52] Hergemöller, Einführung, 73.

[53] Vgl. Schroeder, Homosexualität, 227.

[54] Hergemöller, Homosexualität, 114; vgl. ders., Einführung, 74 f.

[55] Vgl. Steinhäuser, Homosexualität, 379 ff.

[56] Vgl. Steinhäuser, Homosexualität, 381 ff.

[57] „… at appetentium, quod contra naturam poenitus est, unde haec est perversitas? sine dubio ex Satana, qui, postquam a timore Dei semel deflexum est, tam premit naturam valide, ut extinguat naturalem concupiscentiam, et excitet eam, quae contra naturam est.“ – Martin Luther, Genesis-Vorlesung, in: WA 43, 57. Hier zitiert nach Steinhäuser, Homosexualität, 384, Anm. 969.

[58] Vgl. Alfons von Liguori, Homo Apstolicus, 24.

[59] Alfon von Liguori, Homo Apostolicus, 26.

[60] Vgl. Alfon von Liguori, Homo Apostolicus, 36.

[61] „Cum autem rarissime mens totaliter perturbetur hac perversione sexuali, actus libidinosi peracti imputantur agenti.“ – Prümmer, Vademecum, Nr. 526.

[62] Von manchen wird die homosexuelle Neigung als „Orientierung“ bezeichnet, was mitunter die Annahme impliziert, es handle sich hier um eine quasi-normative Vorgabe der sexuellen Triebrichtung, die der heterosexuellen Ausrichtung gleichzusetzen sei.

[63] Korff, Homosexualität, 257.

[64] Korff, Homosexualität, 258.

[65] Vgl. Dannecker, Homosexualität, 225.

[66] Vgl. Rauchfleisch, Homosexualität, 254.

[67] Rauchfleisch, Homosexualität, 255.

[68] Lütz (Wissen, 12) betont, dass die Ursachen der Homosexualität nach Auffassung der Fachleute noch weitgehend ungeklärt sind und warnt vor vorschnellen Zuschreibungen.

[69] Vgl. z.B. Steinhäuser, Homosexualität, 360–374, der als evangelischer Theologe sogar Paulus in dieser Weise uminterpretiert. Nach seiner Auffassung müsse man angesichts der universalen Intention in Röm 1,26 f verdeutlichen, „inwiefern die homosexuelle Lebensgestaltung gerade keinen Mißbrauch der Schöpfergaben, wie er dort vorausgesetzt wird, darstellt.“ – Ebd., 374.

[70] Weber, Moraltheologie, 325.

[71] Vgl. z.B. Fraling, Sexualethik, 242.

[72] Bier, Homosexualität, 259.

[73] Vgl. Holderegger, Homosexualität, 230.

[74] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen, 03.06.2003.

[75] Weber, Moraltheologie, 346.

[76] Gründel, Homosexualität, 4.

[77] Weber, Moraltheologie, 346.

[78] Angaben zu Titel und Erscheinungsdatum der Dokumente finden sich im folgenden Verzeichnis unter den Quellen des kirchlichen Lehramtes.