1. Nachrichten
  2. Politik
  3. Deutschland
  4. Flüchtlingskrise: Gibt es ein Grundrecht auf offene Grenzen?

Streit in der Flüchtlingskrise: Debatte über Einreiseverbote: Gibt es überhaupt ein Grundrecht auf offene Grenzen?
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Flüchtlinge an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland
dpa Flüchtlinge an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland

In der Flüchtlingskrise zeigte sich, dass dieser Streitpunkt nicht nur Politiker und Privatleute, sondern sogar ganze Regierungen auseinandertreiben kann: Grenzen auf oder zu? Und wenn ja – für wen?

Muss es eine feste Obergrenze geben, aber nur für Flüchtlinge, wie die CSU sie fordert? Oder ist es zutiefst unfair, dass Deutsche so gut wie überallhin reisen dürfen, die reichen Länder Menschen aus ärmeren Ländern aber die Einreise so schwer wie möglich machen?

*Über das „Philosophie Magazin“

Den ganzen Text lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des „Philosophie Magazins“, das bereits im Handel erhältlich ist. Mehr Informationen dazu und zum aktuellen Heft finden Sie hier.

Das Magazin hat mehr als 10.000 Abonnenten, von jeder Ausgabe verkaufen sich im Durchschnitt 30.000 Exemplare. Seit der Erstausgabe ist der zweimonatlich erscheinende Titel sowohl am Kiosk wie auch im Abo-Bereich weiter konstant gewachsen. Er ist heute Marktführer in seinem Segment.

Ein Pro- und Contra-Gespräch in der aktuellen Ausgabe des „Philosophie Magazins“ zeigt die Argumente beider Lager.

Pro: Ja, Grenzen öffnen!

Für „Grenzen auf“ plädiert der Philosoph Andreas Cassee. Er lehrt an der Freien Universität in Berlin. Das sind seine Argumente:

1. Der unterschiedliche Umgang mit Bewegungsfreiheit ist nicht zu rechtfertigen.

Innerhalb eines Landes gilt Bewegungsfreiheit: „Wer von Berlin nach Hamburg zieht, muss keine Fluchtgründe geltend machen“, schreibt der Philosoph. Anders ist es aber, wenn es um internationale Bewegungsfreiheit geht: Hier werde niemandem der Anspruch zugestanden, von einem Land ins andere zu wechseln. Cassee sieht darin eine Asymmetrie – und er wirft die Frage auf, ob man diese Unterscheidung rechtfertigen kann. Er erkennt keinen Rechtfertigungsgrund, der für ihn das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit aufwiegen würde. „Weshalb sollte der Zufall der Geburt darüber entscheiden, mit welchen Menschen wir zusammenleben und welche Jobs wir antreten wollen?“, fragt er sich.

2. Einwanderungsbeschränkungen zementieren die globale Ungerechtigkeit.

Mit dem Pass eines wohlhabenden Landes wie Deutschland kann man in viele Länder sogar ohne Visum reisen – ohne dass Nachfragen kämen, was man denn dort wolle. Selbst eine Übersiedlung in ein anderes Land ist für die Bürger der wohlhabenden Industrieländer vergleichsweise einfach. Dabei gilt: Zieht jemand aus einem westlichen Land ins Ausland, ist er kein Migrant, sondern ein Expat. Das ist unfair, meint Cassee. Und mehr als das: Die Unterscheidung über die unterschiedlichen Einreisebestimmungen zementiere auch die globale Ungerechtigkeit. Denn über Einreiserestriktionen versuchten die Einwohner der reicheren Staaten, ihre Privilegien zu behalten, indem Migranten aus ärmeren Ländern die Einreise möglichst schwer gemacht wird. Cassee verweist auf den Politikwissenschaftler Joseph Carens, für den die Staatsbürgerschaft eines reichen Landes ein „modernes Äquivalent feudaler Privilegien“ sei.

3. Es gibt kein Grundrecht darauf, Menschen am Überqueren von Grenzen zu hindern

Aus der Existenz von Staaten oder anderen Gebilden mit einer Umgrenzung folgt für Cassee nicht, dass man auch ein Recht darauf habe, Menschen am Überqueren der Grenzen zu hindern. Am Beispiel der deutschen Bundesländer versucht er zu verdeutlichen, dass ein abgegrenztes Gebiet nicht unbedingt bedeuten muss, dass es physische Barrieren geben muss: Die Bundesländer seien voneinander abgegrenzt – darüber sei die „territoriale Zuständigkeit“ geregelt. Aber dort ständen „normalerweise weder Grenzwächter noch Zäune“.

Contra: Nein, wir brauchen Grenzen!

Also Grenzen auf? Nein, sagt der der Philosophie-Professor und frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin.  Das sind seine Argumente gegen eine Politik der offenen Grenzen:

1. Selbst mehr Migration würde das Armutsproblem auf der Welt nicht lösen.

Nida-Rümelin erkennt die globale Ungleichheit als Problem an, wirft aber ein, dass Grenzöffnungen die Armut nicht vollständig bekämpfen könnten.

2. Die Abschaffung der Grenzen wäre das Ende staatlicher Strukturen.

Sein Hauptargument besteht aber darin, dass Grenzen eine wichtige Funktion für das menschliche Zusammenleben haben, die die „Pro“-Seite übersehe: Staatliche Grenzen erlaubten erst die „politische Gestaltung der Lebensbedingungen“: Innerhalb der Grenzen des Staatengebildes wird entschieden, nach welchen Regeln und Bedingungen die Menschen dort leben sollen. Ohne Grenzen sei das unmöglich: „Eine Welt ohne Grenzen wäre eine Welt ohne Staatlichkeit.“

Video:

akw
Zum Thema
Multikulti ist für manche ein Schimpfwort - welches Konzept wirklich dahinter steckt

In Kanada erprobt

Multikulti ist für manche ein Schimpfwort - welches Konzept wirklich dahinter steckt

Anthropologe: Dieser ur-menschliche Instinkt steckt hinter der Angst vor Flüchtlingen

Hat nicht unbedingt etwas mit Rassismus zu tun

Anthropologe: Dieser ur-menschliche Instinkt steckt hinter der Angst vor Flüchtlingen

Philosoph: Darum sind wir verpflichtet, unser Glück für Flüchtlinge zu opfern

Kontroverse These

Philosoph: Darum sind wir verpflichtet, unser Glück für Flüchtlinge zu opfern

Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch