Verheerendes Erdbeben im Himalaya: Top-Manager von Google am Mount Everest getötet

Kathmandu (Nepal) – Am Tag nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal ist die Zahl der Todesopfer in der Himalaya-Region auf mehr als 2000 gestiegen. Allein in Nepal wurden nach Polizeiangaben 1953 Tote registriert. In Indien kamen nach offiziellen Angaben mindestens 53 Menschen ums Leben. 17 weitere Tote gab es laut Berichten chinesischer Staatsmedien in Tibet.

Für weiteres Chaos sorgte am Sonntag in Nepal ein Nachbeben der Stärke 6,7. Das teilte die US-Erdbebenwarte USGS mit. In der Hauptstadt Kathmandu liefen die Menschen schreiend ins Freie. 

Das Bergsteiger-Basislager am Mount Everest wurde von Lawinen zerstört. Mittlerweile erreichten mehrere Hubschrauber den Unglücksort, um Verletzte zu bergen. Mindestens 17 Menschen sollen dort umgekommen sein. Unter ihnen auch ein Top-Manager von Google.

Dan Fredinburg (†33) war einer der Chefs von Google X, dem streng geheimen Forschungslabor des US-Internetriesen, war dort für den Datenschutz verantwortlich. Der Top-Manager wirkte maßgeblich an der Entwicklung von Google Street View mit.

Dafür arbeitete er aber nicht nur am Schreibtisch – schnallte sich auch schon mal selbst eine Kamera um, erklomm sogar mit einer Google-Kamera auf dem Rücken den Mount Everest.

Teaser-Bild

Seit dem 31. März war er auf Expedition in Nepal, hatte dafür wochenlang trainiert. Offensichtlich überlebten Fredinburg und seine Begleiter das Erdbeben zunächst, auf seinem Instagram-Profil hieß es, er sei „okay“. Ihr Camp am Mount Everest wurde dann wohl zur tödlichen Falle: Eine durch die Erschütterung ausgelöste Lawine verletzte ihn nach Angaben seiner Schwester Megan schwer am Kopf – „und das hat er nicht überlebt.“ Megan weiter: „Seine Seele und sein Geist werden aber in vielen von uns weiterleben, er war und ist alles für uns.“

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Nepal am schlimmsten betroffen

Die Katastrophe begann am Samstag um 11.56 Uhr (Ortszeit). Das Beben der Stärke 7,8 traf vor allem Nepal. Hier gab es die meisten Todesopfer und 4700 Verletzte, wie das Innenministerium mitteilte. Es werde befürchtet, dass die Zahl der Opfer deutlich ansteigt. Die Schäden in Nepal sind massiv. „Fast das ganze Land ist betroffen“, sagte ein Sprecher der nepalesischen Botschaft in Neu-Delhi.

Vor allem in Kathmandu und dem dicht besiedelten Tal der Hauptstadt gab es schreckliche Zerstörungen. Das Epizentrum lag nur etwa 80 Kilometer Luftlinie von der Hauptstadt entfernt, in nur 11 Kilometern Tiefe. Zahlreiche alte Häuser und historische Gebäude krachten zusammen.

Zeugen beschrieben den Horror während des Bebens:

• „Es ist schwer zu beschreiben“, sagte ein Überlebender. „Die Erde hat gebebt wie verrückt. Als wir aus dem Haus rannten, hob und senkte sich die Straße. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Auch meine Eltern können sich nicht daran erinnern, dass es jemals so schlimm war.“

• „Wir fürchten uns so, dass noch einmal ein großes Beben kommt. Wie können wir da ins Haus gehen?”, sagte eine Anwohnerin. Sie bereitet sich auf eine Nacht draußen vor.

„Überall liegen umgefallene Mauern und Häuser”, beschreibt ein Mann die Lage in seinem Viertel. „Ich habe gesehen, wie zwei Menschen in der New Road starben, als Teile eines Gebäudes auf sie herabfielen.”

Wer irgendwie kann, versucht die Verschütteten zu retten. Doch es fehlt an schwerem Gerät. Manche Helfer graben mit bloßen Händen. Auch Touristen, die sich gerade in Nepal aufhalten, helfen.

Der Verkehr in der Stadt kam zum Erliegen, weil viele Straßen aufgebrochen sind. Auch der einzige internationale Flughafen Nepals in Kathmandu wurde geschlossen, Flüge ins indische Neu-Delhi umgeleitet.

Besonders dramatisch ist die Lage in dem Dorf Manglung. Es befindet sich ganz in der Nähe des Epizentrums.

„Unser Dorf wurde fast ausgelöscht. Die meisten Häuser sind von Erdrutschen begraben oder durch das Beben beschädigt worden“, sagte ein Überlebender. Die Hälfte der Dorf-Bevölkerung sei entweder tot oder wird noch vermisst. „Alle Bewohner sind auf einer freien Fläche zusammen gekommen. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Wir fühlen uns hilflos.“

Die Überlebenden sammelten sich überall in den Straßen. Stundenlang harren sie dort aus, zu ängstlich, um in ihre Häuser zurückzukehren. Viele verbrachten die Nacht dort im Freien. Auch zahlreiche Patienten von überfüllten Krankenhäusern mussten auf Bürgersteigen und Straßen liegen.

Die Erde zitterte mehrere Stunden weiter. Nepalesischen Seismologen verzeichneten über als 20 Nachbeben. Die Erschütterungen waren bis in die indische Hauptstadt Neu-Delhi spürbar. Auch die Nachbarländer Indien, Bangladesch und das chinesische Tibet haben Todesopfer und Verletzte zu beklagen.

Ein Überlebender wird aus dem Dharahara-Turm geborgen

Ein Überlebender wird aus dem Dharahara-Turm geborgen

Foto: Getty Images

Die nepalesische Regierung hat den Notstand ausgerufen und die internationale Gemeinschaft um humanitärer Hilfe gebeten.

Katastrophe im Basislager am Mount Everest

Im Basislager am höchsten Berg der Welt kam es zu einer weiteren Katastrophe: Eine durch das Erdbeben ausgelöste Lawine riss 17 Bergsteiger in den Tod. 61 wurden verletzt, wie Ang Tshering vom nepalesischen Bergsportverband am Sonntagmorgen mitteilte. Eine unbekannte Zahl von Bergsteigern wird vermisst. Große Teile des Bergsteiger-Basislagers wurden verschüttet.

22 Schwerverletzte seien per Helikopter in das Pheriche-Tal gebracht werden, wo sich die nächst gelegene medizinische Einrichtung befindet. Sechs Helikopter sollen am Unglücksort im Einsatz sein. Tshering sagte, die Lawine löste sich am Samstag am 7000 Meter hohen Berg Kumori und raste auf ein Zeltlager zu, in dem sich Gipfelstürmer auf ihren Ausfstieg vorbereitet hatten.

Dort sollen sich den Behörden zufolge 1000 Menschen aufgehalten haben, darunter 400 Ausländer.

Der norwegische Bergsteiger Tobias Glomnes Johansen sagte der Osloer Zeitung VG. Die Lawine sei durch das Basislager gefegt. „Die Unverletzten versuchten, bei den Rettungsaktionen zu helfen. Männer, Frauen und Sherpas arbeiteten alle Seite an Seite”, sagte er.

Das Basiscamp am Mount Everest ist nach dem Erdbeben völlig zerstört

Das Basiscamp am Mount Everest ist nach dem Erdbeben völlig zerstört

Foto: Azim Afif

Die Nationalitäten der verunglückten Bergsteiger sind noch nicht bekannt.

Auf dem Everest saßen mehrere Bergsteiger fest. Der Rumäne Alex Gavan berichtete per Twitter, seine Gruppe sei nach Lawinenabgängen eingeschlossen und das Basislager schwer beschädigt worden.

Auf dem höchsten Berg der Erde befänden sich „viele, viele” Menschen, erklärte er weiter. „Bitte betet für alle. Wir brauchen die Hilfe und das Know-How internationaler Organisationen, um mit dieser Katastrophe umzugehen“, sagte der nepalesische Informationsminister Minendra Rijal.

Deutschland schickt Helfer

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Nepal Hilfe zugesagt. Die Kanzlerin sprach Premierminister Sushil Koirala am Samstag ihr Mitgefühl aus. Sie sei bestürzt über das Ausmaß der Naturkatastrophe und die hohe Zahl der Opfer, erklärte Merkel. Die Bundesregierung stehe bereit, nach Kräften zu helfen.

Bundespräsident Joachim Gauck sprach seinem nepalesischen Amtskollegen seine Anteilnahme aus.

In Deutschland bereiten sich bereits erste Helfer für einen Einsatz im Himalaya vor. „Wir stehen in den Startlöchern”, sagte Richard van Hazebrouck, Pressesprecher des Technischen Hilfswerks in Bonn. Für solche Fälle habe das THW auch eine Schnelleinsatz-Einheit.

Neben dem THW haben auch andere Hilfsorganisationen wie Humedica und die Deutsche Welthungerhilfe ihre schnelle Unterstützung zugesagt.

Papst Franziskus sagte den Angehörigen in einem Schreiben seine Solidarität zu. Aus aller Welt gab es Beileidsbekundungen.

Pakistan schickte bereits Hilfe in das Krisengebiet. Laut Armee befinden sich vier Großraum-Tansportflugzeuge mit Hilfsmitteln auf dem Weg nach Nepal. Darunter auch ein Feldlazarett mit 30 Betten und Ärzte.

Außerdem werde ein Team des Militärs entsandt, dass auf die Bergung von Opfern von Naturkatastrophen spezialisiert sei ist. Unter den Hilfsmitteln sind Lebensmittel und Wasser, Zelte, Decken sowie Medizin.

Auch die USA wollen ein Nothilfeteam in den Himalaya-Staat schicken. Dem Land würden zudem eine Millionen Dollar (rund 920 000 Euro) bereitgestellt, teilten das Weiße Haus mit. Die US-Regierung drückte den Opfern der Katastrophe zudem ihr Beileid aus.

Weltkulturerbestätten zerstört

Mehrere nepalesische Unesco-Weltkulturerbestätten aus den vergangenen Jahrhunderten sind nur noch Schutt.

Darunter auch der Dharahara Turm, mehr als 60 Meter hohes Wahrzeichen der Hauptstadt und von der Unesco als historisches Denkmal anerkannt. Von dem neunstöckigen Turm ist nur das Fundament stehen geblieben. Etliche Menschen sollen unter seinen Trümmern verschüttet sein.

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