Bochumer Arzt fordert Lockdown nur für Geimpfte Aus der Praxis eines Hausarztes: Geimpfte sind „die größten Virenschleudern“

Von Alexander Wallasch

Sahra Wagenknecht (Die Linke) hatte sich per Twitter vehement dagegen gewehrt, dass man ihr unterstelle, sie hätte von einer Pandemie der Geimpften gesprochen. Sogar von Verleumdung sprach die Bundestagsabgeordnete. Parteigenossen empfahlen Wagenknecht zwischenzeitlich, doch bitte in die AfD einzutreten.

Ein Bochumer Arzt hat keine Probleme damit, sich der Geimpften als potentiell gefährliche Gruppe für die Ungeimpften anzunehmen – jedenfalls suggeriert das seine Forderung eines Lockdowns nur für Geimpfte. Bei ihm seien 90 Prozent der positiv Getesteten Geimpfte, begründet der Mediziner.

Und Dr. Kenan Katmer hat auch überhaupt kein Problem damit, die Forderung nach einem Lockdown nur für Geimpfte öffentlich und unter seinem Namen zu äußern.

Gegenüber der WAZ nannte er Geimpfte zudem noch „die größten Virenschleudern“. Dr. Katmer führt eine Hausarztpraxis in Bochum und eine Reihe von Testzentren. Seine Forderung nach einem Lockdown nur für Geimpfte sei Ergebnis seiner Beobachtungen in Praxis und Testzentren: „90 Prozent der positiv getesteten Menschen bei mir sind Geimpfte.“

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Jetzt ist Dr. Katmer aber alles andere als ein Impfgegner, nein, er ist nicht einmal ein Impfkritiker. Seine Praxis wirbt offensiv in dicken Lettern mit Pflasterherzchen und aufmerksamkeitsstarken Farben damit, dass man sich dort auch ohne Voranmeldung sofort gegen Corona impfen lassen könne.

Sein Impfangebot darf man als marktschreierisch bezeichnen, ohne damit gleich despektierlich zu sein, denn in einer Zeit der großen staatlichen Impfkampagnen sind solche lauten Töne sogar erwünscht. Auf der gleichen Webseite werden übrigens im selben Stil auch Impf- und Genesenenzertifikate angeboten. Einen PCR-Test gibt es hier zum mehrfachen Aufpreis von Dr. Katmer in 90 Minuten vom Test bis zum Zertifikat frei Haus.

Aber wie genau kommt Dr. Katmer zu seiner These einer Pandemie der Geimpften, denn nichts anderes bedeutet seine Aussage ja im Prinzip?

Der Arzt ist sich sicher, dass sich die Geimpften viel zu sehr in Sicherheit wiegen würden. Gegenüber der Zeitung sagt er: „Die meisten Geimpften (….) denken, mit der Impfung könne ihnen das Coronavirus nichts mehr anhaben. Doch das ist ein Trugschluss.“

Und tatsächlich wird diese Behauptung von einigen führenden Medizinern und zum Teil auch aus der Politik längst bestätigt: Die Impfungen können maximal vor einem schweren Verlauf schützen; ein Mittel gegen die Krankheit ist die Impfung leider nicht – hier hatten Politiker und Mediziner über Monate hinweg bei den Impfwilligen viel zu große Hoffnungen geweckt.

Will Dr. Katmer Stachel sein in der Pandemie-Erzählung beispielsweise des Staatsvirologen Christian Drosten? Der Hausarzt behauptet, allein aus seinen Forschungsergebnissen ableiten zu können, wie diese Pandemie binnen zwei Monaten zu beenden sei:

Er fordert für diesen Zeitraum einen Lockdown nur für Geimpfte. Und würden in den zwei Monaten die AHA-Regeln eingehalten, Kontakte reduziert und Impfungen vorangetrieben, dann sei es bald vorbei und „die Pandemie dann schnell beendet“, sagt Dr. Katmer.

Eine weitere Forderung des Arztes – dieses Mal an die Regierung – lautet, den Ärzten sollten Geräte für das Auswerten von PCR-Tests bereitgestellt werden. Ruhr24 berichtet noch von einem Kollegen, der Dr. Katmer zur Seite springt. Allerdings nicht, was den Lockdown angeht, sondern im Sinne einer zusätzlichen Testpflicht für Geimpfte: „Es stimmt schon, dass sich viele Menschen, die geimpft sind, zu sicher fühlen. Von daher ist meines Erachtens wichtig, auch die Geimpften zu testen“, meint Dr. Michael Tenholt, ebenfalls aus Bochum.

Interessant ist auch ein Kommentar des Vorsitzenden des Hausärzte-Netzes Bochum zu Dr. Katmers These. Der warnt nämlich davor, „noch eine steile These an den Markt zu bringen“. Aber welche steilen Thesen, meint er, gäbe es denn schon auf dem Markt? Vielleicht die von einer Pandemie der Ungeimpften?

RTL News, die sich ebenfalls mit dem Arzt aus Bochum befasst haben, merken kritisch an, die These, Impfdurchbrüche würden die Unwirksamkeit der Impfungen belegen, sei falsch, das Gegenteil wäre wahr. Die Impfdurchbrüche seien lediglich ein Zeichen dafür, dass immer mehr Menschen geimpft sind und dadurch schwere Verläufe und Intensivpatienten verhindert werden. Das sollte der Bochumer Mediziner bitte in seiner Theorie mit berücksichtigen.

Leider war der Doktor terminlich unterwegs und konnte deshalb von reitschuster.de telefonisch nicht damit konfrontiert werden. Aber hatte Dr. Katmer tatsächlich behauptet – wie es RTL hier suggeriert –, dass die Wirksamkeit der Impfungen nicht gegeben sei? Nein, Dr. Katmer impft den Stoff ja selbst in seiner Praxis – sogar ohne Termin.

Entlang der Zitate Dr. Katmers in den berichtenden Medien erkennt der Arzt eine Wirksamkeit der Impfung für den Geimpften durchaus an. Aber er sieht eben in seiner Praxis auch eine große Zahl von Geimpften, die infiziert sind, die also zwar nicht so schwer erkranken könnten, aber als potentielle Infektionsherde zu leichtfertig sind. Dr. Katmers Empfehlung: Ein Lockdown nur für Geimpfte muss her.

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

 
Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: wal

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