Berlin. Die Zahl der Rentner in Hartz IV hat einen neuen Höchststand erreicht. Vor allem Frauen sind betroffen, aber auch zunehmend Männer.
- In Deutschland nimmt Altersarmut zu
- Immer mehr Rentner sind auf Hartz IV angewiesen
- Nun gibt es neue Rekord-Zahlen bei der Grundsicherung
Altersarmut hat in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich zugenommen. Nun hat die Zahl der Rentnerinnen und Rentner, die Hartz IV erhielten, sogar einen neuen Höchststand erreicht: Im vergangenen September bezogen etwa 579.000 Senioren Grundsicherung im Alter.
So viele waren es noch nie in den vergangenen zwei Jahrzehnten, wie aus einer Datenabfrage der Linken im Bundestag beim Statistischen Bundesamt hervorgeht. Die Zahlen liegen unserer Redaktion vor. 2003 waren es noch etwa 257.700 Ruheständler, die auf das staatliche Existenzminimum angewiesen. Die Gesamtzahl der Rentnerinnen und Rentner in Hartz IV hat sich somit beinahe verdoppelt.
Eine erhebliche Zunahme zeigt sich allein im Vergleich mit dem Vorjahr. Den Angaben zufolge waren im September 2021 rund 13.280 Rentnerinnen und Rentner mehr in Grundsicherung als 2020. Damals waren rund 565.800 auf die staatliche Unterstützungsleistung angewiesen.
Hartz IV in der Rente: Frauen besonders stark betroffen
Besonders von Altersarmut betroffen sind seit Jahren Frauen. Auch das zeigen die neuen Daten der Statistikbehörde. Seit fast zwei Jahrzehnten liegt demnach die Zahl der Rentnerinnen in Hartz IV konstant höher als die der Männer, die im Alter in finanzielle Not geraten.
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Demnach bezogen im September 2021 nach den jüngsten Zahlen 321.800 Frauen Grundsicherung im Ruhestand. Das war ein Anteil von 56 Prozent. Dem standen 257.000 Männer gegenüber. Dennoch markieren beide Zahlen neue Höchststände.
Es zeigt sich nämlich, dass seit etlichen Jahren auch verstärkt Männer in die Grundsicherung rutschen, weil ihre Rente nicht ausreicht – anders als früher. 2003 lebten rund 75.000 Männer, aber rund 183.000 Frauen im Alter in Hartz IV, also mehr als doppelt so viele. Lesen Sie auch: Pension: So viel müssen Sie für eine gute Rente verdienen
Grundsicherung für Rentner betrifft häufig Selbstständige
In den Folgejahren sind diese Zahlen insgesamt stark gestiegen. Zudem haben sie Männer und Frauen deutlich angenähert. Inzwischen ist Altersarmut zunehmend auch ein Männer-Problem. Grundsicherung im Alter erhalten in Deutschland alle Personen, die die Regelaltersgrenze überschritten haben und deren Einkommen nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu decken.
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Das betrifft viele Personen, die im Arbeitsleben nicht in die gesetzlichen Rentenversicherung eingezahlt haben. Hierzu zählen oft Selbstständige, die nicht oder zu wenig privat vorgesorgt haben. Sie haben im Alter Anspruch auf das gesetzliche Existenzminimum.
Die Höhe der Grundsicherung ist regional unterschiedlich. Das liegt daran, dass vom Staat neben den Kosten für den Lebensunterhalt auch Heizung und Miete übernommen werden. Und Letztere ist in Großstädten meist teurer als auf dem Land. Ein bundesweiter Vergleichswert ist der durchschnittliche Bruttobedarf bei der Grundsicherung im Alter, der die genannten Kosten zusammenfasst.
Hartz IV-Satz für Rentner und Rentnerinnen liegt brutto im Schnitt bei 851 Euro
Er beläuft sich aktuell auf 851 Euro im Monat. Doch um nach einem Arbeitsleben überhaupt eine gesetzliche Renten von mehr als 851 Euro im Monat ausgezahlt zu bekommen und damit über Grundsicherungsniveau zu landen, müssen Beschäftigte mit durchschnittlichem Verdienst rechnerisch 28 Jahre in die Rentenversicherung einzahlen. Auch interessant: Rente mit 63: Diese Tabelle zeigt die Abzüge pro Jahrgang
Das geht aus einer aktuellen Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Linken-Anfrage hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sieht hierin einen strukturellen Mangel des deutschen Rentensystems.
„Wenn 28 Jahre Durchschnittsverdienst notwendig sind, um überhaupt Grundsicherung zu erreichen, dann hat die gesetzliche Rente ein Strukturproblem“, sagte Bartsch unserer Redaktion. Auch angesichts der extremen Verteuerungen bei Energie und Lebensmitteln müsse die Ampel „das Rentenniveau und die Grundsicherung anheben“.
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Neuer Höchststand bei Grundsicherung: Bartsch spricht von Fehlern in der Rentenpolitik
Den neuen Höchststand bei den Grundsicherungsempfängern im Alter nannte Bartsch „ein Armutszeugnis für unser Land. Er ist die Konsequenz der Fehler der Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik“, sagte der Linken-Politiker.
Zuletzt hatte sich Bartsch zudem dafür ausgesprochen, wegen der steigenden Verbraucherpreise die geplanten Zuschüsse für Bezieher von Wohngeld, Hartz IV und Grundsicherung mindestens zu verdoppeln. Die Ampel-Koalition hatte sich in der vergangenen Woche darauf verständigt, dass Bezieher von Hartz IV oder Sozialhilfe einen einmaligen Zuschuss von 100 Euro bekommen sollen.
Dieser Artikel ist zuerst auf www.waz.de erschienen.
System | Die gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip. |
Renten-Arten | Grund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente |
Ausnahmen | Selbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit. |
Finanzierung | Die gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert. |
Probleme | Die Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland. |
Drei Säulen | Die Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge. |
Ursprung | Die gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt. |
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