Die Tagesklinik Pro Woman sperrte vor einigen Wochen zu. Beim neuen Betreiber Woman & Health liegt nun eine Absichtserklärung vor, wonach dieser den Standort übernehmen kann.

Foto: Christian Fischer

Fleischmarkt 26, 1010 Wien ist für ungewollt Schwangere seit mehr als 40 Jahren eine wichtige Adresse. Das dort angesiedelte Ambulatorium Pro Woman führt unter anderem Schwangerschaftsabbrüche durch. Seit einigen Wochen sind die Türen der Klinik aber geschlossen.

Die 1979 eröffnete private Tagesklinik gehörte zum Netzwerk der britischen Non-Profit-Organisation MSI Reproductive Choices. Diese bietet in 37 Ländern weltweit – vor allem in Afrika und Asien – reproduktive Gesundheitsfürsorge an, einschließlich Verhütung, sicherer Abtreibung und Betreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch. Nun hat sich die NGO dazu entschlossen, den Standort in Wien nicht mehr fortzuführen. Warum? Interne Gründe seien der Anlass, sagt Elke Graf, bisherige Leiterin des Ambulatoriums, zum STANDARD.

Übernahme wird vorbereitet

Dauerhaft geschlossen bleiben werde das Ambulatorium aber nicht. Es handle sich nur um eine "kurze Unterbrechung", erklärt Graf. Ab Mai soll dann das Unternehmen Woman & Health die Klinik übernehmen. Woman & Health betreibt aktuell zwei Standorte in der Wiener Innenstadt, an denen ebenfalls unter anderem Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden – im Vorjahr rund 3.500.

"Viel steht der Übernahme nicht mehr im Weg", sagt Andreas Nather, ärztlicher Leiter bei Woman & Health. Der Letter of Intent des bisherigen Betreibers – also die Absichtserklärung, einen Vertrag zu schließen – sei bereits bei Woman & Health eingegangen. Nun müssen noch rechtliche und hygienische Prüfungen durchgeführt sowie Modernisierungen im Ambulatorium vorgenommen werden.

Bis zur Wiederaufnahme des Betriebs sei die Versorgung von Patientinnen aber gewährleistet: Die Kapazitäten seien an den beiden bestehenden Standorten von Woman & Health rechtzeitig aufgestockt worden, es komme nicht zu Wartezeiten, erklärt Nather. Versucht man, online einen Termin zu buchen, ist dies bereits für den nächsten Tag möglich.

Ausschlaggebend für die Übernahme des Ambulatoriums waren mehrere Gründe: Einerseits "platzt Woman & Health aus allen Nähten", sagt Nather. Andererseits sehe man Pro Woman als "Galionsfigur in diesem Bereich". Was zudem für eine Übernahme spreche, sei die räumliche Nähe zwischen den Kliniken.

Gesamtzahl der Schwangerschaftsabbrüche unbekannt

Man könne nicht eingrenzen, wer Schwangerschaftsabbrüche durchführen lasse, erklärt Nather. "Es kommen Akademikerinnen genauso wie junge Frauen, die nicht aufgepasst haben."

Wie viele Schwangerschaftsabbrüche im Ambulatorium Pro Woman jährlich durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Der Grund: In Österreich gibt es dafür keine Meldepflicht. Lediglich einzelne Kliniken veröffentlichen Statistiken. Eine Gesamtschau aller Daten fehlt folglich auch, daher ist man auf Schätzungen angewiesen. Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe leitet ihre Berechnung etwa von der Gesamtzahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ab: "Entsprechend der Einwohnerzahl in Österreich würde das etwa 10.000 bis 12.000 Abbrüche pro Jahr bedeuten."

An den vier städtischen Wiener Kliniken Landstraße, Hietzing, Ottakring und Floridsdorf wurden im Vorjahr insgesamt 260 Abbrüche durchgeführt. Derzeit würden Gespräche laufen, um das bestehende Angebot weiter aufzustocken, teilt der Wiener Gesundheitsverbund auf STANDARD-Nachfrage mit.

Kein Recht auf Schwangerschaftsabbruch

Anders als oft angenommen, gibt es in Österreich kein Recht auf Abtreibung. Ganz im Gegenteil. Schwangerschaftsabbrüche sind grundsätzlich illegal. Sie wurden nur mit der vor 50 Jahren beschlossenen und 1975 in Kraft getretenen Fristenregelung innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft straffrei gestellt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Abtreibung auch danach noch straffrei möglich.

Forderungen, den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu entfernen, sind immer wieder aufgekommen – bisher aber nicht erfolgreich gewesen. Kürzlich sprach sich der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch im Gespräch mit Ö1 gegen die bestehende Regelung aus: Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und er hätten "dazu eine klare Haltung", sagte er. "Wir würden eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch begrüßen. Aber das ist nicht konsensfähig mit dem Koalitionspartner (ÖVP, Anm.), muss man auch klar sagen. Aber ich bin jedenfalls jemand, der dieses Bestreben unterstützen würde."

Ärztinnen und Ärzte sind in Österreich derzeit auch nicht dazu verpflichtet, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Bis Mitte 2020 waren Abbrüche ausschließlich in Krankenhäusern und Ambulatorien möglich. Seither besteht auch für niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen die Möglichkeit, Präparate zum medikamentösen Abbruch zu verschreiben.

Kosten von bis zu 1.000 Euro

Eine weitere Hürde sind die hohen Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs. Sie belaufen sich auf bis zu 1.000 Euro, werden aber nicht – wie in allen anderen westeuropäischen Ländern – von der Krankenkasse übernommen. In Wien können einkommensschwache Frauen bei der MA 40 eine Förderung in der Höhe von 355 Euro beantragen.

Ob Schwangerschaftsabbrüche irgendwann von der Krankenkasse bezahlt werden? Das sei schwierig: "Weil die Sozialversicherung nach der gesetzlichen Regelung nur Heilbehandlungen, Krankenbehandlungen zahlen darf, und der Schwangerschaftsabbruch fällt nicht darunter. Das bräuchte eine Verfassungsänderung", erklärte Rauch im Ö1-Interview. Realistischere Chancen habe die Forderung nach Gratisverhütungsmitteln. (Sophie Mooseder, 7.4.2023)