Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Roland Schlager
Verwirrung um „Oster-Erlass“

Regierung verspricht Erklärung für Montag

Ein „Oster-Erlass“ des Gesundheitsministeriums hat am Wochenende für reichlich Debatten und Verwirrung gesorgt. Dessen Kernpunkt: keine Zusammenkünfte von mehr als fünf Personen in einem Raum, außer sie leben im selben Haushalt. Größere Feiern fallen damit fix aus. Rasch nach Bekanntwerden des Erlasses tauchte dann allerdings die Frage auf: Ist Besuch erlaubt oder nicht? Die Opposition protestierte, der Versuch einer Klarstellung gelang nicht ganz, aber am Montag soll es Klarheit geben.

Dann soll es auch eine Antwort auf die Frage geben, weshalb der Erlass zusätzlich zu den bereits geltenden Maßnahmen aus Sicht der Regierung notwendig war. Dazu hatte es am Samstag geheißen, dass die letzte „Version vom 10. März 2020 mittlerweile den Gegebenheiten nicht mehr gerecht geworden war“. Inhaltlich sollte das Schreiben „vorrangig“ das Vorgehen der Polizei „gegen Corona-Partys“ klären, so das Gesundheitsministerium in einer Aussendung unter dem Titel „Appell an Bevölkerung: heuer keine privaten Osterfeste“.

Die Formulierung bedeute jedenfalls nicht, dass zu Hause maximal fünf Personen zusammenkommen könnten. Vielmehr dürfe ein Haushalt Besuch von maximal weiteren fünf Personen empfangen, die nicht an dieser Adresse gemeldet sind. „Das heißt, leben im gemeinsamen Haushalt zum Beispiel schon vier Personen, dürfen trotzdem fünf Personen dazukommen“, hieß es von der Pressestelle des Ministeriums.

„Verwirrung gestiftet“

Auch Clemes Auer, Sonderbeauftragter im Gesundheitsministerium, betonte Samstagabend in der ZIB2 nochmals, der Erlass richte sich vor allem gegen „Corona-Partys“. Man wolle solche „selbst mit Ostereiern nicht“, sagte Auer, Mitglied im Krisenstab des Ministeriums. Er gestand aber ein: „Ich glaube, wir haben da Verwirrung angestiftet.“ Und „die Geschichte wird am Montag geklärt, weil das so verwirrend ist“.

Sonderbeauftragter Clemens Auer zum „Oster-Erlass“

Clemens Auer, Mitglied des Krisenstabs im Gesundheitsministerium, versucht in der ZIB2 die Beweggründe für den Erlass zu erklären.

Auch der Gesundheitsminister selbst kündigte Samstagabend für Montag eine Klarstellung an. Dann werde der Gesamterlass präsentiert, „der klarstellt, welche Verkehrsbeschränkungen bestehen“, schrieb Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf Twitter. „Sorry für Verwirrung – Kritik verstanden“.

Klargestellt soll auch werden, welche Teilnahmebeschränkungen für Hochzeiten und Begräbnisse gelten, so Anschober in dem Tweet. In dem Erlass ist – soweit am Samstag bekannt – festgeschrieben, dass Begräbnisse „nur im engsten Familienkreis stattfinden“ dürfen, und das „mit einer Teilnahmezahl von insgesamt höchstens zehn Personen“. Hochzeiten seien mit maximal fünf Personen „limitiert“.

Nehammer kündigt „Sammelerlass“ an

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte bei einer Pressekonferenz am Sonntag einen „neuen Sammelerlass“ für Ostern am Montag an. Inhaltlich vorgreifen wollte er auf Nachfrage nicht, betonte aber zur Frage, ob denn die Polizei Nachschau in Wohnungen halten werde: „Das Handeln der Polizei ist durch das Gesetz bestimmt“, verwies Nehammer auf die „klare Rechtslage“. Und weiter: „Die Polizei kann nicht einfach in eine Wohnung gehen.“ Er könne „eines garantieren: Die Polizei wird nichts tun, was gegen die Verfassung ist.“

Positive Entwicklung „nicht zerstören“

„Die Richtung stimmt, aber wir dürfen jetzt nicht nachlassen. Gerade in den Osterfeiertagen sind wir gewöhnt, private Feste zu feiern. Heuer widerspricht dies leider unseren Zielen, wir müssen gerade in diesen kommenden Tagen sehr konsequent bleiben“, hatte Anschober noch Samstagnachmittag per Aussendung an die Bevölkerung appelliert. Man wolle eine positive Entwicklung, die sich in den letzten Tagen abgezeichnet habe, etwa in Form einer abflachenden Infektionskurve, „nicht zerstören. Das wäre verantwortungslos.“

Als Begründung für den neuen Erlass war auch als Argument genannt worden, dass etwa die Beschränkung auf 500 Personen bei Veranstaltungen im Freien obsolet geworden sei, nachdem solche „ohnehin nicht mehr möglich“ seien. Dasselbe gilt für eine frühere 100er-Grenze in geschlossenen Räumen. Das Ministerium: „Aus Gesundheitssicht war es gerade vor den anstehenden Osterfeierlichkeiten notwendig geworden, hier eine Eingrenzung vorzunehmen.“

Das Schreiben ist an die Landeshauptleute adressiert, mit dem Ersuchen, dieses „den mit der Vollziehung des Epidemiegesetzes 1950 befassten Bezirksverwaltungsbehörden zur Kenntnis zu bringen“. Der Erlass gilt vorläufig bis inklusive 13. April, also Ostermontag. Die Behörden sind angewiesen, „sämtliche Zusammenkünfte in einem geschlossenen Raum, an denen mehr als fünf Personen teilnehmen, die nicht im selben Haushalt leben, ab Erhalt dieses Erlasses bis auf Weiteres zu untersagen“, heißt es in dem Papier aus dem Gesundheitsministerium.

„Schnüffeln“ und „Aufruf zur Vernaderung“

Als verantwortungslos beurteilte am Samstag die Opposition das Vorgehen des Ministeriums. Die Österreicherinnen und Österreicher gingen „in hohem Ausmaß verantwortungsvoll mit der Situation um und tragen die Maßnahmen mit“, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Stellungnahme. „Völlig inakzeptabel“ sei, „dass nun als ‚Dank‘ (…) per Erlass der Polizei Zutritt zum Schnüffeln in Privathaushalten gewährt“ werde. Das zerstöre „das Grundvertrauen der Menschen in die Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung. Es ist ein Eingriff in die Freiheitsrechte, der völlig überschießend ist und rechtlich mehr als fragwürdig“, so Deutsch.

Für die FPÖ erklärte Klubchef Herbert Kickl am Samstag per Aussendung, das Verbot stelle „ein Misstrauensvotum gegen die Bevölkerung“ dar und gleiche einem „Aufruf zur Vernaderung“. Missbrauch seien damit Tür und Tor geöffnet. „Wenn irgendjemand behauptet, er habe fünf Personen in ein Haus oder eine Wohnung gehen sehen, steht gleich die Polizei vor der Tür“, fürchtet der freiheitliche Klubobmann, „man könnte das auch als Erlass im Geiste der Blockwart-Mentalität bezeichnen.“ Ein Anruf bei der Polizei genüge, „und schon ist auch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ausgehebelt“.

„Chinesische Allmachtsfantasien“

Auch NEOS kritisierte den Erlass scharf. Der sei, ähnlich wie Handytracking, „verrückt und von autoritärem Gedankengut getrieben“, schrieb der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak in einer Aussendung. „Für so etwas gibt es keine Rechtsgrundlage, das ist schlicht verfassungswidrig und hebelt die Grundprinzipien unserer Rechtsstaatlichkeit aus.“ So regierten nur Autokraten, das seien „chinesische Allmachtsfantasien“.

Der bekannte Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk erklärte: „Das geht zu weit.“ Es gebe keine gesetzliche Grundlage dafür – auch nicht das Epidemiegesetz, das sich lediglich auf öffentliche Veranstaltungen bezieht. Wörtlich besagt das Gesetz: „Die Bezirksverwaltungsbehörde hat Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen, zu untersagen, sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist.“

Das Gesetz ermächtige allerdings niemanden dazu, Verbote in privaten Räumen auszusprechen, es gehe um Veranstaltungen. Der Verfassungsjurist sieht daher im Erlass eine „Beeinträchtigung der Privatsphäre“, wie diese nur etwa bei Hausdurchsuchungen geschehen darf.