Bischofskonferenz

Bischöfe werben für eine „neue Politik“

Österreichs Bischöfe werben für eine „neue Politik“, die um „eine Welt in Geschwisterlichkeit und sozialer Freundschaft“ bemüht ist. Sie greifen damit die vor einem Monat erschienene Enzyklika „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus auf.

In der Enzyklika geht es vor allem um die Heilung der menschlichen Beziehungen und eine Neuausrichtung des politischen und wirtschaftlichen Handelns im Blick auf das globale Gemeinwohl, wie die Bischofskonferenz in einer Erklärung im Anschluss an ihre dieswöchige Herbstvollversammlung erinnerte.

In einem von Covid-19, Klimakrise und zuletzt von Terror geprägten Österreich plädieren die Bischöfe für „Verbundenheit und Zusammenarbeit über alle kulturellen, religiösen, geografischen, ethnischen und politischen Grenzen hinweg“. Neben den genannten Problemfeldern sei dies auch in Bereichen wie ökosozialem Wirtschaften, Nachhaltigkeit, Friedenssicherung und Flucht bzw. Migration erforderlich, mit dem Einsatz für die Menschenrechte als „permanentem Arbeitsauftrag“.

Ökonomie, Ökologie und Soziales in Einklang

Nicht nur die gegenwärtige Pandemie zeige, dass globale Krisen nur gemeinsam und weltweit überwunden werden können, betont die Erklärung. Für die schrittweise Realisierung der Vision einer „Globalisierung der Nächstenliebe“, eines friedlichen Zusammenlebens aller Menschen in einer sozial und ökologisch gerechten Welt, lohne es sich, alle verfügbaren Mittel, vor allem jedoch alle menschlichen Begabungen einzusetzen.

Die Mitglieder der Österreichischen Bischofskonferenz im Juni 2020
KATHPRESS/JOSEF KUSS
Die österreichischen Bischöfe 2019

Im gemeinsamen Nachdenken und Dialog gelte es Haltungen und Strukturen zu ändern, „die bisher der Logik einer unersättlichen Gier und Lebensausbeutung gefolgt sind“, appellieren die Bischöfe. Dafür müsse es mehr als bisher gelingen, Ökonomie, Ökologie und Soziales in Einklang zu bringen – „auch und gerade angesichts der globalen Klimakrise“.

Wie „Fratelli tutti“ setzen die österreichischen Bischöfe auf die Gestaltungskraft einer „neuen Politik“ abseits „unheilvoller Populismen“ und auf das Vertrauen in Verantwortungsträger, die in „politischer Nächstenliebe“ handeln. Unternehmerische Tätigkeit verdiene Wertschätzung, brauche aber auch verbindliche Regularien im Blick auf Menschenrechte und Umweltschutz.

Fluchtgründe beseitigen, Flüchtlinge aufnehmen

Zu den Themen Flucht und Migration fordern die Bischöfe explizit die Menschenrechte ein. Die Bereitschaft, Fluchtursachen seien zu beseitigen, müsse einhergehen mit der Aufnahme und Integration schutzsuchender Menschen, „soweit dies nur irgendwie möglich ist“. Die Kriterien dafür benötigten einen Rückhalt in der Gesellschaft, den auch die Kirche als „Anwältin der Schutzsuchenden und Notleidenden“ zu stärken bereit sei.

Auf die kirchliche und staatliche Prioritätenliste müsse auch die Sorge um den Frieden gesetzt werden, betonen die Bischöfe – etwa durch die Unterstützung für den päpstlichen Aufruf, mit dem durch Abrüstung eingesparten Geld einen „Weltfonds zur Bekämpfung von Hunger“ zu schaffen.

Internationale Beziehungen stärken

Bei all dem gelte es, die internationalen Beziehungen und Institutionen zu stärken und damit Tendenzen zu Abschottung und Nationalismus zu begegnen. Adressaten der päpstlichen Programmschrift „Fratelli tutti“ seien freilich nicht nur die hohe Politik oder die globalisierte Wirtschaft, halten die Bischöfe fest: „Jeder und jede einzelne ist aufgefordert, die Wirklichkeit mit den Augen der Verletzlichsten zu sehen und am biblischen Beispiel des barmherzigen Samariters Maß zu nehmen.“

Die Kirche in Österreich bemühe sich um Reduktion der CO2-Emissionen in den Diözesen sowie um nachhaltige Beschaffung, nannten die Bischöfe ein Beispiel für die von ihnen wahrgenommene Verantwortung für das Gemeinwohl. „Unseren ersten Auftrag sehen wir jedoch darin, die spirituellen Quellen für einen wirklich nachhaltigen Wandel unserer Gesellschaft möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.“

Weiterhin zusammenstehen gegen Terror

In dem Papier „Gemeinsam gegen den Terror“ plädieren die Bischöfe für einen redlichen Diskurs über die Gefahr von politisch instrumentalisierter Religion im Allgemeinen und zum Vormarsch islamistischer Spielformen politischer Religion. „Jegliche pauschale Diffamierung von Religion weisen wir jedoch entschieden zurück“, so die Bischöfe. Sie erinnern dazu an die gemeinsame Positionierung von Papst Franziskus und Großimam Ahmad Al-Tayyib vor einem Jahr in Abu Dhabi, wonach der Name Gottes nie benutzt werden darf, um Mord, Vertreibung, Terrorismus und Unterdrückung zu rechtfertigen.

Zu den derzeit politisch heftig diskutierten Umständen und Hintergründen der Bluttat in Wien erklärt die Bischofskonferenz, diese seien „ohne voreilige Schuldzuweisungen, sondern mit nüchterner Expertise von den zuständigen staatlichen Institutionen umfassend zu klären“. Allen, die sich in höchster Not als Beschützer und Retter erwiesen hätten, danken die Bischöfe ebenso wie jenen, die den Opfern und ihren Angehörigen konkret helfen, Trost spenden und für sie beten.

Religionsfreiheit Basis für Zusammenhalt

In Österreich habe das Menschenrecht auf Religionsfreiheit einen hohen Stellenwert. Es bilde die Grundlage für den Dialog und die Kooperation sowohl des Staates mit den Kirchen und Religionen als auch der Religionsgemeinschaften untereinander, weisen die Bischöfe hin. „Weil diese Verhältnisse vorbildlich geregelt und gelebt werden, schaffen sie eine belastbare Basis, um angesichts des Terrors zusammenzustehen.“

Die Bischöfe wollen – wie sie versichern – „weiterhin den Weg der respektvollen Begegnung und des ehrlichen Dialogs mit dem Islam gehen“. Jede religiöse Führungspersönlichkeit sei aufgerufen, wahrer Dialogpartner und Friedensstifter zu sein, und auch alle Christen und Muslime mögen dies in ihrer konkreten Nachbarschaft vorleben.