Politik

Gegenstöße, keine Gegenoffensive General Zorn warnt vor übertriebener Euphorie in Ukraine

Nach den letzten Erfolgen hält ein ukrainischer Soldat nahe Isjum eine verdreckte russische Flagge als Zeichen des Triumphs in die Höhe.

Nach den letzten Erfolgen hält ein ukrainischer Soldat nahe Isjum eine verdreckte russische Flagge als Zeichen des Triumphs in die Höhe.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Ukrainische Truppen erobern in der Region Charkiw zahlreiche Ortschaften und viel russisches Kriegsgerät. Bundeswehr-Generalinspekteur Zorn mahnt jedoch, die Erfolge nicht überzubewerten. Russland sei nicht auf breiter Front zurückgedrängt. Auch zum Thema deutsche Waffenlieferungen bezieht er Position.

Bundeswehr-Generalinspekteur General Eberhard Zorn hat davor gewarnt, die jüngsten Erfolge der Ukraine im Krieg gegen Russland bereits als umfassende Gegenoffensive zu sehen. "Ich bin mit den Begriffen vorsichtig", sagte er dem "Focus". Er sehe allenfalls "Gegenstöße, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen, aber nicht Russland auf breiter Front zurückdrängen kann".

Auch der herannahende Winter werde "das Leid nicht mindern - im Gegenteil", sagte Zorn. Die ukrainische Armee agiere zwar "klug, bietet selten eine Breitseite und führt souverän und sehr beweglich die Operationen". Noch vor zwei Wochen hätte er gedacht, "dass der gesamte Donbass in sechs Monaten in russischer Hand ist", sagte der ranghöchste Soldat der Bundeswehr. "Heute sage ich: Das werden sie nicht schaffen." Aber ob die Ukrainer wirklich die Kraft für eine Gegenoffensive hätten, bezweifelte Zorn. "Sie bräuchten eine Überlegenheit von mindestens drei zu eins."

Zorn verteidigte zugleich die bisherigen deutschen Waffenlieferungen: "Die Liste ist beachtlich, quantitativ wie qualitativ." Er nannte dabei schweres Gerät wie die Panzerhaubitze 2000, Mehrfachraketenwerfer sowie Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard. "Darüber hinaus haben wir unzählige Fahrzeuge, Munition und Ausrüstung geliefert." Und mit Iris-T schicke Deutschland "ein Raketenabwehrsystem, das wir selbst gerne hätten".

"Alles, was wir geben, brauchen wir zurück"

"Wir werden die Ukraine so lange unterstützen wie nötig", betonte Zorn. Er warnte aber vor weiteren Waffenlieferungen, welche die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr schwächen würden. "Mein Rat ist wirklich, unsere Zahlen anzuerkennen: Alles, was wir abgeben, brauchen wir zurück." Putin verstehe nur eine Sprache, "das ist die der Macht. Für eine wirkungsvolle Abschreckung brauchen wir die entsprechenden Kräfte. Unsere Partner zählen auf uns."

Zorn bekräftigte seine Befürchtung, dass Russlands Präsident Wladimir Putin eine zweite Front aufmachen könnte und nannte mögliche Angriffsorte: "Kaliningrad, die Ostsee, die finnische Grenze, Georgien, Moldau ..., es gibt viele Möglichkeiten. Die Fähigkeiten hätte Putin."

Auch wenn etwa 60 Prozent seiner Landstreitkräfte im Ukraine-Krieg gebunden seien, verfügten die russischen Landstreitkräfte sowie vor allem die Marine und Luftwaffe noch über ungebundene Kapazitäten, sagte Zorn. "Würde Putin eine Generalmobilmachung anordnen, hätte er auch keine Personalprobleme."

Quelle: ntv.de, als/AFP

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