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Papst Franziskus: „Der Weg eines Schismas ist nicht christlich“

Bei seiner „Fliegenden Pressekonferenz“ auf dem Rückflug von seiner Afrikareise ist Papst Franziskus am Dienstag keinem Thema ausgewichen. Journalisten sprachen ihn u.a. darauf an, wie er mit Kritik umgehe und ob er ein Schisma fürchte. Weitere Themen: Klimawandel, Fremdenhass, ein alterndes Europa.
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Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Nein, er fürchte sich nicht vor einem Schisma – allerdings bete er darum, dass es keines gebe, vertraute der Papst den mitreisenden Reportern auf die Frage eines US-Amerikaners hin an. Und Kritik, wie er sie „nicht nur von Amerikanern, sondern ein bisschen von überall her, auch in der Kurie“ höre, sei grundsätzlich „immer hilfreich, immer“, auch wenn sie einen manchmal „ärgerlich“ mache.

„Wenigstens haben die, die Kritik offen aussprechen, den Vorteil der Ehrlichkeit! Mir gefällt es nicht, wenn die Kritik unter dem Tisch erfolgt: Die lächeln dich an, dass du ihre Zähne siehst, und dann geben sie dir einen Stich in den Rücken… Das ist nicht loyal, es ist nicht menschlich.“ Eine „Giftpillen-Kritik“, die gar keine Antwort wissen wolle, helfe nicht. „Sie hilft nur kleinen Grüppchen… Kritik vorbringen, ohne in einen Dialog einzutreten, heißt, dass man die Kirche nicht liebt, sondern einer fixen Idee folgt. Den Papst auszuwechseln. Oder ein Schisma durchzuführen.“

„Schismatiker lösen sich vom Volk Gottes“

Es habe in der Kirche „viele Schismen“ gegeben, fuhr Franziskus fort und verwies auf den Protest der Altkatholiken gegen das Erste Vatikanische Konzil („Mittlerweile weihen sie Frauen zu Priestern, aber damals waren sie streng“) sowie auf die Piusbruderschaft nach dem Zweiten Vatikanum. „Ich habe keine Angst vor den Schismen! Doch ich bete darum, dass es keine geben möge, denn da geht es um das geistliche Heil vieler Menschen… Der Weg des Schismas ist nicht christlich.“

Schismatiker lösten sich „vom Volk, vom Glauben des Volkes Gottes“, so der Papst. Sie dächten „elitär“ und „ideologisch“. Dass die Kirche in Bewegung sei, liege am Zweiten Vatikanischen Konzil, „nicht an diesem oder jenem Papst“. Mit seinen oft kritisierten Äußerungen zu sozialen Fragen liege er übrigens auf einer Linie mit dem heiligen Johannes Paul II.: „Ich kopiere ihn!“

Eindringlich warnte Franziskus „vor vielen Schulen der Strenge in der Kirche“; diese seien zwar keine Schismen, „aber pseudo-schismatische christliche Wege, die übel enden“. „Wenn ihr strenge Christen, Bischöfe, Priester seht, dann stecken dahinter Probleme, nicht die Heiligkeit des Evangeliums.“

Ein Lob für den Einsatz von Jugendlichen fürs Klima

Auch auf das Thema Umweltschutz und Klimawandel kam Franziskus, der 2015 als erster Papst eine eigene Enzyklika zu diesem Thema („Laudato si‘“) veröffentlicht hat, zu sprechen. Dabei sprang er allerdings nicht über das hingehaltene Stöckchen, was er denn von den Bränden im Amazonas-Regenwald halte. Mit Amazonien wird sich im Oktober eine Sonder-Bischofssynode im Vatikan beschäftigen.

Stattdessen äußerte der Papst: „Man muss die Umwelt verteidigen, die Biodiversität, die unser Leben ist. Den Sauerstoff, der unser Leben ist! Mich tröstet, dass es die jungen Leute sind, die diesen Kampf voranbringen. Sie sagen: Die Zukunft gehört uns… Es hat mich beängstigt, als ich letztes Jahr dieses Foto von einem Schiff gesehen habe, das am Nordpol herumfuhr, als wäre das normal… Tun die Regierenden wirklich alles? Die einen mehr, die anderen weniger.“

Fremdenfeindlichkeit? „Manchmal fühle ich mich an Hitler erinnert“

Obwohl seine 31. Auslandsreise Afrika und zwei Inseln im Indischen Ozean gegolten hatte, geizte der lateinamerikanische Papst nicht mit mahnenden Worten gen Europa. Etwa in Sachen Fremdenfeindlichkeit: Das sei „eine Krankheit des Menschen“, die ihn dazu bringe, Mauern hochzuziehen – Mauern, die ihn schließlich selbst einschlössen.

„Oft reitet die Fremdenfeindlichkeit auf der Welle des politischen Populismus. Ich habe vor kurzem gesagt, dass ich hin und wieder an einigen Orten Reden höre, die an die Reden Hitlers von 1934 erinnern. Als ob es in Europa den Gedanken gäbe, (in diese Zeiten) zurückzukehren…“

„Kinder sind der Schatz der Armen und eines Landes“

Auch was seine schüttere Demographie betrifft, bekam Europa bei der Fliegenden Pressekonferenz des Papstes sein Fett weg. „Die Mutter Europa ist fast schon zur Großmutter geworden, sie ist gealtert, wir erleben einen sehr schwerwiegenden demographischen Winter in Europa.“ Seiner Meinung nach habe das mit dem Wohlstand zu tun: „Uns geht’s gut, ich mache keine Kinder, weil ich mir ein Haus kaufen muss und Tourismus machen will, mir geht’s gut, Kinder sind ein Risiko, man weiß ja nie… Wohlstand und Ruhe, die dich altern lassen.“

Im Vergleich dazu sei Afrika „voller Leben“. „Ich habe in Afrika eine Geste gesehen, die ich schon von den Philippinen und aus Kolumbien kannte: Die Menschen heben ihre Kinder hoch, als ob sie sagen wollten, dass das ihr Schatz sei, ihr Sieg, ihr Stolz… Das Kind ist der Schatz der Armen – und der Schatz eines Landes.“

Ein Blumenstrauß vom Groß-Imam

Ausdrücklich würdigte der Papst dann den Beitrag der römischen Basisgemeinschaft Sant’Egidio zum Friedensprozess in Mosambik, dem ersten der von ihm auf dieser Reise besuchten Länder. Der Friede sei „ein Triumph“, und Kriege lösten niemals etwas, sie machten nur „diejenigen zu Gewinnern, die nicht den Frieden der Menschen wollen“. Weil der Frieden im Land derzeit gefährdet wirke, sei es ihm wichtig gewesen, trotz des einsetzenden Wahlkampfs nach Mosambik zu reisen: „Das Wichtige war, diesem Prozess zu helfen und ihn zu stärken… Wir sollte uns ein bisschen vom Wahlkampf lösen.“

Mit Verve warb Franziskus außerdem für den interreligiösen Dialog. Es habe ihn berührt, dass der Groß-Imam von Mauritius einen „wunderschönen Blumenstrauß“ in das Bischofshaus von Port-Louis geschickt habe. „Wir sind Geschwister! Die menschliche Geschwisterlichkeit ist die Basis… Friede, Geschwisterlichkeit, Zusammenleben der Religionen, keinen Proselytismus – das müssen wir um des Friedens willen lernen.“ „Dokument über die menschliche Geschwisterlichkeit“ heißt ein interreligiöser Text, den Franziskus im Februar beim ersten Besuch eines Papstes auf der arabischen Halbinsel zusammen mit einem bekannten Sunnitenführer aus Ägypten unterzeichnet hat.

Papstreise nach Spanien? Steht im Moment nicht auf dem Programm

Eher ausweichend antwortete der Papst auf die Frage einer spanischen Journalistin, ob er während seines Pontifikats auch nach Spanien reisen werde. Bei seinen Reisen in Europa wolle er „den kleinen, nicht den großen Ländern die Priorität geben“ – doch er werde nach Spanien reisen, „wenn ich (dann noch) lebe“. Immerhin hatte Franziskus noch einen Tipp für Journalisten und Kommunikatoren parat: „Kommunikation muss aufbauen, nicht zerstören. Wann zerstört Kommunikation? Wenn sie unmenschliche Projekte verteidigt. Auch die Diktaturen des letzten Jahrhunderts waren gute Kommunikatoren, aber sie förderten Krieg…“

(vatican news)
 

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10. September 2019, 20:59