Vitamin D und Corona - Dr. Michael Nehls und Prof. Spitz im Spitzen-Gespräch über Herdengesundheit

Auch nach mehr als zwei Jahren spaltet kaum ein Thema Gemüter und Gesellschaft mehr als das Corona-Virus. Doch statt eine emotional aufgeladene Debatte zu führen, bei der medizinische Fakten, meist nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, macht es Sinn, nüchtern auf die Grundlagen der Immunologie und die tatsächliche Forschungslage zu blicken.

Die Akademie für menschliche Medizin hat den Bestsellerautor, Arzt und Molekulargenetiker Dr. med. Michael Nehls eingeladen, um genau dies zu tun. Was passiert eigentlich, wenn Corona-Viren unseren Körper infizieren und was hat das Sonnenhormon Vitamin D mit der Leistungsfähigkeit unseres Immunsystems zu tun? Freuen Sie sich auf ein aufschlussreiches Gespräch, das Fakten liefert und wichtige Grundlagen verständlich erläutert!

Herdenimmunität gegen das Corona-Virus kann es nicht geben

Recht weit verbreitet ist die falsche Vorstellung, dass eine sogenannte Herdenimmunität den Weg aus der Pandemie ebenen würde und das Corona-Virus dadurch verschwinden würde. Davon mal abgesehen, dass verschiedene Corona-Viren schon recht lange die Menschheit begleiten und dies auch weiterhin tun werden, gilt auch für den allseits bekannten Viren-Stamm, der seit Ende 2020 weltweit die Gemüter erhitzt: Die spezifischen RNA-Eigenschaften des Erregers und seine häufigen Mutationen machen eine Herdenimmunität unmöglich.

„Herdenimmunität gegen Corona-Viren kann es nicht geben, Herdengesundheit aber sehr wohl“, so Dr. med. Michael Nehls im Spitzen-Gespräch mit Prof. Dr. med. Jörg Spitz.

Herdengesundheit statt Herdenimmunität

Ohnehin gelte es, die grundlegenden Relationen richtig einzuschätzen:

“Für die allermeisten Menschen ist das Corona-Virus relativ harmlos. Dennoch bleiben natürlich Fälle von schweren Verläufen oder gar Tod in Folge einer Corona-Infektion."

Nehls hat sich gefragt, was diese Fälle verbindet und welche Gemeinsamkeiten diese haben. Welcher Faktor sorgt dafür, dass unser Immunsystem adäquat funktioniert und eine Virus-Infektion abwehren kann oder eben nicht?

Aus Daten des Robert-Koch-Institutes wird ersichtlich: Schon im Jahr 2020 lag die Wahrscheinlichkeit im Winter in Folge einer Corona-Infektion zu sterben etwa 76-mal höher als im Sommer. Auch aktuell warnen Medien und Politiker vor einer erneuten Herbst-Welle. Doch wie lässt sich diese Saisonalität erklären?

Weniger Sonne heißt weniger Vitamin D – Warum unser Immunsystem im Winter geschwächt ist

Ein recht simpler Zusammenhang erklärt, warum im Winter schwere Verläufe, die teils auf Intensivstationen behandelt werden müssen und sogar Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion erheblich häufiger auftreten als im Sommer: Sofern wir durch entsprechende Präparate nicht aktiv unseren Vitamin-D-Spiegel anheben, produziert unser Körper das wichtige Hormon in ausreichender Menge nur mit Hilfe sommerlicher Sonnenstrahlen. Im Herbst und Winter wird die körpereigene Vitamin-D-Produktion heruntergefahren und kommt schließlich ganz zum Erliegen. Mit teils schwerwiegenden Auswirkungen für die Leistungsfähigkeit unseres Immunsystems.

Eine entsprechende Korrelation des Vitamin-D-Spiegels und der Schwere von Infektionsverläufen lässt sich wissenschaftlich belegen: Liegt der Vitamin-D-Spiegel unter 50 nmol/l, erhöht sich die Sterblichkeit im Falle einer Corona-Infektion um das 4-fache, bei Werten von unter 30 nmol/l gar um das 18-fache! Gleichzeitig sind ab einem Vitamin D-Spiegel von 125 nmol/l, rein statistisch betrachtet, praktisch keine coronabedingten Todesfälle mehr zu erwarten, wie eine entsprechende Metaanalyse herausfand.

Korrelation vs. Kausalität – Wie lassen sich diese Zusammenhänge deuten?

Nun sind all diese Zusammenhänge lange bekannt und werden teils auch in der reichweitenstarken Presse behandelt, meist jedoch unzureichend und mit falschen Schlussfolgerungen. So würde die aufgezeigte Korrelation zwischen Vitamin-D-Spiegel und Krankheitsverlauf ja schließlich kein Beleg dafür sein, dass nun wirklich der Faktor Vitamin D die entscheidende Rolle spielt. Prinzipiell ist dieses Argument zunächst valide, nicht mehr jedoch, wenn man sich weitere Forschungsergebnisse näher betrachtet.

Vitamin D schützt bei COVID-19: Wissenschaftliche Studien belegen eindeutige Kausalität

Wollen Wissenschaftler herausfinden, ob neben einer Korrelation auch eine Kausalität vorhanden ist, so ist das Mittel der Wahl die klinische Interventionsstudie: Unter sonst gleichen Bedingungen wird einem Teil der Patienten Vitamin D verabreicht, einem anderen Teil – der Kontrollgruppe – nicht. So lässt sich sagen, ob der isolierte Faktor einen signifikanten Unterschied ausmacht, oder ob man doch besser an anderer Stelle Erklärungen suchen sollte.

Dr. Michael Nehls - Herdengesundheit

Genau diese Interventionsstudien sind längst in großer Zahl vorhanden und belegen, dass Vitamin D den entscheidenden Unterschied bei der Frage ausmacht, ob eine Corona-Infektion milde oder schwer verläuft, ob baldige Genesung die Folge ist oder ob mit Intensivstation oder gar Tod zu rechnen ist.

Schon im Oktober 2020 belegte dies die sogenannte „Kleine Cordoba-Studie“. Während in der Vitamin-D-Gruppe keine Todesfälle auftraten, starben 8 % der Menschen in der Kontrollgruppe. Auch benötigten die Teilnehmer der Kontrollgruppe 25-mal häufiger eine Intensivbehandlung. Obwohl Kritiker hier anmerkten, dass die Fallzahl der Studie zu klein sei für valide Aussagen, konnten Mathematiker des weltweit führenden MIT errechnen, dass die Studie mit einem P-Wert von < 0,000001 eine besonders hohe Aussagekraft hat und signifikante Ergebnisse liefert. Man müsste die Studie eine Million Mal durchführen, um einmal zufällig zu den festgestellten Ergebnissen zu gelangen.

Auch die Forscher des weltweit führenden Krebsforschungszentrum, dem DKFZ in Heidelberg, führten an, dass es ethisch sehr fragwürdig ist, weitere derartige Untersuchungen durchzuführen, statt die gewonnenen Erkenntnisse einfach umzusetzen. Dennoch folgten weitere Interventionsstudien, welche die Ergebnisse bestätigten:

  • Die „Große Cordoba-Studie“ fand heraus, dass das Sterberisiko bei COVID-Patienten durch die richtige Vitamin-D-Gabe um 84 % gesenkt werden kann
  • Die „Barcelona-Studie“ errechnete Werte von 70 % geringerem Sterberisiko bei Vitamin-D-Gabe und 87 % Reduktion der Notwendigkeit einer Intensivbehandlung
  • Eine US-amerikanische Studie beziffert ihre Erkenntnisse wie folgt: Vitamin-D-Prohormon-Gruppe: 0 % Todesfälle, Kontroll-Gruppe: 12 % Todesfälle; Verweildauer im Krankenhaus etwa halbiert, Lungenfunktion signifikant besser

Die Internetseite vdmeta.com listet insgesamt 85 (Stand: August 2022) wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema und Vitamin D. Das übergreifende Ergebnis: Vitamin D wirkt besonders stark präventiv zur Verhinderung einer Infektion, ist jedoch kein Notfall-„Medikament“, welches erst eingesetzt werden darf, wenn die Infektion bereits eingetreten oder weit fortgeschritten ist. Dennoch kann sogar die verspätete Vitamin-D-Prohormon-Gabe schwere Verläufe abmildern.

Vitamin-D-Forschung: Irreführende Studien kommen zu falschen Ergebnissen

Dass all dies nicht längst gesellschaftliches Allgemeinwissen ist, hat verschiedene Gründe. Einer dieser Gründe ist die Tatsache, dass durchaus auch Studien existieren, welche zu völlig anderen Ergebnissen kommen und behaupten, die oben angeführten Erkenntnisse zu widerlegen. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf diese Arbeiten, so zeigt sich, dass das Sonnenhormon Vitamin D den Probanden schlicht falsch verabreicht wurde – nämlich als einmalige Hochdosis-Gabe in der Spätphase der Infektion oder es wurde mit zu geringen Vitamin-D-Spiegeln gearbeitet.

Obwohl diese vereinzelten Studien damit faktisch keine Aussagekraft haben, zeigen reichweitenstarke Medien ein besonderes Interesse an diesen und bevorzugen es bislang meist noch, den wissenschaftlichen Stand der Dinge fälschlicherweise anhand dieser Arbeiten widerzugeben.

Prof. Dr. med. Jörg Spitz und Dr. Michael Nehls behandeln auch diese Fragen und blicken auf zwei Jahre medialen Blackout rund um das Thema Vitamin D und COVID-19 zurück. Was dies mit der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ zu tun hat, was sich aus diesen Erfahrungen lernen lässt und warum die vergangenen zwei Jahre auch eine große Chance für eine dringend benötigte Neue Gesundheitskultur sind, erfahren Sie in unserem Spitzen-Gespräch:

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Zur Person:

Dr. med. Michael Nehls studierte von 1983 bis 1989 Medizin in Freiburg und Heidelberg, im Jahr 1997 habilitierte er sich im Fach Molekulargenetik. Als Wissenschaftler publizierte er über 50 wissenschaftliche Originalarbeiten, zwei davon zusammen mit den Nobelpreisträgern Paul Greengard und Martin Evans.

Seine molekularbiologische Entdeckung des molekularen Schalters für die Entwicklung des adaptiven Immunsystems wurde von der Amerikanischen Gesellschaft der Immunologen als „Säule der immunologischen Forschung“ geehrt.

Für seine Alzheimer-Forschung ist ihm 2015 der Hanse-Preis für Psychiatrie verliehen worden.


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