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Kanzlerreise in die Vereinigten Arabischen Emirate Regierung rechnet mit Lieferverträgen für Flüssiggas

Bundeskanzler Olaf Scholz reist am Wochenende auf die arabische Halbinsel. Wirtschaftsminister Robert Habeck erwartet dabei Fortschritte im Kampf gegen die Energiekrise.
Robert Habeck und Manuela Schwesig in Lubmin: Anlandepunkt für Flüssiggas

Robert Habeck und Manuela Schwesig in Lubmin: Anlandepunkt für Flüssiggas

Foto: Stefan Sauer / dpa

Die Bundesregierung erwartet neue Verträge für Flüssiggaslieferungen beim Besuch von Kanzler Olaf Scholz auf der arabischen Halbinsel. Er werde sicherlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten einige Verträge für Flüssiggas (LNG) unterzeichnen können, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern.

Zuvor hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit bekannt gegeben, dass der Kanzler am kommenden Wochenende nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen wird.

In Katar dürfte die Gasversorgung im Mittelpunkt stehen. Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) hatte bei einem Besuch in dem kleinen, aber sehr reichen Golfemirat im März eine Energiepartnerschaft vereinbart. Konkrete Vereinbarungen Katars mit deutschen Unternehmen sind bisher aber nicht bekannt.

Katar hatte schon in den Achtziger- und Neunzigerjahren in Gas investiert und ist heute einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas.

Habeck wollte sich am Montag gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Lubmin über die aktuelle Situation in Sachen Flüssiggas informieren. Der Ort in Mecklenburg-Vorpommern ist einer von mehreren deutschen Küstenstandorten, an denen per Schiff geliefertes Flüssiggas angelandet werden soll, um russisches Pipelinegas zu ersetzen. In Lubmin kommen die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 an, über die derzeit aber kein russisches Gas geliefert wird.

Habeck sagte, es sei wichtig, dass bereits in diesem und zum nächsten Winter Terminals zur Anlandung von Flüssiggas an deutschen Küsten entstünden. Die Chancen für die Inbetriebnahme in Brunsbüttel und Wilhelmshaven im Winter stünden gut.

Mit Glück gut durch den Winter

Wenn zudem ausreichend Gas gespart werde und man Glück mit dem Wetter habe, gebe es die Chance, gut durch diesen Winter zu kommen. Die Speicher seien am Ende dann aber leer. Derzeit bewege man sich auf einen Speicherstand von 90 Prozent zu, obwohl man Gas nicht mehr zu jedem Preis kaufe. Nach diesem Winter müssten aber weitere Terminals in Betrieb gehen, um auch den nächsten Winter gut zu überstehen.

In Lubmin will das Unternehmen Deutsche Regas am Dienstag die Arbeiten zum Bau eines Flüssiggasterminals starten. Die Bauaktivitäten dienten der Ertüchtigung des bislang nur von kleineren Schiffen genutzten Industriehafens und der Schaffung eines gesicherten Liegeplatzes, teilte das Unternehmen mit.

Aufsichtsratschef Stephan Knabe sprach von einem wichtigen Meilenstein für das Projekt. Die Bauarbeiten auf dem Hafengelände seien bei den zuständigen Behörden angezeigt und beantragt worden, die letzte noch ausstehende Genehmigung sei am 14. September erfolgt. Für die Arbeiten außerhalb des Hafens sind umfangreichere Genehmigungsverfahren erforderlich.

Den ehrgeizigen Plänen der Deutschen Regas zufolge soll über das privat finanzierte Terminal bereits im Dezember das erste Gas angeliefert werden. Vorgesehen ist, das Flüssiggas mit kleineren Shuttleschiffen von den vor Lubmin ankernden Großtankern in den Hafen zu bringen und dort dann in das vorhandene Gasnetz einzuspeisen. In Lubmin kommen die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 an, über die derzeit aber kein russisches Gas geliefert wird.

Geld aus Gasumlage kommt später

In Lubmin wollen zudem der deutsche Energiekonzern RWE und das norwegische Unternehmen Stena-Power ein schwimmendes Gasterminal errichten. Nach früheren Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums soll das vom Bund gecharterte Terminal Ende 2023 einsatzbereit sein.

Während Habecks Besuch in Lubmin Hoffnung auf Fortschritte bei der künftigen Energieversorgung macht, muss der Minister sich aber noch mit den Folgen der aktuellen Energiekrise befassen. Habeck versicherte erneut, die angeschlagenen Gasimporteure würden weiter gestützt. Auf die Frage nach einer möglichen Verstaatlichung reagierte er ausweichend. Man stünde mit den Firmen im Gespräch, die Unterstützung auch zu verändern.

Zugleich sollen erste Gelder aus der ab Oktober greifenden Gasumlage nicht vor November bei den Unternehmen ankommen. Das Kabinett habe am Freitag im schriftlichen Umlaufverfahren den späteren Abschlagszahlungen zugestimmt, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin. Die erstmalige Auszahlung sei bisher ab dem 20. September möglich gewesen.

Die ab Anfang Oktober geltende Umlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde soll jeder Kunde – Privathaushalte und Industrie – bezahlen. Mit den Einnahmen sollen die massiven Mehrkosten von Importeuren wie Uniper ausgeglichen werden, die diese derzeit wegen gestoppter Lieferungen aus Russland haben.

Ob auch staatlich übernommene Importeure von der Gasumlage profitieren dürften, wollte die Ministeriumssprecherin nicht sagen. Das könnte beispielsweise im Fall Uniper relevant werden. Hier laufen Gespräche über eine deutliche Beteiligung des Staates an dem Unternehmen. Die Ministeriumssprecherin sagte, die Verhandlungen seien konzentriert, es gebe nicht »unendlich viel Zeit«.

Das Wirtschaftsministerium will zudem den Anwendungsbereich der Gasumlage nachträglich ändern, damit keine Unternehmen profitieren, die Hilfen eigentlich nicht nötig haben. Kritiker werfen dem Wirtschaftsminister vor, handwerklich nicht sauber gearbeitet und diese Möglichkeit zugelassen zu haben. Mit der geplanten Änderung sollen »Trittbrettfahrer« außen vor bleiben. »Die Arbeiten laufen«, sagte die Ministeriumssprecherin. »Alles andere steht jetzt nicht zur Debatte.« Zuletzt wurde spekuliert, dass die Gasumlage im Zuge einer möglichen Verstaatlichung der wichtigsten Gasimporteure gar zurückgezogen werden könnte.

mmq/Reuters/dpa