Schließen Sie eine neue FPÖ-Koalition aus, Herr Kurz?: Jetzt spricht der jüngste Altkanzler der Welt

32 Jahre alt und schon Altkanzler: Sebastian Kurz

32 Jahre alt und schon Altkanzler: Sebastian Kurz

Foto: Daniel Biskup
Von: PAUL RONZHEIMER und DANIEL BISKUP (Fotos)

Wien – Der jüngste Altkanzler der Welt ist gut gelaunt, als er die BILD-Reporter am Dienstagmittag in seiner Parteizentrale in der Lichtenfelsgasse im 1. Bezirk in Wien empfängt: Sebastian Kurz (32) ist jetzt nur noch ÖVP-Chef – und will sich direkt in den Wahlkampf stürzen.

In BILD spricht er über die vergangenen Tage, seine Gefühle - und ob er künftig eine Koalition mit der Skandal-Partei FPÖ ausschließt.

BILD: Herr Kurz, wie fühlt es sich an, wenn man als Kanzler gestürzt wird?

Sebastian Kurz: „Es war ein Wechselbad der Gefühle. Zum einen denke ich an die erfolgreiche Arbeit in der Regierung, was dem Land gutgetan hat, zum anderen aber an das unfassbare Ibiza-Video. Am Sonntag haben wir dann das beste Europawahl-Ergebnis der Geschichte eingefahren und die Ablehnung von FPÖ und SPÖ gespürt. Wenige Stunden später schließlich 2000 Unterstützer, die mich voll bei unserem Weg der Veränderung unterstützen. Jetzt ist nicht die Zeit für Hass oder Wut.“

Aber was ging in Ihnen vor, als Sie um 16:14 Uhr aus dem Parlament gegangen sind. Waren Sie traurig?

Kurz: „Ich konnte mich die letzten Tage ja bereits auf den Moment vorbereiten. Was mich überrascht hat, war, dass SPÖ und FPÖ plötzlich die gesamte Regierung stürzen wollten und nicht nur mich.“

Bundeskanzler a.D. Sebastian Kurz am Tag nach seiner Abwahl mit BILD-Chefreporter Paul Ronzheimer

Kurz am Tag nach seiner Abwahl mit BILD-Reporter Paul Ronzheimer

Foto: Daniel Biskup

Jetzt sind Sie der jüngste Altkanzler aller Zeiten.

Kurz: „Ich bereue keine meiner Entscheidungen. Wir konnten nach dem Ibiza-Video nicht zur Tagesordnung übergehen und ich wusste, was das bedeuten kann. Ich respektiere jetzt die Entscheidung des Parlaments. Aber am Ende entscheiden im Herbst die Wählerinnen und Wähler.“

Wie wichtig ist die Unterstützung Ihrer Familie?

Kurz: „Natürlich sehr wichtig. Ich war am Wochenende mit meiner Freundin und meiner Familie zusammen, aber wirklich viele freie Minuten hatte ich nicht.“

Schließen Sie Koalitionen mit der FPÖ in Zukunft aus?

Kurz: „Koalitionen sind im Moment kein Thema. Es gibt derzeit nur eine Koalition – und zwar aus SPÖ und FPÖ, die zum Ziel hatte, die Regierung niederzustimmen.“

Jetzt lenken Sie aber davon ab, dass Sie mit der FPÖ regiert haben. Also noch einmal: Schließen Sie eine Koalition mit der FPÖ nach der Wahl im Herbst aus?

Kurz: „Es ist die SPÖ, die davon ablenkt, dass sie 2017 selbst Gespräche geführt hat mit der FPÖ und auf Länderebene eine Koalition mit der FPÖ hat. Jetzt zeigt sich, was ich immer gesagt habe: Es gab und gibt diese Kontakte! Was die ÖVP angeht, bitte ich um Verständnis, dass ich nach dem gestrigen Tag heute nicht über Koalitionen spreche. Was klar ist: Wir wollen als ÖVP unseren Regierungskurs im Herbst fortsetzen, aber ohne Einzelfälle und Skandale. Deshalb werben wir um große und klare Unterstützung der Bevölkerung.“

Jetzt sind Sie nur noch ÖVP-Chef. Fehlt Ihnen das Kanzleramt schon?

Kurz: „Ich habe mich nie über ein Amt oder Insignien der Macht definiert. Büros sind mir egal. Ich freue mich jetzt, dass ich in den kommenden Monaten noch intensiver mit den Menschen in Österreich sprechen kann. Als Außenminister und Kanzler hatte ich viele Termine, war viel international unterwegs. Jetzt will ich die Zeit nutzen, um viele gute Gespräche im Land zu führen.“

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