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Verkehrsminister möchte mit Gebühren Lärmbelästigung reduzieren Dobrindt will weniger Nachtflüge

Bremen/Berlin. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will den Lärmschutz an den deutschen Flughäfen verbessern. Dazu sollen die Flughafenentgelte stärker differenziert werden. Im Herbst will der Minister das Gesetz präsentieren.
08.08.2014, 00:00 Uhr
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Dobrindt will weniger Nachtflüge
Von Norbert Holst

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will den Lärmschutz an den deutschen Flughäfen verbessern. Dazu sollen die Flughafenentgelte stärker differenziert werden. Im Herbst will der Minister das Gesetz präsentieren.

Rund 750 000 Menschen sind nach Angaben des Umweltbundesamtes von Fluglärm betroffen. In Frankfurt ist das Nachtflugverbot ein Zankapfel zwischen Flughafenbetreibern und geplagten Anwohnern, die Münchner haben die geplante dritte Landebahn per Bürgerentscheid gestoppt. Beim Skandal-Flughafen Berlin-Brandenburg sorgten die geplanten Flugrouten für jahrelangen Ärger, annähernd 30 Bürgerinitiativen formierten sich.

Nun will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (44, CSU) mit einer Novelle des Luftverkehrsgesetzes den Lärmschutz verbessern und damit solche Streitigkeiten entschärfen. „Um den Schutz vor Fluglärm zu verbessern, wird im Luftverkehrsgesetz eine stärkere Differenzierung nach Flugzeugtypen und eine deutlichere Spreizung der Tag- und Nachttarife bei lärmabhängigen Flughafenentgelten verankert“, heißt es in einer regierungsinternen Projektbeschreibung aus dem Kanzleramt, die unserer Zeitung vorliegt.

Konkret will der CSU-Politiker finanzielle Anreize für die Fluggesellschaften schaffen, damit diese die Flüge in der Kernnacht (0 bis 5 Uhr) und in den Nachtrandzeiten (22 bis 24 Uhr und 5 bis 6 Uhr) reduzieren. Zudem will der Minister die Anbieter animieren, künftig leisere Maschinen zu kaufen. Beim Flughafenverband ADV indes ist man irritiert über den Vorstoß aus dem Verkehrsministerium. „Der ADV lehnt eine solche Gesetzesänderung ab, da sie schlicht überflüssig ist“, sagt Pressesprecher Björn Potulski. Die deutschen Flughäfen, so argumentiert er, hätten auf freiwilliger Basis schon längst lärm- und schadstoffabhängige Start- und Landeentgelte umgesetzt, die in Abstimmung mit den Bundesländern auch laufend weiter entwickelt würden. Die deutschen Airports haben damit laut ADV „im internationalen Luftverkehr eine Vorreiterrolle“ inne.

Tatsächlich gibt es für alle größeren Airports hierzulande komplizierte Gebühren-Regelungen, die auch den Lärmschutz berücksichtigen. Beispiel City Airport Bremen: Schon seit vielen Jahren entrichten Flugzeuge, die bestimmte Lärmschutzanforderungen erfüllen, geringere Gebühren als lärmintensive Flieger. Seit dem 1. September 2013 gilt eine neue Entgeltordnung für den Flughafen. Darin ist geregelt, dass für verspätete Flugzeuge, die dann in der Zeit von 22.31 bis 5.59 Uhr landen, ein gestaffelter Aufpreis verlangt wird, der von 20 bis maximal 400 Prozent reicht. Beispielsweise für ein großes Passagierflugzeug wie die Boeing 737-800 kann die Entgelthöhe in der Kernnachtzeit rund 2000 Euro betragen – zusätzlich zur Normalgebühr von 505,85 Euro.

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres gab es auf dem Bremer Airport 250 Flugbewegungen zwischen 22.31 und 5.59 Uhr bei insgesamt rund 20 000 Flügen. Hauptgrund dafür sind Verspätungen. Die Zahl der Nachflüge ist aber seit Jahren rückläufig. „Die Airlines haben sich Mühe gegeben, dass es zu weniger Verspätungen kommt“ sagt Dettmar Dencker, beim Airport Bremen zuständig für Umweltmanagement und Fluglärm.

Der Bremer Flughafen will in Zusammenarbeit mit den Airlines und dem Wirtschaftsressort des Senats die Lärmklassifizierung noch verfeinern. Dencker: „Wir sind startbereit für den nächsten Schritt.“ Noch Zukunftsmusik ist dann eine weitere Stufe, in der auch die Schadstoff-Emissionen der Jets bei der Gebührenhöhe berücksichtigt werden sollen.

Der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) gehen solche Anreiz-Systeme aber nicht weit genug. Die BVF fordert ein generelles, achtstündiges Nachtflugverbot. Auch die zulässigen Grenzwerte sollten „deutlich gesenkt“ werden, betonen die Fluglärm-Gegner. Sie fühlen sich von einem Sondergutachten gestärkt, das der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) im März an Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) übergeben hat.

Der Lärmpegel, so die Feststellung des aus sieben Professoren bestehenden Beratergremiums der Bundesregierung, müsse „vor allem an der Quelle“ reduziert werden. „Insoweit sollte der Schutz der gesamten Nachtzeit (von 22 bis 6 Uhr) gewährleistet bleiben“, sagen die Gutachter. Und überhaupt: „Gleichwohl ist der Fluglärmschutz im geltenden Luftverkehrsrecht insgesamt nur unzureichend gewährleistet.“ Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag immerhin vereinbart, die Grenzwerte des Fluglärmschutzgesetzes zu überprüfen.

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