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Papst Franziskus hat sich von den reformbegierigen Deutschen abgewandt.

© picture alliance / Evandro Inett

Deutsche Katholiken und der Vatikan: Es naht ein Konflikt ohnegleichen

Es geht um alles: Zölibat, Frauen, Laien. Die Deutschen wollen Reformen, Franziskus reagiert autoritär - und gefährdet seine Glaubwürdigkeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die katholische Kirche in Deutschland und der Papst – auf diesem Verhältnis liegt zur Zeit kein Segen. Franziskus war die große Hoffnung auf Reformen, ironischerweise nach dem deutschen Pontifex Benedikt. Nun führt genau diese Bereitschaft der Deutschen zur Reform, zur Selbstvergewisserung nach dem grundstürzenden Missbrauchsskandal zu einem Konflikt ohnegleichen.

Der Streit um die Schwangerenkonfliktberatung war ein laues Lüftchen dagegen. Der Vatikan zeigt sich in diesem Fall in einer Weise, die man überwunden glaubte. Oder hoffte. Und das ausgerechnet bei Themen, die für die Glaubwürdigkeit der Institution Kirche von herausragender Bedeutung sind. Im aufgeklärten Europa zumal. Daran hängt viel für die zukünftige Akzeptanz.

Kein Zolibät mehr, mehr Rechte für Laien und Frauen

Jetzt reist also der deutsche Chefkatholik, Kardinal Reinhard Marx, nach Rom. Es heißt, um die Wogen zu glätten. Darauf sollte sich niemand verlassen. Denn die deutschen Katholiken sind konfliktwillig. Sie wollen mehr als bisher - sie wollen die Kirche verändern. Eine neue Sexualmoral ohne die umstrittene Ehelosigkeit von Priestern, das Zölibat. Eine echte Beteiligung der Laien. Eine Öffnung für Frauen, die nicht nur das Diakonat vorsieht, sondern, bis zum Ende gedacht, die Möglichkeit einer Frau als Papst. Endlich! Die Zukunft kann beginnen, mindestens die Diskussion darüber.

Aber was macht Franziskus? Er lässt seine Hintersassen los. Nichts soll es geben, die deutsche Teilkirche sei ja nicht die Weltkirche und die katholische Kirche nicht „demokratisch strukturiert“. Von wegen „synodaler Weg“. Das ist für den Vatikan des Teufels. Alles Schlechte zeigt sich hieran: der Umgang mit der Macht. Der Mangel in Bereitschaft zu Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal, der das Vertrauen in die Kirche doch weltweit schwer erschüttert hat. Die fehlende Wahrhaftigkeit im Umgang mit der deutschen Bischofskonferenz. Als ob, nur ein Beispiel, deren Mitglieder darauf verzichten würden, dass in wichtigen Fragen ihr Votum entscheidet!

Ein Einschüchterungsversuch!

Zentralkomitee-Präsident Thomas Sternberg hat recht: Das ist ein Einschüchterungsversuch. Und der Oberste der Laien hat noch mal recht, den „synodalen Weg“ mit den Bischöfen fortzusetzen. Das freie Gespräch lässt sich nicht unterdrücken. Die Konservativen im führenden Gremium der Weltkirche, den K7, sind diskreditiert, die hier in Deutschland haben sich neu orientiert. An der Spitze Kardinal Marx. Der wird gerade der Stärkste im K-7-Gremium. Und die deutschen Katholiken wissen, dass sie die Hoffnungen auf Überwindung der existenziellen Kirchenkrise nicht enttäuschen dürfen.

Es war einmal ein Papst, der von der Kirche verlangte, dass sie sich den Menschen zuwendet. Dass sie sich im Inneren ändert. Dass ihre Bischöfe in die Verantwortung fürs große Ganze eintreten. Der Papst hieß Franziskus. Wo ist er hin?

Der Papst wird autoritär

Der Papst jetzt wird autoritär, wo ihm die Plausibilität der bisherigen Lehre abhanden kommt. Der Verweis auf Tradition und die ewige Gültigkeit seiner Lehrmeinungen begründet aber immer weniger den Anspruch auf Führung. Zumal dieser Papst das nicht, wie sein Vorgänger, mit intellektuellen Pirouetten überdecken kann.

Wenn Franziskus sich in diesem Konflikt nicht besinnt auf das, für was er eigentlich stehen wollte, dann gefährdet er seine Autorität, seine Stellung, letztlich sein Pontifikat. Seine Glaubwürdigkeit geht schon dahin. Ob er sich durchsetzt, steht in den Sternen.

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