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Nach Literatur-Eklat Robert Menasse erhält trotzdem Carl-Zuckmayer-Medaille

Nach Fälschungsvorwürfen: Malu Dreyer hat entschieden, dass Rheinland-Pfalz die Carl-Zuckmayer-Medaille an Robert Menasse vergibt. Zuvor hatte sich die Ministerpräsidentin mit ihm zum Gespräch getroffen.
Robert Menasse

Robert Menasse

Foto: Arne Dedert/ picture alliance/dpa

Der österreichische Autor Robert Menasse tritt in seinen Schriften und Reden vehement für die europäische Idee ein, zuletzt in seinem in Brüssel spielenden Roman "Die Hauptstadt". Doch offenbar erfand er in Interviews Zitate des verstorbenen Politikers Walter Hallstein und diesbezügliche Sachzusammenhänge, um für mehr Europa zu werben. Die rheinland-pfälzische Landesregierung prüfte daraufhin, ob sie ihm wie geplant die Carl-Zuckmayer-Medaille verleihen kann.

Nun hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer nach Gesprächen mit der Kommission und Robert Menasse entschieden, den Preis an den Autor am 18. Januar doch zu überreichen.

In einer Erklärung Dreyers dazu heißt es: "Robert Menasse hat sich große Verdienste um die deutsche Sprache erworben, er hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes literarisches Gesamtwerk geschaffen, für das er zurecht große Anerkennung erhält. Sein engagiertes Streiten für die europäische Idee trifft europaweit auf große Resonanz und hat die politische Debatte um die Zukunft der Europäischen Union sehr bereichert."

In einer gemeinsamen Erklärung von Dreyer und Menasse wird hinzugefügt: "Wir sind davon überzeugt, dass die vorbehaltlose Anerkennung von Fakten zum Wertefundament unserer liberalen Öffentlichkeit gehört. Die Bereitschaft, ja die Notwendigkeit, Gewissheiten von Annahmen und Fakten von Meinungen zu trennen, ist für das Gelingen einer demokratischen Debatte unerlässlich."

Menasse ergänzte die Erklärung mit einem persönlichen Statement: "Es war ein Fehler von mir, Walter Hallstein in öffentlichen Äußerungen und nicht-fiktionalen Texten Zitate zuzuschreiben, die er wörtlich so nicht gesagt hat. Es war unüberlegt, dass ich im Vertrauen auf Hörensagen die Antrittsrede von Hallstein in Auschwitz verortet habe. Diese hat dort nicht stattgefunden. Das hätte ich überprüfen müssen. Ich habe diese Fehler nicht absichtsvoll und nicht mit dem Ziel der Täuschung begangen. Ich hielt diese Geschichte für ein starkes symbolisches Bild des europäischen Einigungsprojekts, das doch zweifellos mit dem Schwur 'Nie wieder Auschwitz' verbunden ist. In meinem Roman ist das stimmig, aber die Vermischung von literarischen Fiktionen mit Äußerungen in europapolitischen Diskussionen bedauere ich sehr und entschuldige mich bei allen, die sich getäuscht fühlen."

Es gebe einen Unterschied zwischen der künstlerischen Freiheit, die ein Schriftsteller in seinem fiktionalen Schaffen genieße, und der Verantwortung, der er gerecht werden müsse, wenn er sich in den politischen Diskurs begebe. Während Ersterer mit der historischen wie gegenwärtigen Realität künstlerisch umgehe, sie deuten und modellieren dürfe, unterliege Letzterer der Verpflichtung, Fakten von Fiktion zu trennen.

"Das Spiel von Fakten und Fiktionen zuzuspitzen und zu polarisieren - das war lange Zeit im öffentlichen Diskurs eine Rolle des Dichters. Es war eine produktive Methode, Diskussionen auszulösen, vor der sich Pragmatiker und so genannte Realisten drücken. Dass aber heute, in Zeiten der allgemeinen Verunsicherung, in Zeiten von Hetze und absichtlichen Fälschungen, hier klar abgegrenzt werden muss, verstehe ich. Die künstlerische Freiheit im Roman und die Spielregeln im politischen Diskurs dürfen nicht vermischt werden. Darauf werde ich achten und darauf können Sie sich verlassen", so Menasse.

cbu