Aus dem Kommentar von „Tomás“ gesendet am 10.11.2014 um 18:49:
Prof. Siebel wirft Ratzinger vor, ein Arianer zu sein, weil er in seinem Werk “Einführung in das Christentum” (1971), das in Wirklichkeit “Einführung in die Apostasie” heißen sollte, behauptet, Christus sei ein außergewöhnlicher Mensch, aber nur ein Mensch, gewesen, der von Gott im Augenblick des Todes am Kreuz als Sohn angenommen (“adoptiert”) wurde.
Der Aufsatz des Prof. Siebel erschien in SAKA-Informationen 1990, Dezember, S.233-239; 1991, Januar, S. 9-12.
Da es ungeheuerlich wäre, wenn dies so stimmte, ist es unser aller Pflicht, diese Behauptung gründlich zu verifizieren. Ich selber bin im Besitz aller Jahrgänge der SAKA-Informationen, auch jener vom Dezember 1990 und von Januar 1991. Ich veröffentliche deshalb hiernach den betreffenden Artikel von Prof. Dr. Wiegand Siebel aus dem Heft 15. Jahrgang Nr. 12, Dezember 1990 und Heft 16. Jahrgang Nr. 1, Januar 1991 (und verweise dazu auf die Online-Version des betreffenden Werkes Ratzingers „Einführung in das Christentum“):
Zur theologischen Position von Kardinal Ratzinger
Ist Ratzinger ein Arianer?
Von Professor Dr. Wigand Siebel
Bekanntlich ist Kardinal Ratzinger seit November 1981 Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre. Ihm obliegt die Aufgabe, über die Unversehrtheit und Integrität des Glaubens zu wachen. Hat er dazu die Voraussetzungen, das heisst, hat er selber den katholischen und apostolischen Glauben bewahrt? Diese für viele fast unglaubliche Frage, darf man sie überhaupt stellen? Sie ist zu stellen! Schon verschiedene Male mussten wir sie nicht nur stellen, sondern notgedrungen auch negativ beantworten. Im vorliegenden Artikel, der im Januar 1991 seine Fortsetzung findet, müssen wir erneut fragen, und zwar im Hinblick auf den Kern des Christentums, die Christologie. Wir bitten besonders jene Leser, die unserem Standpunkt (noch) kritisch gegenüberstehen, die vorliegenden Ausführungen von Professor Siebel unvoreingenommen zu studieren. Es geht heute um zu viel, als dass man sich leichthin von einer solchen Auseinandersetzung dispensieren dürfte.
1. Einleitung
Wie in verschiedenen Beiträgen der SAKA-INFORMATIONEN dieses Jahres dargelegt wurde, gibt es in der römisch-ökumenischen Kirche eine größere Anzahl von Bischöfen, die in ihrer Lehre arianische Positionen vertreten.¹ Sie glauben nicht wahrhaft die christliche Lehre, daß Jesus Christus wahrer Gott von Ewigkeit ist. Für sie ist Jesus nur ein hervorragender Mensch, der durch sein Leben und Sterben bewiesen hat, daß er Gott nahestand, somit die Gottheit zum Ausdruck brachte und schließlich mit der Gottheit belohnt wurde. Als Beispiele wurden die Bischöfe Walter Kasper, Karl Lehmann und Josef Stimpfle behandelt. Sie alle behalten die Sprache der christlichen Glaubensaussagen bei, unterlegen diesen aber einen neuen Sinn, der der christlichen Lehre zutiefst widerspricht, ja die Grundlage des christlichen Glaubens aufzuheben sucht.
Die Frage stellt sich, wie es möglich war, daß Priester, die diese Ansichten
* Unter anderem in der März-Nummer 1986: Athanasius Kröger, Trinität bei Ratzinger und Auferstehung bei Ratzinger. Dezember 1987: Wolfgang Beranek, Die «Fruchtbarkeit» der Trennung – Ratzingers ökumenische Vorstellungen. Jahrgang 1989: Paul Hacker, Joseph Ratzinger und die Zerstörung des Dogmas, S. 188-190, S. 208f., S. 235-238.
vertreten, überhaupt Bischöfe werden konnten. Hätte man nicht in ihren Schriften mit Leichtigkeit feststellen können, daß sie die wahre Gottheit unseres Schöpfers und Erlösers Jesus Christus leugnen? Für eine solche Prüfung wäre die römische Glaubenskongregation zuständig gewesen, deren Präfekt Joseph Kardinal Ratzinger (geb. 1927) ist. Mindestens die Ernennung Kaspers zum Bischof von Rottenburg-Stuttgart fällt unter die Verantwortung Ratzingers. Hat Ratzinger hier versagt? Oder steht Ratzinger etwa selbst dem modernen Arianismus nahe, ist er gar selbst als Arianer anzusehen? Diese Frage stellt sich nach den bisherigen Ergebnissen der Untersuchungen mit aller Dringlichkeit. Und dies nicht zuletzt deswegen, weil Ratzinger einer der einflußreichsten Vertreter der römisch-ökumenischen Kirche ist. Nach 25 Jahren Lehrtätigkeit in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg wurde er 1977 Erzbischof von München und Freising, 1981 zum Präfekten der Glaubenskongregation unter Johannes Paul II. Die Frage nach dem Verhältnis Ratzingers zum Arianismus soll in erster Linie anhand des Buches «Einführung in das Christentum», dann aber auch anhand weiterer Schriften und einer Erklärung der Glaubenskongregation beantwortet werden.
2. Ein Buch zur Einführung in das Christentum
a) Ein unverdächtiger Zeuge
Ratzingers Buch «Einführung in das Christentum»2 ist, wie es im Vorwort heißt, aus Vorlesungen hervorgegangen, die Ratzinger im Sommersemester 1967 für Hörer aller Fakultäten in Tübingen hielt. Er selbst stellt sein Buch in eine besondere Bedeutungslinie. «Was Karl Adam vor fast einem halben Jahrhundert an dieser Universität meisterhaft mit seinem ‚Wesen des Katholizismus‘ geleistet hatte, sollte auf diese Weise unter den veränderten Bedingungen unserer Generation von neuem versucht werden» (S.6). Ratzinger stellt sich also an die Seite des grossen rechtgläubigen Dogmatikers, Karl Adam, der für die Verteidigung der Wahrheit der katholischen Lehre mit seinem Buch3 Außerordentliches geleistet hat.
Was das Buch von Ratzinger bedeutet, hat ein unverdächtiger Zeuge in einer Besprechung4 herausgearbeitet. Es ist Walter Kasper. Bei ihm ist folgendes zu lesen: «In Ratzingers ‚Einführung in das Christentum‘ ist der konfessionelle Akzent von K. Adams ‚Wesen des Katholizismus‘ völlig überwunden. Damit ist ein vor 50 Jahren noch kaum erahnbarer theologischer und kirchlicher Fortschritt des ökumenischen Gesprächs signalisiert. Damit ist freilich auch angedeutet, daß sich die Frage heute nicht mehr primär um das Problem katholisch – protestantisch, sondern um die Frage nach Glaube oder Nicht-Glaube dreht. Während K. Adams ‚Wesen des Katholizismus‘ in erster Linie ekklesiologisch orientiert war, interpretiert Ratzinger anthropologisch ( …). Er will helfen, ‚den Glauben als Ermöglichung wahren Menschseins in unserer heutigen Welt neu zu verstehen‘.»
Was das Verhältnis Ratzingers zum Glauben betrifft, so schreibt Kasper: «Dem ‚konservativen‘ Leser werden sogar viele, erheblich von den traditionellen Glaubensvorstellungen abweichende Interpretationen zugemutet. Was Ratzinger in den Kapiteln über die Höllenfahrt, Auferstehung, Himmelfahrt, Wiederkunft Christi, sowie über die Auferstehung des Fleisches schreibt, steht keiner Entmythologisierungstheologie auch nur im Geringsten nach, und man fragt sich, weshalb er das Programm der Entmythologisierung mehrfach so einseitig polemisch abtut.»
Über die Christologie Ratzingers ist bei Kasper zu lesen: «Viele Interpretationen Ratzingers wirken geradezu befreiend; man stimmt ihnen um so lieber zu, als sie nicht in einen seichten Liberalismus, sondern in wirklich spirituelle Tiefen führen und damit sowohl christlich wie theologisch bereichernd sind. Das gilt vor allem von den beiden christologischen Kapiteln und ihrem vornehmlich an K. Barth orientierten Versuch, funktionale und ontologische Christologie zu vermitteln; hier ist Ratzinger eine gültige Neuinterpretation des christologischen Dogmas der alten Kirche gelungen.» Der evangelische Theologie Karl Barth hat bekanntlich eine modalistische Position vertreten, für ihn sind die göttlichen Personen nur «Gegebenheits weisen» Gottes. Bemerkenswert ist besonders die Feststellung Kaspers, daß es sich bei der Christologie Ratzingers um eine «Neuinterpretation» handelt.
Kasper hat aber auch Vorbehalte, so gegen Ratzingers Glaubensverständnis: «Im Anschluß an P. Hacker macht Ratzinger mit Recht gegen Luther geltend, daß die Loslösung der Liebe vom Glauben zur Säkularisierung führt, die alles Äußere vom Bereich des christlichen Glaubens ausschließt und den Glauben auf die reine Innerlichkeit der Subjektivität reduziert (…). Aber auch hier gilt, daß die Extreme sich berühren! Die Ineinssetzung von Glaube und Liebe, wie Ratzinger sie vollzieht, ja die Aussage ‚Liebe ist Glaube‘ (…) muß logisch zu Ende gedacht ebenso zur Säkularisierung, zum ‚Ineinsfall von Anbetung und Brüderlichkeit‘ (…) führen; das macht den Glauben in letzter Konsequenz, wenn auch gegen die erklärte Absicht Ratzingers (…), zu einem bloßen ideologischen und heilsgeschichtlichen Überbau über die Mitmenschlichkeit.»
Methodisch wendet Kasper ein: «Die Darstellung ist eher meditativ und intuitiv als argumentierend und reflektierend. Ratzinger umkreist sein Thema, spielt mit den verschiedenen Motiven und führt sie dann meist überraschend zur Synthese (…). Auf diese Weise entwirft er ein eindruckstarkes Bild, aber die harten Konturen des logischen Gedankengangs sind nicht immer leicht herauszufinden.» Abschließend führt Kasper aus: «So ist Ratzingers Werk ein notwendiges und hilfreiches Buch, das man nicht ohne sehr viel theologischen und spirituellen Gewinn lesen wird. Aber ein im Ganzen durchdachter theologischer Entwurf dürfte es noch nicht sein. Sind seine Grundlagen nicht noch zu ungeklärt, seine Folgerungen zu zwiespältig und widersprüchlich?»
Die fehlende theoretische Durcharbeitung der Probleme in Ratzingers Buch dürfte einer der Gründe dafür gewesen sein, daß Kasper wenige Jahre später (1972) seine «Einführung in den Glauben» veröffentlichte. Zweifellos hat er eine systematischere und in sich folgerichtigere Arbeit vorgelegt. Jedenfalls dürfte die neue, «funktionale und ontologische Christologie» vermittelnde, Sicht Ratzingers für Kasper eine Anregung bedeutet haben.
Ratzinger hat zu Kaspers Kritik Stellung genommen, Kasper antwortete, Ratzinger hatte schließlich das letzte Wort.5 Beide haben sich dabei immer stärker ihre wissenschaftliche Qualität bescheinigt und so eine Grundlage für ihre spätere Zusammenarbeit gelegt.
b) Glaube als Begegnung mit dem Menschen Jesus
Aus Ratzingers «Einführung in das Christentum» soll nur dessen Christologie behandelt werden, obwohl im einzelnen viel kritisch anzumerken wäre. Ratzingergs Christologie wird bereits sehr deutlich im Hinblick auf den Glaubensbegriff. Für Ratzinger ist der christliche Glaube «Begegnung mit dem Menschen Jesus und erfährt in solchem Begegnen den Sinn der Welt als Person. In Jesu Leben aus dem Vater, in der Unmittelbarkeit und Dichte seines betenden, ja, sehenden Umgangs mit ihm ist er der Zeuge Gottes, durch den hindurch der Unberührbare berührbar, der Ferne nahe geworden ist. Und mehr: Er ist nicht bloß der Zeuge, dem wir glauben, was er geschaut hat in einer Existenz, die wahrhaft die Wende vollzogen hatte von der falschen Bescheidung aufs Vordergründige in die Tiefe der ganzen Wahrheit hinein; nein, er ist die Anwesenheit des Ewigen selbst in der Welt» (S. 44).
Es geht nach Ratzinger beim Glauben also um eine «Begegnung mit dem Menschen Jesus». Dieser hatte eine «Wende von der falschen Bescheidung auf das Vordergründige» vollzogen in die Tiefe der Wahrheit hinein. Jesus ist damit nicht nur Zeuge, sondern Mittel, durch das Gott erfahrbar und anwesend gemacht ist. Es geht folglich für uns um eine menschliche Beziehung. In Jesu «Leben, in der Vorbehaltlosigkeit seines Seins für die Menschen, ist der Sinn der Welt Gegenwart, er gewährt sich uns als Liebe, die auch mich liebt und mit solch unfaßlichem Geschenk einer von keiner Vergänglichkeit, keiner egoistischen Trübung bedrohten Liebe das Leben lebenswert macht… So ist Glaube, Vertrauen und Lieben letztlich eines, und alle Inhalte, um die der Glaube kreist, sind nur Konkretisierungen der alles tragenden Wende, des ‚Ich glaube an Dich‘ – der Entdeckung Gottes im Antlitz des Menschen Jesus von Nazareth» (S. 44 f.).
Ratzinger hat in den zitierten Sätzen im Grunde sein christologisches Programm, das er an späterer Stelle entfaltet, vorweggenommen. Für ihn ist Jesus der Mensch, in dem Gott erscheint, diesem Menschen muß man glauben, d. h. seine Liebe erwidern. Das alles ist Ausdruck für einen deutlichen Modalismus, der nur den vorbildlichen Menschen Jesus sieht, durch den Gott erkennbar ist. Seine Göttlichkeit ist nicht einmal angedeutet, sie steht nicht im Mittelpunkt des Glaubens. Ja, sie gehört überhaupt nicht zum Glauben, der mit Vertrauen und Liebe gleichgesetzt wird. Das ist eine völlig unkatholische Sicht des Glaubens und der göttlichen Tugenden. Die Liebe setzt den Glauben voraus, sie ist aber nicht mit ihm identisch. Und Glaube ist in seinem Kern die Annahme der Wahrheit, nicht die Liebe zu einem, noch dazu nur menschlichen, Du.
c) Zwei Nicht-Wege zur Trinität
Zwei Auffassungen werden von Ratzinger als «Nicht-Wege» zum Verständnis der Trinität bezeichnet. Es sind der Subordinationismus und der Monarchianismus. Der Subordinationismus «sagt: Gott selbst ist nur ein einziger; Christus ist nicht Gott, sondern nur ein Gott besonders nahes Wesen» (S.114). Der Monarchianismus hält zwar «streng die Einheit Gottes fest, nimmt aber zugleich den begegnenden Gott ernst, der als Schöpfer und Vater zuerst, als Sohn und Erlöser in Christus dann und endlich als Heiliger Geist auf uns zukommt. Doch werden diese drei Gestalten nur als Masken Gottes betrachtet, die etwas über uns, aber nichts über Gott selbst aussagen» (S.115). Mit diesem Verständnis des Monarchianismus wird der «Modalismus» ohne weiteres gleichgesetzt (ebd.). Diese enge Sicht des Modalismus ermöglicht es Ratzinger, seinen eigenen, weiter gefaßten, Modalismus als die angemessene christliche Sicht auszugeben.
Vom Menschen Jesus ausgehend entfaltet Ratzinger seinen «Ansatz des Verstehens» folgendermaßen: «In Jesus Christus trifft man auf einen Menschen, der sich zugleich als Sohn Gottes weiß und bekennt. Man findet Gott in der Gestalt des Gesandten, der ganz Gott und nicht irgendein Mittelwesen ist und der dennoch mit uns zu Gott ‚Vater‘ sagt. Damit ergibt sich eine eigentümliche Paradoxie: Einerseits nennt dieser Mensch Gott seinen Vater, spricht zu ihm als einem Du, das ihm gegenübersteht; wenn das nicht leeres Theater sein soll, sondern Wahrheit, wie sie allein Gottes würdig ist, muß er also ein anderer sein als dieser Vater, zu dem er und zu dem wir sprechen. Andererseits aber ist er selbst die wirkliche, uns begegnende Nähe Gottes; die Vermittlung Gottes an uns und dies gerade dadurch, daß er selbst Gott als Mensch, in Menschengestalt und -wesen der Gott mit uns (‚Emmanuel‘) ist» (S.111). «So ergibt sich, daß er als der Vermittelnde Gott selber und ‚Mensch selber‘ – beides gleich wirklich und total – ist. Das aber bedeutet, daß Gott mir hier nicht als Vater, sondern als Sohn und als mein Bruder begegnet, womit – unbegreiflich und höchst begreiflich in einem eine Zweiheit in Gott, Gott als Ich und Du in einem in Erscheinung tritt. Dieser neuen Erfahrung Gottes folgt schließlich als drittes das Widerfahrnis des Geistes, der Anwesenheit Gottes in uns, in unserer Innerlichkeit. Und wiederum ergibt sich, daß dieser ‚Geist‘ weder mit dem Vater noch mit dem Sohn einfach identisch ist und doch auch nicht ein Drittes zwischen Gott und uns aufrichtet, sondern die Weise ist, wie Gott selbst sich uns gibt, wie er in uns eintritt» (ebd.).
Es wird hier zwar von Ratzinger behauptet, daß Jesus Gott und Mensch «wirklich und total» sei. Er ist es für ihn, aber nur «als der Vermittelnde». Die Gottheit Christi besteht jedoch unabhängig von irgendeiner Vermittlung, was Ratzinger nicht zugibt. «Als Mensch» kann Jesus auch nicht Gott sein, wie Ratzinger behauptet, so wenig der Heilige Geist nur «eine Weise ist, wie Gott sich uns gibt».
Mit der Idee der «Vermittlung» verfällt Ratzinger, wie sein Lehrer Karl Rahner, dem Modalismus, den er zuvor abgelehnt hatte; Christus ist danach nur ein Sprachrohr Gottes. So kann er ausführen: «In dem Menschen Jesus aber hat Gott endgültig sich selbst gesagt: Er ist sein Wort und als sein Wort er selbst. Offenbarung endet hier nicht, weil Gott sie positivistisch abschließt, sondern weil sie am Ziel ist oder, wie Karl Rahner es ausdrückt: ‚Es wird nichts Neues mehr gesagt, nicht obwohl noch viel zu sagen wäre, sondern weil alles gesagt, ja, alles gegeben ist im Sohn der Liebe, in dem Gott und die Welt eins geworden sind‘ »6 (S. 190).
Ratzinger aber macht es nichts aus, aus seiner modalistischen Sichtweise gar noch die «Fleischwerdung» des Wortes Gottes abzuleiten. So sagt er: «Christus ist Mensch, ganz und gar: insofern ist in ihm die Frage anwesend, die wir Menschen sind. Aber er ist zugleich Anrede Gottes an uns, ‚Wort Gottes‘. Das Gespräch zwischen Gott und Mensch, das seit Anfang der Geschichte hin und her geht, ist in ihm in ein neues Stadium getreten: In ihm ist das Wort Gottes ‚Fleisch‘ geworden, real eingelassen in unsere Existenz. Wenn aber der Dialog Gottes mit dem Menschen Leben bedeutet, wenn wahr ist, daß der Dialogpartner Gottes eben durch sein Angesprochensein durch den, der ewig lebt, selbst Leben hat, dann bedeutet dies, daß Christus als die Rede Gottes an uns selber ‚die Auferstehung und das Leben‘ ist (Joh 11,25)» (S.261). Christus ist also «Fleisch» geworden, ist «die Auferstehung und das Leben», weil er als das «Wort Gottes» das Gespräch zwischen Gott und Mensch vermittelt.
d) Das Paradox
«Una essentia tres personae»
Für Ratzinger gelten die großen Grundbegriffe der Trinitätslehre «nur, indem sie gleichzeitig als unbrauchbar gekennzeichnet sind, um so als armseliges Gestammel – aber auch nichts mehr – zugelassen zu werden» (S. 117f.). Andererseits müssen die Formeln der Trinitätslehre «als sinnvolle Aussage verstanden werden, die freilich Hinweise auf das Unsagbare und nicht dessen Einfügung in unsere Begriffswelt darstellen» (S.122).
Das Dogma «Una essentia tres personae», nämlich die Aussage, daß Gott eine Wesenheit in drei Personen ist, bezeichnet er als «Paradox». Was Ratzinger darunter versteht, wird nicht klar. Das griechische Wort bedeutet «gegen die Lehre» und meint heute im allgemeinen Widersprüchlichkeit, beides trifft nicht zu. So ist der Ausdruck unangemessen. Nach Ratzinger steht dieses Dogma «in Funktion zum Begriff der Person und ist als innere Implikation des Personbegriffs zu verstehen» (S. 123). Mit «innerer Implikation» meint Ratzinger so etwas wie eine Struktur. Der Personbegriff wird also angeblich durch das genannte Dogma ausgelegt. Das sieht so aus: «Wenn das Absolute Person ist, ist es nicht absolute Einzahl. Insofern ist die Überschreitung der Einzahl im Personbegriff notwendig eingeschlossen.» Ratzinger sieht darin «das Bekenntnis, Gott sei Person in der Weise der Dreipersönlichkeit» (S.124). Gott ist also nach Ratzinger Person, die «in der Weise» von drei Personen «ist». Der offenbare Widerspruch, der darin liegt, daß eine Person in drei Personen strukturiert sein soll, wird also dadurch aufgelöst, daß Gott modalistisch verstanden wird. So gilt für Ratzinger, «daß die ‚drei Personen‘, die in Gott bestehen, die Wirklichkeit von Wort und Liebe in ihrer inneren Zugewandtheit aufeinander hin sind. Sie sind nicht Substanzen, Persönlichkeiten im modernen Sinn, sondern das Bezogen-sein, dessen reine Aktualität (‚Wellenpaket‘!) die Einheit des höchsten Wesens nicht aufhebt, sondern ausmacht» (S.126). Das bedeutet einen Widerspruch gegen das Dogma. Dieses besagt: «Jede der drei Personen ist jenes Wesen, d.h. jene Substanz, Wesenheit oder göttliche Natur» (DS 804). Jede der drei Personen ist also Substanz, nämlich der eine wahre Gott, keineswegs sind diese Personen nur «Bezogensein», wie Ratzinger fälschlich lehrt, um seinen Modalismus zu begründen.
Unter Ratzingers Voraussetzung wird Christus zum bloßen Mittel der Verkündigung Gottes. So schreibt er: Jesus «geht wirklich ganz darin auf, Gesandter zu sein; er allein ist Gesandter, der den anderen vertritt, ohne sein Eigenes dazwischenzuschieben. Und so ist er als der wahre Gesandte eins mit ihm, der ihn sendet» (S.130). Entsprechend deutet Ratzinger das Wort Logos im Hinblick auf seinen Jesus um: «Der, der hier ist, ist ‚Wort‘. Der Begriff ‚Logos‘, der für die Griechen ‚Sinn‘ (ratio) bedeutet, wandelt sich hier wirklich zu ‚Wort‘ (verbum). Der, der hier ist, ist Wort; er ist folglich Gesprochensein und damit die reine Beziehung vom Sprechenden her auf die Angesprochenen zu. So ist Logos Christologie als Wort-Theologie abermals Eröffnung des Seins auf den Gedanken der Beziehung hin. Denn wiederum gilt: Wort ist wesentlich ‚von jemand anders her‘ und ‚auf jemand anderes hin‘, ist Existenz, die gänzlich Weg und Offenheit ist» (S.131). Wenn Jesus die «reine» Beziehung vom Sprechenden (Gott) auf die Angesprochenen (Menschen) ist, wie kann er dann Gott sein?
e) Vom Sohnsein zum Gottsein
Ganz deutlich ist es bisher noch nicht geworden, wie das Gottsein im Sinne Ratzingers zu Jesus gehört, und wie dies zu begründen ist. Aus dem «Glauben an Jesus als Christus» ist für Ratzinger eine doppelte Konsequenz abzuleiten. Wenn das Ich Jesu «geglaubt wird als reine Offenheit, als totales Sein vom Vater her; wenn es mit seiner ganzen Existenz ‚Sohn‘ – actualitas des reinen Dienens – ist; wenn – anders ausgedrückt – diese Existenz Liebe nicht nur hat, sondern ist – muß sie dann nicht identisch sein mit Gott, der allein die Liebe ist? Ist Jesus, der Sohn Gottes, dann nicht selbst Gott? Gilt dann nicht: ‚Das Wort war auf Gott hin, und es war Gott‘ (Jo 1,1)? Aber auch die umgekehrte Frage entsteht, so daß wir sagen müssen: Wenn dieser Mensch ganz ist, was er tut, wenn er ganz hinter dem steht, was er sagt, wenn er ganz für die andern und in solchem Sichverlieren doch ganz bei sich selber ist; wenn er der ist, der sich im Verlieren gefunden hat (vgl. Mk 8,35), ist er dann nicht der menschlichste der Menschen, die Erfüllung des Humanen schlechthin?» (S. 149).
So glaubt Ratzinger, zwei Folgerungen (oder Forderungen) feststellen zu können, die er dem Dogma zurechnet: «Das entfaltete christologische Dogma bekennt sich dazu, daß das radikale Christussein Jesu das Sohnsein postuliert und daß das Sohnsein das Gott-sein einschließt; nur wenn es so verstanden wird, bleibt es ‚logoshafte‘, verständige Aussage, während man ohne diese Konsequenz in Mythos absinkt» (S. 150). Aus dem radikalen Christussein Jesu ist also das Sohnsein zu «postulieren» (zu fordern), aus dem Sohnsein ergibt sich das Gottsein. Ratzinger ist überzeugt, «die Unausweichlichkeit der eben entwickelten Logik und damit die innere Konsequenz des Dogmas» dargelegt zu haben. Tatsächlich liegt jedoch an dieser Stelle nur Rahners «Christologie von unten» vor. Das wird nicht zuletzt durch den Mythologievorwurf gegenüber der – nicht direkt genannten – Christologie «von oben» bestätigt.
Besonders fraglich ist Ratzingers Behauptung, daß das menschliche Sohn-sein gegenüber Gott das Gottsein einschließe. Müßte dann nicht jeder Christ als Kind Gottes und damit auch Sohn Gottes das Gottsein besitzen? Es heißt ja in der Apokalypse (21,7) über den Sieger, der getreu bis in den Tod war, «Ich will ihm Gott sein, und er soll mein Sohn sein»? Wo liegt dann der Unterschied zu den übrigen Menschen? Ist es nur die besonders vollkommene Aktualität des «reinen Dienens» bei Jesus?
f) Zeugung des Gottessohns am Kreuz
Ratzinger findet in Psalm 2,7 das klassische Beispiel für die Übernahme der altorientalischen Königstheologie und ihre biblische Entmythologisierung. In diesem Text, «der zugleich zu einem der entscheidenden Ausgangspunkte für das christologische Denken wurde» (S. 154), heißt es: «Künden will ich die Satzung Jahwes. Er sprach zu mir: ‚Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt. Verlange von mir, ich gebe dir Völker zum Erbe und die Welt zum Besitztum‘ ».
Ratzinger meint dazu: «In der Übernahme der Formel durch den davidischen Hof ist der mythologische Sinn sicher völlig beiseite geschoben. Der Gedanke einer physischen Zeugung des Königs durch die Gottheit ist ersetzt durch die Vorstellung, der König werde hier und heute Sohn; der Zeugungsakt besteht im Akt der Erwählung durch Gott. Der König ist Sohn, nicht weil er von Gott gezeugt, sondern weil er von Gott erwählt ist» (ebd.). In dieser Interpretation, die durch nichts gerechtfertigt ist, zeigt sich ein beträchtliches Wunschdenken. Woher weiß Ratzinger, daß der «mythologische Sinn» «sicher» beiseite geschoben ist? Dafür nennt er keinen einzigen Grund. Schließlich steht dort «gezeugt» und nicht «erwählt». Und selbst wenn der davidische Hof bereits eine «Entmythologisierung» vorgenommen hätte, so bleibt das Prophetenwort für eine spätere passende Interpretation doch unangetastet.
Ohne jeden Beleg behauptet Ratzinger von der christlichen Urgemeinde, daß diese seine säkularisierte Version auf Jesus angewendet hätte: «Das Geschehen der Auferweckung Jesu von den Toten, an das diese Gemeinde glaubt, wird von den ersten Christen als jener Augenblick begriffen, in dem der Vorgang von Psalm 2 tatsächlich Wirklichkeit geworden ist» (S.155 f.). «Im Gekreuzigten wird für die Glaubenden sichtbar, was der Sinn jenes Orakels, was der Sinn von Erwählung ist: nicht Privileg und Macht für sich, sondern Dienst für die andern. In ihm wird sichtbar, was der Sinn der Erwählungsgeschichte, was der wahre Sinn von Königtum ist, das immer schon Stellvertretung, ‚Repräsentation‘ sein wollte … Ihm, dem völlig Gescheiterten, der am Galgen hängend kein Stück Boden mehr unter den Füßen
hat, um dessen Gewänder gelost wird, und der selbst von Gott preisgegeben scheint, ihm, gerade ihm gilt das Orakel: ‚Mein Sohn bist du, heute – an dieser Stelle – habe ich dich gezeugt. Fordere von mir, und ich gebe dir Völker zum Erbe und die Welt zum Besitztum‘ » (S. 156).
Jesus, dem «völlig Gescheiterten», gilt also nach Ratzinger das Orakel, er ist am Kreuz «gezeugt» worden, d.h. er ist dort erwählt worden. Ratzinger zieht die Schlußfolgerung: «Der freiwillig Gehorchende erscheint so als der wahrhaft Herrschende; der in die letzte Niedrigkeit des Sich-Entleerens Abgestiegene ist gerade dadurch der Herrscher der Welt. Was wir bei unseren Überlegungen über den dreieinigen Gott bereits fanden, ergibt sich von einem anderen Ausgangspunkt her wieder: Derjenige, der gar nicht an sich festhält, sondern reine Beziehung ist, fällt darin mit dem Absoluten zusammen und wird so zum Herrn» (S. 157).
Jesus ist danach am Kreuz erwählt und zum Herrn geworden; Grund war der freiwillige Gehorsam, das Sichvon-sich-selbst-Entleeren, das Sein für andere. Gegenüber dieser Bewährungschristologie, die aus dem Menschen Christus kraft seiner Verdienste den Gottessohn werden läßt, hat die christliche Lehre eine andere Auffassung der Psalmstelle stets beibehalten. Danach ist hiermit die ewige Zeugung des Wortes und somit Christi aus dem Wesen des Vaters gemeint. Deshalb ist Jesus der Sohn Gottes, gleichen Wesens mit dem Vater, Gott von Ewigkeit. Damit ist ein Dogma der Kirche angesprochen 7, das Ratzinger mit seinen Überlegungen zu unterlaufen sucht. Dieses lautet: «Die zweite göttliche Person geht aus der ersten durch Zeugung hervor und verhält sich deshalb zu ihr wie der Sohn zum Vater». Das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis sagt von Jesus Christus «gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater» (DS 150), entsprechend das Symbolum Quicumque (DS 75).
Von der Zeugung spricht auch Ps 109,3: «Ich habe dich gezeugt vor dem Morgenstern, gleichwie Tau in der Frühe.» Im Evangelium wird die besondere Sohnschaft Christi, die sich von der Kindschaft der Adoptivkinder Gottes wesentlich unterscheidet, deutlich hervorgehoben. So wird der Vater als «eigener Vater» (Joh 5,18), der Sohn als «eigener Sohn» (Röm 8,32), ferner als «eingeborener Sohn» (Joh 1,14.18; 1. Joh 4,9) und als «geliebter Sohn» (Mt 3,17; 17,5) bezeichnet. «Eine wahre und eigentliche Sohnschaft wird aber nur durch physische Zeugung begründet.»8 Gemeint ist damit eine Zeugung, die aus der Natur (dem Wesen) des Vaters geschieht.
g) Christus, der zu sich gekommene Mensch
Immer wieder betont Ratzinger, Jesus sei «der exemplarische Mensch», der als Mensch seine Vollendung erfahren habe, nämlich durch die Vergöttlichung. Insofern überschneidet sich seine Entwicklungsvorstellung der Welt, die in Jesus ihren Höhepunkt erreichte, mit den Vorstellungen Teilhards de Chardin und Karl Rahners, die er beide zustimmend zitiert. Der Ansatzpunkt für seine Menschwerdungsidee liegt im Sozialen: «Der Mensch ist zuletzt auf den anderen, auf den wahrhaft anderen, auf Gott hin bestimmt; er ist um so mehr bei sich, je mehr er bei dein ganz anderen, bei Gott ist. Er ist demnach ganz er selbst, wenn er aufgehört hat, in sich zu stehen, sich in sich abzuschließen und zu behaupten, wenn er die reine Eröffnetheit auf Gott hin ist. Noch einmal anders gesagt: Der Mensch kommt zu sich, indem er über sich hinauskommt. Jesus Christus aber ist der ganz über sich hinausgekommene und so der wahrhaft zu sich gekommene Mensch» (S. 168). Folglich ist in Christus «der Schritt der Menschwerdung wahrhaft an sein Ziel gekommen» (S. 169).
Jesus kann nun aber nicht eine Ausnahme sein, wie Ratzinger weiter ausführt: «Wenn Jesus der exemplarische Mensch ist, in dem die wahre Gestalt des Menschen, die Idee Gottes mit ihm, vollends ans Licht tritt, dann kann er nicht dazu bestimmt sein, nur eine absolute Ausnahme zu sein, eine Kuriosität, in der Gott uns demonstriert, was alles möglich ist. Dann geht seine Existenz die ganze Menschheit an». Es ist «eine innere Forderung dieser Existenz, die nicht Ausnahme bleiben darf», daß sie «die ganze Menschheit ‚an sich ziehen‘ muß» (ebd.).
Es ist verständlich, daß Ratzinger schließlich bei seiner Zusammenfassung, die das «Wesen des Christentums» zu bestimmen sucht, auf die Menschlichkeit zurückkommt. Die von ihm entwickelten Prinzipien – worunter das Prinzip «Einzelner», das Prinzip «Für», das Prinzip «Endgültigkeit» und das Prinzip «Positivität» zu zählen sind – lassen dieses Wesen zum Vorschein kommen, wobei «die Prinzipien sich zuletzt in das eine Prinzip Liebe zusammenziehen». Und von daher ergibt sich: «Nicht der konfessionelle Parteigenosse ist der wahre Christ, sondern derjenige, der durch sein Christsein wahrhaft menschlich geworden ist» (S.195). Der Christ darf also nicht seine Konfession verteidigen, dann erscheint er unter den Augen des Ökumenikers als «Parteigenosse», sondern er soll, dem Prinzip «Liebe» folgend, zu wahrem Menschsein gelangen. Trägt das Christentum, wenn so sein Wesen bestimmt ist, denn noch zur Unterscheidung im Bereich des Menschlichen bei? Oder geht es hier um eine Liebe, die von jedem Menschen – gleich in welcher Konfession oder Religion er «Parteigenosse» ist – vollzogen werden kann? Entscheidend wäre hier doch der wahre Glaube. Unerwartet schließt Ratzinger an dieser Stelle den Glauben in die Liebe ein: «Ohne den Glauben, den wir als Ausdruck für ein letztes Empfangenmüssen des Menschen, für das Ungenügen aller eigenen Leistung verstehen gelernt haben, wird Liebe zur eigenmächtigen Tat» (S.196). Wenn allerdings der Glaube nicht inhaltlich auf die christlichen Wahrheiten ausgerichtet, sondern nur «Ausdruck für das Ungenügen der eigenen Leistung» ist, dann kann das Christliche vom Menschlichen nicht mehr unterschieden werden.
h) Christi Sein ist Dienst
Ratzinger bleibt bei seiner Bewährungschristologie trotz des Zeugnisses des Johannes-Evangeliums. Für ihn ist zentraler Ansatzpunkt des Verstehens Jesu sein Gottesverhältnis, das besonders in der Anrede Gottes «Abba – Vater» zum Ausdruck kommt. «Die Intimität, die ihm eignete, schloß im Judentum die Möglichkeit aus, das Wort auf Gott zu beziehen… Diese Gebetsanrede aber findet, wie schon angedeutet, die ihr innerlich angemessene Entsprechung in der Selbstbenennung Jesu als Sohn. Beides zusammen drückt die eigentümliche Weise von Jesu Beten aus, sein Gottesbewußtsein, in das er, wenn auch noch so verhalten, seinen engsten Freundeskreis mit hineinblicken ließ» (S.159 f.). Von hier aus blicken wir, nach Ratzinger, «hinein in die Gebetserfahrung Jesu, in jene Nähe zu Gott, die seine Gottesbeziehung von der aller anderen Menschen unterscheidet» (S. 159).
Ratzinger unterstellt damit dem Evangelisten seine eigene, das wahre Gottsein Jesu verleugnende, Sichtweise: «Die Benennung Jesu als Sohn ist für Johannes nicht Ausdruck einer Eigenmacht, die Jesus sich zulegen würde, sondern Ausdruck der totalen Relativität seiner Existenz … Darin deckt sich der Titel ‚Sohn‘ mit den Bezeichnungen ‚das Wort‘ und ‚der Gesandte‘. Und wenn Johannes den Herrn durch den jesajanischen Gottesspruch ‚Ich bin es‘ beschreibt, ist wieder dasselbe gemeint, die totale Einheit mit dem ‚Ich bin‘, die aus der völligen Hingegebenheit resultiert» (5. 160 f.).
Wer – nach Ratzinger – «den Vorgang richtig begriffen hat, muß sehen, daß das Frühere jetzt erst in seiner vollen Tiefe erfaßt wird. Das Knechtsein wird nicht mehr als eine Tat erklärt, hinter der die Person Jesu in sich stehenbleibt, es wird in die ganze Existenz Jesu eingelassen, so daß sein Sein selber Dienst ist. Und gerade darin, daß dieses Sein als Ganzes nichts als Dienst ist, ist es Sohnsein. Insofern ist die christliche Umwertung der Werte hier erst am Ziel angelangt, hier erst wird vollends deutlich, daß der, der sich ganz in den Dienst für die anderen, in die volle Selbstlosigkeit und Selbstentleerung hineingibt, sie förmlich wird – daß eben dieser der wahre Mensch, der Mensch der Zukunft, der Ineinanderfall von Mensch und Gott ist» (S. 161).
Ratzinger scheut sich also nicht, das «Gottsein» Jesu aus dessen Knechtsein abzuleiten, die «totale Einheit» mit Gott resultiert angeblich «aus der völligen Hingegebenheit» des Menschen Jesus. Der Arianismus, der Christus die wahre Gottheit nehmen will, die Bewährungschristologie und der Adoptianismus, nach dem Christus als Mensch von Gott als Sohn angenommen wird, sind hier bei Ratzinger eine deutliche Verbindung eingegangen. Zusätzlich soll Jesus gar noch der wahre Mensch sein, der «Ineinander-fall von Mensch und Gott ist». Hier ist nicht durch das Christentum eine «Umwertung der Werte» vorgenommen, sondern durch Ratzinger, der die Grundlagen des Christentums aufzulösen sucht. Denn es ist etwas völlig anderes, wenn der Gottessohn von Ewigkeit in der Zeit Mensch geworden ist, als wenn ein Mensch durch seine «völlige Hingegebenheit» angeblich zum «Ineinanderfall von Mensch und Gott» geworden ist, weil Gottsein in der «völligen Hingegebenheit» oder «absoluten Relativität» gegeben sein soll. Nein, hier liegt eine freie Erfindung Ratzingers vor: das stellt weder christliche Lehre noch einen annehmbaren philosophischen Gottesbegriff dar. Deshalb ist Ratzinger selbst der Mythologe, der Märchenerzähler, nicht aber diejenigen sind es, die am überlieferten Glauben festhalten.
Die Sinnverfälschung der Glaubensaussagen der Kirche durch Ratzinger zeigt sich besonders, wenn er behauptet: «Der Sinn der Dogmen von Nizäa und Chalcedon wird deutlich, die nichts anderes als diese Identität von Dienst und Sein aussagen wollten, in der der ganze Gehalt der Gebetsbeziehung ‚Abba-Sohn‘ zutage tritt. Jene dogmatischen Formulierungen mit ihrer sogenannten ontologischen Christologie liegen nicht in der Verlängerung mythischer Zeugungsideen. Wer das annimmt, beweist nur, daß er weder eine Ahnung von Chalcedon noch von der wirklichen Bedeutung von Ontologie noch auch von den mythischen Aussagen hat, die dagegenstehen. Nicht aus mythischen Zeugungsideen sind jene Aussagen entwickelt worden, sondern aus dem johanneischen Zeugnis, das seinerseits einfach die Verlängerung von Jesu Reden mit dem Vater und von Jesu Sein für die Menschen bis in die Preisgabe am Kreuze hinein darstellt» (S.161 f.).
Wollten die Dogmen von Nizäa und Chalcedon «nichts anderes als die Identität von Dienst und Sein» aussagen? Ratzinger macht es, wie den anderen arianischen Irrlehrern, nichts aus, Dinge zu behaupten, die der Logik widersprechen. Hier ist aber auch die erst bei Kasper voll entwickelte Idee im Spiel, nach der die Funktion, der Dienst oder das Tun das Sein ausmachen soll. Wenn das wahr wäre, dann könnte man schließlich nicht mehr feststellen, wer eine Funktion ausübt, wer etwas leistet. Denn das Sein geht der Funktion insofern voraus, als es einer Handlungseinheit, nämlich der Person bedarf, damit Funktion, Dienst, Handeln geschehen kann. Weder das göttliche noch das menschliche Personsein darf auf Funktion reduziert werden, wie es Ratzinger verlangt, aber selbst nicht konsequent durchführt.
Seiner Sicht entsprechend fällt es natürlich Ratzinger schwer, für seinen Menschen Jesus die Höllenfahrt und die Auferstehung aus eigener Kraft anzunehmen. Denn beides sind ja Herrschaftsakte, die nur einem wahren Gott angemessen sind. Aber Ratzinger weiß sich zu helfen – allerdings auf Kosten des Inhalts der beiden Glaubenssätze. So besagt für Ratzinger der Satz vom Abstieg in die Hölle, «daß Christus das Tor unserer letzten Einsamkeit durchschritten hat, daß er in seiner Passion eingetreten ist in diesen Abgrund unseres Verlassenseins» (S.220). Und was die Auferstehung betrifft, so ist damit gemeint, «daß die totale Liebe Jesu zu den Menschen, die ihn ans Kreuz führt, sich in der totalen Überschreitung auf den Vater hin vollendet und darin stärker wird als der Tod, weil sie darin zugleich totales Gehaltensein von ihm ist» (S. 224). Ergänzend dazu ist mitzuteilen, daß Ratzinger im Hinblick auf die Auferstehung des Fleisches behauptet, daß «das Wort ‚Fleisch‘ soviel wie ‚Menschenwelt‘ bedeutet (im Sinn biblischer Ausdrucksweise etwa: ‚Alles Fleisch wird schauen Gottes Heil‘ usw.); … hier ist das Wort nicht im Sinn einer von der Seele isolierten Körperlichkeit gemeint…» (S. 260), denn Ratzinger lehrt, wie er sagt, «nicht die Auferstehung der Körper, sondern der Personen, und dies gerade nicht in der Wiederkehr der ‚Fleischesleiber‘ » (S.266).
Anmerkungen
1 Vgl. SAKA-INFORMATIONEN Januar-März, Juli/August-September und November 1990.
2 Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis, München 1968, 12. Auflage 1977. Übersetzungen in elf Sprachen. Zitiert wird nach der Taschenbuch-Ausgabe München 1971.
3 Karl Adam: Das Wesen des Katholizismus, 12. Auflage 1949; zuerst Tübingen 1924.
4 Walter Kasper: Besprechung von «Das Wesen des Christlichen» von Joseph Ratzinger, in: Theologische Revue 65 (1969), Sp. 182-188.
6 Joseph Ratzinger: Glaube, Geschichte und Philosophie. Zum Echo der «Einführung in das Christentum, in: Hochland 61 (1969), S. 533-543. Dazu Walter Kasper: Theorie und Praxis innerhalb einer Theologia crucis, in: ebd. 62 (1970), S.152-157. Joseph Ratzinger: Schlußwort zu der Diskussion mit W.Kasper, in: ebd., S.157-159.
6Vgl. Karl Rahner, Schriften zur Theologie I, Einsiedeln 1954, S.60.
7 Vgl. Ludwig Ott: Grundriß der Dogmatik, Freiburg 1957, S.76.
8 Ebd.
Weitere Ideen zur Christologie
a) Auferweckung als Ausgangspunkt
In einer späteren Schrift9 hat Ratzinger <Thesen zur Christologie» aufgestellt. In diesen geht er ausdrücklich von der «Auferweckung» Christi aus. Leider teilt er an dieser Stelle nicht mit, was er darunter versteht. Seine Thesen könnten ja nur dann Sinn ergeben, wenn er von seinem Verständnis der Auferstehung in der «Einführung» abgegangen wäre.
Die erste These Ratzingers lautet: «Den Ausgangspunkt der Christologie bildet im Neuen Testament die Tatsache der Auferweckung Jesu Christi aus den Toten: Sie ist die offene Parteinahme Gottes für ihn in dem Prozeß, den Juden und Heiden gegen ihn veranstaltet hatten. Diese Parteinahme Gottes für ihn bestätigt
a) seine Auslegung des Alten Testaments gegen den politischen Messianismus wie gegen die bloße Apokalyptik und
b) seinen eigenen Hoheitsanspruch, dessentwegen er zum Tod verurteilt worden war« (S. 133).
Hatte Christus nur einen Hoheitsanspruch geltend gemacht? Ratzinger setzt jedenfalls fest: «Die Auferstehung Jesu begründet seine bleibende Herrschaft» (ebd.). Dazu fragt man sich: Kann die Herrschaft des Gottmenschen durch die Auferstehung «begründet» werden? Doch wohl nur durch seine von Ewigkeit bestehende Gottheit! Es sei denn, er wäre nur als Mensch zu verstehen und hätte seine Herrschaft erst durch Gott empfangen. In der Tat meint dies Ratzinger, wenn er sagt: «Die Formel ‚Mein Sohn bis Du, heute habe ich Dich gezeugt‘ erscheint zunächst als Auslegung des Auferstehungsgeschehens: Die Auferstehung ist die Thronerhebung Jesu, seine Proklamation zum König und zum Sohn. Aber da die Auferstehung zugleich wesentlich als Bestätigung des Hoheitsanspruches gefaßt wurde, dessentwegen Jesus am Kreuz sterben mußte (These 1b), wird zusehens deutlich, daß der Sohnestitel grundsätzlich auch schon vor der Auferstehung gilt und gültig beschreibt, wer Jesus war … Zugleich erhalten die in den synoptischen Evangelien überlieferten Hoheitsansprüche Jesu damit ihren umfassenden Kontext; es werden die Worte und Taten Jesu verständlich, in denen er faktisch an die Stelle Gottes tritt» (S.134 f.).
Man muß diesen Text genau lesen, um ihn zu verstehen. Ratzinger behauptet hier, daß die Auferstehung die Thronerhebung Jesu, seine Proklamation zum Sohne Gottes sei! Jesus hat also bis zur Auferstehung nicht auf dem Thron Gottes gesessen, Gott hat ihn erst jetzt zu seinem Sohn ernannt. Damit hat er sich an die Seite von Walter Künneth gestellt. Leider führt Ratzinger diese Vorstellung aber nicht so deutlich wie Künneth aus. Gegen Künneth und ähnlich Pannenbergaber besteht er darauf, daß der Sohnestitel auch schon vor der Auferstehung gilt. Mit umwerfender Logik wird auch das von der Auferstehung abgeleitet. Ratzinger verläßt dazu den objektiven Standpunkt, von dem aus er den ersten Satz formuliert hatte und stellt sich auf den subjektiven Standpunkt einer damals vorhandenen Meinung (Auferstehung wurde gefaßt als Bestätigung des Hoheitsstandpunkts). Von dort kehrt er unversehens auf den sich klärenden Standpunkt des objektiven Beobachters zurück (es wird zusehends deutlich, daß der Sohnestitel vor der Auferstehung gilt). Entweder begründet die Auferstehung die Gottessohnschaft, dann kann zuvor keine Gottessohnschaft gegeben gewesen sein oder Christus war wahrer Gott, dann ist die Auferstehung nur als Bestätigung seines Hoheitsanspruches zu sehen. Wenn Ratzinger schließlich behauptet, daß Jesus «faktisch an die Stelle Gottes» getreten sei, dann war er eben nur ein Stellvertreter Gottes, aber nicht selber wahrer Gott von Ewigkeit.
b) Mit Jesus absteigen und ins Gottsein eintreten
Im Jahre 1976 veröffentlichte Ratzinger ein Buch mit dem Titel «Der Gott Jesu Christi».10 Dieser Titel ist in sich häresieverdächtig. Er wurde später, wie manches andere, von Ratzinger durch Walter Kasper übernommen. In diesem Buch geht Ratzinger vom Gebet Jesu aus und stellt folgendes fest: «Ein Jesus ohne das ständige Hineinversenktsein in den Vater, ohne die ständige innerste Kommunikation mit ihm, wäre ein völlig anderes Wesen als der Jesus der Bibel, der wirkliche Jesus der Geschichte. Er hat aus der Mitte des Gebets gelebt, von da aus Gott und die Welt und die Menschen verstanden. Mit den Augen Gottes die Welt anschauen und so leben: das heißt ihm nachfolgen» (S.27). Jesus hat also durch sein Gebet Gott verstanden und dann mit dessen Augen die Welt angeschaut, was ausschließt, daß er selbst Gott war. Dennoch glaubt Ratzinger, sagen zu dürfen: «Im Gebet Jesu wird uns das Innere Gottes selbst sichtbar, wie Gott selber ist. Glaube an den Dreieinigen Gott ist nichts anderes als Auslegung dessen, was im Gebet Jesu geschieht. In seinem Gebet leuchtet Dreieinigkeit auf» (S.28).
Dies versucht Ratzinger am Beispiel des Satzes des Glaubensbekenntnisses «Descendit de coelis = Er ist vom Himmel herabgestiegen» aufzuzeigen. Wie kann Jesus vom Himmel herabsteigen, wenn er doch Mensch war? Was ist mit diesem Glaubenssatz nach Ratzinger gemeint?
Ratzinger gibt zunächst einige Einwände, die gegen den Satz geltend gemacht werden können. So führt er aus: «Wird hier nicht das dreistöckige Weltbild vorausgesetzt, das dem Mythos zugehört? Wird hier nicht unterstellt, daß Gott oben wohnt, über den Wolken, die Menschen aber unten und daß die Erde der Boden der Schöpfung sei, auf den Gott herabsteigen muß» (S.48)? Darauf antwortet er: «Es gibt zwar nicht einen geographischen Abstieg aus einem oberen Stockwerk der Welt in ein unteres, aber es gibt etwas viel Tieferes, das durch das kosmische Bild symbolisiert werden sollte: die Bewegung vom Wesen Gottes in das Wesen Mensch hinein und mehr: die Bewegung aus der Herrlichkeit ins Kreuz, die Bewegung zu den Letzten hin, die eben dadurch Erste werden» (S.49). Es geht also nur um eine Bewegung von oben nach unten.
Um diese Bewegung deutlich zu machen, verweist Ratzinger auf das Beispiel der Tiere und des Menschensohns in Daniel 7. Seine Interpretation ist folgende: «Die Mächte, die bisher über die Erde geherrscht haben, sind Tiere, die von unten kommen, aus dem Meer, das das Symbol des Unheimlichen, des Gefährlichen, des Bösen ist. Ihnen gegenüber steht der Mensch steht Israel, der Mensch kommt von oben, aus dem Raume Gottes … Daniels Bild vom Menschensohn, in dem das bedrängte Israel seine Hoffnung auf ein Ende der gotteslästerlichen Macht der hellenistischen Diadochen-reiche ausdrückt, sie als Tiere aus der Tiefe charakterisiert, ist zu einer der grundlegenden Voraussetzungen für das Glaubensbekenntnis zum Abstieg Gottes im Menschensohn Jesus Christus geworden. Es gehört zum sinngebenden Hintergrund dieses Satzes aus unserem Credo. Er besagt von hier aus dies: Gegenüber dem, was von unten kommt, der tierhaften Macht, deren prahlerische Brutalität die Welt verwüstet, ist er der ‚Mensch‘, der von oben kommt» (S.51 f.).
So ergibt sich für Ratzinger: «Jesus, der Sohn Gottes, ist als Mensch unter die Tiere getreten. In der Schwachheit des Menschen richtet er die Hoheit Gottes auf. Gerade durch das Zeichen der Schwachheit, die sich der Brutalität entgegenstellt, verkörpert er die Hoheit Gottes. Er tritt unter die Tiere, ohne ein Tier zu werden, ohne ihre Methoden zu übernehmen. Und er wird aufgefressen. Aber gerade so besiegt er sie. Gerade die angenommene Niederlage ist der Sieg des anderen: Es gibt nicht nur das Tierhafte. Es gibt die ‚Liebe bis ans Ende‘ (Joh 13,1). Darin ist der Mensch wiederhergestellt. Er geht unter die Tiere in Menschengestalt» (S.52 f.).
Dieses Bild von einem Jesus, der unter die Tiere geht und von ihnen aufgefressen wird und durch das Aufgefressenwerden sie besiegt, ist an Skurrilität kaum zu übertreffen. Das soll eine bildhafte Erklärung für den Himmelsabstieg des Gottessohnes sein? Unglaublich für einen Theologen.
Ratzinger findet aber noch einen zweiten Verständnisansatz, wobei der Himmelsabstieg als «geistiges Geschehen» gedeutet wird. Er bezieht sich dazu auf einen Psalmvers: «Darum spricht er (Christus) bei seinem Eintritt in die Welt: ‚Opfer und Gaben hast du nicht verlangt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brand- und Sühneopfern hast du kein Wohlgefallen. Da sprach ich: Siehe, ich komme – in der Buchrolle steht es von mir geschrieben -, deinen Willen, Gott, zu erfüllen‘ (Ps 40 (39), 7-9). Mit Hilfe eines Psalmworts, das als Jesu Eingangsgebet in die Welt ausgelegt wird, gibt der Brief hier eine regelrechte Theologie der Inkarnation, in der sich nichts von kosmischen Stockwerken findet; das ‚Herabsteigen‘, ‚Hereingehen‘ ist vielmehr als ein Gebetsvorgang gefaßt; Gebet freilich ist dabei als wirklicher Vorgang begriffen, als Inanspruchnahme der ganzen Existenz, die im Gebet in Bewegung gerät und sich selbst weggibt» (S.53).
Daraus wird Ratzinger die «Inkarnation als innertrinitarischer, als geistiger Vorgang erkennbar … An die Stelle der Ohren, des Gehörs, ist der Leib getreten – einen Leib hast du mir bereitet. Mit ‚Leib‘ ist dabei das Menschsein selber gemeint, das Mitsein mit der natura humana. Der Gehorsam wird inkarniert. Er ist in seiner höchsten Erfüllung nicht mehr bloß Hören, sondern Fleischwerdung …
Theologie des Wortes wird zur Theologie der Inkarnation. Die Hingabe des Sohnes an den Vater tritt aus dem innergöttlichen Gespräch heraus; sie wird Hinnahme und so Hingabe der im Menschen zusammengefaßten Schöpfung. Dieser Leib, richtiger: das Menschsein Jesu ist Produkt des Gehorsams, Frucht der antwortenden Liebe des Sohnes; er ist gleichsam konkret gewordenes Gebet. Das Menschsein Jesu ist in diesem Sinn schon ein ganz geistiger Sachverhalt, von seinem Herkommen her ‚göttlich’» (S. 54 f.).
Für Ratzinger wird dadurch «sichtbar, daß die Erniedrigung der Menschwerdung, ja, der Abstieg des Kreuzes, in einer tiefen inneren Entsprechung zum Sohnesgeheimnis selbst stehen: Sohn ist seinem Wesen nach die Freigabe und Rückgabe seiner selbst – das macht Sohnsein aus. Sohn in Schöpfung übersetzt, das heißt: ‚Gehorsam geworden bis zum Tod am Kreuz‘ (Phil 2,8)» (S.55).
Der Himmelsabstieg Christi ist also nach Ratzinger im Gebet Christi gegeben, das zur Inkarnation, zur Fleischwerdung in seinem Gehorsam führt.Man faßt sich an den Kopf, wie es möglich ist, daß ein Professor der katholischen Dogmatik die Ereignisse von Mariae Empfängnis und Weihnachten auf eine solche abstruse und hergesuchte Weise erklären kann. Und das nur, um den klaren Glaubensaussagen nicht zustimmen zu müssen. Kann man dann, wenn man eine solche «Erklärung» annimmt, noch an die Ereignisse glauben, die im Glaubensbekenntnis bezeugt sind? Da wird eher alles im Nebel der Unverbindlichkeit und Unklarheit verschwinden.
Aus dem ganzen Interpretationsgefüge über Himmelsabstieg und Menschwerdung zieht Ratzinger einen Schluß für uns: «Wir werden Gott, nicht indem wir uns selbst autark setzen; nicht indem wir die schrankenlose Autonomie des völlig Emanzipierten versuchen. Solche Versuche scheitern an ihrer inneren Widersprüchlichkeit, an ihrer letzten Unwahrheit. Wir werden Gott in der Teilhabe an der Gebärde des Sohnes. Wir werden Gott, indem wir ‚Kind‘, indem wir ‚Sohn‘ werden; das heißt, wir werden es im Hineingehen in Jesu Reden mit dem Vater und im Hineintreten dieses unseres Gesprächs mit dem Vater in das Fleisch unseres täglichen Lebens: ‚Einen Leib hast du mir bereitet…‘
Unser Heil ist es, ‚Leib Christi‘ zu werden, so wie Christus selbst: im täglichen Annehmen unserer selbst von ihm her, im täglichen Zurückgeben; im täglichen Anbieten unseres Leibes als Stätte des Wortes. Wir werden es, indem wir ihm nachfolgen, absteigend und aufsteigend. Von alledem redet das schlichte Wort ‚descendit de caelis‘. Es redet von Christus, und es redet eben darin von uns.« (ebd.)
In Ratzingers Sicht steigen wir also wie Jesus vom Himmel herab, indem wir uns selbst von Christus her annehmen und steigen zugleich dadurch auf und werden Gott…
c) Der Mensch soll Gott werden
Wird aber der Mensch wirklich Gott? Wenn der Mensch Jesus durch seinen Gehorsam Gott geworden ist, dann ist in der Tat eine Möglichkeit gegeben, daß auch andere Menschen ihm nachfolgend Gott werden. Es ergäbe sich dann im Himmel allerdings Polytheismus – Vielgötterei. Ratzinger scheint das nicht zu stören, denn er befindet: «Der Mensch will Gott werden und er soll es» (S.59). Aber hatte sich Satan nicht an die Stelle Gottes zu setzen gesucht, und war ihm nicht ein Erzengel mit dem Schlachtruf «Wer ist wie Gott?» (Michael) entgegengetreten (Offb 12,7)? Bleibt es also nicht immer dabei, daß es nur einen Gott gibt? Gewiß, diejenigen, an die das Wort Gottes erging, sind auch Götter (Joh 10,34), aber doch nur als die Kinder des einen Gottes.
Jedoch werden auch nach Ratzinger nicht alle Menschen Gott. So fügte er dem eben zitierten Satz folgendes hinzu: Wo der Mensch das Gottwerden «aber, wie im ewigen Gespräch mit der Paradiesschlange, dadurch zu erreichen versucht, daß er sich von Gott und seiner Schöpfung emanzipiert, sich auf und in sich selber stellt, wo er mit einem Wort ganz erwachsen, ganz emanzipiert wird und das Kind-sein als Weise des Existierens völlig beiseite wirft, endet er im Nichts, weil er gegen seine Wahrheit steht, die Verwiesenheit heißt. Nur wenn er den innersten Kern des Kindseins wahrt, die von Jesus vorgelebte Sohnesexistenz, tritt er mit dem Sohn ins Gott-sein ein.»
Um Gott zu werden, darf man sich danach nicht von Gott emanzipieren (befreien). Offenbar hantiert Ratzinger jetzt mit unterschiedlichen Gottesbegriffen. Gibt es für ihn ein Gottsein zusammen mit dem Sohn in Gott? Dann wäre das Gottsein kein wahres Gott-sein und der Sohn wäre auch nicht wahrer Gott, wovon Ratzinger in der Tat ausgeht. Ratzinger hat also das InGott-Sein nicht klar von dem Gottsein getrennt. Fehlende begriffliche Klarheit auf dieser Ebene wirkt sich für den Glauben notwendig katastrophal aus.
d) Chalcedon hat nur das Beten Jesu interpretiert
In seinem Buch «Schauen auf den Durchbohrten» 11, das 1984 erschien, hat Ratzinger eine Vielzahl der Thesen, die bereits im Voranstehenden behandelt wurden, wieder aufgenommen. In einem Punkt konnte er jedoch zusätzliche Klarheit schaffen, nämlich im Hinblick auf das Konzil von Chalcedon (451). Dieses lehrte, daß unser Herr Jesus Christus «wesensgleich dem Vater der Gottheit nach und wesensgleich auch uns seiner Menschheit nach ist und daß er vor aller Zeit seiner Gottheit nach aus dem Vater gezeugt» wurde (DS 301).
Ratzinger hat diese grundlegende Lehrbestimmung für das Wesen des Christentums aufgenommen und in seiner Weise ausgelegt. So sagt er («5. These»): «Der Kern des in den altkirchlichen Konzilien definierten Dogmas besteht in der Aussage, daß Jesus wahrer Sohn Gottes ist, gleichen Wesens mit dem Vater und durch die Menschwerdung ebenso gleichen Wesens mit uns. Diese Definition ist im letzten nichts anderes als eine Interpretation des Lebens und Sterbens Jesu, das immerfort vom Sohnesgespräch mit dem Vater bestimmt war. Deswegen kann man dogmatische und biblische Christologie nicht voneinander trennen oder einander entgegensetzen, so wenig sich Christologie und Soteriologie voneinander trennen lassen. Ebenso bilden Christologie ‚von oben‘ und ‚von unten‘, Inkarnationstheologie und Kreuzestheologie eine unlösliche Einheit.» Dieser These fügte er hinzu (Kursivsatz vom Verfasser): «Das Grundwort des Dogmas ‚wesensgleicher Sohn‘, in dem sich das ganze Zeugnis der alten Konzilien zusammenfassen läßt, überträgt einfach das Faktum des Betens Jesu in philosophisch-theologische Fachsprache, nichts sonst» (S. 29).
Es geht also nur um das Beten Jesu. Wie dies zu verstehen ist, hat Chalcedon ausgelegt. Nichts sonst. Wenn die Lehre von der Wesensgleichheit Jesu mit dem Vater sich allein aus dem Beten Jesu ergeben soll, dann hat die Kirche vor Ratzinger geirrt. Denn aus dem Beten Jesu kann sich eine Wesensgleichheit im Hinblick auf das Gottsein von Vater und Sohn nicht ergeben. Dann muß etwas gänzlich anderes gemeint sein. Die Göttlichkeit Jesu Christi von Ewigkeit her als das Wort Gottes aber ist das Grunddogma des Christentums, das sich aus Christi Lehre, aus seinem Handeln (so aus den Wundern) und aus seinem Leben, seinem Sterben und seiner Auferstehung ergibt. Das alles glaubt Ratzinger mit einer Handbewegung beiseitewischen zu können. Für ihn ist nur das Beten Jesu von Bedeutung für diese Frage. Nichts sonst.
Bemerkenswert ist, daß sich Ratzinger in diesem Buch nicht nur auf Karl Rahner, sondern auch auf Walter Kasper (dessen Werk «Jesus der Christus» bezeichnet er als «grundlegend», S.14. Er erwähnt auch «Der Gott Jesu Christi»), Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg («Grundzüge der Christologie») bezieht.So wird auch von hier aus der Zusammenhang, in dem Ratzingers Denken steht, beleuchtet.
Wie weit Ratzingers Sinnverfälschung der christlichen Lehre geht, kann man schließlich daran feststellen, wie er das Wort «gleichwesentlich» (homousios) seinen Lesern nahe-bringt. Ratzinger beantwortet die selbstgestellt Frage: «Was bedeutet also ‚gleichwesentlich‘ wirklich? Die Antwort lautet: Dieses Wort ist seiner sachlichen Intention nach nichts anderes als eine Übersetzung des Wortes ‚Sohn‘ in die Sprache der Philosophie» (S.32). Ob das Ratzinger wenigstens ein Philosophiestudent im ersten Semester glaubt? Die durch nichts begründete Antwort dient aber jedenfalls dazu, diejenigen irrezuführen, die die wahre Bedeutung von «gleichwesentlich» nicht kennen. Von gleichem Wesen, von gleicher Natur sein, kann ja im Hinblick auf Gott Vater nichts anderes bedeuten, als Gott sein wie der Vater. Auch der Heilige Geist ist von gleichem Wesen wie Gott Vater, ohne deshalb «Sohn» zu sein.
e) Auswirkungen auf die Lehre der Glaubenskongregation
Ratzingers arianische und modalistische Ideen müßten sich auch in der Praxis der «Kongregation für die Glaubenslehre», deren Präfekt er ist, auswirken. Als Beispiel dafür soll das Schreiben der Kongregation über einige Aspekte der Meditation12 aus dem Jahre 1989 herangezogen werden.
Dieses Schreiben enthält eine Reihe von Merkwürdigkeiten. So heißt es darin: «Aufgrund der Worte und Taten, des Leidens und der Auferstehung Jesu Christi erkennt der Glaube im Neuen Testament in Ihm die endgültige Selbstoffenbarung Gottes, das menschgewordene Wort, das die innersten Tiefen seiner Liebe enthüllt» (Nr.5). Danach geschieht in Jesus die Selbstoffenbarung Gottes, ganz modalistisch gedacht. Von der Göttlichkeit Jesu von Ewigkeit ist nicht die Rede. Aber vielleicht ist mit dem Ausdruck «menschgewordenes Wort» die Göttlichkeit Jesu gemeint? Ein kurz darauf folgender Satz gibt die Antwort. Hier heißt es: «Das ganze Johannesevangelium schöpft aus der Betrachtung dessen, der von Anfang an das fleischgewordene göttliche Wort ist.» Wenn Jesus von Anfang an das fleischgewordene göttliche Wort ist, dann kann das nur von seinem Anfang als Mensch ausgesagt sein. Denn nach christlicher Lehre ist das göttliche Wort nicht von Anfang an Fleisch geworden, sondern erst unter dem römischen Kaiser Augustus. Also ist auch hier nicht zugegeben, daß Jesus Gott von Ewigkeit ist.
Eine weitere Merkwürdigkeit ist die Beschreibung der «trinitarischen Bewegung in Gott» (Nr.7). Et diese Bewegung soll sich angeblich das Gebet einfügen. Worin besteht nun diese Bewegung? Sie hat eine doppelte Richtung: «Im Heiligen Geist kommt der Sohn in die Welt, um diese mit dem Vater durch seine Werke und Leiden zu versöhnen; andererseits kehrt in dieser Bewegung und im gleichen Geist der menschgewordene Sohn zum Vater zurück, indem er in Leiden und Auferstehung dessen Willen erfüllt» (Nr.8). Es geht also gerade nicht um die Bewegung in der Trinität. Vielmehr soll die trinitarische Bewegung die Außenbewegung der Erlösung durch Jesus sein. Diese ist aber doch schon längst erfüllt. Gibt es seit der Erlösung keine trinitarische Bewegung mehr? Hier kommt deutlich Ratzingers Trinitätsverständnis zum Ausdruck, das nur den funktionalen Bezug des Menschen Jesus, zumal im Gebet, zu Gott sieht. Dieser Bezug aber wird zur trinitarischen Bewegung in Gott erklärt.
Von hier aus sind auch folgende Sätze zu verstehen: «Jesus lebt in keiner innigeren und engeren Vereinigung mit dem Vater als dieser, die 13 sich für ihn ständig in tiefem Gebet vollzieht. Der Wille des Vaters sendet ihn zu den Menschen, zu den Sündern, ja zu seinen Mördern, und er kann, diesem Willen gehorsam, mit dem Vater nicht enger verbunden sein» (Nr. 13). Für den Christen stellt diese Behauptung Ratzingers beziehungsweise der Glaubenskongregation eine unerhörte Unterstellung dar. Jesus soll in keiner engeren Vereinigung mit dem Vater leben als im Gebet? Lebt der Sohn in keiner engeren Verbindung mit Gott als im Gehorsam? Lebt der Sohn denn nicht in der Einheit des Heiligen Geistes mit dem Vater? Und ist Jesus nicht mit dem Vater auf das engste verbunden in der gemeinsamen Wesenheit? Das alles ist der Glaubenskongregation entgangen. Und wieso lebt Jesus in ständigem Gebet zum Vater? Betet er auch nach seiner Himmelfahrt noch zum Vater, dem er doch von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, ja, der in ihm ist und in dem er ist?
Gerade das aber gibt die Glaubenskongregation, und mit ihr Ratzinger, nicht zu. Das Ineinandersein (die Perichorese) der göttlichen Personen wird nur modalistisch verstanden. Ausgehend von Jesu Wort «Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen» (Joh 14,9) heißt es im Text: «Bei diesem ‚Sehen‘ handelt es sich nicht um eine rein menschliche Abstraktion (‚abstractio‘) der Gestalt, in der sich Gott geoffenbart hat, sondern um das Erfassen der göttlichen Wirklichkeit in der menschlichen Gestalt Jesu, um das Erfassen seiner göttlichen und ewigen Dimension in seiner zeitgebundenen Gestalt» (Nr.20). Auch hier ist wieder Ratzingers Handschrift zu spüren. Gott Vater ist nicht wirklich in Jesus, sondern erscheint nur in ihm.
4. Zusammenfassung
Nach allem hat sich ergeben, daß der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger, das christliche Glaubensbekenntnis an seiner entscheidenden Stelle nicht annimmt. Für ihn gilt nicht die Lehraussage des Konzils von Chalcedon, nach der Christus von Ewigkeit aus Gott Vater gezeugt wurde und so gleicher Wesenheit wie der Vater ist. Für ihn ist Jesus ein Mensch, der in Vorbildlichkeit den Willen des Vaters erfüllte und so das Gottsein offenbarte. Darin wurde er selbst vergöttlicht. Die «Zeugung» Jesu ereignete sich am Kreuz (oder bei der Auferstehung) und bedeutet seine Erwählung aufgrund seiner Bewährung. Diese besteht darin, daß er nicht an sich festhielt, sondern sich ganz hingab und so reine Beziehung ist, wodurch er mit dem Absoluten zusammenfällt und so zum Herrn wurde. Die Auferstehung bedeutet schließlich die Thronerhebung Jesu durch Gott Vater, seine Proklamation zum Sohn Gottes. Bei all diesen Vorstellungen hält Ratzinger äußerlich am katholischen Dogma fest. Er interpretiert seinen Sinn jedoch in schrankenloser Weise um, ohne daß ihn die entstehenden Widersprüche und Unklarheiten beeindruckt haben.
Alles in allem muß man ihn zu den neuen Arianern rechnen. Zugleich ist er ein Modalist, der Jesus Christus als die Erscheinungsweise Gottes ansieht. Diese Position ist nötig, damit Ratzinger äußerlich das Dogma beibehalten kann. Entscheidend aber ist, daß er als Arianer die wahre Gottheit Jesu Christi von Ewigkeit her nicht zugibt. Damit hat er sich von der grundlegenden christlichen Lehre, ja, vom Christentum selbst gelöst. Er ist als ein Apostat anzusehen, der mit seiner Lehre eine Studentengeneration in vielen Universitäten verführt hat. Das Bemerkenswerteste ist jedoch, daß ihn seine Apostasie nicht gehindert hat, Präfekt der Glaubenskongregation zu werden. Über den katholischen Glauben soll ein vom Glauben gänzlich Abgefallener wachen. Es darf eine solche Feststellung aber nicht verwundern, denn der Glaubensabfall gehört zum neuen Rom. Dies konnte an dessen wichtigster Figur nach Johannes Paul II. erneut dargelegt werden.
In seinen arianischen Auffassungen steht Ratzinger in enger Gemeinschaft mit den bisher behandelten Arianern, besonders aber mit Rahner, Pannenberg, Lehmann und Kasper. Nur so ist es zu erklären, daß der «Katholische Erwachsenenkatechismus» eine Vielzahl von Irrlehren, einschließlich arianischer Vorstellungen über unseren Herrn und Heiland Jesus Christus verbreiten konnte, trotz der römischen Prüfungen.14 Hier haben eben arianisch denkende Theologen zusammengearbeitet. Ratzinger nannte den Hauptverfasser des Katechismus, Kasper, bekanntlich bei seiner Bischofsernennung «einen der führenden Theologen der katholischen Kirche»; ferner äußerte er: «Die theologische Kompetenz und der pastorale Weitblick Kaspers sind für die katholische Kirche Deutschlands eine kostbare Gabe.»15 Es steht zu erwarten, daß die Verbindungen der arianischen Theologen auch in Zukunft das Geschehen in der römisch-ökumenischen Kirche beherrschen werden. Ganz besonders dürften sie sich gegenseitig gegen Kritik von außen absichern.
Im Hinblick auf die von Ratzinger und den anderen Arianern vertretenen Lehren ist das Wort des Völkerapostels Paulus an Timotheus (4,1) von Belang: «Der Geist sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten einige vom Glauben abfallen und irreführenden Geistern und Teufelslehren Gehör geben werden.» Bei den neuen Arianern geht es aber nicht um irgendeine Irrlehre, sondern um den Eckstein der christlichen Lehre, der verworfen wurde; es geht um die Gottheit Jesu Christi. Deshalb gilt hier das Wort des 2. Johannesbriefes (7.8): «Es sind viele Irrlehrer in die Welt ausgegangen, welche nicht bekennen, daß Jesus Christus im Fleische erschienen ist. Ein solcher ist der Verführer und der Antichrist. Sehet zu, daß ihr nicht verliert, was ihr schon erreicht habt, sondern daß ihr den vollen Lohn empfangt.»
Anmerkungen
9 Joseph Ratzinger: Dogma und Verkündigung, München und Freiburg 1973.
10 Joseph Ratzinger: Der Gott Jesu Christi. Betrachtungen über den Dreieinigen Gott, München 1976. 11
11 Joseph Ratzinger: Schauen auf den Durchbohrten, Einsiedeln 1984.
12 Kongregation für die Glaubenslehre: Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der christlichen Meditation vom 15.10.1989, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn.
13 Im Text steht «der» statt «die».
14 Vgl. dazu SAKA-INFORMATIONEN vom März 1990.
15 Deutsche Tagespost vom 20. 4. 1989.
„Oder steht Ratzinger etwa selbst dem modernen Arianismus nahe..“ Das wäre jedoch nur die eine häretische Seite.
Jedenfalls ist er ein Modernist und fällt aufgrund dessen lt. Motuproprio ‚Praestantia Scripturae‘ des hl. Papst Pius X. vom 18.11.1907 der Strafe der Exkommunikation, „weil sie die Irrtümer der Modernisten verteidigen: also die Zusammenfassung (das Sammelbecken) ALLER HÄRESIEN.“
Ach, und seltsamerweise ist nichts darin zu lesen von „materiellen“ oder „formellen“ Häretikern. Exkommuniziert! Punkt!
Ein neuzeitlicher Arianer? Hierüber kann auch die Abhandlung über Ratzinger von Msgr. Tissier de Mallerais Aufschluß geben.
Hört sich alles nicht danach an, dass Benedikt/Ratzinger auf dem Boden des Symbolum Athanasianum stünde.