Leerer Markusplatz in Venedig
AP/Anteo Marinoni
Coronavirus

Einreisestopp für Personen aus Italien

Die Regierung hat einen Einreisestopp für Personen aus Italien ohne Gesundheitszeugnis ausgesprochen. Das teilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag mit. Das Außenministerium hatte zuvor wegen des neuartigen Coronavirus eine volle Reisewarnung für Italien ausgesprochen.

Die Sicherheitsstufe wurde auf die höchste Stufe sechs hinaufgesetzt, sagte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer der APA. Österreichischen Reisenden wird dringend nahegelegt, nach Österreich zurückzukehren.

Österreicher und Österreicherinnen, die aus Italien zurückkehren, sollen in Quarantäne. Am Dienstag begannen die angekündigten Gesundheitschecks auf dem Brenner sowie an den weiteren Grenzen zu Italien in Sillian und auf dem Reschenpass. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach von „durchgehenden Kontrollen im Schritttempo“ – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Grafik zu Coronavirus-Schutzmaßnahmen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Italien: Ausnahmen aus beruflichen und familiären Gründen

Die italienische Regierung hatte zuvor Sperren und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wegen der Coronavirus-Krise auf das ganze Land ausgedehnt. „Wir müssen alle auf etwas verzichten“, kündigte Premier Giuseppe Conte an. Die Grenzen sollen aber offen bleiben. Conte rief die Italienerinnen und Italiener zu Verantwortungsbewusstsein auf. Die öffentliche Gesundheit habe vor allem anderen den Vorrang. Daher seien die Bürger zu Opfern und zur Änderung ihres Lebensstils aufgerufen. Nach dem Slogan „Ich bleibe zu Hause“ solle die Reisefreiheit stark eingegrenzt werden. Auch Versammlungen im Freien sollen verboten werden, sagte Conte.

Als Vorbild dienen die Maßnahmen, die seit Sonntag bereits in der Lombardei sowie in 14 norditalienischen Regionen gelten. Italiener werden nicht ausreisen dürfen, Ausnahmen sind nur bei nachgewiesenen dringenden beruflichen oder familiären Verpflichtungen und in gesundheitlichen Notfällen vorgesehen. Das Schengen-Abkommen soll aber nicht ausgesetzt werden. „Es ändert sich nichts. Die Einschränkungen betreffen die Reisen der Italiener. Wir werden jedenfalls die Einreisen nach Italien kontrollieren“, sagte der Premier.

Ganz Italien zur Sperrzone erklärt

Die italienische Regierung weitet Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wegen der Coronavirus-Krise auf das ganze Land aus. Das sagte Premierminister Giuseppe Conte am Montagabend.

„Wir müssen alle auf etwas verzichten. Wir werden die Epidemie besiegen, wenn wir noch drastischere Maßnahmen zum Schutz unserer Bürger ergreifen“, kündigte Conte an. Schulen, Kindergärten und Universitäten bleiben bis zum 3. April geschlossen.

Sorge im Süden

Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln soll es zu keinen Beschränkungen kommen. Man wolle somit den Menschen erlauben, zur Arbeit zu gehen. Sportliche Veranstaltungen sollen ganz ausgesetzt werden. Conte sagte, die 20 italienischen Regionen seien mit den beschlossenen Maßnahmen einverstanden. Das Land kämpft gegen eine rapid steigende Zahl von Infizierten. Mittlerweile haben sich fast 10.000 Menschen angesteckt, mehr als 460 sind gestorben. Die neue Regelung gilt seit Dienstag.

Folge der ersten Quarantänemaßnahmen war auch, dass Süditalienerinnen und Süditaliener den Norden des Landes nicht verlassen dürfen. Allerdings hatten sich viele nicht daran gehalten. Es gab Berichte über einen Sturm auf Busse und Züge in Richtung Süden nach Bekanntgabe der Notfallmaßnahmen. Viele Süditaliener hatten schon am Sonntag versucht, aus der Lombardei nach Hause zu reisen. In Süditalien, das zumindest offiziell noch keine hohen Infektionszahlen hat, ging die Angst vor infizierten Norditalienern um.

Verstärkte Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten

Wer aus den gesperrten Gebieten komme, müsse umgehend in zweiwöchige Quarantäne, beschlossen die Präsidenten der sechs süditalienischen Regionen. Flug- und Bahngesellschaften sowie Autobahnbetreiber wurden zur Meldung von Reisenden aus den norditalienischen Sperrzonen aufgerufen. „Bringt die norditalienische Epidemie nicht nach Apulien, indem ihr in den Süden flüchtet. Die Gefahr ist, dass ihr eure Angehörigen mit dem Virus ansteckt, das bereits das lombardische Gesundheitssystem in die Knie gezwungen hat“, sagte etwa der Präsident der Region Apulien, Michele Emiliano, an seine Landsleute in Norditalien gerichtet.

Laut italienischen Medienberichten ordnete das Innenministerium in Rom verschärfte Kontrollen auf Busstationen, Bahnhöfen und Flughäfen an. Auch Straßen und Autobahnen werden verstärkt kontrolliert. Auf Bahnhöfen kann die Temperatur der Reisenden mit Thermoscannern kontrolliert werden. Auf den Zugangsstraßen zu den Metropolen gibt es Polizeikontrollen: Autofahrer können aufgefordert werden zu begründen, warum sie unterwegs sind. Vor allem an den Einfahrten nach Mailand würden Autofahrer kontrolliert, wie italienische Medien berichteten.

Run auf Lebensmittel

Vor Supermärkten bildeten sich Schlangen – sie wurden quasi gestürmt. Die Regierung versuchte zu beruhigen: Es gebe keine Engpässe.

Andrang auf Supermärkte

In der Nacht wurden wenige offene Supermärkte gestürmt. In Turin, Rom und Neapel bildeten sich Schlangen von Kunden und Kundinnen. Sie konnten nur in kleinen Gruppen die Supermärkte betreten, wie italienische Medien berichteten. In Palermo musste die Polizei eingreifen, um Handgreiflichkeiten unter verärgerten Kunden in der Warteschlange vor einem Supermarkt zu verhindern.

Daraufhin kündigte die Regierung an, dass es keine Engpässe bei der Lieferung von Lebensmitteln und anderen Waren geben werde. Den Italienern sei es nicht verboten, das Haus zu verlassen, um einzukaufen. Es bestehe daher kein Grund, Lebensmittel zu horten.

Zehn Milliarden Euro als Wirtschaftshilfe

Die Regierung will am Mittwoch ein Paket mit wirtschaftsfördernden Maßnahmen in der Höhe von rund zehn Milliarden Euro verabschieden. Daher wolle Rom von der EU-Kommission mehr Flexibilität beim Defizit fordern, sagte Industrieminister Stefano Patuanelli im Interview mit Radio Capital am Dienstag. Bisher hatte sich Italien mit der EU-Kommission auf mehr Ausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden Euro geeinigt. Mit den Maßnahmen wird Italien die Defizitschwelle von drei Prozent sprengen.

Der Minister sagte, die Regierung sei sich bewusst, dass sie viele Opfer von den Italienern verlange. „Wir sind dazu gezwungen, weil unser Gesundheitssystem in eine Krise geraten könnte“, sagte Patuanelli. Der Minister hatte sich selbst unter Quarantäne gestellt, nachdem sich einer seiner Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hatte. Die zweiwöchige Quarantäne geht für den Minister am Mittwoch zu Ende.

Familien soll geholfen werden

Die Regierung will auch die Aussetzung von Steuerzahlungen, Strom- und Gasrechnungen für Familien beschließen. Die Rückzahlung von Wohnungskrediten soll ebenfalls vorübergehend eingefroren werden, berichtete Vizewirtschaftsministerin Laura Castelli im Interview mit RIA Radiouno am Dienstag. Für Betriebe, die wegen der Coronavirus-Epidemie geschlossen sind, stellt die Regierung Ressourcen für Kurzarbeit zur Verfügung. Die Regierung wolle vor allem kleine Unternehmen unterstützen, sagte Castelli.

Der Chef der oppositionellen rechten Lega, Matteo Salvini, bezeichnete die geplanten Regierungsmaßnahmen als unzulänglich. Alle Unternehmen in Italien müssten zwei, drei Wochen geschlossen werden, nur so könne die Epidemie wirklich ausgemerzt werden. „Wir müssen total zumachen, mit der Garantie einer totalen wirtschaftlichen Unterstützung seitens des italienischen Staates und der Europäischen Zentralbank“, forderte Salvini auf Facebook.