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Radikalkatholisches gloria.tv Hetzer im Namen des Herrn

Die Aktivisten von gloria.tv beklagen gottlose Zeiten: Papst Benedikt ist zurückgetreten und die Politik streitet offen über die Einführung der sogenannten Homo-Ehe. Das radikalkatholische Internetportal reagiert entschieden - mit ziemlich unchristlicher Propaganda.
Radikalkatholisches gloria.tv: Hetzer im Namen des Herrn

Radikalkatholisches gloria.tv: Hetzer im Namen des Herrn

Foto: SPIEGEL TV

Hamburg - Nazi-Vergleiche gehen den Aktivisten des Internetauftritts gloria.tv offenbar genauso leicht über die Lippen wie das tägliche Vaterunser. Vor ein paar Tagen traf es sechs deutsche Bischöfe und Kardinäle. Sie wurden diffamiert, weil sie die "Pille danach" für Vergewaltigungsopfer ermöglichen: "Sie sind persönlich für die Tötung von Kindern durch diese Pille verantwortlich", hieß es in einer Nachrichtensendung des Portals.

Zu Beginn dieser Woche geriet SPIEGEL TV in den Fokus der radikalen Katholiken. In einem Video montierten die Aktivisten ein Hakenkreuz in das Sendungslogo, im Hintergrund ist das Nürnberger Reichsparteitagsgelände zu erkennen. Den Vergleich mit dem Nationalsozialismus verdankt die Redaktion dem Versuch, mit den Verantwortlichen der Plattform ins Gespräch zu kommen.

"Je katholischer, desto besser"

gloria.tv ist eine Art YouTube für katholische Radikale. Nutzer können Videos oder Texte hochladen und kommentieren. Herzstück ist eine selbstproduzierte tägliche Nachrichtensendung, die in mehreren Sprachen aufgezeichnet wird. Das Motto der Plattform ist Programm: "Je katholischer, desto besser."

Doch statt der "Frohen Botschaft" verbreitet die Seite vornehmlich Hass. Hass auf Homosexuelle, Hass auf Befürworter des Schwangerschaftsabbruchs und Hass auf christliche Reformer. "Die Positionen, die gloria.tv vermittelt, sind zutiefst antidemokratisch", sagt der katholische Hochschulpfarrer Burkhard Hose aus Würzburg. "Sie sind einfach gegen alles, was mit einer offenen Gesellschaft zu tun hat." Hose hat gegen gloria.tv inzwischen Anzeige wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erstattet.

Mögliche Verbindungen zum radikalen kreuz.net"

SPIEGEL TV hat sich auf die Suche nach den Hintermännern des Portals gemacht. Die Spur führt in den Schweizer Kanton Graubünden. Hier ist unter anderem der Pfarrer Reto Nay als Mitverantwortlicher der gloria TV Productions im Handelsregister eingetragen. Der Geistliche ist im christlich-fundamentalistischem Milieu kein Unbekannter. Einige seiner Texte wurden im mittlerweile abgeschalteten Portal kreuz.net veröffentlicht. Zu den Machenschaften bei gloria.tv wollte sich Reto Nay aber nicht äußern. Mit energischem Körpereinsatz verwies der Gottesmann das SPIEGEL-TV-Kamerateam der Kirche.

Dass gloria.tv auch als Propagandawerkzeug genutzt wird, bekamen SPIEGEL-TV-Reporter während ihres Besuchs in der Schweiz zu spüren. Reto Nays Glaubensbrüder hatten das Kamerateam bei der Arbeit gefilmt. Sie schnitten aus dem Material mehrere Videos zusammen, die mit der Realität nur noch wenig zu tun haben: Die SPIEGEL-TV-Journalisten werden als Stalker bezeichnet, gloria.tv unterstellt ihnen Nazi-Methoden. Das achte Gebot gilt für gloria.tv offenbar nur eingeschränkt: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Den Verantwortlichen von gloria.tv ist rechtlich nur schwer beizukommen. Ihren Sitz hat die Internetseite außerhalb der EU - im fernen Moldawien. Dazu der Wiener Rechtsanwalt Georg Bürstmayr: "Wäre gloria.tv als Unternehmen in der EU ansässig, wäre das Portal meiner Meinung nach längst abgestellt."


Mehr über gloria.tv und andere aktuelle Themen können Sie heute im SPIEGEL TV Magazin um 22.05 Uhr auf RTL sehen.