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„Inakzeptabel“: Sogar Lukaschenko fällt „Bruder“ Putin in den Rücken und äußert große Zweifel

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Wladimir Putin (r), Präsident von Russland, und Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus, stehen 2021 auf einem Boot während ihres Treffens in Sotschi am Schwarzen Meer.
Enge Vertraute: Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin, hier im Jahr 2021 auf einem Boot am Schwarzen Meer. © Sergei Ilyin/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Eigentlich mögen sie sich: Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin. Nun hat der belarussische Machthaber seinen „großen Bruder“ aber kritisiert.

Minsk - Es waren ungewöhnlich Worte, die Alexander Lukaschenko, am Donnerstag (5. Mai) in einem Interview in die Welt schickte. „Der Einsatz von Atomwaffen ist inakzeptabel.“ Der belarussische Machthaber, der eigentlich als ergebener Putin-Gefolgsmann gilt, attackiert den Kreml nun öffentlich.

Atomwaffen dienen Russland immer wieder als Drohkulisse. Laut Lukaschenko „könnten sie unseren Planeten aus der Bahn werfen“, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur AP sagte. Auch deshalb werde Belarus alles tun, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Einen Krieg, den Lukaschenko mittlerweile offen kritisiert. Der als „letzter Diktator Europas“ bekannte Staatschef zweifelt zudem am Erfolg der russischen Invasion.

Ukraine-Krieg: Lukaschenko zweifelt an russischem Kriegserfolg

„Um ehrlich zu sein“, sagt Lukaschenko in ruhiger Stimme. „Ich dachte nicht, dass sich die Operation derart hinzieht.“ Er könne nicht sagen, „ob alles nach Plan läuft, wie es die Russen behaupten“.

Darüber, dass der russische Angriffskrieg nicht nach Plan läuft, herrscht im Westen weitgehend Einigkeit. Eigentlich habe Kremlchef Wladimir Putin mit einem schnellen Kriegserfolg gerechnet, heißt es immer wieder aus den Nato-Staaten. Seit 24. Februar zieht sich der eskalierte Ukraine-Konflikt nun. Auch Lukaschenko meint: „Ich habe das Gefühl, dass sich diese Operation in die Länge gezogen hat.“

Der belarussische Machthaber hatte im Ukraine-Krieg stets eine Sonderrolle eingenommen. Als enger Vertrauter des Kreml verteidigte er die Invasion. Er greift regelmäßig das russische Narrativ der „Spezialoperation“ auf, spricht aber auch immer wieder von „Krieg“. Auch im Interview mit AP nahm er den von Moskau unerwünschten Kriegsbegriff in den Mund. „Wir lehnen einen Krieg kategorisch ab. Wir haben alles getan und tun es auch jetzt, damit es keinen Krieg gibt.“

Spezialoperation vs. Krieg

Die russischen Behörden bezeichnen den Konflikt im Nachbarland als „Spezial-Militäreinsatz“ und beharren darauf, dass Medien diese Bezeichnung übernehmen. Die Verwendung von Worten wie „Krieg“ oder „Invasion“ kann als „Falschinformation“ über die russischen Streitkräfte gewertet und mit harten Strafen geahndet werden

Ukraine-Krieg: Lukaschenko gibt sich als Friedensverhandler

Bisher hatte sich Belarus durchaus in den Krieg eingemischt. Russische Angriffe auf die Ukraine wurden auch von belarussischem Gebiet aus geführt. Belarus hat den russischen Truppen erlaubt, das Grenzgebiet zur Ukraine als Rückzugsgebiet zu nutzen. Lukaschenko dementiert jedoch, sich an der russischen Invasion mit eigenen Truppen beteiligen zu wollen. Zudem wies er mutmaßliche Pläne für einen Beitritt Belarus‘ zu Russland zurück. „Wir sind mit Putin nicht so dumm, dass wir mit den alten Methoden arbeiten“, sagte er im April.

Stattdessen gibt er sich als Friedensvermittler. Schon früh forderte er, an den Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine beteiligt zu sein. „Wir betrachten dies als einen Krieg, der direkt vor unserer Haustür stattfindet und die Situation in unserem Land sehr ernsthaft beeinflusst“, sagte Lukaschenko Anfang April. „Deshalb sollte es keine separaten Vereinbarungen hinter dem Rücken von Belarus geben.“

Ukraine-Krieg: Lukaschenko sieht „Provokation“ aus Kiew

Das insgesamt 90-minütige Interview ist ein Hin und Her zwischen Russland-Liebe und -Kritik. So bezeichnete Lukaschenko Putin als seinen „großen Bruder“. Außerdem gab er der Ukraine einmal mehr eine Mitschuld am Konflikt mit Russland. Kiew habe „Russland provoziert“. Der Ukraine-Krieg sei zudem vom Westen gesteuert. „Die USA wollen die Gunst der Stunde nutzen und ihre Verbündeten an sich binden, um Russland im Krieg mit der Ukraine zu ertränken. Das ist ihr Ziel - Russland auszusortieren und dann China.“

Solche Aussagen hört man im 700 Kilometer von Minsk entfernten Moskau gerne. Andere wiederum weniger. Dass ein politischer Vertrauter den Kriegserfolg öffentlich anzweifelt, zudem nicht von „Spezialoperation“ spricht, passt nicht ins Narrativ des Kreml. (as)

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