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Nachschub für deutsche Ärzte Sechs Millionen Corona-Schutzmasken spurlos verschwunden

Bei der Beschaffung von in Deutschland dringend benötigten Schutzmasken hat es eine Panne gegeben. Nach SPIEGEL-Informationen sind sechs Millionen bestellte Masken abhandengekommen.
Corona-Schutzmasken (Symbolbild)

Corona-Schutzmasken (Symbolbild)

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Eric Lalmand/ dpa

Als sich das Beschaffungsamt der Bundeswehr in die Coronakrise einschaltete, wurde mit großen Worten nicht gespart. Die Präsidentin der Koblenzer Großbehörde mit ihren mehreren Tausend Beamten teilte mit, man habe die "wichtige Aufgabe" gern übernommen.  Nun arbeite man "mit allen Kräften daran", dringend benötigtes Sanitätsmaterial "so schnell wie möglich" zu beschaffen.

Nur einige Tage nach der großen Ankündigung indes hat es bei der Hilfsaktion des Beschaffungsamts und der Generalzolldirektion eine gravierende Panne gegeben. Nach SPIEGEL-Informationen sind gleich sechs Millionen für Deutschland bestellte Masken (Typ FFP2) auf einem Flughafen in Kenia spurlos verschwunden. Eigentlich sollten die Masken am 20. März in Deutschland eintreffen. Ärzte und Kliniken brauchen dringend Nachschub.

Das Verschwinden der Masken ist einigermaßen kurios. In einem internen Bericht des Wehrressorts heißt es nüchtern, die Masken seien nicht geliefert worden, "da die Ware am Flughafen in Kenia verschwand". Nun sei der Maskenhersteller aufgefordert worden, "die Umstände und Vorkommnisse darzulegen". Wegen der Nicht-Lieferung habe sich "der bisherige Gesamtbruttobestellwert reduziert".

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Der Krisenstab der Bundesregierung hatte früh entschieden, das Beschaffungsamt, das eigentlich den Rüstungseinkauf für die Truppe abwickelt, solle gemeinsam mit der Generalzolldirektion den dringlichen Einkauf von Schutzmaterial für das Gesundheitsministerium logistisch unterstützen. Seitdem wurden in Koblenz bereits mehrere Verträge mit Herstellern von Sanitätsmaterial mit einem Gesamtwert von 241 Millionen Euro geschlossen.

Welche Auswirkungen der Verlust der Masken in Kenia hat, ist schwer abzumessen. Offiziell wollten sich weder das Wehr- noch das Gesundheitsressort äußern. Insider sprachen aber von einem gravierenden Vorfall. Zwar sei insgesamt eine hohe zweistellige Millionenzahl an Masken für Deutschland bestellt worden. Dass jedoch eine der ersten großen Lieferungen komplett ausfällt, sei "mehr als nur ärgerlich".

Wie die Masken in Kenia abhandenkamen, konnte das Ministerium von Annegret Kramp-Karrenbauer nicht sagen. Eine Sprecherin bestätigte auf Anfrage nur, dass die Masken verschwunden seien. Ein finanzieller Schaden sei nicht entstanden, da das Beschaffungsamt die Lieferung erst bei Ankunft in Deutschland bezahlt hätte. Was die sechs Millionen Masken gekostet hätten, dürfe sie nicht sagen.

Weltweit ist das Geschäft mit Schutzmasken eine Goldgrube. Die schützenden Textilien werden wegen der Nachfrage gehandelt wie früher seltene Gewürze. Insider vermuten deswegen, dass der Hersteller nach dem Deal mit dem Beschaffungsamt vielleicht einen besseren Preis für seine Ware erzielte und die Masken dorthin verkaufte.

Möglich sei aber auch, dass Kriminelle die Lieferung am Flughafen geklaut hätten und diese nun gewinnbringend in Kenia verkauften.

Anmerkung der Redaktion: Nach Erscheinen dieses Beitrags hat das Verteidigungsministerium seine Angaben konkretisiert. Ein Sprecher teilte am Dienstagvormittag mit, die entsprechende Bestellung sei von der Generalzolldirektion abgewickelt worden. Diese Behörde untersteht dem Finanzressort. Demnach sei die Zolldirektion auch für die "Prüfung und Seriosität des Auftragnehmers" verantwortlich gewesen und recherchiere nun, wie die Masken verschwinden konnten.

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