Frankreich: Streit um Homo-Ehe wird radikaler

Die Gegner der "Ehe für alle" in Frankreich wollen nicht aufgeben. Mit allen Mitteln kämpfen sie gegen das neue Gesetz, das homosexuellen Paaren nicht nur das Recht geben soll zu heiraten, sondern auch gemeinsam Kinder zu adoptieren. Doch nun werden die Proteste immer radikaler. Zunehmend kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei, Minister werden beschimpft und bedroht.

Mittagsjournal, 18.4.2013

Aus Paris,

Gewalt nimmt zu

Jeden Tag demonstrieren die Gegner der "Ehe für alle", doch die Bewegung, die mit friedlichen Massenkundgebungen schon vor Monaten begonnen hat, wird immer radikaler. Katholische Integristen sind ebenso aktiv wie rechtsextreme Gruppierungen, die sich unter die Aktivisten gemischt haben.

Mehrere Kollektive gegen die "Ehe für alle" haben sich gebildet, sie rufen via Twitter, Internet, Facebook und SMS zur Mobilisierung auf, und sie sind überall. Vor der Nationalversammlung, wo die letzte Lesung des Gesetzestextes stattfindet, werden Sit-Ins und Demos organisiert, während sich die französischen Minister bald nicht mehr aus ihren Ministerien trauen.

Denn kaum einer ihrer Auftritte wird nicht gestört. Im besten Fall warten "Empfangskomitees" auf sie, dutzende Demonstranten, die lärmen und schreien. Doch es werden auch Züge blockiert, Tomaten geworfen und Straßen abgesperrt. Das Vorgehen mancher Demonstranten wird dabei immer brutaler.

Immer wieder kommt es zu Vandalismus, wie letzte Nacht in Paris, wo auf den Champs Elysees Autos beschädigt und Schaufenster eingeschlagen wurden und neuerlich rund ein Dutzend Demonstranten festgenommen wurden.

Hollande schaltet sich ein

Die Situation sei unhaltbar geworden, unterstreichen Regierungsvertreter. Heute Vormittag sah sich Präsident Hollande gezwungen zu reagieren: "Ich kann die homophoben Aktionen nicht akzeptieren und nicht die Sachbeschädigungen. Ich kann auch nicht akzeptieren, dass sich Abgeordnete nicht mehr frei äußern und Minister nicht mehr frei bewegen können", appellierte Francois Hollande an die Gegner der "Ehe für alle", ihre Opposition friedlich zu demonstrieren und vor allem die Demokratie und das Parlament zu respektieren.

Wie auch zahlreiche Minister, wirft der Chef der Sozialisten, Harlem Desir, der konservativen Opposition vor, nicht auf Distanz zu den radikalen Protesten zu gehen: "Ich rufe die Rechte auf zu zeigen, dass sie Verantwortung übernimmt und sich von diesen radikalen, extremen, gewaltvollen und faschistoiden Auswüchsen distanziert."

Doch davon ist derzeit nur selten etwas zu hören. Der Parteichef der konservativen UMP, Jean-Francois Copé, macht die Regierung für die Ausschreitungen verantwortlich, während der abgeordnete Herve Mariton nur meint, dass es in Frankreich wichtigere Sicherheitsprobleme als dieses gäbe.

Neue Großdemo am Sonntag

Dass die Regierung aufgrund der angespannten Situation die endgültige Verabschiedung des Gesetzestextes um einige Wochen vorverlegt hat, ist für die Gegner der "Ehe für alle" eine Provokation. Am Sonntag wird in Paris eine neue Großdemonstration stattfinden und auch die täglichen Protestaktionen sollen weiter gehen.