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ACE2-Rezeptoren

Herzpatienten besonders betroffen

Die Covid-19-Erkrankung verursacht schwere Lungenschäden mit tausenden Todesfällen. Über den sogenannten ACE2-Rezeptor, der auf Zellen des Lungengewebes exponiert wird, greift das SARS-CoV-2-Virus die Lungenzellen an. Da dieser Rezeptor auch auf Zellen des Herzens präsentiert wird, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben könnte.
Theo Dingermann
20.04.2020  12:34 Uhr

Es besteht Konsens, dass das Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (ACE2) sowohl den SARS-CoV-1- als auch den SARS-CoV-2-Viren als Andockstelle dient. Die Bindung an diesen Rezeptor erfolgt über die Glykoproteine, die sich an der viralen äußeren Membranspitze befinden. ACE2 wird in der Lunge und im Herzen exprimiert und ist für seine wichtige Rolle im kardiovaskulären System bekannt.

Bisher wurde hauptsächlich über die Auswirkungen von Covid-19 auf die Lungengesundheit berichtet. Die klinische Erfahrung hat jedoch gelehrt, dass bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Krankheitsverlauf deutlich kritischer und oft tödlich verläuft. Derzeit viel diskutiert ist die Frage, ob ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB, Sartane) zu einer verstärkten Expression des ACE2-Rezeptors in Lungen- und Herzzellen führt.

Ein interdisziplinäres Forscherteam an der Goethe-Universität Frankfurt berichtet nun in einer Publikation, die im »European Heart Journal« erscheinen wird, dass es tatsächlich deutliche Unterschiede der ACE2-Expression in Gewebeproben von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Vergleich zu Patienten ohne diese gibt. Insbesondere auf den Herzmuskelzellen und auf den Gefäßzellen des Herzens von Patienten mit Herzerkrankungen findet man demnach deutlich mehr dieser Rezeptoren.

Dazu sequenzierten die Wissenschaftler die RNA aus einzelnen Zellkernen und bestimmten so die Expression von ACE und ACE2 in den verschiedenen Zelltypen des menschlichen Herzens. Es wurden Genexpressionssignaturen von fünf Patienten mit Aortenstenose und zwei Patienten mit Herzinsuffizienz mit verminderter Ejektionsfraktion (HFrEF) erstellt. Diese wurden mit den Genexpressionssignaturen eines gesunden Spenderherzens (Alter: 63 Jahre, männlich), das nicht zur Transplantation verwendet wurde, verglichen.

Mit Hilfe zelltypspezifischer Genmarker wurden die wichtigsten Zelltypen annotiert, darunter Kardiomyozyten, Fibroblasten, Endothelzellen, Leukozyten, Perizyten und Zellen der glatten Muskulatur. ACE2 wurde in Kardiomyozyten und in muralen Zellen (Perizyten und vaskuläre glatte Muskelzellen) exprimiert. In Fibroblasten, Endothelzellen und Leukozyten wurde die Expression von ACE2 auf einem niedrigeren Niveau nachgewiesen.

Zudem zeigt der Vergleich der ACE2-Menge auf Kardiomyozyten von Patienten mit Herzerkrankungen und Gesunden, dass die Kardiomyozyten der Patienten signifikant mehr dieses Rezeptors exprimieren. ACE2 war auch leicht, aber nicht signifikant, in Endothelzellen erhöht. In Fibroblasten war die Expression bei Patienten mit Herzkrankheiten im Vergleich zu gesunden Kontrollen eher niedriger.

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