Zum Inhalt springen

H1N1-Impfaktion Länder bestellen Impfstoffe ohne Wirkverstärker nach

Sind Schweinegrippe-Impfstoffe mit Wirkverstärkern weniger gut verträglich? Um die Diskussion über die Adjuvantien zu entschärfen, bestellen die Bundesländer nun Impfdosen ohne Zusatzstoffe nach.
Zwei Komponenten: Der Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) produziert seinen Impfstoff sowohl mit als auch ohne Wirkverstärker.

Zwei Komponenten: Der Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) produziert seinen Impfstoff sowohl mit als auch ohne Wirkverstärker.

Foto: Z1000 GlaxoSmithKline/ dpa

Erfurt - Die Bundeswehr bekommt Schweinegrippe-Impfstoffe ohne Wirkverstärker, weil diese verträglicher seien - als diese Nachricht an die Öffentlichkeit gelangte, entbrannte eine erneute Diskussion um die Nebenwirkungen der Zusatzstoffe. Mit oder ohne Adjuvans? Das fragen sich derzeit viele.

Um die Debatte zu entschärfen, haben die Bundesländer jetzt Konsequenzen gezogen und bestellen Impfstoffe ohne die umstrittenen Wirkverstärker nach. Thomas Schulz, Sprecher des Thüringer Gesundheitsministeriums, sagte am Freitag, es liefen derzeit Gespräche mit verschiedenen Herstellern über einen begrenzten, bedarfsgerechten Nachkauf des Impfstoffs.

Hintergrund seien Bedenken von Medizinern, dass der bisher bestellte Impfstoff mit Wirkstoffverstärkern für Schwangere möglicherweise weniger geeignet sei. Auch Kinderärzte hatten in Deutschland für ihre jungen Patienten einen möglichst verträglichen Impfstoff gegen die H1N1-Erreger gefordert - ohne Zusätze, so wie er auch in den USA für Kinder zur Verfügung gestellt wird. Den Kritikern zufolge können die Dosen mit Wirkverstärkern zu gesteigerten Impfreaktionen wie Kopfschmerzen oder Fieber führen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) betonte derweil, dass auch der Impfstoff mit Wirkstoffverstärkern sicher sei.

Impfkampagne beginnt am 26. Oktober

Das neue Präparat werde voraussichtlich bis Mitte oder Ende November zur Verfügung stehen, sagte Schulz. Die Impfkampagne gegen die Schweinegrippe soll am 26. Oktober beginnen. Einige Europäische Länder haben mit den Masseimpfungen bereits begonnen, in Großbritannien soll die Kampagne kommende Woche starten. Die Bundesländer gehen nach Angaben des Thüringer Ministeriums davon aus, dass etwa 200.000 Dosen des alternativen Impfstoffs benötigt werden. In dieser Größenordnung bewege sich die geschätzte Zahl Schwangerer, die sich impfen lassen wollten. Vom Impfstoff mit Adjuvantien haben die Länder bisher 50 Millionen Dosen bestellt.

Bisher wird neben Schwangeren und Kindern auch chronisch Kranken sowie medizinischem Personal zur vorsorglichen Impfung geraten. Geschätzt wird, dass sich insgesamt etwa jeder fünfte Bundesbürger gegen die Schweinegrippe impfen lassen möchte.

Nach Angaben des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK) soll in der kommenden Woche mit der Auslieferung von Impfstoffen begonnen werden. Die Firma produziert Pandemrix, der in Deutschland zugelassen ist. Mit dem zusatzfreien Impfstoff stehe den Ärzten nun eine Alternative zur Verfügung. "Sie können nach genauer Risikoabwägung entscheiden, welchen Impfstoff sie ihren Patienten geben", sagte Schulz. Seinen Angaben nach handelt es sich bei dem Vakzin ohne Adjuvantien aber nicht um das Präparat, das die Bundeswehr für ihre Soldaten geordert hatte. Dieses sei für Schwangere nicht geeignet, so Schulz.

Die Impfstoff-Diskussionen hätten für Irritationen gesorgt, räumte der Ministeriumssprecher ein. Jetzt rief er die Bevölkerung dazu auf, sich nicht verunsichern zu lassen. Die Landesärztekammer glaubt aber, dass die bevorstehende Impfaktion auch von praktizierenden Medizinern in Thüringen unterschiedlich beurteilt wird. Die Meinungen seien geteilt, sagte eine Sprecherin. "Das ist auch kein Wunder, wenn sich sogar die Virologen als Experten unterschiedlich positionieren." Die meisten Mediziner unterstützten die Aktion. Dafür spreche auch die erklärte Bereitschaft von 1400 niedergelassenen Ärzten, die Impfung vorzunehmen. Verschiedene niedergelassene Ärzte raten ihren Patienten aber auch von der Impfung ab.

Und wie steht es mit der Bevölkerung? Laut einer Umfrage von Infratest dimap bleiben die Deutschen skeptisch. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger hält eine Impfung gegen das H1N1-Virus nicht für nötig. 39 Prozent würden sich auf keinen Fall impfen lassen; jeder Vierte würde wahrscheinlich nicht zur Impfung gehen.

cib/dpa/AP