"150 Handschläge an einem historischen Tag" , stand über dem Foto, das "Welt Online" am 4. Juli zeigte. Zu sehen war der 19-jährige Jan-Piet Jaschinski, wie ihn der Verteidigungsminister per Handschlag zum freiwilligen Wehrdienst begrüßt.
Kurz darauf wurde aus dem Abiturienten schon der erste Diener, der die Bundeswehr wieder verlässt. Keine drei Wochen nach dem Start der reinen Freiwilligenarmee haben auch an anderen Bundeswehrstandorten die ersten Rekruten ihren Dienst quittiert
Das bestätigt das Verteidigungsministerium, jedoch ohne Zahlen zu nennen. Belastbare Aussagen seien frühestens Anfang Oktober möglich, heißt es. Bisher hätten die jungen Frauen und Männer erst 17 Diensttage absolviert und noch gar kein umfassendes Bild bekommen können.
Für Jan-Piet Jaschinski aber stand an seinem zweiten Tag als Freiwilliger im Berliner Wachbataillon bereits fest: „Das bietet mir hier zu wenig geistige Herausforderung.“ Gleichzeitig gebe es zu viele Strukturen, die er einfach nicht verstehen könne. „Wir mussten zwei Stunden vor einem Gebäude strammstehen, nur um kurz hineinzugehen, eine Frage zu beantworten und eine Unterschrift abzugeben.“
Danach habe er sofort in der Universität angerufen und gefragt, bis wann er sich einschreiben könne: für Politik und Wirtschaftswissenschaften. Noch waren zehn Tage Zeit, also entschied sich der 19-Jährige, schnell zu handeln. „Ich hätte es auch gern länger ausprobiert“, sagt er. Letztlich habe ihm aber der Reiz gefehlt.
Ursprünglich hatte Jan-Piet Jaschinski vor, sich die Bundeswehr ein Jahr lang „mal anzugucken“, eventuell auch dort zu studieren. „Ich habe extra vorher Seminare besucht und mich bei Bundeswehrveranstaltungen informiert.“ Er sei aus Neugier gekommen, hatte der Freiwillige vor Dienstantritt gesagt. Vier Wochen nach dem Abitur wollte er erst einmal „Distanz zur Schule“ – auch um sich selbst zu testen, sein Durchhaltevermögen in einem auf Befehle angelegten System.
Heute sagt er: „In 13 Schuljahren bekommt man eingetrichtert, selbstständig zu denken. Und nach vier Wochen Ferien soll man das plötzlich alles über den Haufen werfen?“ Diese Frage hätten sich mehrere Abiturienten in seiner Kaserne gestellt. Gut eine Handvoll hätte deswegen von dem beiderseitigen Recht Gebraucht gemacht, innerhalb der ersten sechs Monate Probezeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen.
Verteidigungsminister de Maizière (CDU) hatte zum Start gesagt, dass man erst in vier, fünf Jahren endgültig sagen könne, ob das neue Freiwilligenkonzept tatsächlich funktioniere. Auch er weiß, dass die Umstellung von einer Wehrpflicht- auf eine Freiwilligenarmee nicht ohne Weiteres gelingen wird. „Wir müssen uns anstrengen, damit die Zahlen gut bleiben“, hatte de Maizière gesagt.
In seiner neu ausgerichteten Armee rechnet de Maizière mit mindestens 5000 Freiwilligen, die bis zu 23 Monate dienen. Die neuen Zahlen seien weiter ermutigend, betont der Ministeriumssprecher. Bis 15. Juli hätten bereits 9365 Freiwillige ihren Vertrag unterschrieben, weitere 7346 Ex-Wehrpflichtige hätten ihre Zeit bei der Bundeswehr verlängert.
Interessenten gebe es auch genug: Rund 30.000 Männer und Frauen seien schon zu Eignungstest eingeladen. Zudem hätten sich von den aktuellen Abbrechern viele bei mehreren Arbeitgebern beworben und dann kurzfristig eine Zusage erhalten, die ihnen besser passe.
Jan-Piet Jaschinski wird die Zeit bis zum Beginn seines Studiums nun mit einem Aushilfsjob im Hochseilgarten überbrücken. Wegen seiner Entscheidung will er die Bundeswehr nicht verteufeln. Angehenden Freiwilligen gibt er aber den Rat: „Schaut euch das mal einen Tag an, bevor ihr euch entscheidet!“