Santiago_
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augustinus.de

Einführung in «Augustins ‹Judenpredigt› (Aduersus Iudaeos)»

Im Unterschied zu den seit 2008 in den WS behandelten und diskutierten, eher philosophisch-theologisch ausgerichteten Texten steht nunmehr eine …
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"Augustin, dem dieser häufige Rückgriff auf das Alte Testament in den neutestamentlichen Schriften nicht entging, war zutiefst davon überzeugt, dass dem Menschen das Heil im Alten Testament lediglich angekündigt, im Neuen hingegen erwirkt worden sei. Beide testamenta wurden entsprechend der Verwirklichung eines Heilsplans, der dispensatio temporalis, zu einer gestuften Ganzheit integriert. Er …Mehr
"Augustin, dem dieser häufige Rückgriff auf das Alte Testament in den neutestamentlichen Schriften nicht entging, war zutiefst davon überzeugt, dass dem Menschen das Heil im Alten Testament lediglich angekündigt, im Neuen hingegen erwirkt worden sei. Beide testamenta wurden entsprechend der Verwirklichung eines Heilsplans, der dispensatio temporalis, zu einer gestuften Ganzheit integriert. Er prägte deshalb die griffige Formel: nouum testamentum in ueteri latet, uetus in nouo patetdas Neue Testament ist im Alten verborgen, das Alte im Neuen offenbar [21]. Sogenannte zweigliedrige Schemata wie ‹Verheißung und Erfüllung, promissa-adimpleta›, oder ‹Verhüllung und Enthüllung, uelata-reuelata› verdeutlichen zugleich den Offenbarungsfortschritt innerhalb der beiden Testamente. Deren Einheit gründet in Christus, dem Wort Gottes, durch das alles erschaffen worden sei und durch das auch alles Geschehen in der Welt nach festgelegtem Plan weiterhin gestaltet und verwaltet werde [22]. Aufs Intensivste beschäftigte Augustin auch in Aduersus Iudaeos der Nachweis von der Übereinstimmung der beiden Testamente, die congruentia testamentorum. Um sie geht es ihm vorzüglich und hauptsächlich: Die Juden sollen einsehen: in ihren Schriften des Alten Testamentesgibt es die Voraussagen, die sich im Neuen Testamenterfüllten.

War Augustinus, d e r Apologet der Kirche, ein Antisemit? Meine Antwort lautet: im Sinne von compelle intrare sicher nicht, was bereits das aduersus an Stelle von contra in seinen apologetischen Schriften sattsam andeutet [23]. Er verweist zwar auch in Aduersus Iudaeosdes Öfteren auf die Zerstreuung der Juden in alle Welt als Strafe Gottes für ihr Verhalten gegen Christus und seine Kirche, dennoch scheint er wohl im Blick auf Rm 11,25-36 betreffs ihrer Rettung zuversichtlich gewesen zu sein. Nicht nur der Apologet, sondern auch der Seelsorger Augustinus ermuntert deshalb seine christlichen Zuhörer im abschließenden Kapitel dieses Sermo, den Juden ‹nicht in Stolz, nicht in Überheblichkeit und Schimpf, sondern in aller Liebe› zugetan zu sein [24]."

CORNELIUS PETRUS MAYER