Nachrichten
54,8K

Erzbischof Woelki will trotz Anti-Papst-Demo Schwulenvertreter treffen

(gloria.tv) Sein neues Amt als Berliner Erzbischof tritt Rainer Maria Woelki am 27. August an. In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) äußerte er sich am Freitag in Berlin zu seinen ersten Vorhaben im Erzbistum, dem Papstbesuch und seinen familiären Wurzeln. Von Gregor Krumpholz und Birgit Wilke (KNA).

KNA: Herr Erzbischof, konnten Sie seit Ihrer Ernennung vor einigen Wochen schon Wurzeln in Berlin schlagen?

Woelki: Das konnte ich noch nicht. Seit meiner Ernennung war ich erst einige Male hier, um wichtige Vertreter des Erzbistums kennenzulernen.

KNA: Wo werden Sie wohnen?

Woelki: Ich werde voraussichtlich in den Wedding ziehen, unweit des früheren Grenzübergangs an der Bornholmer Straße, wo 1989 der Fall der Mauer begann. Es soll auch ein Zeichen dafür sein, dass unser Erzbistum immer mehr zusammenwachsen muss.

KNA: Welche Aufgaben wollen Sie zu Beginn Ihrer Amtszeit vordringlich angehen?

Woelki: Zunächst will ich kennenlernen, wie im Erzbistum in den vergangenen Jahrzehnten das Gemeindeleben gewachsen ist. Ich möchte gut zuhören, was die Gremien zu sagen haben. Das große Ziel ist, eine evangelisierende Pastoral für die Erfordernisse des Erzbistums zu finden.

KNA: Sie setzen Ihre Hoffnung auf kleine Gemeinschaften, die die christliche Botschaft glaubwürdig vorleben. Wie verträgt sich das damit, dass immer mehr Pfarreien zu Großgemeinden fusioniert werden?

Woelki: Ich halte es für notwendig, dass Christen sich in kleinen, geistlich geprägten Gemeinschaften treffen, wo Menschen zusammenkommen, die sich ganz bewusst für einen bestimmten spirituellen Weg entscheiden und versuchen, ihren Alltag vom Evangelium her zu leben, und sich dabei auch anderen gegenüber öffnen. Dann ist erst mal unerheblich, wie groß das Territorium einer Pfarrei ist. Es muss allerdings gewährleistet sein, dass man sich innerhalb einer Pfarrei nicht aus dem Blick verliert. Dazu ist die gemeinsame Sonntagsmesse unverzichtbar.

KNA: Sie haben sich bereits für mehr Einfluss der Frauen in der Kirche ausgesprochen. Wie wollen Sie dies in Ihrem neuen Amt umsetzen?

Woelki: Ich halte es für sehr wichtig, dass Frauen etwa in der Verwaltung des Erzbistums auch leitende Aufgaben wahrnehmen. Das möchte ich bei Stellenbesetzungen durch eine entsprechende Maßgabe fördern. Wenn wir am männlichen Priestertum festhalten, muss es auch Orte geben, wo Frauen für die Kirche Verantwortung übernehmen können. Die Kirche darf kein reiner Männerclub sein.

KNA: Ihr Vorgänger, Kardinal Sterzinsky, hat sich als Hauptstadtbischof besonders zur Familien- und Ausländerpolitik zu Wort gemeldet. Bei welchen Themen wollen Sie vor allem Stellung beziehen?

Woelki: Möglicherweise werde ich von Kardinal Sterzinsky die Leitung der Kommission für Ehe und Familie der Bischofskonferenz übernehmen.
Das wäre dann ein thematischer Schwerpunkt. Ich werde mich zudem überall dort zu Wort melden, wo ich es um der Menschen Willen für notwendig halte, etwa zu Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der Bedrohung des menschlichen Lebens am Beginn und am Ende.

KNA: Welche Bedeutung hat für Sie die Ökumene?

Woelki: Einen meiner ersten Antrittsbesuche will ich beim Bischof der evangelischen Landeskirche, Markus Dröge, machen. In einer Stadt, in der nur jeder Dritte Christ ist, ist es umso wichtiger, dass die Kirchen sich gegenseitig stärken. Deshalb freue ich mich, dass es den Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg mit seinen 30 Mitgliedskirchen gibt.

KNA: Welche Erwartungen haben Sie an den Papstbesuch?

Woelki: Natürlich freue ich mich, dass ich den Heiligen Vater so kurz nach meinem Amtsantritt begrüßen kann. Er wird uns allen zur Verankerung unserer christlich-abendländischen Werte einiges zu sagen haben. Mit Blick auf das Erzbistum Berlin hoffe ich, dass wir mit dem Papst ein wirkliches Glaubensfest feiern. Für mich wird das sicher ein bewegender Moment, der mein Leben prägt.

KNA: Sie haben ein Gesprächsangebot des Lesben- und Schwulenverbands angenommen, der mit anderen Gruppen gegen den Papstbesuch protestieren will. Gibt es bereits einen Termin?

Woelki: Das Gespräch kann ich erst nach meinem Amtsantritt führen, deshalb gibt es auch noch keinen Termin. Angesichts der vielen Termine in den nächsten Wochen ist auch noch unklar, ob es vor oder nach dem Papstbesuch stattfinden kann. Ich freue mich auf den Austausch.

KNA: Was halten Sie von der Demonstration, die während des Papstbesuchs geplant ist?

Woelki: Generell habe ich kein Problem damit. Das Demonstrationsrecht gehört zu den Grundrechten. Es ist vollkommen in Ordnung, dass Leute von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Ich wünsche mir aber, dass es friedlich und fair geschieht und so, dass man sich später in die Augen schauen kann.

KNA: Bei allem wollen Sie Ihre neue Aufgabe auch mit «rheinischer Leichtigkeit» angehen. Wie darf man das konkret verstehen?

Woelki: Es ist eine Haltung, dass man auch schon «mal Fünfe gerade sein lässt» in der Hoffnung, «et hätt noch immer jot jejange». Ich bin in Köln geboren und aufgewachsen und habe auch etwas von dieser Mentalität übernommen.

KNA: Ihre Eltern stammen aus dem ostpreußischen Ermland, wie auch Ihr Vorgänger Kardinal Sterzinsky. Inwieweit hat Sie das geprägt?

Woelki: Ich habe vielleicht auch schwermütige Charaktereigenschaften, wie man sie Menschen aus dem Osten nachsagt.
Im Vergleich zu einem «echten» Rheinländer wirke ich auf manche wohl etwas distanzierter und in mich gekehrter.

KNA: Die Medien haben auch Ihr Brillengestell kommentiert, es mit dem von Harry Potter oder von Bertolt Brecht verglichen. Ärgert Sie das?

Woelki: Das amüsiert mich, ich finde es eigentlich ganz nett und witzig. Irgendwie scheint es zu einem Markenzeichen geworden zu sein. Ich kann ganz gut damit leben und finde, dass diese Brille mich kleidet.
katechese und kirche
Der Profi macht den Unterschied ... Die KNA-Meldung wird professionell überschrieben mit "Ich werde gut zuhören." - Und tatsächlich wird ja hier der Erzbischof von Berlin interviewt und seine Ansichten angefragt. Andere beschäftigen sich ideologisch voreingenommen mit Homosexuellen und Demonstrationen, so als ob es in der Meldung darum ginge.
Margit57
Wird Erzbischof Woelki den Schwulen auch die Wahrheit sagen oder trifft er sich zum Smalltalk?
"Wißt ihr denn nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Werder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben."Mehr
Wird Erzbischof Woelki den Schwulen auch die Wahrheit sagen oder trifft er sich zum Smalltalk?

"Wißt ihr denn nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Werder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben."
PiusV
Genaum luce - die Brille ist mir auch schon aufgefallen! 👏
lucet
Die Brille erinnert mich an die Pius' XII - und dieser war ja bekanntlich Nuntius in Berlin.
katechese und kirche
Auch meine Großeltern kamen aus dem Ermland und flohen dann vor den Russen bis nach Köln. Mein Großvater wurde in Frauenburg (heute "Frombork"), meine Großmutter in Gerdauen (heute auf der russischen Seite) geboren. Sie haben in Braunsberg (heute "Branjevo") geheiratet und bis zur Flucht dort gelebt. Meine Mutter ist auch in Braunsberg geboren und mein Vater in Elbing (heute "Elblag"). Als ich …Mehr
Auch meine Großeltern kamen aus dem Ermland und flohen dann vor den Russen bis nach Köln. Mein Großvater wurde in Frauenburg (heute "Frombork"), meine Großmutter in Gerdauen (heute auf der russischen Seite) geboren. Sie haben in Braunsberg (heute "Branjevo") geheiratet und bis zur Flucht dort gelebt. Meine Mutter ist auch in Braunsberg geboren und mein Vater in Elbing (heute "Elblag"). Als ich zum ersten Mal (nach der Wende) am kurischen Haff stand, war das für mich ein erhebendes Gefühl. Ich kannte das bis dahin nur aus Erzählungen in der Familie - vor allem, wenn wir uns mit Onkels und Tanten trafen. Da wurden Geschichten aus der Familie erzählt, und wir Kinder hingen den Erwachsenen an den Lippen. Und als ich die Familienfotos von den Dörfern und Häusern sah und die Familiengeschichten hörte, kam mir das meiste ziemlich vertraut vor. Auch hier bei uns in Sachsen durften die katholischen Kirchen (mit berühmten Ausnahmen wie die Dresdner Kathedrale) nicht als solche erkennbar sein, weil das das vom Evangelischen dominierte sächsische Gesetz verbot. Und wie bei uns im Sorbischen, so waren die katholischen Dörfer in Ostpreußen Enklaven in einem überwiegend evangelischen Gebiet.