Wird die von Bergoglio/Franziskus begonnene Destruktion des katholischen Glaubens fortgesetzt?

Nach den überzeugenden, nachfolgenden Ausführung kann diese Frage nur eine Zustimmung erfahren.

"Versuch einer ersten theologischen Einordnung des Pontifikates Leos XIV.
„Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen?“ (Lk 12, 51)

6. Oktober 2025 5

Von Vigilius*
Nachdem es kurz nach der Wahl Robert Prevosts zum Papst fast im gesamten konservativen Feld nahezu Begeisterungsstürme gegeben hat, flammen hier die Widerstände gegen den Papst mittlerweile erneut auf. Dazu tragen etliche der Entscheidungen Leos, aber auch Äußerungen bei, die sich etwa in dem jüngst erschienen Interviewbuch „Leo XIV. – Weltbürger und Missionar des 21. Jahrhunderts“ finden lassen. Gerade dieses Interview heizt die ohnehin entbrannte Debatte um die Qualitäten Leos nochmals mächtig an. Vor dem Hintergrund dieser leidenschaftlich geführten Kontroverse um den neuen Papst möchte ich nun ebenfalls einige Anmerkungen zum aktuellen Pontifikat machen.
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Es gibt, wie immer in solchen Fällen, bereits Stimmen, die mit dem Kontingenzargument einen nachsichtigen Umgang mit Leo fordern. Ich denke, dass wir derartige Erwägungen schon im Ansatz nicht aufkommen lassen sollten. Wenn jemand ein wichtiges Leitungsamt aus freien Stücken übernimmt, trägt er die volle persönliche Verantwortung für die korrekte Ausübung dieses Amtes. Da gibt es keine Ausreden, weder eine schwere Kindheit noch eine dürftige Ausbildung noch eine Sozialisation in einem geistig ungünstigen Umfeld noch schlechte Berater und Redenschreiber noch fehlende Kenntnisnahme von Vorgängen noch, wie Caminante anführt, „Feministinnen, die ihn umgeben“1. Wenn er das Zeug zur richtigen Ausübung des ihm angebotenen Amtes nicht besitzt, muss der Kandidat ablehnen; übernimmt er das Amt, ist er umfänglich haftbar. Dann soll sich der Papst eben von den ihn umgebenden Feministinnen trennen und sich Mitarbeiter holen, die was taugen. Schließlich besitzt er doch die plenitudo potestatis. Die noch immer nicht abgelöste Präfektin des Ordensdikasteriums, Signorina Brambilla, die sogar durch Leo eine weibliche Verstärkung erhalten hat, und die katastrophalen Bischöfe, die er bis auf wenige Ausnahmen in Serie ernennt, gehen auf sein eigenes Verantwortungskonto, und es ist gleichgültig, ob das noch in der Bergoglio-Ära eingeleitet worden ist. Unter den Ernennungsurkunden steht Leos Unterschrift, es ist seine Entscheidung. An diesen Akten werden viele Katholiken in den bemitleidenswerten Diözesen lange Zeit hart zu tragen haben. Auch bei den unter seinem Namen erscheinenden Texten spielt es keine Rolle, ob ein Papst um die Publikation möglicherweise von seinem Vorgänger gebeten wurde. Ebenfalls geht die Homoparade am 6. September durch den Petersdom, die von vornherein als ein Triumphzug der Bewegung gedacht war und in aller Welt auch so rezipiert wurde, auf sein Verantwortungskonto, das ist schließlich seine Basilika. Wer das oberste Lehramt der Kirche innehat und die ihm zu dessen korrekter Ausübung verliehene absolute Machtfülle besitzt, muss dieser Funktion auch gerecht werden, sonst muss er abtreten. Psychologisierende Verständnisrhetoriken haben in diesem Zusammenhang keinen Platz.
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Über Leo ist die Ansicht geäußert worden, dass er kein Theologe sei. Damit ist wohl gemeint, dass Prevost zwar – an einem liberalen Ausbildungsinstitut – Theologie studiert und sich vor allem mit dem Kirchenrecht beschäftigt hat, aber kein derart kenntnisreicher und eigenständiger Theologe ist, wie es etwa Ratzinger war. Meines Erachtens besteht das elementare Problem aber vor allem darin, dass Prevost kein philosophischer Kopf ist. Das bezieht sich zunächst formal auf den Scharfsinn und die Fähigkeit zur Konsequenz des Denkens. Sodann darauf, dass alle materialen Probleme, die wir haben, letztlich philosophischer Natur sind. Die Kirche benötigt gerade heute Kirchenmänner, die die komplexen intellektuellen Zusammenhänge vor allem des uns massiv betreffenden Modernediskurses zu durchschauen vermögen. Man muss durch die schroffen, ungemütlichen Landschaften des Rationalismus und der Aufklärungsphilosophie, des Deutschen Idealismus, der atheistischen Philosophie Nietzsches und der massiv von ihm geprägten Philosophie des 20. Jahrhunderts einschließlich des seinsgeschichtlichen Denkens Martin Heideggers und des französischen Dekonstruktivismus hindurchgewandert sein, um überhaupt den Ansatz eines Begriffes von den abgründigen und verwickelten Problemlagen zu bekommen, von denen ebenfalls die moderne Kirche zuinnerst erfasst ist. Und diesen Begriffsansatz vermag jedenfalls ich in den bisherigen Äußerungen Papst Leos eben nicht zu erkennen.
Vom korrekten, zureichend differenzierten Verständnis der durch das moderne Bewusstsein aufgeworfenen Problemlagen hängt auf der praktischen Ebene ungemein viel ab. Das sieht man gerade bei der Minderheiten- und Genderfrage. Der post-stalinistische Neomarxismus hat in seinen prominenten Autoren wie Antonio Gramsci, Herbert Marcuse und Jean-Paul Sartre bereits ab den 1930er Jahren den Plan entwickelt, an Stelle des vom Kapital käuflichen Proletariates neue revolutionäre Subjekte zu finden, mit denen die bürgerliche Gesellschaft überwunden werden kann. Während als post-proletarische Revolutionssubjekte soziale Minderheiten wie Homosexuelle, Transgender-Personen, Farbige, lesbische Frauen, überhaupt Frauen, aber auch Einheimische in den ehemaligen Kolonialgebieten, Immigranten usf. identifiziert werden, soll das wirkmächtigste Revolutionsprinzip nicht mehr der Gulag, sondern die Moral sein. Das heißt: Die neuen Revolutionssubjekte werden systematisch als leidende Opfergruppen des bürgerlich-kapitalistischen Patriarchates und umgekehrt die Mitglieder der weißen, heteronormativen Mehrheitsgesellschaft als moralisch verwerfliche Tätergruppe stilisiert. Kraft seines vor allem von Gramsci formulierten und in der Tat äußerst erfolgreichen Programms des „Marsches durch die Institutionen“ hat der Neomarxismus eine kollektive Über-Ich-Bildung erreicht, die die bürgerlichen Gesellschaften weitgehend paralysiert hat. Vor allem in den akademischen Schichten sind im bürgerlichen Bewusstsein selber die tragenden Institutionen der Gesellschaft mit dem Stigma der Menschenfeindlichkeit, der Intoleranz und der Skupellosigkeit der Macht versehen worden. Das muss sich auf die soziale und politische Stabilität ruinös auswirken. Die besonders bedeutenden Katalysatoren der neomarxistischen Moralbildung sind die Kindergärten, Schulen, Universitäten – und die Kirchen.
Natürlich geht es dem Marxismus in keiner seiner Varianten tatsächlich um die Individuen und die Minderheiten. Werden Individuen oder Gruppen für das Zerstörungsprojekt der bürgerlichen Gesellschaften dysfunktional, werden sie einfach abgestoßen und durch neue revolutionäre Subjekte ersetzt. Im Moment erleben wir etwa, dass die radikale Linke die lange umworbene Gruppe der Homosexuellen de facto wieder aufopfert, weil ihr die Allianz mit den Mohammedanern für die Zerstörung des Westens zweckdienlicher erscheint.2 Generell kann man sich sicher sein, dass mit errungener politischer Herrschaft der Linken auch die Gulags wieder da sind. Es geht der marxistischen Perspektive immer nur um den radikal egalisierenden Selbstobjektivierungsprozess der Materie, die sich unter Überwindung aller von ihr selbst erzeugten Widerstände dialektisch zu sich selbst ermächtigt. Alle Differenzen, die der Metaphysik als substantiell gelten, werden in dieser Perspektive als phasenhafte Illusionsgebilde betrachtet, die im Entwicklungsprozess der Materie selber notwendigerweise entstehen und in deren Emanzipationsgeschichte auch wieder verschwinden. Die seit den späten 1990er Jahren beobachtbare verstärkte Integration der Motive des französischen, stark von Nietzsche inspirierten Dekonstruktivismus in die neomarxistische Agenda ist nicht zufällig. Judith Butler, das Schlachtschiff der Gendertheorie, formuliert ihre maßgeblich von Michel Foucault geprägte Selbstinzenierungstheorie des ‚theatralischen Selbst‘ präzise als Projekt von Autonomisierungsgewinnen, die sie als Vorgänge der progressiv freiheitlichen Selbstorganisation der Materie begreift.
Papst Leo formuliert zwar ein Bekenntnis zur Ehe und zur Familie, aber er konterkariert dies faktisch wieder durch seine nur scheinbar harmlose Bemerkung zur LGBTQ+-Agenda, welche Agenda sich ein erheblicher Teil der begriffsstutzigen, sentimentalen Kleriker längst zu eigen gemacht hat. Leo sagt nämlich in dem Interview, er habe in dieser Frage „im Moment noch keinen Plan“. Das könnte er aber niemals sagen, wenn er durchschaute, was für philosophische Inhalte in dieser nur vermeintlich humanitären Agenda transportiert werden. Denn dass er diese Positionen selber akzeptieren würde, halte ich für wenig wahrscheinlich. Damit bin ich aber wieder bei meinem erstgenannten Punkt. Prevost steht als Papst unter der Maßgabe, in Fortsetzung des Kampfes seiner Vorgänger der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegen die großen kollektivistischen Ideologien die LGBTQ+-Ideologie als das zu dechiffrieren, was sie ist: das alte grundstürzende Revolutionsprojekt des marxistischen Materialismus in neuem Gewande. Ich befürchte jedoch, dass Leo hier erklärbarer‑, aber unentschuldbarerweise versagen wird. Vermutlich wird er naiverweise wie sein verstorbener Freund und Mäzen der Versuchung unter dem Schein des Guten erliegen und dieser zuinnerst antichristlichen Agenda die höheren Weihen des christlichen Beistandes für die Leidenden und Verfolgten geben.
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Die LGBTQ+-Problematik führt unmittelbar zu den päpstlichen Einlassungen zur Veränderlichkeit der kirchlichen Moral- und Ordinationsbestimmungen. Genauerhin geht es zum einen um Leos Aussage zu Diakoninnen: „Ich habe momentan nicht die Absicht, die Lehre der Kirche zu diesem Thema zu ändern“; zum anderen im Blick auf die Homosexualität um den Satz: „Es erscheint mir sehr unwahrscheinlich, zumindest in naher Zukunft, dass sich die Lehre der Kirche in Bezug auf Sexualität und Ehe ändert.“
Kommentatoren haben in beschwichtigender Absicht angemerkt, in diesen Sätzen sei weder die Vorhersage des Papstes impliziert, dass sich diese Lehren irgendwann tatsächlich ändern werden, noch dass er selber diese Lehren jemals zu ändern beabsichtigen würde. Diese Analysen treffen aber nur prima facie zu. Denn die Pointe der Sätze besteht darin, dass sie den Wechsel der bislang geltenden Überzeugungen prinzipiell für möglich halten. Die fraglichen Positionen werden also nicht mehr als solche betrachtet, die mit dem unbedingten Geltungsanspruch der Wahrheit auftreten (und nur als solche sind sie Sätze des Glaubens), sondern lediglich als Sätze, deren Geltung von kontingenten Faktoren wie diplomatischen Opportunitätsgründen abhängig ist. Die Eindeutigkeit des prevost‘schen Urteils bezieht sich bei diesen Gegenständen allein noch auf die Einschätzung ihrer geschichtlichen Position – bloß im Moment ist deren Änderung bloß unwahrscheinlich. Wenn Leo, wie Caminante sagt, „an unveränderliche Wahrheiten glaubt“, gehören diese Dinge jedenfalls nicht dazu. Das heißt aber für den substantiellen Gehalt der oberflächlich ungefährlich anmutenden Aussagen nichts anderes als: Unter wahrheitstheoretischer Rücksicht haben sich für Papst Prevost diese Positionen bereits aufgelöst, auch wenn er das vermutlich gar nicht in reflexiver Klarheit vor sich bringt. Er erzeugt nurmehr den Schein der Konstanz. Man kann auch sagen, dass diese Sätze unter dem Schein ihres Gegenteiles die Änderung der fraglichen Positionen selber vollziehen. Prevost glaubt nicht mehr, dass sie wahr sind, er glaubt also, tertium non datur, dass Frauen zu Diakoninnen geweiht werden und homosexuelle Akte zumindest unter bestimmten Bedingungen sittlich legitim sein können.
Die meisten Leute ermessen gar nicht den logischen Implikationsgehalt beider Positionen. Mit der Öffnung des sakramentalen Diakonates für Frauen ist das theologische Prinzip zerstört, dass nur Männer aufgrund des nicht-kontingenten Mannseins Jesu Christi den Hohepriester sakramental repräsentieren und dessen Opfer vergegenwärtigen können, von welcher Vergegenwärtigung sämtliche Stufen des sakramentalen Ordo her definiert und auf die sie wesenhaft bezogen sind. Und auf eine analoge, gleichwohl inwendig verbundene Weise modifiziert auch die prinzipielle Legitimierung homosexueller Akte den gesamten theologischen Kosmos, mithin nicht allein das moraltheologische und hier auch nicht nur das sexualethische Gefüge. Um die Achse der Geschlechterdualität, in der die Frage der Ehe und des Sexualitätsverständnisses impliziert ist, kreist in gewisser Weise das ganze dogmatische System bis in den ekklesiologischen Topos der Christus-Maria-Entsprechung hinein, in der das Wesen der Kirche – und des Weiheamtes dargestellt ist. Es handelt sich hier nicht um separierbare Einzelfragen, die man ändern könnte, ohne dass sich das Ganze ändern würde. Genau das sollten wir um der intellektuellen Redlichkeit willen auch klar benennen und uns nicht beruhigen mit der theologisch irrelevanten Auskunft, dass die Äußerungen des Papstes nicht die Ankündigung darstellen, dass er das, was er für möglich, also für wahr hält, auch selber bereits positiv formulieren und mit praktischer Rechtskraft versehen wird.
Noch eine verwandte Anmerkung im Kontext der Weihefrage. Leo bekennt sich im Interview ausdrücklich dazu, die Linie seines Vorgängers nicht nur im Blick auf die Integration von Laien in synodale Prozesse, sondern ebenso die Praxis der Besetzung kirchlicher Leitungsämter durch Laien fortzusetzen. Der Papst beabsichtigt also, die nicht zuletzt um der Frauenfrage willen vorgenommene bergoglianische Operation der Trennung von sacerdotalem Amt einerseits und Leitungskompetenz andererseits weiterzuführen, und zwar, wie die von mir schon erwähnte Signorina Brambilla sichtbar macht, auch in pastoral und doktrinär relevanten Bereichen.
Diese Ankündigung Leos finde ich besonders erschütternd, denn sie ist für die Kirche von kaum überschätzbarer Bedeutung. Die Praxis der Leitung durch Laien höhlt nämlich die theologische Bestimmung des sakramentalen Amtes auch zur Leitungsgewalt in der Kirche aus und wird immer stärker dazu führen, dass mit der singulären Stellung des Priesters in der Kirche das sakramentale Bewusstsein überhaupt geschwächt wird. Die Kirche lebt exklusiv von der Vergegenwärtigung des Opfers Christi in der Messe, und vom Altar her müssen, das habe ich vorhin bereits im Blick auf das Frauendiakonat zur Geltung gebracht, sämtliche kirchliche Funktionen definiert sein. Der Priester ist der genuine Leiter und Lehrer der Gemeinde, weil er der Sacerdos, die sakramentale Selbstrepräsentation des sich opfernden ewigen Hohepriesters ist, der als solcher König und Lehrer ist. Das bergoglianisch-prevost‘sche Projekt der Laienermächtigung sprengt dieses subtile Entsprechungsgefüge des katholischen Sakramentalkosmos auf und leistet der Selbstprotestantisierung der Kirche erheblichen Vorschub. Laien in pastoral und lehramtlich relevanten Leitungsämtern kennt die Wesenslogik des corpus Christi mysticum nicht. Joseph Ratzingers schon früh getroffene Aussage, dass die Trennung von Weihe- und Leitungsgewalt „schlechterdings unzulässig“ sei, ist unbedingt zustimmungswürdig. Denn bei dieser Trennung der Gewalten wird, so Ratzinger, „die eine ins Magische, die andere ins Profane abgedrängt: Das Sakrament wird nur mehr rituell und nicht als Auftrag zur Leitung der Kirche durch Wort und Liturgie gefaßt; das Leiten umgekehrt wird als rein politisch-administratives Geschäft gesehen.“3 Bei näherer Betrachtung zeigt sich uns also der durchaus hässliche Befund, dass Papst Prevost, angetan mit Mozetta und suaviter in modo, kräftig damit beschäftigt ist, wie sein Vorgänger das Tafelsilber zu verscherbeln.
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Papst Leo bekennt sich ausdrücklich zu Jesus Christus. Kardinal Burke hat bei seinem kürzlichen Zusammentreffen mit Leo, so wird berichtet, den Papst auch dafür gelobt, christozentrisch gepredigt zu haben. Man übersieht nach den zurückliegenden Jahren fast den bizarren Charakter solcher Feststellungen, die einen Papst dafür loben, in einer Ansprache prominent von Christus geredet zu haben. Das erinnert mich an den vergnüglichen Roman Luigi Malerbas „Die nackten Masken“, in dem die zerstrittenen römischen Kardinäle als Nachfolger von Leo X. einen gar nicht im Konklave anwesenden Nachfolger wählen und sich nun angesichts der baldigen Ankunft des neuen Papstes in heller Aufregung befinden, denn diesem Mann eilt der Ruf voraus, er würde an Gott glauben.
Søren Kierkegaard sagt in seiner Schrift „Furcht und Zittern“ berechtigterweise von sich, er habe bislang noch immer den Mut gefunden, „einen Gedanken ganz zu denken“. Der verehrte Philosoph weiß ganz genau, warum dieser Punkt so wichtig ist. Denn erst dann, wenn ein Gedanke ganz, das heißt mit all seinen Implikationen und logischen Konsequenzen gedacht ist, ist er überhaupt gedacht. Und nur dann wird er fruchtbar. Ansonsten versinkt er in der Bedeutungslosigkeit einer Anmutung. Das gilt nun auch für das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus. Und auch an dieser Stelle muss man bei Papst Leo leider konstatieren, dass ihm zumindest die Bereitschaft zu fehlen scheint, die in diesem Bekenntnis liegenden Implikationen zu erkennen und zur Geltung zu bringen. Diese Inkonsequenz wird schon in der erwähnten Leitungsfrage deutlich, gewinnt aber ebenso im Blick auf den sogenannten „interreligiösen Dialog“ eine hohe Dringlichkeit.
Ich habe mir Leos kürzliches Grußwort an die Teilnehmer des interreligiösen Treffens in Bangladesch angesehen – und bin zugleich entsetzt und der öden Sache gründlich überdrüssig. Es handelt sich hier – erneut unter Bezugnahme auf das größte Skandaldokument des letzten Konzils, nämlich ‚Nostra aetate‘ – um dieselbe bergoglianische Rhetorik mit den identischen theologischen Gravamina aus ‚Fratelli tutti‘, der Amazonassynode, dem Dokument von Abu Dhabi und den Reden in Südostasien. In dieser konziliaren Prosa werden trotz ihrer phrasenhaften Form, die schon unser sprachästhetisches Empfinden seit Jahrzehnten beleidigt, äußerst brisante Inhalte transportiert: Wir sind, so formuliert Leos Ansprache, natürlicherweise immer schon „eine Familie“, „Brüder und Schwestern“ und allesamt „Kinder Gottes“. Deswegen müsse es um „eine Kultur der Harmonie zwischen Brüdern und Schwestern“ gehen, die sich – Leo referenziert ausdrücklich auf Franziskus – nicht von jenen stören lassen dürfe, die das „Unkraut des Vorurteils“ nähren, „Misstrauen säen“, „Angst schüren“, „Unterschiede als Barrieren“ und nicht als „Quelle gegenseitiger Bereicherung“ ansehen. Diese Störenfriede der Harmonie können nur diejenigen sein, die hartnäckig auf dogmatischen Wahrheitsfragen bestehen. Bergoglios ‚Indietristi‘ sind zurück.
All diese Schlagworte und Thesen Leos sind ebenso kritikwürdig wie die einschlägigen Äußerungen Jorge Bergoglios, von denen sie maßgeblich inspiriert sind. Denn das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, dem Einen und Einzigen, der Wahrheit in Person und dem alleinigen Heiland aller Welt, also das Bekenntnis zum Grundsatz ‚extra Christum nulla salus est‘, ist die Barriere katexochen zwischen den Bekenntnissen, auch denen der monotheistischen Religionen. Der Streit, den Christus bringen, das Feuer, das er auf die Erde werfen möchte, bezieht sich gerade auf den Konflikt um ihn selber, und dieser Streit hat den Herrn ans Kreuz gebracht. Und weil ‚extra Christum nulla salus‘ sachidentisch ist mit ‚extra ecclesiam nulla salus‘, ist der christologische Urkonflikt zugleich der Streit um den Begriff der Kirche als corpus Christi mysticum. Erst in Christus, das heißt: erst in der übernatürlichen Lebensgemeinschaft der Christen mit Christus im Heiligen Geist sind wir so geeint, wie Gott die Menschen geeint sehen will, und deshalb sind in der Heiligen Schrift und der dogmatischen Tradition die Bezeichnungen ‚Kinder Gottes‘ und ‚Schwestern und Brüder‘ für die reserviert, die durch den Glauben und die Sakramente in Christus eingegliedert sind und Christi Kirche bilden.
Zur Verdeutlichung der Relevanz dieses Zusammenhanges bietet es sich an, auch noch Leos Ansprache bei der kürzlichen Tagung „Raising Hope for Climate Justice“ einzubeziehen. Die zentralen Referenzdokumente Leos sind jetzt Bergoglios „Laudato Si“ und „Laudate Deum“. Mir geht es an dieser Stelle nicht darum, dass der Tagungstitel unkritisch die neomarxistisch geprägte Vokabel der „Klimagerechtigkeit“ übernimmt, und auch nicht darum, dass Leo sich mit dem von ihm ebenso unkritisch vorausgesetzten Topos des menschengemachten Klimawandels gefährlicherweise auf ein Feld begibt, auf dem die Kirche keinerlei spezifische Kompetenz besitzt. Weit bedeutender ist, dass Leo das Projekt der „ganzheitlichen Ökologie“ und des Hörens auf den berühmten „Schrei der Erde“, in dessen Zusammenhang er die Rede von der „einen Familie mit einem Vater“ erneut bemüht, mit der christlichen Botschaft selber identifiziert. Ausdrücklich spricht Leo davon, dass die „ökologische Umkehr“ sich „nicht von jener Umkehr unterscheidet, die die Gläubigen auf den lebendigen Gott ausrichtet“.
Worin besteht hier das eigentliche Problem? Das Problem besteht nicht darin, dass Leo ökologische Fragen als sittliche Probleme identifiziert und sich dazu prominent äußert. Und selbstverständlich gelten die Maximen des natürlichen Sittengesetzes ebenfalls für Katholiken, und kein vernünftiger Christ wird bezweifeln, dass wir uns um die ‚Bewahrung der Schöpfung‘ bemühen und allen Lebewesen im Rahmen unserer Möglichkeiten gerecht werden müssen. Das Problem besteht vielmehr darin, dass Leo nicht zu begreifen scheint, dass etwas sehr wohl konstitutiv zum christlichen, also zum katholischen Glauben hinzugehören kann, ohne dass es spezifisch katholisch ist. Diese Differenzierung ist aber von alles entscheidender Bedeutung. Sittliche Fragestellungen sind weitgehend die Domäne der philosophischen Vernunft, und die christliche Theologie besitzt in der Behandlung der allermeisten sittlichen Gegenstände keine besondere Autorität. Niemand geringerer als Thomas von Aquin bringt das zur Geltung. Die eigentlich neutestamentliche Ethik ist von der philosophischen Ethik kategorial verschieden, man darf das nicht vermengen. So sind der Ruf zur Kreuzesnachfolge oder das, was die klassische Moraltheologie ‚Werke der Übergebühr‘ genannt hat, die in so großen Heiligen wie Maximilian Kolbe anschaulich werden, nicht philosophisch generalisierbar. Das, was Maximilian Kolbe im Konzentrationslager für den verheirateten Mann getan hat, darf man sittlich gar nicht von jedem verlangen; sein Akt entspringt dem übernatürlichen Glauben an Jesus Christus und dem Wunsch, sich dem Herrn zu verähnlichen.
Damit ist nun schon das Spezifische umrissen, das Leo irrsinnigerweise preisgibt. Denn das Spezifische macht gerade den Wesenskern einer Sache aus. Wenn ich etwas verstehen will, muss ich nicht primär fragen, was es mit allen anderen Dingen unterschiedslos gemeinsam hat, sondern was sein proprium ist. Das proprium des christlichen Glaubens ist Jesus Christus und unsere Umkehr zu dieser Person, die die inkarnierte zweite Person der Gottheit ist. Genau mit diesem Aufruf zur Bekehrung lässt das Neue Testament den Auftritt des Messias beginnen: Kehrt um und glaubt an das Evangelium, denn das Reich Gottes ist – in Christus selber – nahe. Wenn Leo aber dieses proprium mit der „ganzheitlichen Ökologie“ und der „ökologischen Umkehr“ identifiziert, löst er den Kern der christlichen Botschaft ins bloß Allgemeine auf. Christen reden dann in ihrem Wesenskern nur noch von dem, von dem ohnehin alle reden, und das heißt nichts anderes, als dass sie mit ihrem Spezifikum ihre Identität verlieren. Genau darin bestand der Schrecken des Bergoglio-Pontifikates.
Bergoglio war aber konsequenter als Prevost. Er hat nämlich nie so von Christus geredet, wie Leo an anderen Stellen durchaus von Christus redet. Für Papst Bergoglio war, und zwar stringenterweise, Jesus nur noch der humanitaristische und sozialistische Jesus des „todos, todos, todos“, also derjenige, dessen Programm nur noch identisch war mit dem natürlichen Projekt der universalen Geschwisterlichkeit und der „ganzheitlichen Ökologie“. Nach Bergoglios expliziter Auskunft soll dieses Projekt vorgeblich Gottes eigentliche Zwecksetzung – die Realisierung des Gelobten Landes – sein.4 Und jetzt macht sich Leo diese Rhetorik emphatisch zu eigen – und fällt sich damit selber, vermutlich ganz unreflektiert, in den Rücken. Die beiden Aussagereihen Leos sind logisch unsynthetisierbar.
Aufgrund ihrer Identitätsrelevanz möchte ich noch etwas bei dieser Frage verweilen und zugleich zeigen, warum die Auflösung des Spezifischen nicht nur den Ruin der Kirche bedeutet, sondern auch, vielleicht gegen den ersten Anschein, der Welt selber den größten Schaden zufügt. Denn wovon redet das proprium christianum? Negativ gefragt: Was übergeht die in der Kirche selber inflationär gewordene unterschiedslose Rede von den ‚Brüdern und Schwestern‘ und der Identität von ökologischer und christlicher Umkehr, von der universalen natürlichen Brüderlichkeit und dem Gelobten Land? Diese Rede verschweigt grundlegend die zentrale anthropologische Wahrheit, dass die Natur des Menschen wesenhaft auf die Übernatur hingeordnet ist. Diese Hinordnung ist das, was den Menschen zur geistigen Person macht und ihm seine besondere Würde gibt. Abstrahiert von seiner inneren Hinordnung auf die gratia Christi wäre der homo naturalis, hier folge ich den Analysen des Philosophen Max Scheler5, nichts anderes als ein ‚findiges Tier‘. Diese Würde ist zugleich des Menschen eigentliche Bedürftigkeit, denn er ist zur Erfüllung seiner eigenen Natur auf die freie Gnade Gottes angewiesen, die Gott ihm in Christus gewährt und die ihn über das Reich dieser Natur unendlich hinaushebt und Gott verähnlicht. Das meint Augustins ‚unruhiges Herz‘, das erst in Gott seine Ruhe findet. Und das ersehnte In-Gott-Sein ist das In-Christus-Sein: „Niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14, 6). Das, was Leo wie Bergoglio verschweigen, ist also die für den Menschen – und zwar als Menschen – entscheidende christologische Sphäre. Denn erst in der Gnade Christi und durch die Eingliederung in den corpus Christi mysticum erlangt der Mensch jene „Fülle“, auf die er immer schon hingeordnet ist: Von Anfang an hat der Vater beschlossen, in Christus „alles zu vereinen, was im Himmel und auf Erden ist“, um so „die Fülle der Zeiten heraufzuführen“ (Eph 1, 10). Außerhalb Christi ist die bloße Welt lediglich das, als was Paulus sie bezeichnet: „Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen“ (Phil 3, 8).
Deswegen muss man dem Papst gegenüber zur Geltung bringen, dass im Blick auf die anderen Religionen und die vorgebliche „Menschheitsfamilie“ nicht die Konfliktvermeidung und „der Friede unser sehnlichster Traum“ sein kann. Der sehnlichste alle Träume muss sich auf den Sieg der Wahrheit Christi richten, mit dem es erst das wahre Menschsein des Menschen und so erst den echten Frieden gibt. Wer, wie Papst Leo in dem Interviewbuch, von sich sagt: „Ich glaube fest an Jesus Christus, und das ist meine Priorität, denn ich bin der Bischof von Rom und Nachfolger Petri, und der Papst muss den Menschen helfen zu verstehen, besonders den Christen, den Katholiken, dass genau das unser Wesen ist“, darf weder derartige interreligiöse Grußworte formulieren noch die Botschaft des Glaubens mit der bloß natürlichen Sittlichkeitssphäre identifizieren. Der Papst soll vielmehr um des menschlichen Heiles willen genau das tun, was Leo selber sagt: er soll lehren, dass der Mensch nur in der Gnade Christi in seiner eigenen Wahrheit ist. Deswegen ist allein die inkarnierte zweite Person der Gottheit der wahre Mensch, und wir selber werden wahre Menschen im Maße unserer Vereinigung mit Christus. Der Papst muss stringent sein und davon sprechen, dass außer in Jesus Christus „in keinem anderen das Heil zu finden ist. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.“ (Apg 4, 12) Deshalb müssen „alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu“ (Phil 2,10).
Auf genau die beschriebene Selbstaufhebung der christlichen Botschaft läuft die ganze liberale Theologie hinaus, die Bergoglio auf die Spitze getrieben hat. An dieser Stelle kann ich nur noch einmal die ungeheure Dringlichkeit dieses Punktes hervorheben. Mit ihm steht und fällt die Identität des christlichen Glaubens; der Christ kann gar nicht mehr von einer von Christus abstrahierenden ‚Natürlichkeit‘ sprechen. Dem Christus geht es um nichts weniger als diese Natürlichkeit. Ihm geht es vielmehr um unsere Integration in das innergöttliche Leben, durch die er den Vater verherrlicht. Wir sind entweder in Christus und damit in seinem mystischen Leibe, oder wir sind schlechterdings verloren. Die leoninische Rhetorik der zitierten Ansprachen ist signifikanterweise von Bischof Bätzing, der den übernatürlichen Glauben komplett hinter sich gelassen hat, bei seiner Eröffnungspredigt der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe begierig aufgegriffen worden. Das Christusbekenntnis des Robert Francis Prevost hilft den Gläubigen wenig, wenn seine päpstlichen Statements doch immer wieder in jenem theologischen Sumpf landen, der das angestammte Habitat seines Vorgängers war.
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Nun zur liturgischen Frage. Es scheint in traditionalistischen Kreisen eine verbreitete Meinung zu sein, dass der Papst keine Autorität besitzt, den Ritus zu ändern. Vorzüglich wird die Montini-Reform des Messritus als ein illegitimer Vorgang zurückgewiesen, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern eben auch hinsichtlich des formalen Kompetenzaspektes. Allerdings wird der formale Gesichtspunkt hier deswegen so vehement betont, weil der Novus Ordo aus theologischen (und ästhetischen) Gründen abgelehnt wird. Das vorgebrachte primäre Argument gegen die Reform durch die kirchliche Autorität ist jedoch zumeist der autoritäre Gesichtspunkt, dass die Liturgie ein verbindliches, unwandelbares Moment der Tradition und eine letztlich vom Heiligen Geist der Kirche gegebene normative Größe sei, die reformerische Zugriffe verbiete. Um das zu unterstreichen, ist es bei Altrituellen beliebt, von der ‚Messe aller Zeiten‘ zu reden.
Ich halte diese Unwandelbarkeitsemphase für inkorrekt. Wenngleich die Liturgie in deren theologischem Wesen in der Tat etwas Empfangenes ist, gibt es doch die beschworene ‚Messe aller Zeiten‘ nicht. Sie gibt es nicht nur historisch, sondern auch logisch nicht. Die Liturgie ist kein deduktives mathematisches oder philosophisches System, sondern eine Größe, deren Bestimmungen nicht apriori trennscharf gemacht werden können. Die Gestaltung der Liturgie gehört zur Sphäre der von den Griechen sogenannten ‚synadeischen‘ Erwägungen, also in den Bereich der Angemessenheitsurteile. Diese Urteile, die sich auf die vielzähligen Einzelmomente der Liturgie in deren möglichst kohärenter Zusammenfügung beziehen, sind ihrer Natur nach schon deshalb fluide, weil ihre Bildung innerhalb prinzipiell kontingenter, historischer Zusammenhänge wie sprachlicher Semantiken und kultureller Symboliken erfolgt, die sich in komplexen inner- und interkulturellen Prozessen ständig, wenngleich zumeist langsam transformieren. Die Liturgie ist fundamental bereits von den epistemischen Voraussetzungen her kein monolithischer Block, der unmittelbar vom Himmel auf die Erde gefallen ist und uns nun für alle Zeiten unbeweglich vorgegeben ist. Solche Vorstellungen sind bloße Imaginationen. Ich habe den leisen Verdacht, dass etwa die Apostel noch nicht im Ritus der ‚Messe aller Zeiten‘ zelebriert haben könnten.
Schon aus dem genannten epistemischen Grund finde ich die Auffassung nicht einsichtig, dass die kirchliche Autorität schlechterdings keinen reformerischen Zugriff auf die Liturgie haben darf. Die Zugriffsmöglichkeit des Weiheamtes auf den Ritus muss es meines Erachtens sogar geben, weil diese Kompetenz ja nicht nur mit Missbräuchen durch den ideologischen Liberalismus identifiziert werden darf, sondern ebenfalls bekömmliche Korrekturen schleichender Hypertrophierungen und Kolonialisierungen der Liturgie beispielsweise durch volkstümliche Sentimentalitäten vornehmen kann. Viele Väter des letzten Konzils wollten etwa, das ist den Eingaben der Bischöfe an die Vorbereitungskommission entnehmbar, die allmählich gewachsene Überladenheit der alten Pontifikalämter reduzieren. So etwas ist doch ein gut nachvollziehbarer, völlig legitimer Vorgang. Ich denke, dass man das Problem, das es offenkundig mit dem Novus Ordo gibt, nicht dadurch lösen kann, dass man dem kirchlichen Amt generell jede Modifikationskompetenz des Ritus abspricht. Diese Forderung ist zwar vor dem Hintergrund der nachkonziliaren liturgischen Traumata psychologisch nachvollziehbar, aber die Idee ist zu unterkomplex. Es wird auch in der Zukunft kein formales Prinzip geben, das in liturgischen Fragen Fehlentscheidungen und Missbräuche durch das Amt definitiv verhindern kann.
Damit komme ich zu Prevosts Begriff der Liturgie und des Ritenkonfliktes. Der entscheidende Passus des Leo-Interviews lautet: „Ich weiß, dass dieses Thema – leider – wieder Teil eines Polarisierungsprozesses geworden ist. Die Liturgie wird von manchen als Vorwand benutzt, um andere Themen voranzutreiben. Sie ist zu einem politischen Instrument geworden, und das ist sehr bedauerlich. Ich denke, dass etwa der – sagen wir – missbräuchliche Umgang mit der Liturgie des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht hilfreich war für Menschen, die eine tiefere Gebetserfahrung suchten, … die sie offenbar in der Feier der tridentinischen Messe zu finden glaubten. Wieder einmal sind wir in eine Polarisierung geraten, statt zu sagen: Wenn wir die Liturgie des Zweiten Vatikanischen Konzils richtig feiern, stellen wir dann wirklich so große Unterschiede zwischen dieser und jener Erfahrung fest?“
An diesen Ausführungen stört mich nicht, dass Papst Leo Modifikationen des Ritus prinzipiell für legitim hält, sondern der anthropozentrische Funktionalismus, mit dem er den Ritus und die rituellen Gestaltungsfragen betrachtet. Und mit diesem Funktionalismus ist die gesamte Pathologie der modernen, allemal der spätmodernen Kirche thematisch. Hier muss ich einräumen, dass dieser Krankheitszusammenhang von kaum jemandem schärfer erkannt worden ist als von Joseph Ratzinger, an dessen Theologie ich ansonsten einiges auszusetzen habe. Ratzinger hat die Krise der Liturgie mit der Krise der Kirche überhaupt identifiziert, und das zu Recht. Denn der Verfall der Liturgie rührt primär daher, dass die rituellen Änderungen nach dem Konzil stets unter der die Liturgie vorgeblich definierenden Maßgabe des funktionalistischen Kalküls vorgenommen wurden, was wohl im Blick auf die „Erfahrungen“, das heißt die unmittelbaren Bedürfnislagen der Menschen jeweils „hilfreicher“ ist. Und genau so denkt Leo ja auch noch, wenn er vermutet, dass manche dieser Modifikationen für die Befriedigung der spirituellen Bedürfnisse vielleicht doch nicht „hilfreich“ waren und es effizienter gewesen wäre, man hätte an anderen Stellschrauben rumgedreht oder ab bestimmten Punkten mit der Rumdreherei aufgehört. Wir treffen in dieser Argumentationskette immer auf den identischen Kategorienzusammenhang, auch dort, wo Leo den Novus Ordo auf Latein anpreist, weil er vermutet, dass das erhabenere Latein doch auch in der Montini-Messe zu guten „Erfahrungen“ führen könne.
Zu Recht diagnostiziert Papst Leo, dass die Liturgie „von manchen als Vorwand benutzt wird, um andere Themen voranzutreiben“. Aus dem Bergoglio-Lager wird dieser Vorwurf gern gegen die Altrituellen erhoben, und weiland war bereits Marcel Lefebvre mit ihm konfrontiert. Das ist aber in hohem Maße ungerecht, denn wenn der Ritus irgendwo an sich selbst wertgeschätzt wird, dann hier. Um das zu erkennen, muss man selber gar kein leidenschaftlicher Parteigänger des Ordo Antiquus sein. Die Politisierung der Liturgie ist vielmehr ein nahezu originäres Geschäft des links-liberalen Blocks. Sie rührt vorzüglich daher, dass die Liturgie wie keine andere kirchliche Praxis wiederum Einfluss auf das Glaubensbewusstsein der Gläubigen besitzt. Bei einem heftigen Streit mit einer amerikanischen feministischen Theologin sagte mir die Dame vor großem Publikum ganz ungeniert, dass man sich von revolutionärer Seite deswegen so stark auf die Liturgie kapriziere, weil vom Ritus ungleich stärkere Veränderungsimpulse in die Breite des Kirchenvolkes ausgehen würden als von tausend Büchern, die die meisten ohnehin nicht lesen. Da hat sie Recht.
Um zu Leo zurückzukommen: So sehr Leos Diagnose der politischen Instrumentalisierung der Liturgie also berechtigt ist, muss man doch zugleich sagen, dass er selber bedauerlicherweise ebenso mit instrumentell-funktionalistischen Erwägungen operiert. Weil dieser Punkt des Funktionalismus von zentraler Relevanz ist, möchte ich ihn noch etwas näher erläutern.
Funktionalismus bedeutet, dass eine Sache in ihrem Wesen durch die Funktion definiert wird, die sie für Zwecksetzungen außerhalb ihrer selbst besitzt. Die Kritik an funktionalistischen Begründungen bei theologischen Gegenständen bedeutet jedoch nicht, in Abrede zu stellen, dass es in unserem Gottesverhältnis und so auch im Bereich der Liturgie für den Menschen bedeutsame Effekte gibt und geben darf. Natürlich besitzt Gott für uns unverzichtbare Funktionen. Es gibt, das hat Kierkegaard berechtigterweise scharf kritisiert, ein Verständnis von Theozentrik, in dem der Mensch meint, er selber sei völlig gleichgültig und müsse sich in seinem Gottesverhältnis gewissermaßen eliminieren. Demgegenüber bringt Kierkegaard zur Geltung, dass er gerade im religiösen Verhältnis niemals von der „unendlichen Leidenschaft für sich selbst“ und von der sich aus dieser Leidenschaft notwendig ergebenden Frage „Was wird aus mir in Ewigkeit?“ ablassen würde. Tatsächlich können wir dieses Interesse für uns selbst gar nicht preisgeben, weil wir uns selber definitiv gegeben sind und als Personen niemals hinter uns selber zurückschreiten können. Ein solcher Versuch wäre das Programm einer schlechten Selbstlosigkeit.
Die Sache ist aber komplex und kann nur dialektisch formuliert werden. Ein gutes Verdeutlichungsbeispiel ist die Freundschaft, von der Aristoteles ganz richtig sagt, sie halte für uns so wichtige Güter bereit, dass ein Leben ohne Freunde gar nicht lebenswert sei. Und oftmals, so Aristoteles in der Nikomachischen Ethik, „vermögen wir nur durch unsere Freunde, was wir aus uns selbst nicht vermögen“. Jetzt gibt es Leute, die ahnen das und wollen wegen dieser in der Freundschaft liegenden Güter unbedingt Freunde haben. Sie werden niemals Freunde finden. Denn einen Freund findet man nur, wenn man, wie Aristoteles sagt, „dem Freund um des Freundes willen das Gute wünscht“. Das ist der dialektische Zusammenhang: Die wohltätigen, dringend benötigten Funktionen stellen sich nur dann ein, wenn man es im Begründungsansatz etwa der Freundschaft gar nicht auf diese Effekte abgesehen hat. Freundschaft entsteht durch Liebe, also durch Selbstlosigkeit, nicht durch funktionalistisches Kalkül. Das Benötigte darf im Ansatz der Sachbestimmung nur ein nichtintendierter Nebeneffekt sein. Die „unendliche Leidenschaft für sich selbst“ kommt erst dann zu ihrem eigenen Ziel, wenn sie den Schritt über sich hinaus macht und den anderen um des anderen selber willen bejaht. Erst dann, wenn der Andere selber nicht durch seine Funktion für mich bestimmt ist, ist der des Anderen gleichwohl konstitutiv bedürftige Eine, um mit Hegel zu reden, im Anderen bei sich selbst.
Und genau dieses dialektische Gesetz gilt zuhöchst im Blick auf Gott. Der Mensch benötigt Gott, aber er benötigt ihn gerade als einen solchen, der nicht durch seine Funktion für mich definiert ist. Die Tradition bringt das dadurch zum Ausdruck, dass sie sagt, Gott sei des Menschen unbedürftig und er verherrliche sich in all seinen Akten selber. Und deswegen muss Gott um seiner selbst willen dem Menschen interessant werden. Das ist präzise die Botschaft der christlichen Mystik: Die egozentrische Funktionalisierung Gottes zu lassen und Gott einfach um seiner selbst willen zu verherrlichen. Und wenn ein Mensch diesen Schritt über sich hinaus vollzieht und das anthropozentrisch-funktionalistische Paradigma hinter sich lässt, wird er frei und mit dem unendlichen Reichtum der Gottheit beschenkt – aber nur dann. Unter dieser Voraussetzung der dialektischen Einheit von Selbstbezüglichkeit und Selbstlosigkeit, die das Wesen der Liebe definiert, könnte Kierkegaard die Antwort auf seine Frage „was wird aus mir in Ewigkeit?“ am Glasschrein der unverwesten Bernadette Soubirous in Nevers finden. Sie hat die Gottesmutter leidenschaftlich geliebt und ist in eben diesem Modus der Selbsttranszendenz in ihrem Anderen umfänglich bei sich selbst.
Die Konsequenzen für den Begriff der Liturgie sind ziemlich evident. Die Messe ist substantiell die Vergegenwärtigung des Opfers Christi, das die inkarnierte zweite Person der Gottheit im Heiligen Geist zur Verherrlichung des Vaters darbringt und in das Gott uns integrieren will. Darum darf auch das Wesen der Liturgie nicht durch deren anthropologische Funktionalität definiert werden. Vielmehr müssen die gesamten liturgischen Erwägungen darum kreisen, welche rituellen Elemente dieses innertrinitarische Geschehen der Selbstverherrlichung Gottes im Opfer des Lammes, in das die Kirche aufgenommen wird, kultisch am angemessensten realisieren. Es geht um Gottes Verherrlichung, um die Anbetung dessen, der, ich möchte das wiederholen, nicht durch seine Funktionalität für uns bestimmt ist. Und erst dann kann die Liturgie für den Menschen überhaupt heilsam werden, weil er in ihr dem selbstzwecklichen Mysterium der Gottheit begegnet. Die Kirche ist mittlerweile aber so sehr von der Anthropozentrik und dem funktionalistischen Paradigma des modernen Bewusstseins infiltriert, dass auch die Päpste seit Montini – mit Ausnahme Ratzingers – und oftmals selbst die traditionalistischen Verteidiger des Ordo Antiquus in den Bahnen dieses Paradigmas laufen. Die Gesundung der Kirche wird jedoch davon abhängen, ob der Gedanke der Selbstzwecklichkeit Gottes wieder ganz gedacht wird.
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Ich komme zu meinem letzten Punkt, mit dem ich mich direkt auf Caminante beziehe. Er ist der Ansicht, dass Prevost der Papst ist, den die Kirche heute benötigt. Und zwar hält Caminante ihn deswegen für die beste Wahl, weil Leo zurückhaltend, zuhörend, ausgleichend und mit seinem „gemäßigten Progressismus“ schismaverhindernd sei. Denn, so Caminante, bei einem pointiert progressistischen Papst wären die Konservativen ins Schisma gegangen und bei einem pointiert konservativen Papst „hätten die Progressiven das Weite gesucht“. Dieser Pontifex ist nach dem nun ebenfalls brückenbauenden Caminante also „womöglich die letzte Chance, um eine neue Reformation zu verhindern“.
In einem nachfolgenden Artikel hat Caminante das Motiv für sein bemerkenswertes Schutzplädoyer für Papst Leo aufgeklärt.6 Er möchte mit seiner begütigenden Sicht auf Leo dazu beitragen, dass die Altrituellen ihre massiv anwachsende Leo-Kritik jetzt aus Klugheitsgründen mäßigen, um die angekündigten Gespräche über den tridentinischen Ritus nicht zu gefährden. In der Tat wäre es etwas ungünstig, wenn diese Gespräche von lautstarken Anfeindungen des Papstes just aus dem traditionalistischen Feld begleitet würden.
So sehr ich im Blick auf die Ritusgespräche die Klugheitsforderung Caminantes nachvollziehen kann, bin ich mit der Schisma-Phobie nicht einverstanden. Wir müssen doch, um nochmals Kierkegaard zu bemühen, den Mut aufbringen, auch unsere eigenen Gedanken ganz zu denken. Worüber haben wir denn die letzten Jahre immer und immer wieder gepredigt? Was ist denn der Gegenstand der ebenso scharfsinnigen wie zornigen Analytiken Caminantes, die etwa den argentinischen Bischöfen gelten? Wir haben substantiell von nichts geringerem gehandelt als davon, dass das Schisma in der Sache längst existiert. In den elementaren Fragen des katholischen Glaubens, vorzüglich der Christologie, der Opferlehre, des Ritusbegriffs und der Ekklesiologie, gibt es zwischen uns und den Links-Liberalen wie Bätzing, Tucho, Cupich, Marx, Hollerich und den unzähligen gleichgearteten Klerikern und Theologen bei nüchterner Betrachtung doch gar keine Gemeinsamkeit mehr. Wir leben in völlig verschiedenen Kosmen, die – aus der traditionellen Perspektive – nur noch durch die Sakramentenobjektivität des ‚ex opere operato‘ dürftig zusammengehalten werden.
Bislang ist dieses faktische Schisma nur noch nicht formell ausgesprochen und institutionell manifest worden. Ist das aber ein Vorteil? Ich denke nicht. Es handelt sich dabei vielmehr um eine verzweifelte Verschleierung des Grabens, die dessen zerstörerische Wirkungen auf die Kirche lediglich verstetigt und intensiviert. Die Kirche hatte bis zum letzten Konzil immer den Mut, ihre Gedanken ganz zu denken und faule Glieder abzuschneiden. Die Anathematisierung gehört schon für Paulus zum Auftrag des Amtes. Ich selber würde mir sehr wünschen, dass die fraglichen Leute endlich als das förmlich qualifiziert werden, was sie sind, und daraufhin „das Weite suchen“. Die zahlreichen Mitglieder dieses Milieus werden sich, vielleicht bis auf wenige Ausnahmen, geistig niemals mehr verändern – und sie haben mittlerweile, das wird in der Kirche in Deutschland besonders anschaulich, repressive Machtstrukturen und Seilschaften etabliert, die dringend zerschlagen werden müssen. Ich meine, es wäre gerade an der Zeit, dass das päpstliche Amt all diese grässlichen Gestalten formell exkommuniziert und eine echte Re-formation der Kirche betreibt.
Passierte das, was vermutlich nicht passieren wird, würde es eine erhebliche Bewegung geben, und die katholische Kirche würde effektiv vermutlich deutlich kleiner. Große Verwirrungen entstünden zunächst. Möglicherweise müsste ein kompromissloser und kämpferischer Papst, der das vierte Kapitel des zweiten Timotheusbriefes wieder ernst nähme, unter dem Druck der politischen Verhältnisse irgendwann sogar den Vatikan verlassen. Mir ist uneinsichtig, warum solche Verwerfungen unbedingt verhindert werden sollen. Wir dürfen diese Dinge nicht aus dem Blickwinkel des bürgerlichen Bewusstseins betrachten. Bestandserhaltung und Harmonie sind keine religiösen Kategorien, und der Begriff der Einheit ist ein logischer, kein politisch-psychologischer. Und fragt der Herr nicht selber: „Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt, noch Glauben finden auf der Erde?“ (Lk 18, 8) Der Kirche ist offenbar keine blühende Zukunft in der Zeit garantiert.
In der Summe möchte ich sagen: Ich kann nicht valide beurteilen, ob Robert Prevost der geeignete Papst für die gegenwärtige Kirche ist. Bekanntlich sind die Wege des Herrn unergründlich, und der Heilige Geist wählt durchaus auch krumme Zeilen, um auf ihnen gerade zu schreiben. In meiner begrenzten Sicht kann ich jedoch Caminantes Einschätzung, jedenfalls momentan, nicht teilen; die Datenlage gibt das nicht her. Ich habe durchaus den Eindruck, dass Leo im Unterschied zu Bergoglio tatsächlich ein Christ im Sinne der Tradition sein will. Aber das Unheil kommt aus der Unfähigkeit oder dem fehlenden Mut, Gedanken ganz zu denken. Nicht zu erkennen, dass in einem System, und ein solches hat die Tradition genialerweise hervorgebracht, die Veränderung eines Momentes das gesamte Gefüge verändert. Ich befürchte, dass die ziemlich offensichtliche Neigung dieses Mannes zur gedanklichen Inkonsequenz das Substrat seines Ausgleichshabitus ist, so dass dieser Habitus bei näherer Betrachtung weit weniger vorteilhaft ist, als er zunächst erscheinen mag. In gewisser Weise ist das viel gefährlicher als die bergoglianische Grobheit, die auf ihre Weise klare Verhältnisse geschaffen hat. Leo wird, so vermute ich, vor allem dazu beitragen, die massiven Bruchlinien, die die Kirche durchziehen, eher zu übertünchen, als wirklich aufzuarbeiten.
Bestehen möchte ich aber auf jeden Fall darauf, dass der Konflikt und die Krisis, also die Unterscheidung und womöglich auch die Trennung, das zentrale Existential der Kirche in der Zeit bilden. Bis Christus sie zur Gänze vollendet, muss sie, koste es, was es wolle, mit ihrem Herrn in dessen Krieg ziehen und diesen Krieg zu ihrem eigenen machen. Gerade dann, wenn sie um der Harmonie willen den Kampf verweigert, wird sie mit Sicherheit die schlimmsten Verluste erleiden. Wir sollten nicht vergessen, dass der Kriegsherr keine Mittelmäßigkeit schätzt: „Weil du lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ (Off 3, 16)
*Vigilius ist ein deutscher Philosoph und Blogger auf www.einsprueche.substack.com, wo diese Analyse auch erstveröffentlicht wurde.
Bild: bassilicasanpietro.va (Screenshot)

1 Caminante Wanderer, El libro sobre León XIV.: la-biografia und La entrevista a León XIV.
2 Diese Allianz wird gut beschrieben von Noam Petri und Franziska Sittig, Die intellektuelle Selbstzerstörung. Wie der Westen seine eigene Zukunft verspielt, Hannover 2025.
3 Joseph Ratzinger, Demokratisierung in der Kirche?, in: Joseph Ratzinger/Hans Maier, Demokratie in der Kirche, Limburg 1970, 31f.
4 So in seiner „Botschaft zur Fastenzeit“ 2024 „Durch die Wüste führt uns Gott zur Freiheit“.
Siehe die bisherigen Artikel von Vigilius zum Thema:
Der große Verlust. Das Pontifikat des Jorge Bergoglio
Ist Jorge Bergoglio ein Stratege?
Papst Franziskus im „Tunnel der Freundschaft“
5 Max Scheler, Zur Idee des Menschen, in: Gesammelte Werke Bd. 3, Bern 1955, 174–193.
6 Caminante Wanderer, La prudencia, más necesaria que nunca en la defensa de la Misa.

Quelle: Katholisches.Info"
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Michele Indietrista

Nur eines würde den geistigen Problemhaufen beseitigen, der sich andeutungsweise in diesem Artikel auftut: der Glaube, dass Bergoglio kein Pontifikat innehatte. Solange sich dieser nicht durchsetzt, wird die Kirche, verzeiht mir den trostlosen Ausdruck, am Ersaufen sein.

Franz Xaver

Das, Michele, ist ein Wunschdenken, denn sowohl die Sach- wie auch Rechtslage ist klar gewesen: Die für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit des Rücktritts Papst Benedikt XVI zuständigen Institutionen der katholischen Kirche haben die Voraussetzungen nach den gegebenen - zugegeben dürftigen - kanonischen Regelungen geprüft, eine Sedisvakanz als gegeben angenommen, die Wahl ohne jedweden Einspruch oder Gegenwehr vorbereitet, durchgeführt, Bergoglio wurde gewählt, dagegen kein Einwand erhoben - auch nicht vom Zurückgetretenen -, der Gewählte hat die Wahl und den Namen Franziskus angenommen und wurde sodann auch inthronisiert. Die katholische Kirche kennt keine Bestimmung, nach der es rechtmäßig und legitim wäre, über eine Papst ein Gerichtsverfahren bei Lebzeiten abzuhalten, ihn zu verurteilen und abzusetzen. Die Frage, ob Bergoglio Papst - damals geworden ist und aus heutiger Sicht war - rein formal-rechtlich betrachtet - zu bejahen. Ob der jetzige Papst das seinerzeitige Wahlgeschehen ex post aufgreifen wird, wozu ihn die kanonische Rechtslage tatsächlich auch ermächtigen würde, ist eher unwahrscheinlich. Noch einmal: Aus dem rein formal-rechtlichen Blickwinkel, also aus dem Blickwinkel der Legalität und damit im forum externum war Bergoglio Papst. Ob dieser auch aus dem Blickwinkel der Legitimität durch sein Verhalten, Katholiken im forum internum, also im Gewissen und nach moralischen Gesichtspunkten (nach dem status de fide) zu binden und Gehorsam zu fordern berechtigt war, ist eine andere Geschichte; ich war und bin der Ansicht, dass dies in sehr vielen Fällen sehrwohl gegeben war - was ich im Übrigen in diesem Forum schon mehrfach auch begründet und mich brüderlichen Zurechtweisungen angeschlossen habe. Ich hatte Hoffnung - zwar noch immer, aber zugegeben in immer geringer werdendem Ausmaß -, dass Papst Leo XIV die Irrtümer, Wirrnisse sowie materiell erfolgten häretischen, apostatischen und schismatischen Verhalten seines Vorgängers aufgreifen und beseitigen würde; da wird offenbar nichts daraus werden.

Michele Indietrista

@Franz Xaver Für Ihre klare Stellungnahme bin ich Ihnen einmal mehr sehr dankbar; es ist indessen weder im Kirchenrecht noch im Wesen der kirchlichen Autoritäten vorgesehen, dass jemals jemand der Papst sein kann, der nicht katholisch ist. Wenn dazu noch der Vorgänger in Rom wohnen bleibt, „ein bisschen“ der Papst bleiben will und eine weisse Soutane mit irgendwie weiterexistierendem Fischerring trägt, dann müssen für den Katholiken, der dies aus der Ferne mitansieht, alle Alarmglocken schlagen. Zu oft im Katechismusunterricht sind genau diese Merkmale als Kennzeichen genannt worden, dass man aufstehen und protestieren solle, koste es, was es wolle. Wenn dann tatsächlich uns zu glauben vorgelegt wird, Christus sei zu irgendwelchen Zeiten an irgendwelchen Orten irrelevant, es gebe keinen katholischen Gott, die Ehe sei in ganzen Fallgruppen auflöslich und die verstockten Sünder bräuchten statt Umkehr den Segen, dann hat dies apokalyptische Ausmasse. Da mag äusserlich alles seinen Gang gehen, da ist geistlich kein Papst. Wobei die Besserung nicht unbedingt allein und genau vom Nachfolger zu erwarten ist; vielmehr kann sie ganz anderswo herkommen und erst in viel späterer Zeit auch ein Konzil und einen Papst mit erfassen, die sich dann daranmachen können, sein Amt wieder zu heilen.
Sie erinnern sehr zu Recht und deutlich das Forum internum. Im Moment des Glaubensabfalls der Kirchenspitze ist dieses zunächst das allein entscheidende, bzw. wird es aber auch mit der Öffentlichkeit eins, weil die einzelne Seele, um die es eben im Forum internum geht, zugleich sichtbar und zuständig ist für die ganze Kirche. Bergoglio hat dazu gesagt, er möchte das politische Oberhaupt der Katholiken sein. Ein Stückweit können wir ihn als solches in der Tat betrachten. Aber ob einer der Papst ist, entscheidet sich daran, ob er das geistliche Oberhaupt der Katholiken ist oder nicht. Würde die Kirche sich endlich durchringen und die Wahrheit öffentlich feststellen, dass er nicht der Papst war, käme erstens dieses Problem in das rechte Lot:
dass das Geistliche Autorität hat über das Materielle und es im Kern darauf ankommt, ob jemand geistliches Oberhaupt weil katholisch ist; sodann kämen die dogmatischen Fehlentscheidungen auf den Tisch und würden korrigiert; schliesslich könnte man auch die bösartigen Fallentscheidungen und Personalentscheidungen revidieren. Immerhin ist der schnoddrige, Christus verhöhnende Stil nicht übernommen worden. Wehe dem Prälaten, der mit einem solchen Stil wirklich der Papst wäre. Er würde brennen.

Franz Xaver

Zwei ganz einfache Fragen, Michele: Wer, denken Sie, wäre denn zu prüfen befugt, ob ein Papst rechtmäßig zurückgetreten ist, und ob ein Kandidat für die Wahl zum Bischof von Rom die Wahlvoraussetzungen erfüllt? Sie, der Kaiser von China, Trump, ein Kalif, etwa die Userinnen Theresia Katharina, Josefa Menendez oder Maria Magdalena, Schismatiker, Sektierer, die in Malahide, in einer Villa residierende, selbsternannte, letzte, in Personalunion sich wähnende Endzeit-Prophetin und letzter Endzeitengel sowie deren Rest(l)armee, Sedisvakantisten und Papolatristen, wie immer sie alle heißen mögen?

Michele Indietrista

@Franz Xaver >>Wer, denken Sie, wäre denn zu prüfen befugt, ob ein Papst rechtmäßig zurückgetreten ist...<<
Ob ein Papst rechtmässig zurücktritt, prüft er selbst sowie nötigenfalls all diejenigen, die eine allfällige Unrechtmässigkeit feststellen. Unter diesen gibt es wiederum solche, die theoretisch zur Klage vor kirchlichen Instanzen berechtigt sind und zugelassen werden, in der Regel kommen da vor allem Bischöfe in Frage.
>>.... und ob ein Kandidat für die Wahl zum Bischof von Rom die Wahlvoraussetzungen erfüllt?<< Dies prüfen die Kardinäle, aber wenn sie irregeführt worden sind, muss darauf zurückgekommen werden.
Im Extremfall, wenn ein Gottesfeind und Christusleugner aus dem Konklave oder genauer gesagt Scheinkonklave hervorgeht, ist dies jeder Katholik und zwar auch schon allein durch Klagegebet vor Gott ohne jegliche hierarchischen Instanzen auf Erden. Die allfällige Ungültigkeit des Rücktritts eines Vorgängers kann dann deswegen relevant sein, weil durch die Dokumente über den Papst (vor allem im I. Vaticanum) festgelegt ist, dass dies eigentlich in der Praxis nach Ermessen aller Katholiken so schlicht nicht passieren sollte. Der Hl. Geist geht bei einer korrekten Papstwahl auch auf den neuen Papst in einer besonderen Fülle über. Geschieht dies offensichtlich nicht, kann darauf geschlossen werden, dass eben nicht alles korrekt war. Um diesen Schluss zu untermauern, ist es sehr hilfreich, wenn man feststellt, dass da ein zweifelhafter Rücktritt war. Oder mehr als zweifelhaft.

Franz Xaver

Sorry, Michele, Sie haben null Ahnung von der katholischen dogmatischen und kanonischen Glaubens- und Rechtslage; heute verkneifen ich mir, eine weitergehenderere Beurteilung einer Charakterlage vorzunehmen, die durch solchen Unsinn sichtbar wird.

@Franz Xaver "Dogmatisch" und "kanonisch" heisst immer in gewisser Weise verbindlich. Das Glaubensbekenntnis ohne Hinzufügungen und Wegnahmen muss für jeden Katholiken auf das Höchste verbindlich sein, verbindlicher selbst als die Existenz einer Kirche auf Erden. Wenn dieser primitivste Punkt an der höchsten Kirchenspitze nicht hochgehalten, sondern mit Füssen getreten wird, dann ist das apokalyptisch. Irgendwann dürften auch Sie dies einsehen.

Franz Xaver

Verehrtester, Sie brauchen sich nicht weiter zu bemühen, mir Ihr Unwissen von der göttlichen Offenbarung, der Lehre Christi und dem Glauben, Tradition sowie kanonischen Regelungen, je selbst von der Apokalypse nachzuweisen; es reicht das bisher Ausgeführte. Ihre Ausführungen rund um den Rücktritt und WAhl eines Papstes sind Humbug. Ihre diesbezügliche Privatmeinung ist irrrelevant und im forum externum für keinen Katholiken, auch für den Papst, Kardinäle, Bischöfe und Priester nicht, verbindlich. Es bleibt Ihnen aber unbenommen, auch einem Bruder und Schwester im Glauben, je selbst einem Papst oder einem der oben angeführten geweihten Personen - allerdings in der hierfür von Jesus Christus vorgegebenen Weise - eine brüderliche Zurechtweisung dann zu erteilen, wenn er/sie Verhalten setzt, die der Einheit der Katholischen Kirche widerstreiten. Was Ihnen unbenommen bleibt, ist, im Gewissen (forum internum) Verhalten der obgenannten Personen zu prüfen und einem Häretiker, Apostaten oder Schismatiker einen Glaubensgehorsam zu verweigern, ja, es besteht nicht nur ein Recht, sondern sogar nach Jesus Christus, der lehrt, dass Gott mehr als den Menschen zu gehorchen ist, eine Pflicht dies zu tun.

Michele Indietrista

@Franz Xaver Wenn ich so unwissend bin, wie Sie sagen, dann ermuntere ich Sie, an mir das Werk der Barmherzigkeit zu tun und die Unwissenden zu belehren.
Das bedeutet natürlich auch, sie so zu belehren, dass sie es aufnehmen und verstehen können.
Was ich hier bisher aus dem Gesagten lernen kann, ist, dass ich Sie nicht überzeugen konnte; ich hatte eigentlich gehofft, wenn auch nicht ganz, Sie in Teilen auf den rechten Weg zu bringen. Der rechte Weg besteht darin, dass die Kirche die gröbsten Irrtümer, zum Beispiel den Irrtum, dass der Teufel Gott sei oder umgekehrt, von sich zu weisen hat. Solange aber in der Kirche die Meinung vorherrscht, die eigenen Texte etwa des Vatikanums I und des Vatikanums II seien Lügen - und diese Meinung muss vorherrschen, wenn der echte Papst selber den Teufel und Gott verwechseln kann -, solange dies zulässig ist und sogar bis zu einem gewissen Grade zwingend geglaubt werden muss, kann keine Einheit bestehen.

Franz Xaver

Einen Wirrkopf, wie Sie offensichtlich einer sind, kann kein Mensch nur Gott selbst belehren. Sorry, aber ich halte Sie nicht für intellektuell genug oder derart verblendet, um erfassen zu können, dass es in dem Anlass gebenden Beitrag im inhaltlichen Kern darum geht, ob Papst Leo XIV der richtige Papst für unsere wirre Zeit und insbesondere der sein könne, der - wie von vielen im Glauben und Tradition der Katholischen Kirche stehenden Kardinälen, Bischöfen, Priestern, Theologen und Laien, darunter auch von mir selbst erhofft - die phantasierenden, irren, häretischen, apostatischen und schismatischen Verhalten seines Vorgängers angehen, richtigstellen oder beseitigen oder die Linie seines Vorgängers weiter verfolgen werde. Damit beschäftigt sich der Autor des Beitrages im Wesentlichen gestützt auf bisherige Verhalten des Papstes Leo. Und, was machen Sie? Sie reden einem Glauben das Wort, dass Bergoglio kein Pontifikat innegehabt habe, und solange sich dieser Glaube nicht durchsetze, die Kirche am Ersaufen sei.
Ob Sie das Glauben, bleibt natürlich Ihnen überlassen, Tatsache ist, dass nach der seit Jahrhunderten geltenden dogmatischen und kanonischen Rechtslage die Fragen der Legalität eines Rücktrittes oder einer Wahl des Bischofs von Rom, der uno actu auch Oberhaupt der Katholischen Kirche (Papst) wird, inter vivos ausschließlich in die Zuständigkeit des Wahlkörpers fällt, der aus Kardinälen besteht. Diese Zuständigkeit endet mit der Annahme der Wahl durch den Gewählten, und wenn dieser noch kein Bischof ist, mit der nachfolgenden Weihe.
Ab diesem Zeitpunkt kann niemand - nur Gott selbst - über ein Verhalten des Papstes während aufrechten Pontifikates ein Gericht abführen, ihn verurteilen und absetzen. Auch wenn es Ihnen und anderen Schismatikern nicht gefällt - mir im Übrigen auch nicht -, Bergoglio und auch Kardinal Prevost, nunmehr Leo XIV ist nach geltendem Recht, also aus rein formalrechtlicher Sicht davon auszugehen, dass beide Papst geworden sind. Eine andere Frage ist es, ob ein Papst häretische und apostatische Verhalten setzen könne, und wenn ja, welche Konsequenzen daraus entstünden. Aber das ist eine viel diffizilere Frage, für deren Reflexion Ihnen vermutlich jedwedes Verständnis und jedwede Kenntnis zu fehlen scheint - da hilft auch nicht Ihr fabeln von Barmherzigkeit.

Michele Indietrista

@Franz Xaver Aber das Problem Bergoglios ist doch nicht nur sein Verhalten. Klar verhält sich der Papst besser. Aber das Problem ist, dass Bergoglios Verhalten gezeigt hat, dass ihm der Glaube fehlte, und zwar als Ganzer. Klar ist zu hoffen und sieht auch einiges danach aus, dass Papst Leo Glauben hat. Dieser Glaube darf aber nicht seine subjektive, persönliche Privatmeinung bleiben. Er darf nicht, sonst gäbe es keine Kirche.
Eine Kirche gibt es, wenn ein gemeinsamer Glaube in einer gewissen Einmütigkeit vorhanden ist. Und mit jemandem, der den Teufel für Gott hält, kann unsereins nicht einmütig glauben, das bleibt so bis zum jüngsten Tag. Also auch nicht mit jemandem, dem es im Herzen wesentlich ist, dass Leute wie Bergoglio auf ihre Weise Recht haben könnten mit dem Stumpfsinn, den sie lehren. Also dürfen sie nicht katholisch und nicht der Papst genannt werden oder aber die Kirche bleibt der uneinige Debattierhaufe, der sie seit der Synodensynode offiziell ist.
Dass Papst Leo der Papst ist, bleibt angesichts des beschädigten Amtes leicht unsicher, aber leicht möglich. Dass aber Papst Leo den Usurpator für seinen Vorgänger zu halten scheint, ist nach allem, was Katholiken von aussen wissen können, eigentlich unmöglich und höchstens ein Versuch, angesichts des Feindes sanftmütig zu sein. Was etwas schwierig wird, wenn man damit die Botschaft aussendet, man sei womöglich mit ihm einverstanden.

Franz Xaver

Dass Kardinal Bergoglio/Franziskus der "ganze Glaube fehlte", ist wiederum Ihre Privatmeinung, Michele, der keine allgemeine Verbindlichkeit zukommt. Für mich ist das kein Thema, denn ich schreibe hier in diesem Forum - prima facie von einer Rechtmäßigkeit der Wahl - mit der Gewissheit, dass Franziskus - abgesehen von den vielen (einfachen) Missformulierungen, Irrtümern, Widersprüchen, Wirrungen und Verwirrungen - nicht nur materiell häretische, apostatische und schismatische Verhalten - auch in seiner unmittelbaren Umgebung - toleriert, gefördert und unterstützt, sondern selbst auch gesetzt hat und er und sein Tross mich in diesen Fällen im forum internum, also im Gewissen nicht zu binden und auch keinen Glaubensgehorsam zu fordern vermochte - das gilt auch für andere, im Glauben und Tradition der Katholischen Kirche stehende Mitbrüder und -schwestern. Wenn Sie dies als tragisch ansehen, dann kann ich Ihnen nicht widersprechen, denn es war so. Mir tun alle Menschen leid, die unter diesem - offenbar realiter bestehenden Missstand einer wesentlichen Verfehlung der von Jesus Christus vorgesehenen Aufgaben eines wahren Nachfolgers Petri - leiden oder verführt werden. Und, weil Sie einmal die Apokalypse angesprochen haben, Ja, auch ich meine, dass Papst Franziskus sich durchaus auch so verhalten hat, dass einem zu Recht ein Bild erwachsen haben könne, dass es sich bei ihm um einen falschen - nicht um den letzten falschen - Propheten gehandelt haben könnte. An dieser Stelle erinnere ich (sinngemäß) an einen Ausspruch Franziskus´, der selbst von sich behauptet hat, er werde der sein, der in die Geschichte als der eingehen werde, der die Katholische Kirche gespalten habe - wie wahr, wie wahr.
Und damit beende ich einen Meinungsaustausch mit Ihnen in der Sache.

Franz Xaver

Herzlichen Dank dafür, dass der User, Michele ..., meine Lachmuskeln beschäftigt und bewiesen hat, dass er die irrige Ansicht vertritt, wenn einer ein Gebot nicht einhält, einen Glaubenssatz nicht bekennt oder in Zweifel zieht, abändert oder wegnimmt oder gar ablehnt, also sündigt, habe er den ganzen Glauben verloren.
Ganz schön hochmütig, einem Sünder das zu unterstellen und ihn sozusagen - als Richter gerierend - aus dem Erlösungswerk, der Barmherzigkeit und Gnade Gottes auszuschließen; offenbar wähnt er sich, unter einem Nicknamen versteckt, als Gott oder als einer von diesem bestellter, autorisierter Richter? Nein, ist er nicht, er ist ein Mensch.
Aber können Menschen von außen beurteilen, ob jemand (noch den ganzen) Glauben besitzt oder nicht, errettet oder (schon) verloren ist oder nicht? Sollten getaufte Katholiken, die Gebote nicht beachten, tatsächlich und endgültig als Ungläubige verworfen und ihnen ein (ganzer) Glaube abgesprochen werden? Sollte stattdessen nicht für sie gebetet, für sie gesühnt sowie sie von wahren Brüdern und, ja auch Schwestern im Glauben "brüderlich zurechtgewiesen" und zur Buße bewegt werden? Sollten wahre Katholiken sich nicht grundsätzlich gegenüber Sündern so verhalten, dass diese jederzeit wieder willkommen sind, anstatt sie zu verwerfen und als Ungläubige zu brandmarken? Sollten wahre Katholiken nicht darauf vertrauen, dass Gott Sünder wiederherstellen und in die volle Gemeinschaft zurückführen kann?
Ich denke: schon, denn nicht umsonst heißt es: »Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit« (1 Jo 1,9).

Michele Indietrista

@Franz Xaver Sie sind hier in einem Punkt ganz objektiv wirklich unwissend.
Die Hl. Kirche lehrt, dass bereits einer den Glauben nicht hat, der einen Artikel des Glaubensbekenntnisses weglässt oder hinzufügt. Was die persönliche Beurteilung des Menschen angeht, so sieht selbstredend nur Gott in das Herz. Wenn aber einer durch sein Lehren andere irreführt, darf die Kirche dazu nicht schweigen, das lehrt auch der Hl. Thomas von Aquin, der übrigens - völlig zurecht - so weit geht, dass er den Verführer für schädlicher hält als einen Mörder und ihm daher auch vorrangig die Todesstrafe auferlegt.
Nun geht es allerdings im vorliegenden Fall noch um etwas Anderes: nämlich nicht nur, ob einer beharrlich einen Artikel weglasse oder hinzufüge, sondern ob er seine ganze Verkündigung darauf aufbaue und wie wichtig bzw. zentral dieser Artikel denn sei. Es geht um den Glaubenssatz, dass Christus göttlich ist und dass der Glaube an Ihn unerlässlich ist, um in das Reich Gottes einzugehen. Es ist 1. erstellt, dass Bergoglio dies geleugnet hat und gesagt, auch Religionen ohne Christus könnten zum Heil führen, und 2. dass er darauf seine gesamte Verkündigung aufgebaut hat, denn gerade durch das Wissen, dass Bergoglio diesem Irrglauben aufgesessen hat, wird endlich verständlich, warum er vor der Eucharistie nicht kniete, sich vom Schamanen verhexen liess, das Urteil Christi über schwules Verhalten zu verkündigen sich weigerte, die Lehre für veränderbar erklärte, einen zwingenden Zusammenhang zwischen Evangelium und Liturgieänderungen behauptete, welche Christi Königtum schmälern, dass er behauptete, ein verstockter Atheist sei mit Sicherheit im Himmel, dass er Gott als nicht katholisch bezeichnete usw. usf. All der Unsinn, den er von sich gab, wird durch diesen einen Irrglauben erklärt, dass er eben Christus nicht für Gottes Sohn hielt, ohne Den keiner in den Himmel kommt.
Bergoglio ist geradezu das klassische Beispiel dafür, dass man durch das Abirren in einem Punkt vom Glauben als ganzes abfallen kann. Ich muss ihnen in diesem Punkte widersprechen, wenn Sie sagen, das sei meine Privatmeinung. Die Kirche lehrt es und hat es immer gelehrt.

Franz Xaver

Können Sie, Michele, eine Quelle für Ihre Behauptung angeben?

Franz Xaver

Den Blödsinn, dass einer keinen Glauben habe, der einen Artikel des Glaubensbekenntnisses hinzugefügt, kann kein vernünftiger Mensch kommentieren.

Offb 22,18-19:
Ich bezeuge jedem, der die prophetischen Worte dieses Buches hört: Wer etwas hinzufügt, dem wird Gott die Plagen zufügen, von denen in diesem Buch geschrieben steht.
Und wer etwas wegnimmt von den prophetischen Worten dieses Buches, dem wird Gott seinen Anteil am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt wegnehmen, von denen in diesem Buch geschrieben steht.
Blödsinn in der Hl. Schrift? Gewiss ist es nur eine Analogie, sie kann aber auch Ihnen einleuchten.
Augustinus, De fide et Symbolo:
Das Festhalten an den Artikeln des Glaubens ist entscheidend für die Zugehörigkeit zur Hl. Kirche (Abschnitt "Konsequenzen des Abweichens von der Lehre")
Ebenso
Katechismus der Katholischen Kirche (online abgerufen am 13.10.25), Ziffer 2089:
Unglaube besteht in der Mißachtung der geoffenbarten Wahrheit oder in der willentlichen Weigerung, ihr zuzustimmen.
Soviel zur Zugehörigkeit des Einzelnen zur Kirche
Konzil von Trient:
Im Dekret über die katholische Lehre (Session 4, Kapitel 1) wird festgehalten, dass jeder, der etwas zu den Dogmen hinzufügt oder sie abändert und ablehnt, sich vom Glauben trennt:
(wörtliches Zitat:)
Wer also sagt, dass die heilige Kirche nicht die gesamte Lehre des Glaubens bewahren soll, oder dass sie die Dogmen des Glaubens nach eigenem Ermessen abändern kann, der sei ausgeschlossen. (Decreta Conciliorum, Trient)
Soviel zur Verpflichtung der Kirche als Ganzer.

Franz Xaver

In der katholischen Lehre führt das bewusste und hartnäckige Ablehnen eines Glaubenssatzes (Glaubensgewissheit, Dogma) nicht automatisch dazu, dass jemand „den ganzen Glauben“ verliert, aber es hat schwerwiegende Konsequenzen für den Glauben und die Zugehörigkeit zur Kirche.
1. Was ist ein Dogma?
Ein Dogma ist eine von der Kirche als unfehlbar definierte Glaubenswahrheit, die für den katholischen Glauben wesentlich ist (z. B. die Dreifaltigkeit, die Unbefleckte Empfängnis, die Auferstehung Christi). Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 88–90) betont, dass Dogmen verbindlich sind und der Glaubende sie im Gehorsam des Glaubens annehmen soll.
2. Folgen der Ablehnung eines Dogmas
Häresie: Das bewusste und beharrliche Leugnen oder Zweifeln an einem Dogma nach ausreichender Belehrung wird in der katholischen Lehre als Häresie bezeichnet (CIC, Kanon 751). Häresie ist eine schwere Sünde und führt zur automatischen Exkommunikation (latae sententiae), wenn sie öffentlich und hartnäckig vertreten wird (CIC, Kanon 1364). Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig den völligen Verlust des Glaubens, sondern eine schwere Verletzung der Gemeinschaft mit der Kirche.
Glaubensverlust?: Der „ganze Glaube“ wird nicht automatisch verloren, da der Glaube ein komplexes Gefüge aus Vertrauen, Bekenntnis und Lebensweise ist. Jemand, der ein Dogma ablehnt, kann immer noch an andere Aspekte des Glaubens (z. B. Gott, Jesus Christus oder moralische Prinzipien) glauben.
Allerdings wird die Integrität des Glaubens stark beeinträchtigt, da Dogmen zentrale Pfeiler des katholischen Glaubens sind. Laut KKK 2089 ist Häresie ein „partieller Bruch“ mit dem Glauben, während völliger Glaubensverlust (Apostasie) den totalen Abfall vom christlichen Glauben bedeutet.
Subjektive Faktoren: Die katholische Lehre berücksichtigt die subjektive Verantwortung. Wenn jemand ein Dogma aus Unwissenheit, Missverständnis oder Zweifel ablehnt, ohne volle Kenntnis oder vorsätzliche Ablehnung, wird dies weniger schwerwiegend bewertet (KKK 1859–1860). Die Kirche betont Gottes Barmherzigkeit und die Möglichkeit der Umkehr.
Wer ein Dogma ablehnt und dies öffentlich macht, setzt sich der Gefahr aus, die volle Gemeinschaft mit der Kirche zu verlieren. Dennoch bleibt ebenso wie bei eine Apostasie und Schisma) die Tür zur Umkehr offen, etwa durch Beichte oder Klärung mit einem Bischof oder dem Papst.
Persönlicher Glaube: Ob jemand „den ganzen Glauben“ verliert, hängt von der individuellen Haltung ab. Ein isolierter Zweifel an einem Dogma (z. B. aufgrund intellektueller Schwierigkeiten) führt nicht automatisch zur völligen Aufgabe des Glaubens, besonders wenn die Person weiterhin betet, die Sakramente empfängt oder an Gott festhält.
Johannes Paul II. betonte in Veritatis Splendor (1993) und anderen Schriften die Einheit des Glaubens: Dogmen sind miteinander verknüpft, und die Ablehnung eines Dogmas kann die Kohärenz des Glaubens untergraben. Dennoch betonte er auch die Barmherzigkeit Gottes und die Möglichkeit, durch Dialog und Katechese zurückzufinden.
Historisch gesehen wurden Dogmen oft angezweifelt (z. B. die Trinität im Arianismus), ohne dass die Betroffenen ihren gesamten Glauben verloren. Die Kirche sieht solche Krisen als Gelegenheit zur Klärung und Vertiefung.
Noch einmal: Das bewusste und hartnäckige Ablehnen eines Dogmas führt nicht zwangsläufig dazu, „den ganzen Glauben“ zu verlieren, aber es stellt eine schwere Verletzung der Glaubenseinheit (so auch eine Apostasie oder ein Schisma) dar und kann zur Exkommunikation führen. Der Glaube ist jedoch dynamisch, und die Kirche lädt zur Umkehr und Klärung ein und gewährt unter Einhaltung der sonst auch üblichen Voraussetzungen eine Absolution und Wiedereingliederung in die volle Gemeinschaft der Kirche.
Das hier Geschriebene ergibt sich aus dem Katechismus, dem Codex Iuris Canonici oder authentische Quellen.

Michele Indietrista

@Franz Xaver
Daran ist nichts zu bestreiten. Eine Differenz haben wir aber in der Subsumption des Falles Bergoglio unter diese Lehren.
Nach allem, was ich über diesen Fall weiss, ist er bereits in den ersten Jahren seines behaupteten „Pontifikates“ ersichtlich im Zustand der Häresie, des Schismas und der Apostasie gewesen, versuchte bis zum Ende nicht erkennbar umzukehren und hat wahrscheinlich die entsprechend untauglichen und unfähigen Beichtväter und Berater um sich geschart.
Häresie: z. B. durch die berüchtigte Fussnote in Amoris Laetitia und implizite Behauptung der Auflöslichkeit der Ehe in ganzen Fallgruppen anlässlich seines Schreibens an die Argentinischen Bischöfe.
Schisma: z. B. durch seine Behauptung, den katholischen Gott gebe es nicht.
Apostasie: zum Beispiel durch seine Verehrung der Pachamama, darauffolgender halbherziger Entschuldigung und anschliessender erneuter Gutheissung des Heidentums. Wer zum Schein umkehrt und danach hämisch kundtut, dass er geheuchelt habe, muss doppelt und dreifach untersucht werden, ob er es mit einer allfälligen späteren echten Umkehr ehrlich meint.
Und je mehr der Abgefallene noch Verbindung zur Kirche hat, desto schwerer wiegt seine Abkehr bei der Beurteilung, ob man ihn von seiner Bürde lösen kann. Wenn einer vor dem Hl. Petrus steht, der viel Glaubenswissen, viele persönliche Gnaden und viele Amtsgnaden hatte, glauben Sie etwa, dass er leichter befunden wird als einer, der weniger katholisch genannt wurde? Darum müssen wir auch so fest hoffen, dass dem Betroffenen bis ganz kurz vor Schluss viel Glaubenswissen gefehlt hat. Wenn wir sagen können, dass er nicht katholisch war und es erst ganz im Verborgenen kurz vor Ende seines Lebens möglicherweise geworden sei, dann können wir hoffen, dass die irdischen und dann auch die himmlischen Instanzen ihn noch irgendwie hochgehievt und z. B. für seine Hinwendung zu den Armen gerettet haben. Ist er aber katholisch gewesen und mit seiner ganzen gezeigten Abkehr stur geblieben, weil er sich durch ein Amt für dazu berechtigt erachten durfte, dann ist Hopfen und Malz verloren. Dann bedeutet sein Katholischsein einen zentnerschweren Stein auf seinen Schultern, weil kein Unwissen ihn entschuldigt. Dann mögen alle die, die ihn gern den Papst nennen wollen, einschliesslich er selbst, sein Gesicht wahren. Aber dann kann der Richter, Der Sich selber nicht widerspricht, ihm keine Gnade gewähren, woher sollte Er sie denn nehmen?

Franz Xaver

Michele, bei der Frage, ob Bergoglio/Franziskus katholisch war oder nicht, sollten Sie die Wirkung der Taufe heranziehen; danach war er ohne jeden Zweifel katholisch. Eine andere Und viel komplizierterere Frage ist, ob er auch während seines gesamten Pontifikates sowie irdischen Bewusstseinsstandes in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stand oder nicht, und welche Auswirkungen das auf das Forum internum gehabt haben könnte und allenfalls noch haben wird; damit werden sich noch viele, darunter auch der jetzige Papst zu befassen haben. Ihm persönlich wäre zu wünschen, dass er noch die Kurve gekratzt hat. Doch das ist eine andere Geschichte.

Michele Indietrista

@Franz Xaver Leugnen Sie an diesem Punkt etwa nicht Pastor Aeternus?
Wenn er den Glauben als Ganzen verworfen hat, hat auch die Taufe (ohne Glaube?) nicht ausgereicht, ihn zum Geistlichen Oberhaupt zu machen, weil einer, der beharrlich schwerste Irrtümer lehrt, des päpstlichen Charismas gemäss Pastor Aeternus völlig entbehrt.