Traditionis Custodes - die neue Atombombe (www.summorum-pontificum.de)

Traditionis Custodes - die neue Atombombe

17. Juli 2021
Von Peter Kwasniewski (übersetzt aus The Remnant vom 16. 7.)

Vor 76 Jahren, am 16. Juli 1945, wurde in einer leeren Wüste 210 Meilen südlich von Los Alamos in Neu Mexiko die erste Atombombe gezündet. Heute, am 16. Juli 2021 hat Papst Franziskus eine Atombombe auf die katholische Kirche abgeworfen. Sie wird nicht nur denen schaden, die „der lateinischen liturgischn Tradition anhängen“, sondern allen, die Kontinuität und Zusammenhang, Ehrfurcht und Schönheit, unser Erbe und unsere Zukunft lieben. Als ich Traditionis Custodes heute morgen aufschlug, zog ich schon bei dem unerwarteten Titel die Augenbrauen hoch - Traditionis Perditores, Zerstörer der Tradition, wäre weitaus passender gewesen – und mit jedem Absatz nahm meine ungläubige Verwunderung zu. Als ich dann schließlich auch mit dem Begleitbrief fertig war, war ich tief in die ideologische Fantasy-Welt eingetaucht, in der Papst Franziskus und die anderen Feinde der überlieferten Liturgie der Kirche von heute wohnen. Es war, als ob ein junger George Orwell beauftragt worden wäre, diesen Text zu schreiben. Das Dokument trieft vor Herablassung und Herzlosigkeit und es ist entworfen wie ein Schweizer Armee-Messer, um den Bischöfen ein Werkzeug an die Hand zu geben, mit dem sie traditions-liebende Katholiken auf jede erdenkliche Weise piesacken und jagen können.
Und der Inhalt sollte sofort in Kraft treten, „alle früheren Vorschriften, Regelungen, Gewohnheiten und Genehmigungen sind hiermit aufgehoben“!
Es ist gerade so, als ob wir es beim Traditionalismus mit einer globalen Pandemie zu tun hätten, die um jeden Preis und mit allen Mitteln aufgehalten werden muß. Die Sprache des Motu proprio läßt vermuten, daß wir es bei der überlieferten lateinischen Messe mit einer kirchlichen Version von Covid-19 zu tun haben: Sie ist offensichtlich eine Krankheit, die mit allen Mitteln des social engineering, die die hohe Autorität für erforderlich hält, in Quarantäne gesteckt, überwacht und eingegrenzt werden muß. Da die alte Messe aus den Pfarrkirchen ferngehalten und auch keine Personalpfarreien mehr eingerichtet werden sollen, können diejenigen, die daran teilnehmen, ebenso gut den gelben Stern tragen und die Pestklingel schwingen. Die Ghettoisierung, die Benedikt XVI mit so großem Einsatz überwinden wollte, ist nicht nur zurück – sie erhält auch einen mächtigen Schub.

Man muß kaum noch ausführen, daß das Ganze das Gegenteil des sonst in höchsten Tönen gepriesenen „pastoralen Herangehens“ darstellt und nicht das geringste mehr zu tun hat mit der warmen Inklusivität, die ansonsten jedermann auf seiner Reise begleiten will – auch wenn damit der Widerspruch zur katholischen Lehre in vielen wichtigen Fragen einher geht. Nichts mehr von der romantisch verklärten „Peripherie“, der die Hirten „Barmherzigkeit“ zeigen sollen; von all den politischen Phrasen, mit denen dieses Pontifikat um sich wirft. Im neuen Motu proprio ist es nicht mehr der Hirte, der den Geruch der Schafe annehmen soll, sondern den Schafen wird befohlen, wie sie zu riechen haben, um zur Herde zu zählen, andernfalls...

War ich naiv oder mein unangebrachter Glaube, daß schlichter Respekt für Mit-Menschen und Mit-Katholiken das Herz dieses Peronistenpapstes erreichen könnten? Das hat jedenfalls dazu geführt, daß ich nicht auf dieses monströse und verlogen benannte „Traditionis Custodes“ vorbereitet war? Es ist weitaus übler ausgefallen, als ich erwartet hatte: Der Text trieft vor Verachtung, Kleinlichkeit und Rachsucht; es fehlt jeder Versuch, den Schlag auch nur zum Schein in der Wortwahl abzumildern oder in einen Sinnzusammenhang zu stellen. Einen derartigen Mangel von auch nur ansatzweisem Wohlwollen hat es wohl in einem Dokument von so großer Bedeutung für so viele Katholiken noch nie gegeben. Es ist ein unerhörter Schlag ins Gesicht von Franziskus‘ päpstlichen Vorgängern von Gregor dem Großen bis zu Pius V., auch von allen Päpsten der Zeit nach dem zweiten vatikanischen Konzil, die angesichts der Erkenntnis, daß die Liebe zur überlieferten Liturgie nicht erloschen war und auch nicht erlöschen würde, Vorkehrungen trafen, um den spirituellen Bedürfnissen dieser Katholiken entgegen zu kommen. Für zahllose Seelen bietet diese erhabene Liturgie die starke Motivation nach den Anforderungen des Evangeliums zu leben, eine solide Grundlage für das Leben in Familie und Gemeinde, eine Quelle kostbarer Berufungen zum Priestertum oder Ordensstand.

Die Erklärung des totalen Krieges
Das alles ist Franziskus völlig gleichgültig. Er interessiert sich ausschließlich für eine konstruierte Einheit, die man besser Uniformität oder noch besser Ideologie nennen sollte. Eine Uniformität, die einerseits (trotz schwächlicher Ermahnungen zu mehr Disziplin an die jetzt sei seit über 50 Jahren regierende Partei) jedes Abweichend und jede Verirrung hinnimmt und andererseits nicht bereit ist, den Ernst, die Nüchternheit und die Transzendenz eines überzeitlichen Gottesdienstes zu dulden. Wir wollen nicht drumherum reden: Das ist die Erklärung eines totalen Krieges, der man mutigen Widerstand bei jeder Stufe: „ungeachtet dessen, was dem entgegensteht“ entgegensetzen muß. Die wirklichen „Bewahrer der Tradition“ werden die Priester, die Ordensleute und die Laien sein, die mit der überlieferten Liturgie weitermachen, auch wenn sich der Haß der Hölle dagegen richtet. Wenn Franziskus den Krieg will, dann hoffe, ich, daß genug Männer bereit sind, sich freiwillig zu melden – und genug Männer, die fähig sind, sie in diesem Krieg zu führen. Damit meine ich Priester, die sich zu 100% für die Bedürfnisse der Gläubigen einsetzen, die mit vollem Recht an der Tradition festhalten, was auch imer geschehe. Es stehen Seelen auf dem Spiel, auch die der Priester selbst, denn sie können doch nicht „entkennen“, was sie zu kennen, „entlieben“, was sie zu lieben gelernt haben. Das wäre ein zu hoher Preis für den Gehorsam gegenüber einem seelenzerstörenden Regime, in welche Insignien der Autorität es sich auch zu hüllen versucht.

Dieses neue Motu Proprio ist allerdings nur dann so übel, wie es aussieht, wenn wir es uns zumuten, so zu denken und zu handeln, als ob es uns binden könnte, als ob seine Vorschriften legitim wären. Wenn wir jedoch erkennen, daß es durch und durch anti-katholisch ist und daß kein Papst berechtigt ist, so auf den Gliedern der Kirche und ihren verehrungswürdigen Riten herumzutrampeln, wie Franziskus das hier versucht, dann werden wir diese Vorschriften eher als eine von außen auferlegte Last begreifen, wie eine Seuche, einen Krieg oder einen Hungersnot, wie eine schlechte Regierung, die man stürzen oder ertragen muß, bis sie abtritt. Hat der Papst die Vollmacht, ein solches Diktat zu erlassen? Nein. Es ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist. Die Gläubigen, die die überlieferte Liturgie lieben und in ihr den Fokus des Erbes Christi erkennen, werden nach besten Kräften weiter machen. Sie werden nicht um Erlaubnis bitten, um die Messe aus unvordenklichen Zeiten zu feiern. Sie werden keine Lesungen nach „den Zugelassenen Ausgaben“ vortragen. Sie werden lieber als Märtyrer untergehen, denn in der Schmach der Unterwerfung zu sterben.

Was werden die Bischöfe tun?
Ich denke auch, daß zumindest einige Bischöfe ganz und gar nicht davon begeistert sein werden, wie kalt, verletzend und dumm Franzens Motu proprio gegen die überlieferte Liturgie ist, das den Charme eines Stalin-Befehls zur Säuberung ukrainischer Dissidenten ausstrahlt. Natürlich werden andere Bischöfe es auch umsetzen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Bischöfe, die die vielen guten Früchte von Summorum Pontificum gesehen haben – nicht zuletzt die regelmäßige und oft großzügige finanzielle Unterstützung, die ihnen aus traditionsorientierten Gruppen zufließt – und die eine gute Beziehung zu den Priestern und Gemeinden der überlieferten Liturgie haben, das alles aufs Spiel setzen, um sich einem zur Zeit mächtigen Tyrannen anzuschließen. Jeder Bischof, der den katholischen Glauben wirklich liebt, jeder Bischof der die Liebe zur Tradition bei den Jüngeren und deren Fähigkeit kennt, die Kirche aus den Wirren (um nicht zu sagen aus dem Absturz) der letzten Jahrzehnte herauszureißen, wird dieses Dokument stillschweigend beiseite legen und weitermachen, als ob sich nichts geändert hätte – weitermachen in der Gewissheit, wie Rorate Caeli es ausgedrückt hat, daß Franziskus sterben, aber die alte Messe weiterleben wird. Von der praktischen Seite her gesehen: Die meisten Bischöfe haben nicht so viele Priester, daß sie es sich erlauben könnten, sich einen beträchtlichen Teil ihres Klerus zu entfremden. Wenn in den eher konservativen Diözesen genug Priester bei der Feier der überlieferten Liturgie bleiben, wozu sie das unveräußerliche und unaufhebbare Recht haben, was sollen die Bischöfe dann machen? Sie alle hinaus werfen? Woher sollen sie die Pfarrer nehmen? Woher sollen künftige Berufungen kommen? Brauchen die Bischöfe noch weitere schwere Sorgen, einen Bürgerkrieg, eine schwärende Unzufriedenheit, die alle Beteiligten Zeit und Kraft kostet? Benedikt XVI hat einen zerbrechlichen Frieden ausgehandelt, unter dem eine gewisses Maß von geregeltem Miteinander möglich war. Viele werden lieber diesen Frieden, so unvollkommen er auch sein mag, bewahren wollen, statt in erneute Kämpfe abzugleiten.

Die „Logik“ von Traditionis Costodes ist einigermaßen verquer, um es höflich auszudrücken. Wächter der Tradition – die sich gegen die über viele Jahrhunderte reichende römische Tradition des Gottesdienstes wenden. Gestärkte Bischöfe – aber gestärkt nur, um etwas einzuschränken und zu unterdrücken, nicht, um etwas zu unterstützen, zu etwas einzuladen oder etwas in vielfältiger Weise wachsen zu lassen. Der Papst fördert die Einheit – indem er einen denkbar schärfsten die Einheit zerstörenden Akt setzt. Der Papst lobt seinen Vorgänger – indem er dessen Lehre vollständig widerspricht und das, was er getan hat, widerruft. Und da ihr aus der katholischen Tradition die Wahrheit empfangen habt, daß der Papst zu entscheiden hat, müßt ihr ihm bedingungslos folgen, wenn er befiehlt, die Traditionen zu verwerfen, die ihm persönlich mißfallen. Und das auch dann, wenn diese Traditionen von seinen Vorgänger unterstützt wurden, deren Autorität doch nicht geringer ist als die seine und deren Unterstützung zusammengenommen weitaus schwerer wiegt als das, was er geltend machen kann.

Zusammenbruch des Hyperpapalismus
Erinnern sie sich daran, daß der Papst einmal ganz direkt gefragt wurde, ob ein Mann, der allem Anschein nach als atheistischer Gottesleugner verstorben war, gerettet werden könne – worauf der Papst bejahend antwortete. Ganz anders sieht er das anscheinend in seinem Brief bezüglich der Katholiken, die der heiligen Tradition der katholischen Kirche anhängen. Hier besteht er auf unbedingtem Gehorsam gegenüber seiner Person, wenn er von ihnen verlangt, die Tradition der Kirche aufzugeben. Und wenn sie das nicht tun, so erinnert er sie daran, daß man nur gerettet werden kann, wenn man sich seiner Autorität unterwirft – auch wo es um die Aufgabe der Tradition der Kirche geht. Mit anderen Worten: Die Gläubigen schulden Gehorsam nicht der Tradition der Kirche, sondern seiner Person. Lassen Sie uns das noch etwas genauer gegenüberstellen: Wenn jemand Gott gänzlich leugnet und als Atheist stirbt, dann gibt es Worte voller Hoffnung, und ja, so jemand wird wohl gerettet, von wegen Barmherzigkeit. Aber wenn Leute die Kühnheit besitzen, an der Tradition der Kirche festzuhalten, obwohl man ihnen sagt, sie sollten sie aufgeben – dann sind das künftige Schismatiker auf dem Weg aus der Kirche heraus und zur ewigen Verdammnis. Sieht man hier nicht den Zusammenbruch jenes Hyperpapalismus, der aus dem Papst einen sterblichen Gott, ein übernatürliches Orakel macht und der es ihm zugesteht, die Liturgie, die Theologie, die Morallehre und selbst die Geschichte umzuschreiben, wie es seiner Ideologie passt. Papst Franziskus erinnert an jene modernen Architekten wie Le Courbusier, die von einer Ideologie her bauen und dann überrascht sind, wenn es überall tropft, Wellen wirft und Flecken gibt und auseinander fällt. Verständlich, daß die Bewohner dann wieder in die schönen, soliden und ruhigen alten Bauten zurück ziehen wollen.

Gibt es bei all diesen drohenden Wolken irgendwo einen Silberstreif? Vielleicht dieses: Jetzt lösen sich all die Vorwände auf, hinter denen die Modernisten ihr tödliches Spiel verstecken wollen wollen. Der Kontrast zwischen dem Festtag unserer Lieben Frau vom Berge Karmel und der Explosion der zerstörerischsten jemals von Menschen erfundenen Waffe, einer Waffe, die Schuldige und Unschuldige gleicherweise tötet und Krankheit für viele folgende Jahre verursacht – gibt uns einen Schlüssel zum Verständnis. Das Zeichen der Jungfrau, die das Wort aufnahm und Gott verherrlichte, steht dem Zeichen der Schlange gegenüber, die stolz Gottes Gaben geringschätzt und nur ihrem eigenen Willen folgen will. Das „non serviam“ der Ursünde klingt nach in den Worten dessen, der nicht „servus servorum Dei“ sein will. „An ihren Früchten werdet Ihr sie erkennen“ - das war die Botschaft des Evangeliums vom vergangenen Sonntag, des 7. Sonntags nach Pfingsten in der ehemaligen außerordentlichen Form., besser bekannt als die Messe aller Zeiten. Die Früchte dieses neuen Motu Proprio werden verbreitete Verwirrung sein, zunehmende Spaltung, Versuchung zur Bitterkeit, Entmutigung und Verzweiflung; Spannungen und Sorgen für Bischöfe in aller Welt, krank machendes Zaudern bei jungen Männern, die darüber nachgedacht haben, unter den Regeln von Summorum Pontificum in ein Seminar einzutreten; eine große Auswanderung von Katholiken zur Piusbruderschaft (was ich niemandem übelnehmen kann) und auch zu sedisvakantistischen Gruppen (was freilich ein tragischer Irrtum wäre). Und das alles, weil normale Katholiken nicht in der Lage sind – und auch nicht in der Lage sein sollten – zu begreifen, wie ein Papst so gegen die Kirche, gegen ihre Tradition und gegen ihr Gemeinwohl handeln kann, wie Franziskus das jetzt tut und wieder und wieder getan hat. Für all das und noch mehr wird Jorge Bergoglio sich eines Tages vor dem schrecklichen Richterstuhl Christi verantworten müssen.

So wollen wir alle an diesem schwarzen Tag nicht nur Unsere Liebe Frau vom Berge Karmel anrufen und ihr braunes Skapulier tragen, sondern in diesem Skapulier auch eine Erinnerung an ihren Schutzmantel erblicken, der ihre Kinder und die ganze katholische Welt bedeckt, auch die Traditionen, die uns untereinander und mit allen Generationen von Gläubigen verbinden bis zurück zu unserer Lieben Frau. Denn von ihr stammen die Worte, an die wir uns in gläubiger Beharrlichkeit klammern müssen:
Machtvolles hat er getan mit seinem Arm,
zerstreut hat er, die hochmütig sind in ihres Herzens Sinn.
Mächtige hat er vom Thron gestürzt und Demütige erhöht.“

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