de.news
223,2K

Todesstrafe: „Der Heilige Stuhl ist offensichtlich im Irrtum“

Die Pfarrei der Petrusbruderschaft (FSSP) in Westwood, Kansas, USA, hat im Pfarrbulletin für dieses Wochenende die folgende Notiz veröffentlicht:

Liebes Pfarreimitglied,

Sie haben vielleicht gelesen, dass die Glaubenskongregation kürzlich angekündigt hat, den Katechismus der Katholischen Kirche zu ändern und zu lehren, dass die Todesstrafe - das heißt die gerichtliche Verurteilung eines Verbrechers zum Tod durch die rechtmäßige Autorität – jetzt als grundsätzlich unzulässig gilt.

Ohne auf irgendeine Diskussion im Besonderen einzugehen und nur mit Bezug auf das Prinzip: Eine solche Position widersprecht dem Naturrecht und der ständigen Lehre der Kirche.

Der Heilige Stuhl ist offensichtlich im Irrtum und nach meiner Meinung sollte sich kein Katholik in dieser Hinsicht an den Katechismus gebunden fühlen.

Bitte bete für den Papst und die Bischöfe

Unsere Liebe Frau von Fatima, bitte für uns.

Pater John Fongemie

#newsUomvgsilee
simeon f.
@Klaus Elmar Müller Die amerikanische Hinrichtungspraxis kann keinesfalls die katholische Lehre widerlegen. Sie beruft sich ja in keiner Weise auf die katholische Lehre und hält sich auch nicht daran.
Die missbräuchliche Praxis kann doch nicht eine rechmäßig angewandte Praxis widerlegen. Wenn ich eine Kettesäge zum Naseputzen verwende, kann ich die Schuld an meinem zerfetzten Gesicht nicht der …Mehr
@Klaus Elmar Müller Die amerikanische Hinrichtungspraxis kann keinesfalls die katholische Lehre widerlegen. Sie beruft sich ja in keiner Weise auf die katholische Lehre und hält sich auch nicht daran.

Die missbräuchliche Praxis kann doch nicht eine rechmäßig angewandte Praxis widerlegen. Wenn ich eine Kettesäge zum Naseputzen verwende, kann ich die Schuld an meinem zerfetzten Gesicht nicht der Kettensäge anlasten und fürderhin Kettensägen verbieten.
Klaus Elmar Müller
Sehr geehrter @Santiago74, Danke für Ihren Hinweis auf den hl. Paulus in Röm 13! Dabei betonen Sie, dass der Heilige von gerechten Urteilssprüchen ausgeht. Das staatliche Schwert prinzipiell verteidigend, wurde er selber (vergeblich auf die Gerechtigkeit des römischen Staates hoffend) ungerecht enthauptet. So kommen mir unsere christlichen Verteidiger der Todesstrafe auch vor, die nicht bemerken …Mehr
Sehr geehrter @Santiago74, Danke für Ihren Hinweis auf den hl. Paulus in Röm 13! Dabei betonen Sie, dass der Heilige von gerechten Urteilssprüchen ausgeht. Das staatliche Schwert prinzipiell verteidigend, wurde er selber (vergeblich auf die Gerechtigkeit des römischen Staates hoffend) ungerecht enthauptet. So kommen mir unsere christlichen Verteidiger der Todesstrafe auch vor, die nicht bemerken, dass sich weltweit ein antichristlicher Überstaat entwickelt, der die Christen verfolgt und auch uns im ehemaligen Abendland nicht verschonen wird.
Hans Eisen
Typisch für die Petrusbruderschaft: Sie befassen sich mit nebensächlichen Problemen, während sie nicht erkennen können, dass wir derzeit keinen Papst haben und die meisten Sakramente ungültig sind.
Klaus Elmar Müller
Zu @simeon f. Mit @Tradition und Kontinuität bestreite ich die Begründung der Todesstrafe aus dem Naturrecht. Zu den 5 inclinationes naturales, den natürlichen Neigungen, zählt der hl. Thomas von Aquin die zum Leben. Daraus kann man nicht die Todesstrafe zum Schutz des Lebens als naturrechtlich geboten ableiten, weil nämlich die lebensschützende Wirkung unsicher, ja durch immer wieder neue …Mehr
Zu @simeon f. Mit @Tradition und Kontinuität bestreite ich die Begründung der Todesstrafe aus dem Naturrecht. Zu den 5 inclinationes naturales, den natürlichen Neigungen, zählt der hl. Thomas von Aquin die zum Leben. Daraus kann man nicht die Todesstrafe zum Schutz des Lebens als naturrechtlich geboten ableiten, weil nämlich die lebensschützende Wirkung unsicher, ja durch immer wieder neue Morde in den USA widerlegt ist
Tradition und Kontinuität
@Nujaa
Nun hängt die Frage, wie sich auch die Kirche zur Todesstrafe verhält, doch engstens damit zusammen, wer denn der Gesetzgeber ist, der sie verhängt,
Eben nicht. Wenn das Prinzip absolut ist spielen die äußeren Umstände keine Rolle.
Wilgefortis
@Versatz
"Es waren 2 Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten zusammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief"
Lassen wir es, keiner kann den anderen verstehen.
Einen gesegneten Sonntag noch!
Versatz
@Wilgefortis Umdenken ist etwas kategorial und kategorisch Anderes als das Papstsein.
Ihnen fallen - wie so vielen - nicht einmal mehr die eigenen Widersprüche auf. (Das Verwechseln von Kategorien ist dabei für einen Linken ganz typisch.) Eine Kirche, die sich widerspricht, ist einfach keine (mehr). Da braucht man sich nicht zu wundern, dass die Menschen sich abwenden.
In der Sache ist das, was …Mehr
@Wilgefortis Umdenken ist etwas kategorial und kategorisch Anderes als das Papstsein.
Ihnen fallen - wie so vielen - nicht einmal mehr die eigenen Widersprüche auf. (Das Verwechseln von Kategorien ist dabei für einen Linken ganz typisch.) Eine Kirche, die sich widerspricht, ist einfach keine (mehr). Da braucht man sich nicht zu wundern, dass die Menschen sich abwenden.
In der Sache ist das, was Franziskus hier sagte, aktuell (!) vertretbar. Es gehört nur nicht in den Katechismus. Fügt die Kirche es ein, ist sie keine Kirche mehr. Da ist die Rede vom bloßen Irrtum noch sehr wohlwollend (wie ja überhaupt die ganze Petrusbruderschaft).
Wilgefortis
@Versatz
Das weiß ich, ich habe es auch nicht nur auf den Katechismus bezogen. Mir ging es darum zu zeigen, dass sich die Welt weiterentwickelt und es durchaus legitim ist für einen Papst, seine Meinung zu ändern, es sogar ein gutes Zeichen ist, wenn ein Papst nachdenkt und bei Notwedigkeit umdenkt.
Versatz
@Wilgefortis Das stand aber alles nicht im Katechismus ...
Wilgefortis
Mein Vater und mein Großvater waren sehr für die Todesstrafe. Ich habe das als Kind schon nicht verstanden. Geschockt war ich dann, als ich erfuhr, dass die Kirche das guthieße.
Und die Welt entwickelt sich weiter, in 2000 Jahren ist viel passiert, da erwarte ich auch, dass die Päpste über vieles nachdenken.
Es gab ja mal einen Papst, der Sklaventum befürwortete und die Kirche war bis Mitte des …Mehr
Mein Vater und mein Großvater waren sehr für die Todesstrafe. Ich habe das als Kind schon nicht verstanden. Geschockt war ich dann, als ich erfuhr, dass die Kirche das guthieße.
Und die Welt entwickelt sich weiter, in 2000 Jahren ist viel passiert, da erwarte ich auch, dass die Päpste über vieles nachdenken.
Es gab ja mal einen Papst, der Sklaventum befürwortete und die Kirche war bis Mitte des 19. Jahrhunderts der Meinung, dass ein Kind erst nach 40 Tagen (so ungefähr) beseelt würde und vorher konnte man abtreiben.
Es gab auch mal die Meinung, der Mann schicke der Frau ein fertiges Menschlein (Homunkulus) in den Bauch.

books.google.com/books/about/Karl_Kraus.html=onepage&q=mittelalter%20menschlein%20im%20m%C3%A4nnlichen%20samen&f=false
Versatz
@Tradition und Kontinuität Das ist rein akademisches Gutmenschentum.
Wenn Sie einen SchwerverbrecherIn nicht töten, ist die Alternative Zwangsarbeit oder Zwangssteuern, um diese Person durchzufüttern. Das leisten moderen Gesellschaften, das war aber nicht immer so und es wird auch nicht immer so sein. Deshalb @Nujaa ist Ihr Hinweis zum Katechsimus zwar richtig (Danke dafür), doch in Fragen von …Mehr
@Tradition und Kontinuität Das ist rein akademisches Gutmenschentum.
Wenn Sie einen SchwerverbrecherIn nicht töten, ist die Alternative Zwangsarbeit oder Zwangssteuern, um diese Person durchzufüttern. Das leisten moderen Gesellschaften, das war aber nicht immer so und es wird auch nicht immer so sein. Deshalb @Nujaa ist Ihr Hinweis zum Katechsimus zwar richtig (Danke dafür), doch in Fragen von Leben und Tod kann die Antwort nur eine gesetzmäßige sein.
Für mich ist allerdings jetzt Schluß hier: Abschied Endstation
Boni
@Svizzero, @Carlus,
Sie vertreten in der Causa Stauffenberg also die gleiche Ansicht wie Steinke?
Versatz
Die katholische Kirche ist wirklich am Ende. Die Ausführungen von Franziskus in seiner damaligen Ansprache sind zeitgemäß. Man kann sie auch gelten lassen als aktuelle Auslegung des Katechismus.
Was sie nicht sind: sie sind kein Gesetz. Von daher können sie auch nicht so in den Katechismus übernommen werden. Denn was dort steht, muss allgemeingültig sein.
Unter dem Diktator Franziskus verschwimmen …Mehr
Die katholische Kirche ist wirklich am Ende. Die Ausführungen von Franziskus in seiner damaligen Ansprache sind zeitgemäß. Man kann sie auch gelten lassen als aktuelle Auslegung des Katechismus.
Was sie nicht sind: sie sind kein Gesetz. Von daher können sie auch nicht so in den Katechismus übernommen werden. Denn was dort steht, muss allgemeingültig sein.
Unter dem Diktator Franziskus verschwimmen die für eine Gesellschaft existentiellen Grenzen zwischen Willkür und Gesetz. Das ist schlimm genug. Dass dies niemandem mehr auffällt und nur entlang kirchenpolitischem Gusto hermgehackt wird, ist fatal - und ein deutliches Zeichen für den Verfall. Die neue Kirche verfügt nicht mehr über die Kraft die aus der Gerechtigkeit kommt, sie ist voluntaristisch geworden.
Tradition und Kontinuität
@Nujaa
Ich bin da anderer Meinung. Nach meinem Verständnis gibt es Regeln die unveränderlich sind: zu denen zähle ich das Verbot von Todesstrafe und Abtreibung, und auch das Verbot der gelebten Homosexualität, Rassismus,sowie Verbrehen, deren Ächtung allgemeinen Konsens findet, und die ich nicht namentlich zu erwähnen brauche. Diese waren zu allen Zeien falsch, und deren Befürwortung ein Irrtum. …Mehr
@Nujaa
Ich bin da anderer Meinung. Nach meinem Verständnis gibt es Regeln die unveränderlich sind: zu denen zähle ich das Verbot von Todesstrafe und Abtreibung, und auch das Verbot der gelebten Homosexualität, Rassismus,sowie Verbrehen, deren Ächtung allgemeinen Konsens findet, und die ich nicht namentlich zu erwähnen brauche. Diese waren zu allen Zeien falsch, und deren Befürwortung ein Irrtum. Daneben kann es Regeln geben, die zeitbedingt akzeptabel waren, es aber in einem neuen Kontext nicht mehr sind. Dazu zähle ich beispielsweise die körperliche Züchtigung von Kindern und Jugendlichen. Dann sehe ich noch eine (sehr kleine) Gruppe von Kodexen, die (immer nach katholischen Verständnis) seltene Ausnahmen erlauben. Dazu zähle ich z.B. eine Zweitheirat von Geschiedenen (wie gesagt nur als absolute Ausnahmefälle) oder die Folter (aber nicht jede Art), wenn sie Leben retten oder einen Entführungsfall aufzudecken helfen kann. Wie gesagt, das ist meine persönliche, subjektive Meinung, die aber, wie ich das einschätze, weitgehends mit der kirchlichen Lehre in Einklang steht.
Tradition und Kontinuität
@simeon f.
Ich überlege jetzt mal in Ihrer Logik: Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass Sie hier das aktuelle Lehramt und den amtierenden Papst, als häretisch, extremistisch und sektirerisch abstempeln. Damit gehören Sie eindeutig nicht der katholischen Kirche an.
Es gibt glücklicherweise neue Erkenntnis und Fortschritt auch in theologischen Fragen. Was also frühere Lehrämter und …Mehr
@simeon f.
Ich überlege jetzt mal in Ihrer Logik: Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass Sie hier das aktuelle Lehramt und den amtierenden Papst, als häretisch, extremistisch und sektirerisch abstempeln. Damit gehören Sie eindeutig nicht der katholischen Kirche an.
Es gibt glücklicherweise neue Erkenntnis und Fortschritt auch in theologischen Fragen. Was also frühere Lehrämter und Kirchenväter früherer Zeiten (irrtümlicherweise) verkündet haben , braucht mich nicht interessieren. Eine katholische Kirche, die für die Todessrrafe, also das bewusste Töten eines Menschen eintritt, ist nicht meine Kirche. Darum empfinde ich die neue Auslegung des Lehramtes als eine unglaubliche Befreiung, die mich wieder in Frieden mit meine Kirche bringt. Ich bin aber nicht so extremistisch wie Sie und andere hier. Man kann durchaus in diesen Fragen anderer Meinung sein als as offizielle Lehramt, und trotzdem noch zur Kirche gehören. Das hat der Herr selber gesagt, auch wenn man dann im Himmelreich nur zu den Geringeren zählt, was das auch immer zu bedeuten hat. Ich bin froh, dass die Kirche in dieser Frage zu der selben Einschätzung gekommen ist wie ich selber. Aber egal wie, ich hätte mich notfallls auch gegen die offizielle Doktrin gestellt. Bei der Todesstrafe mach ich keine Kompromisse. Genauso wenig wie bei der Abtreibung. Das Leben ist heilig und unantastbar!
Santiago_
KATECHISMUS KENNT DIE NOTWEHR
Weshalb ich so ausführlich darauf eingegangen bin: Nach Lehre der katholischen Kirche widerspricht diese Form der Gewaltanwendung nicht der Botschaft Jesu. Die Kirche geht sogar soweit, dass sie das Recht auf Todesstrafe in extremen Fällen dem Staat nicht abspricht. Zumindest sagt das der Katechismus der katholischen Kirche (KKK), approbiert von Papst Johannes Paul …Mehr
KATECHISMUS KENNT DIE NOTWEHR

Weshalb ich so ausführlich darauf eingegangen bin: Nach Lehre der katholischen Kirche widerspricht diese Form der Gewaltanwendung nicht der Botschaft Jesu. Die Kirche geht sogar soweit, dass sie das Recht auf Todesstrafe in extremen Fällen dem Staat nicht abspricht. Zumindest sagt das der Katechismus der katholischen Kirche (KKK), approbiert von Papst Johannes Paul II. vom 25. Juni 1992, unter Nr. 2266: „Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, dass der Angreifer außerstande gesetzt wird zu schaden. Aus diesem Grunde hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen.“ Hier ist allerdings zu ergänzen, dass Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika „Evangelium vitae“ zwar an der Todesstrafe als letztes Mittel zum sozialen Selbstschutz der Gesellschaft festhält, dann aber fortfährt: „Solche Fälle sind jedoch heutzutage infolge der immer angepassteren Organisation des Strafwesens schon sehr selten oder praktisch überhaupt nicht mehr gegeben.“ Im Jahre 1999 ging der Papst noch einen Schritt weiter und richtete einen Appell an alle Staatsführer, eine internationale Übereinkunft zur Abschaffung der Todesstrafe zu erreichen. (...) bei der leichten Revision des KKK habe es an genau dieser Stelle eine Korrektur gegeben – auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Johannes Paul II., so dass die Todesstrafe jetzt auch nicht mehr als ultima ratio einer staatlichen Notwehr gebilligt würde – aber nicht aus prinzipiellen, sondern aus historisch-kontingenten Gründen.
Santiago_
EINGRENZUNG DER GEWALT DURCH GEWALT
Die Bibel und die Lehre der Kirche gehen davon aus, dass es zwei unterschiedlich zu bewertende Formen von Gewalt gibt: eine rechtmäßige Gewalt, die gewöhnlich „potestas“ (Macht) genannt wird, und eine unrechtmäßige Gewalt, die gewöhnlich „violentia“ genannt wird. Der [...] spricht über den zweiten Typ der Gewalt, die „aggressive Gewalt“. Ich möchte etwas zum …Mehr
EINGRENZUNG DER GEWALT DURCH GEWALT

Die Bibel und die Lehre der Kirche gehen davon aus, dass es zwei unterschiedlich zu bewertende Formen von Gewalt gibt: eine rechtmäßige Gewalt, die gewöhnlich „potestas“ (Macht) genannt wird, und eine unrechtmäßige Gewalt, die gewöhnlich „violentia“ genannt wird. Der [...] spricht über den zweiten Typ der Gewalt, die „aggressive Gewalt“. Ich möchte etwas zum ersten Typ, der rechtmäßigen Gewalt sagen, weil auch ihre Beurteilung für das Verständnis des Christentums – gerade in unserer Zeit – wichtig ist.

Im Hintergrund der Unterscheidung steht das Dilemma von Recht und Gewalt. Einerseits soll die Gewalt durch das Recht überwunden werden. Anderseits ist dies aber nur möglich, wenn das Recht mit Gewalt ausgestattet wird. „Denn was könnte gegen Gewalt ohne Gewalt getan werden“, fragt Cicero (Epistolae ad familiares XII,3). Eine Gesellschaft, in der es Freiheit und Gesetz gibt, aber keine Gewalt, die dem Gesetz Anerkennung verschaffen könnte, bezeichnet Immanuel Kant als Anarchie. Innerhalb des Alten Testaments wird uns eine solche Gesellschaft im Buch der Richter vor Augen geführt. Das Volk ist in die Freiheit und in das Land geführt worden, ihm wurde das Gesetz, die Tora, gegeben, aber es fehlte eine Gewalt, die dem Gesetz Geltung verschafft: „In jenen Tagen gab es noch keinen König in Israel; jeder tat, was ihm gefiel“ (Ri 21,25 u.ö.). Es herrscht Anarchie. Ri 17-21 erzählt von eklatanten Verstößen gegen das Gesetz (Massentötungen und Frauenraub usw.) und plädiert damit für das Königtum (modern gesprochen: für den Staat), näherhin für das davidische Königtum, d.h. für eine Instanz, die dem Recht Geltung verschafft. In Ps 72, dem „Testament Davids an seinen Sohn und Nachfolger Salomo“ (in der Überschrift muss es „für Salomo“, nicht „von Salomo“ heißen!), wird uns ein solcher König vor Augen gestellt: Es soll ein König sein, der das Volk in Gerechtigkeit regiert, der den Gebeugten Recht verschafft und der den Gewalttätigen zermalmt. Was hier beschrieben wird ist der Sache nach die Idee des modernen Rechtsstaates: Die Gewalt wird monopolisiert und an das Recht gebunden. Deshalb weist der Berliner Historiker Heinrich August Winkler darauf hin, dass „das normative Projekt des Westens“ nicht ohne den jüdisch-christlichen Monotheismus verstanden werden kann (Geschichte des Westens, Bd. I, München 2009, 25-46). Damit das Recht nicht nur „leere Anpreisung“ (Kant) bleibt, muss es also mit Gewalt ausgestattet sein.


RÜCKGRIFF AUF DAS ALTE TESTAMENT

Diese Anwendung rechtmäßiger Gewalt hat die katholische Kirche nie infrage gestellt. Sie steht damit in bester biblischer Tradition. In der Gestalt der Blutrache, die in Gesellschaften ohne Zentralgewalt eine später vom Staat übernommene Aufgabe übernimmt, wird sie sogar von Gott nach dem urgeschichtlichen Brudermord gestiftet (Gen 4,15). Ihr Kerngedanke lautet: Eingrenzung der Gewalt durch Androhung und Anwendung rechtmäßiger Gewalt.

Das Alte Testament befasst sich über weite Strecken mit diesem Thema. Davon wird durch das Neue Testament nichts zurückgenommen. Im 13. Kapitel des Römerbriefes gibt Paulus zu erkennen, dass er selbstverständlich in dieser Tradition steht, wenn schreibt: „Denn es gibt keine Gewalt (potestas), die nicht von Gott stammt … Denn nicht ohne Grund trägt sie das Schwert. Sie steht im Dienste Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut.“ Aus dem letzten Satz geht eindeutig hervor, dass die ganze Argumentation nur dann dem christlichen Glauben entspricht, wenn die staatliche Gewalt an das Recht gebunden bleibt: „Vor den Trägern der Macht hat sich nicht die gute, sondern die böse Tat zu fürchten“ (Röm 13,3). Offen bleibt die Frage nach der Berechtigung des Tyrannenmordes, die später Thomas von Aquin ausführlich und differenziert behandelt. Paulus war also nicht der Ansicht, dass die Ausübung rechtmäßiger, staatlicher Gewalt der Botschaft Jesu widerspreche.
Ein weiterer Kommentar von Santiago_
Santiago_
simeon f.
@Tradition und Kontinuität Sind Sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass Sie hier etliche heilige Kirchenväter, Kirchenlehrer und Päpste, ja das Lehramt der vergangenen beinahe 2000 Jahre als häretisch, extremistisch und sektirerisch abstempeln. Damit gehören Sie eindeutig nicht der katholischen Kirche an.