Kardinal Kasper: Keine Verschwörung deutscher Katholiken

Entsprechende Behauptungen, die laut «Focus» auch in einem angeblich im Vatikan kreisenden Dossier enthalten sein sollen, bezeichnete der langjährige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen nach einem Bericht der «Zeit»-Beilage «Christ und Welt» vom Dienstag als «Verschwörungstheorie» und «Hypothesengebäude, das Einzelinformationen kombiniert und andere unangemessen aufbauscht». Zu den Motiven der Verschwörungstheoretiker erklärte der Kardinal: «Da scheint mir Misstrauen gesät und eine Spaltung geradezu provoziert zu werden».
Das Münchner Nachrichtenmagazin hatte zu Pfingsten berichtet, im Vatikan gebe es ein «inoffizielles Dossier», demzufolge in Deutschland eine Spaltung der katholischen Kirche betrieben werde. Hinter dieser romkritischen Strömung steckten auch kirchliche Verbände, Einzelpersonen aus der Deutschen Bischofskonferenz, katholische Politiker und Teile des Jesuitenordens.
Grundlage für den Bericht ist nach Recherchen von «Christ und Welt» ein Blogbeitrag des meist gut informierten Vatikanjournalisten der Zeitung «La Stampa», Andrea Tornielli. Dieser hatte bereits am 8.
Juni berichtet, dass manche im Vatikan glaubten, es gebe im Vorfeld des Papstbesuches eine konzertierte Aktion von reformorientierten Kräften im deutschen Katholizismus. Kasper sagte dazu, es gebe keine zentral gesteuerten Aktionen deutscher Katholiken für eine Kirchenspaltung. Die Aktionen, die das angebliche Dossier nennt, etwa den offenen Brief katholischer Politiker im Januar und das Memorandum von Theologen im Februar, sind nach seiner Einschätzung Einzelaktionen, die nicht zentral koordiniert wurden. Auch kann der Kardinal laut «Christ und Welt» keine Mitwirkung oder gar eine Steuerung aus vatikanischen Kreisen erkennen: «Wer sollte das gewesen sein? Ich kenne hier niemand, der so etwas tun würde.»
Kasper verwies mit Blick auf die katholische Kirche in Deutschland auf das große Interesse am Papstbesuch im September. «Es gibt eine große, bisher weithin schweigende Mehrheit, die zwar auch die eine oder andere kritische Anfrage haben mag, die aber auch unausgesetzte Kritik von der einen wie von der anderen Seite satthat und einfach katholisch sein will», sagte er.