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Panorama „Der beste Sex“

John F. Kennedy und seine Geliebte aus der DDR

Ellen Rometsch soll die Geliebte von US-Präsident John F. Kennedy gewesen sein. FBI-Akten zeigen nun, wie sehr die Stenotypistin aus der DDR Politiker und Behörden in Aufregung versetzte.

Ein Foto aus dem Jahr 1963. Eine brünette Frau lehnt an einer Säule, sie trägt ein dunkelblaues, ärmelloses Seidenkleid mit goldenen Stickmotiven. Rote Lippen, hochgesteckte Haare, lasziver Blick, der Anflug eines Lächelns. Eine Frau, attraktiv wie Elizabeth Taylor. Die schöne Deutsche, keine 30 Jahre alt, galt einst in den Vereinigten Staaten als Sicherheitsrisiko. Sie hat US-Präsidenten, Justizminister und Senatoren beschäftigt. Der FBI-Chef beauftragte seine Agenten damit, ihr Intimleben auszuforschen.

Damals, vor einem halben Jahrhundert, soll Ellen Rometsch die letzte Geliebte John F. Kennedys gewesen sein, kurz bevor dieser erschossen wurde. JFK ist seit 50 Jahren tot, Ellen Rometsch lebt zurückgezogen in einem Bungalow am Rhein bei Bonn.

Was genau zwischen ihr und Kennedy passierte, darüber möchte die heute 77-Jährige nicht reden. Wer sie dazu sprechen will und an ihrer Haustür klingelt, dem öffnet ihr Ehemann. Auch er wird nicht viel sagen, aber drei Dinge sind ihm wichtig. Seine Frau habe nie als Spionin im Dienst der Stasi gestanden. An den Zeitungsberichten, der Kennedy-Clan habe mit Zahlungen auf ein Liechtensteiner Konto das Schweigen von Ellen Rometsch erkauft, sei nichts dran. Und was in Washington damals geschah, soll für immer eine rein private Angelegenheit des Ehepaars bleiben.

Der Wunsch ist so verständlich wie aussichtslos. Kennedy ist ein Mythos. Je größer die Geheimniskrämerei, desto größer ist die Faszination. Da sind die Gerüchte über undurchsichtige Beziehungen zur Mafia. Das Geheimnis einer schweren Krankheit, die vor der Öffentlichkeit verborgen wurde. Und vor allem der Klatsch über Risse in der perfekt inszenierten Ehe mit Jacqueline. Kennedy, der Frauenheld. Die Lichtgestalt als fehlbarer Mensch.

Begnadeter Strippenzieher in Washington

Ellen Rometsch passt da gut ins Bild. Auch bei ihr sei Kennedy schwach geworden, erinnert sich einer, der früher dicht dran war am Präsidenten: Bobby Baker, seinerzeit Fraktionssekretär der Demokraten im US-Senat. Seine Erinnerungen hat das Politmagazin „Politico“ erst jüngst unter der Überschrift „Sex in the Senate“ veröffentlicht. Baker war einst ein begnadeter Strippenzieher in Washington, er will im Frühsommer 1963 persönlich die deutsch-amerikanische Liaison vermittelt haben.

Der inzwischen 85-Jährige, der seinen Posten noch vor dem Kennedy-Mord wegen dubioser Geschäfte hatte räumen müssen, beschreibt Ellen Rometsch als eine Frau, die „wirklich Oralsex liebte“ und „mehrfach das Weiße Haus besuchte“. Kennedy habe ihn gleich nach seiner ersten Nacht mit ihr angerufen und sich euphorisch bedankt – mit Worten, die nicht gerade staatsmännisch klingen: „Es war der beste Sex, den ich je gehabt habe.“

Allerdings war es zunächst weniger Ellen Rometschs mutmaßliche Affäre mit dem Präsidenten als vielmehr ihre Herkunft aus der DDR, die 1963 das FBI auf sie aufmerksam werden ließ. Denn ihr Lebensweg hatte sie innerhalb weniger Jahre vom sächsischen Riesa bis in exklusive Washingtoner Zirkel geführt. Das schien verdächtig.

Ellen Rometschs Eltern und deren sieben Kinder stammten ursprünglich aus Schlesien. Dann verließ die Familie die Heimat und baute sich in Riesa eine neue Existenz auf. Ellen – laut Geburtsurkunde heißt sie eigentlich Bertha Hildegard Elly – arbeitete als Stenotypistin bei der Kreisverwaltung, ihre Eltern bekamen als Verwalter einen Gutshof überlassen. Als die DDR-Führung dann die Landwirtschaft zwangskollektivieren wollte, setzte sich die Familie 1955 in den Westen ab.

Schönheit als Türöffner

Während die Eltern erneut einen Gutshof in Schwelm bei Wuppertal pachteten, machte die Tochter eine Kaufmannslehre und heiratete. Die Ehe scheiterte schnell. Bald darauf lernte sie in Siegburg ihren zweiten Ehemann kennen, mit dem sie 1958 einen Sohn bekam. Der Gatte heuerte bei der Bundeswehr an und bekam eine Stelle in Washington angeboten. Anfang 1961 zogen die Rometschs nach Amerika. Während er dort brav seinen Dienst als Feldwebel verrichtete, ließ sie sich als Fotomodell ablichten und genoss das Leben.

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Es muss eine aufregende Zeit für Rometsch gewesen sein. Ihre Schönheit öffnete ihr Türen. Bald verkehrte sie in höheren Kreisen und besuchte Partys der Politprominenz. Oft mit dabei war Bobby Bakers Assistentin, Carole Tyler, eine ehemalige Schönheitskönigin. Beide Frauen besuchten den Quorum-Club, der sich in einem Hotel im Regierungsviertel auf dem Capitol Hill befand.

Das Etablissement diente nicht nur als Treffpunkt für Politiker und Lobbyisten, sondern auch als diskrete Kontaktbörse für amerikanische Abgeordnete, deren Ehefrauen und Familien oft Tausende Meilen von Washington entfernt lebten.

Ellen Rometsch, die einen luxuriösen Lebensstil gepflegt, teure Kleider getragen und ein Ford Thunderbird Cabrio gefahren haben soll, wusste Männer zu beeindrucken. Verehrer nannten die 1,65 Meter große Ausländerin mit den Maßen 85-65-83 sogar in einem Atemzug mit Marilyn Monroe.

Politik, Sex, Spionage

Eine Warnung, die beim FBI einging, sollte schließlich ihr Leben verändern. Der Verdacht kam auf, Rometsch könnte eine DDR-Spionin sein. In einem Memorandum vom 3. Juli 1963 heißt es, sie stamme „aus Ostdeutschland“ und habe „früher für Walter Ulbricht gearbeitet“. Mitten im Kalten Krieg, der Bau der Berliner Mauer und die Kubakrise waren noch nicht allzu lange her, erregte eine solche Biografie sofort das Interesse der Sicherheitsbehörden.

Das FBI, die wichtigste US-Polizeibehörde, begann zu ermitteln. Die Geheimdienst-Erkenntnisse sind in einer 478 Seiten umfassenden Akte mit der Kennziffer 105-122316 überliefert, die inzwischen öffentlich einsehbar ist. Zunächst fällt auf, dass sich die FBI-Fahnder fast ein Vierteljahrhundert lang mit Rometsch beschäftigten, von 1963 bis 1987. Dann sind in den Unterlagen etliche Passagen geschwärzt.

Die Namen von Zeugen mitsamt ihren Aussagen sind größtenteils unkenntlich gemacht worden. Doch was offen ist in den „FBI-Files Ellen Rometsch“ (Zitat: „Trägt dick aufgetragenes Make-up einschließlich Lidschatten, hat eine gute Figur und einen starken deutschen Akzent“) liest sich wie ein Thriller, in dem alles Notwendige enthalten ist: Politik, Sex, Spionage.

Gleich nach dem ersten Hinweis von Anfang Juli 1963 suchten FBI-Beamte Rometsch in ihrer Arlingtoner Wohnung in der 3572 N. Military Road auf und vernahmen sie stundenlang. Die Frau des Bundeswehrsoldaten musste sich unangenehme Fragen gefallen lassen, doch offenbar hatte sie plausible Antworten. Denn ihre Vernehmer meldeten anschließend an die Zentrale: falscher Alarm. Ihre Empfehlung lautete, die Ermittlungen einzustellen. Eigentlich hätte die Akte damit geschlossen werden können.

Verbotene Beziehungen zu Regierungsvertretern

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Doch Rometsch hatte das Pech, in eine hoch komplizierte politische Gemengelage geraten zu sein. Bobby Baker, der einflussreiche Fraktionssekretär der Demokraten, stand plötzlich unter Korruptionsverdacht. Jener Mann, dessen Assistentin Carole Tyler mit Rometsch befreundet war und dem Kennedy angeblich über seine Nacht mit Rometsch berichtet hatte. Baker wurde vorgeworfen, bei Regierungsaufträgen die Hand aufgehalten zu haben. Aber auch sein diskretes Wissen über sexuelle Abenteuer von Spitzenpolitikern interessierte jetzt die Öffentlichkeit.

Zu Rometsch hielt das FBI nun nach weiteren Recherchen fest, sie habe „verbotene Beziehungen mit hochgestellten Regierungsvertretern“. In der prüden US-Gesellschaft sind Medien nie zimperlich, wenn Politiker ihre Frauen betrügen. Das war auch in den 1990er-Jahren bei Bill Clinton so. In den 1960er-Jahren scheuten sich die Journalisten noch, die Namen von Politikern zu nennen. Trotzdem machte die Bobby-Baker-Affäre viele in Washington nervös.

Die Sicherheitsbehörden waren alarmiert. Sie befürchteten, die Ehefrau eines einfachen Feldwebels könnte einen gesellschaftlichen Skandal auslösen und die politische Elite der Weltmacht USA möglicherweise bloßstellen. Welchen Repräsentanten hatte Rometsch, „the pretty German hausfrau“, den Kopf verdreht?

Die Rolle des FBI-Direktors

In den Akten ist ab jetzt keine Rede mehr davon, die Ermittlungen einzustellen. Im Gegenteil, das FBI intensivierte die Nachforschungen. Es rechnete Rometsch fortan einer Gruppe von Frauen mehrheitlich deutscher Herkunft zu, „die ihre Dienste als ‚play girls‘ verschiedenen Personen inner- und außerhalb der Regierung angeboten haben“. Einige davon seien prominent und stünden im Blick der Öffentlichkeit. Dieser Frauenring sei verantwortlich für „personal escapades, prostitution, partying, sex orgies, and so forth“.

FBI-Direktor Edgar Hoover schaltete sich persönlich ein. Nach Aktenlage spricht alles dafür, dass er ahnte, welch ungeheure Sprengkraft in dieser Geschichte steckte. Seine Rolle hat die „New York Times“ später einmal so beschrieben: „Hoover wusste von Kennedys Affäre mit Rometsch und stellte sicher, dass der Präsident das erfuhr, was er wusste.“

Hoover verbiss sich regelrecht in den Fall. Aber was war sein Motiv? Wollte er Präsident Kennedy vor einem Skandal bewahren, oder sammelte er Material, um ihn zu kompromittieren? Jedenfalls informierte Hoover den US-Justizminister und JFK-Bruder Robert F. Kennedy. Auch die deutsche Botschaft wurde eingeschaltet. Rometschs zweiter Ehemann musste am 14. August 1963 bei seinen Vorgesetzten antreten.

Er wurde „von den Seitensprüngen meiner Frau unterrichtet“, wie er später einer Zeitung sagte. Zu diesem Zeitpunkt war seine Ehe offenbar längst in einer schweren Krise. Denn bereits Wochen vor dem delikaten Gespräch mit seinen Chefs hatte Feldwebel Rometsch beim Landgericht Bonn die Scheidung eingereicht.

Vom Glamour-Girl zur Melkerin

Noch hatte die Presse keinen Wind von der Affäre bekommen. Aber der Kreis derjenigen, die mehr oder minder eingeweiht waren, wuchs fast täglich. In dieser Situation entschieden sich die US-Verantwortlichen für eine drakonische Maßnahme. Sie erklärten den deutschen Stellen, Ellen Rometsch sei in den USA eine unerwünschte Person. Kein Spionageverdacht, nur Indizien für sexuelle Eskapaden – ein merkwürdiger Grund für eine Ausweisung. Offenbar befürchtete man in Washington eine Staatsaffäre. Eine Deutsche, zudem aus der DDR, die in Verbindung mit Baker stand und Beziehungen zu wichtigen Politikern unterhielt, das barg einfach zu viel Brisanz.

Ellen Rometsch verließ im August 1963 die USA. Ende September wurde auch ihre zweite Ehe geschieden, wegen „alleinigen Verschuldens“ der Frau. Sie zog sich auf den gepachteten Gutshof Oberberge ihrer Eltern in Schwelm zurück. Das glamouröse Partygirl, das sie noch wenige Wochen zuvor gewesen war, streifte nun die Kittelschürze über, half bei der Rübenernte und molk Kühe. Der Traum vom American Way of Life war geplatzt.

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Am letzten Oktoberwochenende des Jahres 1963 berichteten US-Zeitungen über die Korruptions- und Sexaffäre in der amerikanischen Hauptstadt. Und in diesem Zusammenhang erstmals auch über Ellen Rometsch. Kurz darauf erschienen in der deutschen Presse Schlagzeilen wie „Sitten-Skandal in Washington!“ – „Vielgeliebte Frau Feldwebel“ und „Ihre Gunst war teuer“.

Umgehend tauchten Heerscharen von Journalisten vor dem Gut Oberberge auf, selbst ein Kamerateam des US-Senders NBC reiste an. Die britische Boulevardzeitung „Daily Express“ bot Ellen Rometsch 55.000 D-Mark für ihre Erinnerungen. Doch die Umworbene schlug das Angebot aus, sie wollte schon damals keine Interviews geben. Die Reporter wurden vom Gutshofbesitzer rüde vertrieben.

Die abgeschobene Deutsche

Am Tag des Journalistenauflaufs in Schwelm herrschte auch im Weißen Haus in Washington Hektik. John F. Kennedy bereitete die Berichterstattung offenbar allmählich ernsthafte Sorgen. In den FBI-Akten zu Ellen Rometsch heißt es in einem Papier vom 28. Oktober unter Berufung auf einen Vertrauten des Präsidenten, JFK sei „persönlich daran interessiert, die Geschichte zu beerdigen“ („to kill the story“).

Doch so einfach ließ sich die Debatte nicht unterbinden. Im Gegenteil. Die innenpolitische Auseinandersetzung über den mutmaßlichen Skandal um Baker gewann an Schärfe. Der Senat setzte einen Untersuchungsausschuss ein. Und die Republikaner witterten ihre Chance. Sie hofften, die Ära des populären Präsidenten Kennedy beenden zu können, der sich 1964 zur Wiederwahl stellen wollte. Erneut geriet Rometsch in das Räderwerk der großen Politik.

Über die abgeschobene Deutsche wurden in den USA nun immer abenteuerlichere Geschichten erzählt. Der republikanische Kongressabgeordnete Harold R. Gross behauptete, Ellen Rometsch habe unbekleidet in Champagner gebadet, unter den Augen wichtiger Militärs und hoher Beamter der Weltraumbehörde Nasa. Bei dieser Gelegenheit, so der Abgeordnete weiter, sei Rometsch an „unsere Raketen-Geheimnisse“ gekommen, die dann durch sie „und andere Frauen dieser Art hinter den Eisernen Vorhang gelangt sind“.

Solche Kolportagen heizten die Berichterstattung der Presse zusätzlich an. Am 22. November 1963 veröffentlichte das auflagenstarke Magazin „Life“ eine opulente siebenseitige Story: „Der Skandal in Washington weitet sich aus“. Der Autor des Stücks charakterisierte darin Rometsch als eine Frau, die oft zu gesellschaftlichen Ereignissen eingeladen worden war, „teils wegen ihres guten Aussehens und teils, so wird berichtet, weil ,sie alles machen würde‘“.

An dem Tag, an dem „Life“ mit dieser Geschichte erschien, fielen in Dallas die tödlichen Schüsse auf Kennedy.

Akten bei der Stasi?

Nach dem Attentat ließ das öffentliche Interesse an Rometsch spürbar nach. Für das Weiße Haus allerdings blieb der Vorgang weiter brisant. JFK-Nachfolger Lyndon B. Johnson, ein Protegé des geschassten Bobby Baker, wünschte sich laut FBI-Vermerken aus dem Februar 1964 „eine zusammenfassende Darstellung zum Fall Ellen Rometsch“. Das „German Party Girl“ beschäftigte nun schon den zweiten Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Nur ein einziges Mal, im Oktober 1964, gab Rometsch ein kurzes Interview. Das Gespräch, das gerade einmal sechs Fragen und sechs Antworten umfasste, nutzte die geschiedene Frau, um sich als sittsame Mutter darzustellen. „Ich kann nur immer wieder sagen: das alles wird wegen des Wahlkampfes künstlich hochgespielt, und ich bin dabei das hilflose Opfer, das sich nicht wehren kann“, sagte sie der Hamburger Illustrierten „Stern“. Die Behauptung, sie habe nur aus Spionagegründen geheiratet, um so in die USA zu kommen, bezeichnete Rometsch als „glatten Unsinn“.

In diesem Punkt sagte sie offenbar die Wahrheit. Im Archiv der Stasi-Unterlagenbehörde findet sich zu den Mitgliedern der einst in Sachsen angesiedelten Familie von Ellen Rometsch keine einzige Erfassung in den Geheimdienstakten. Zusammen mit den Erkenntnissen der westlichen Geheimdienste spricht deshalb alles dafür, dass die frühere DDR-Bürgerin nie für den Osten spioniert hat.

Rometsch könnte heute viel dazu beitragen, Kennedys Image als Frauenheld einzuordnen. Doch das möchte sie nicht. Sie lebt ein ruhiges, zurückgezogenes Leben. Sie hat noch einmal geheiratet – und zwar ihren zweiten Mann, mit dem sie vor einem halben Jahrhundert in den USA war.

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