Die Benediktiner in Siegburg verlassen ihr Kloster

Die Auflösung ihres Klosters am Samstag erfüllt die Benediktiner auf dem Siegburger Michaelsberg in der Nähe von Bonn mit großem Schmerz. Er ist so groß, dass sich die Mönche gegenüber den Medien einen Maulkorb verpasst haben. Kein Sterbenswörtchen darüber, wo die 12 Bewohner der 946 Jahre alten Klosteranlage künftig unterkommen werden. Kein Kommentar, was aus dem bislang in Klosterregie produzierten «Siegburger Abtei-Liqueur» wird.
Wie die Kirche allgemein trifft auch die Orden die rückläufige Zahl von Gläubigen und der ausbleibende geistliche Nachwuchs. Auflösungen von Klöstern hat es deshalb in den zurückliegenden Jahren immer wieder gegeben. So schlossen 2007 die Dominikaner ihr traditionsreiches Kloster in Walberberg vor den Toren der früheren Bundeshauptstadt. Existierten laut Deutscher Ordensobernkonferenz 2005 bundesweit noch 514 Männergemeinschaften, sind es fünf Jahre später trotz vereinzelter Neugründungen nur noch 448 - fast 13 Prozent weniger.
Die Schließung der Benediktiner-Abtei auf dem Gebiet des Erzbistums Köln hat in der Region einen tiefen Schock ausgelöst - und das besondere Engagement von Kardinal Joachim Meisner provoziert. Er kommt am Samstag zum Abschiedsgottesdienst nach Siegburg. Der Kölner Erzbischof setzt aber auch alles daran, das exponiert auf einem Berg liegende, fast ein Jahrtausend alte Kloster als «Leuchtturm des Glaubens» zu erhalten.
Die Abtei wurde 1064 vom Kölner Erzbischof Anno II. gegründet, dessen Gebeine in einem goldenen Schrein in der Abteikirche ruhen.
Seit 1997 beherbergt ein Teil der Anlage das Edith-Stein-Exerzitienhaus des Erzbistums. Auch dies erklärt, warum der Kardinal sich intensiv darum bemüht, eine Ordensgemeinschaft - möglichst mit benediktinischer Prägung - für den Michaelsberg zu gewinnen. Hotelbetreiber, die begehrliche Blicke auf das Areal geworfen haben, lässt Meisner abblitzen.
Das Aus der Abtei vollzog sich in Raten - und macht beispielhaft die Probleme deutlich, mit denen auch andere Ordensgemeinschaften zu kämpfen haben. Im Mai vorigen Jahres trat der seit 2003 amtierende Abt Raphael Bahrs während einer Visitation durch die Ordensleitung in Rom zurück. Seinen Rückzug erklärte er damit, dass er die Abtei vor wichtigen wirtschaftlichen Entscheidungen sehe und dafür «nicht die notwendige innere und äußere Kraft zu haben» glaube. Wenige Wochen später schlossen die Benediktiner ihre Buch- und Kunsthandlung sowie ihren Restaurantbetrieb. Wiederum einige Monate danach fiel dann der Beschluss, die Abtei und das zugehörige Jugendgästehaus ganz aufzulösen.
Mit finanziellen Sorgen einerseits und personellen Problemen andererseits begründete der Hausobere, Pater Christian Dieckmann, den Schritt: «Es fehlt die mittlere Generation, die Führungsaufgaben übernehmen kann.» Die kleine Gemeinschaft könne die an sie gestellten geistlichen Anforderungen nicht mehr ausfüllen. Es fehle in jeder Hinsicht an Substanz, aus der ein Neuanfang benediktinischer Prägung erwachsen könne. Auch die Suche nach personeller Unterstützung aus anderen Klöstern des Ordens sei ergebnislos geblieben.
Jeder der zwölf Mitbrüder hat sich in den zurückliegenden Monaten um eine neue Bleibe kümmern müssen. Nicht alle kommen in einem der mehr als 30 Benediktinerklöster in Deutschland unter. Zwei hochbetagte Mitglieder, der 83-jährige Altabt Placidus Mittler und sein Bruder Mauritius (90) bleiben am Ort und wechseln in ein Altenheim am Fuß des Michaelsbergs. Bahrs war bereits nach seinem Rücktritt in die Erzabtei Beuron gewechselt. Der Verbleib der anderen Benediktiner ist bislang nicht bekannt. Pater Christian ist aber erleichtert darüber, dass nun endlich Schluss ist mit einer Hängepartie: «Der Zwischenzustand, zu wissen, dass man gehen wird und doch noch bleiben muss, ist jetzt zu Ende.»