Warum halten manche Frauen Protestanten für Christen?
Ich werde weiterhin begründen, warum nicht nur Protestanten keine Christen sind, sondern noch weniger die Vat.2 Kleriker. Dazu bald mehr.
Schockieren tut mich, wenn mir nahestehende katholische Frauen übel nehmen, dass ich dem Protestantismus das Christliche abspreche. Selbst nach diesem Beitrag wird innerhalb der nächsten Minuten (nicht nur) eine GTV Userin die Protestanten wieder als Christen bezeichnen. Da besteht eine gewisse Informationsresistenz. Da kann man schreiben, was man will. Für viele Frauen bedeutet christlich ein liebes und nettes Umarmen. Wenn ein Protestant lieb und UMARMUNGSWERT ist, dann ist er ein Christ. Ist er ein unsympathischer und frauenunfreundlicher Mensch, ist er es nicht. Frauen haben tendenziell nur wenig Interesse an theologischer oder philosophischer Wahrheit im Außen. Sie tragen diese innerhalb ihres Körpers. Deshalb mein Bauch gehört mir. Das Interface, das über Wahrheitsansprüche der Außenwelt entscheidet, ist die Umarmbarkeit, die Integrationsfähigkeit in das eigene Netz.
Die amerikanische Philosophin und Feministin Camille Paglia hat diesen Unterschied zwischen Männern und Frauen ausgiebig beschrieben. Sie ist nicht FROMM katholisch. Sie versteht nicht, warum der Heilige Thomas ein Verkünder der Wahrheit ist, aber sie erklärt die weibliche Perspektive sehr schön und offen. Sie zeigt, warum feministische und starke Frauen, wenn es wichtig wird, keine Hosen tragen, sondern kurze Röcke. In jedem Fernsehmorgenmagazin drücken sie ihre Schenkel in Strumpfhosen in die Öffentlichkeit. Das ist ein brutaler Machtkampf, um den männlichen Wahrheitsanspruch schon im Keim zu ersticken. Sie verbreiten die Lüge des Fleisches, um abtreiben zu können.
„Meine Erklärung für die historisch unbestreitbare Vormachtstellung der Männer in Kunst, Wissenschaft und Politik basiert auf der Analogie von Sexualphysiologie und Ästhetik. Ich werde zeigen, dass alle Kulturleistung eine Projektion, ein Ausweichen in apollinische Transzendenz ist und dass die Männer anatomisch für solche Projektionen prädestiniert sind. Aber wie bei Ödipus zu sehen, kann Vorherbestimmung ein Fluch sein.
Wie wir die Welt wahrnehmen und wie sie uns wahrnimmt, ist abhängig von zugrunde liegenden Schattenmustern der Sexualbiographie und Sexualgeographie. Was bis ins Bewusstsein dringt, ist bereits durch die Dämonie der Sinne vorgeformt. Der Geist ist Gefangener des Körpers. Vollständige Objektivität gibt es nicht. Jeder Gedanke schleppt eine emotionale Last mit sich. Hätten wir die Zeit oder Kraft dazu, könnten wir jeder Zufallsentscheidung, angefangen von der Farbe unserer Zahnbürste bis zur Wahl der Speisenfolge in einem Lokal, das Geheimnis ihrer Bedeutung im Drama unseres Innenlebens entlocken. Aber erschöpft blenden wir solche psychische Überdetermination aus. Das Reich der Zahl, die apollinisch reine, kristalline Mathematik, wurde vom westlichen Mann früh schon als eine Zuflucht erfunden, um der morastigen Emotionalität und dem überbordenden Chaos von Frau und Natur zu entrinnen. Frauen, die sich in der Mathematik hervortun, bewähren sich in einem System, das Männer entworfen haben, um die Natur unter ihre Herrschaft zu bringen. Die Zahl ist der imponierendste und am wenigsten kreatürliche Ordnungsstifter, Inbegriff der sehnsüchtigen Hoffnung der Männer auf Objektivität. Auf Zahlen zieht er (heute auch sie) sich zurück, um dem Morast aus Liebe, Hass und Familienroman zu entrinnen.
Bis heute sind es eher die Männer als die Frauen, die der Überlegenheit des logischen Denkens über das Gefühl das Wort reden. Das tun sie komischerweise vor allem in Augenblicken wirklich chaotischer Gefühlsverwirrungen, die sie vielleicht selber heraufbeschworen haben und derer sie nicht mehr Herr werden. Männliche Künstler und Schauspieler sind mit der kulturellen Aufgabe betraut, dem Fluss von Emotionen eine Verbindung aus den weiblichen in die männlichen Bereiche offenzuhalten. Jeder Mann beherbergt in seinem Innern eine weibliche Region, die von seiner Mutter beherrscht wird, von der er sich niemals völlig zu lösen vermag. Seit der Romantik sind Kunst und Kunstbetrachtung zu einem Mittel geworden, das in der westlichen Tradition verdrängte Gefühlsleben zu erforschen, was die akademische Gelehrsamkeit, die sich von ihnen ernährt, auch dann noch verhehlen würde, wenn sie nur halb so ermüdend wäre. Dichtung ist das Bindeglied zwischen Körper und Geist. Jeder dichterische Gedanke wurzelt im Gefühl. Jedes Wort ist ein Abtasten des Körpers. Die Vielzahl von Interpretationen, die ein Gedicht umlagern, sind Reflex der unkontrollierbar stürmischen Emotionalität, in welcher die Natur ihren Willen erfüllt. Gefühl ist Chaos. Jedes gutartige Gefühl hat eine bösartige Kehrseite. So ist die Flucht vor dem Gefühl in die Zahl eine weitere wichtige Strategie des apollinischen Westens in seinem langen Kampf mit Dionysos.
Gefühl ist Leidenschaft, ein kontinuierlicher Zusammenhang aus Eros und Aggression. Liebe und Hass sind keine Gegensätze: Es gibt nur mehr oder weniger Leidenschaft, einen Unterschied dem Grade, nicht aber der Art nach. Die Forderung nach einem Leben in Liebe und Frieden ist einer der herausragenden Widersprüche, in die das Christentum seine Anhänger verwickelt, ein unmögliches und widernatürliches Ideal. Seit der Romantik beschweren sich Künstler und Intellektuelle über die Sexualvorschriften der Kirche, aber diese sind nur ein Einzelaspekt im christlichen Kampf mit der heidnischen Natur. Nur ein Heiliger vermag nach dem christlichen Liebesgebot zu leben. Und Heilige sind rücksichtslos, wenn sie etwas abschütteln wollen: Sie müssen eine Unmenge Realität ausschließen, die Realität der sexuellen Masken und die Realität der Natur. Alle gleichermaßen zu lieben bedeutet, dass dem einzelnen Ding, dem einzelnen Menschen Kälte gezeigt werden muss. Erinnern wir uns, dass sogar Jesus seine Mutter in Kana unnötig grob zurückwies.
Der chthonische Überfluss an Gefühl ist ein Problem für den Mann. Ein Mann muss sich gegen jenes kolossale Gefühlsquantum behaupten, das Frau und Natur in sich bergen. Er kann ein Selbstsein nur erlangen, wenn er die drohend dunkle Wolke zurückdrängt, die ihn zu verschlingen droht: die Mutterliebe, die wir ebensogut als Mutterhass bezeichnen können. Liebe und Hass, für die Mutter und von der Mutter: eine ungeheure Zusammenballung von Naturgewalt. Die politische Gleichberechtigung der Frau wird an diesem emotionalen Hexenkessel, der ober- und unterhalb der politischen Sphäre, außerhalb der Mechanismen des Soziallebens, brodelt, wenig ändern. Erst wenn alle Neugeborenen aus Retorten kommen, wird die Schlacht zwischen Mutter und Sohn enden. Aber in einer totalitären Zukunft, die der Frau das Geschäft der Fortpflanzung aus der Hand genommen hat, wird es auch keine Affekte und keine Kunst mehr geben. Die Menschen werden Maschinen sein, ohne Schmerz, aber auch ohne Lust. Phantasie hat ihren Preis, wir zahlen ihn tagtäglich. Aus den biologischen Ketten, die uns fesseln, gibt es keine Befreiung.
Mit welchen Verteidigungsmitteln gegen die Frau hat die Natur den Mann ausgestattet? Das führt uns an den Ursprung der männlichen Kulturleistungen, die sich so unmittelbar aus seiner eigentümlichen Anatomie herleiten. Unser körperliches Leben lässt grundlegende Wahrnehmungsweisen in uns entstehen, die geschlechtsspezifisch stark divergieren. Hier kann es keine Gleichheit geben. Der Mann ist sexuell aufgespalten. In seiner Genitalität ist er gefesselt an ein Verhaltensmuster, das sich durch Linearität, Scharfeinstellung, Zielstrebigkeit, Gerichtetheit auszeichnet. Er muss lernen zu zielen. Ohne Zielorientierung besudelt er, wenn er uriniert oder ejakuliert, wie ein Kleinkind den eigenen Körper oder die unmittelbare Umgebung. Die Erotik der Frau ist auf ihren ganzen Körper verteilt. Die Lust, die sie am Vorspiel hat, ist ein notorischer Anlass für Mißstimmigkeiten zwischen den Geschlechtern. Die genitale Konzentration des Mannes bedeutet Einschränkung, aber auch Intensivierung. Der Mann ist ein Spielball unberechenbarer affektiver Schwankungen. Die männliche Sexualität ist ihrer Natur nach manisch-depressiv. Östrogen sediert, Androgen hin-gegen putscht auf. Die Männer befinden sich in einem ständigen Zustand sexueller Unruhe, sie müssen mit dem Kribbeln der Hormone leben. In der Sexualität ebenso wie im Leben werden sie hinausgetrieben - hinaus über sich selbst, hinaus über ihren Körper. Schon im Mutterschoß hat diese Regel Geltung. Jeder Fötus wird weiblich, wenn er nicht von männlichen Hormonen durchtränkt wird, die auf ein Signal von den Hoden produziert werden. Ein Mann ist deshalb bereits vor der Geburt über die Frau hinaus. Aber dies heißt eben, aus dem Zentrum des Lebens verstoßen zu sein. Die Männer wissen, dass sie sexuell Verbannte sind. Sie wandern über die Erde, suchen Befriedigung, sehnen sich und verschmähen, sind ewig unzufrieden. An dieser qualvollen Hektik ist nichts, worauf die Frau neidisch sein müsste.“ Paglia, Camille, Sexualität und Gewalt oder: Natur und Kunst, Entnommen aus: Die Masken der Sexualität, München 1996, S. 55 – 62.