M.RAPHAEL
1381

Liebe und Mitgefühl

Von Zeit zu Zeit hat man das Glück, sich mit lieben Freunden zu treffen, selbst wenn man sie durchaus als Vat.2 Katholiken bezeichnen muss. Eine von ihnen hat mir kürzlich erzählt, wie sie einer alten, einsamen und traurigen Frau, natürlich ohne jede Gegenleistung, einen wunderschönen Tag bereiten durfte, so dass diese ganz glücklich war.

Die Darstellung hat mich sehr berührt. Sie ist ungeheuer wichtig, um die Vat.2 Kirche insgesamt zu verstehen. Um diesem entscheidenden Phänomen der gesamten menschlichen Existenz noch näher zu kommen, soll man sich einen SS Mann vorstellen, der den Befehl bekommt, eine jüdische Familie im Wald umzubringen. Er führt sie in den Wald, aber dann schaut er ihnen in die Augen und entscheidet sich dagegen. Er bringt sie nicht um und verhilft ihnen zur Flucht, selbst wenn es für ihn am Ende eine Strafversetzung bedeutet, die den sicheren Tod einschließt. Das kam gar nicht so selten vor. (Ich habe drei Onkel in Russland verloren. Sie waren bei der Wehrmacht. Einer ist in der Heiligen Nacht gefallen. Wir haben jeden Heiligen Abend geweint. Ich weiß, von was ich rede. Ich bin gut informiert.)

Dieser Beweggrund ist das Mitgefühl, das Mitleid, das Erkennen der Liebe in den Augen des Anderen. Es ist viel stärker als jede Philosophie, als jedes Argument, als jede theoretische Konzeption der Wahrheit. Emmanuel Lévinas hat seine ganze Philosophie darauf aufgebaut, dass überhaupt erst im Blick des Anderen die Wahrheit beginnt. Das Mitgefühl ist also kein Gefühl, sondern universelles Ordnungsprinzip der Liebe. Ich habe versucht, im Artikel Kein ewiges Leben für Selbstermächtiger anzudeuten, dass es auch die Grundlage der grenzenlosen Positivität Gottes ist.

Ich denke, dass dieses Mitgefühl der Jesus Christus der Vat.2 Kirche ist. Da es überall auf der Erde in allen Religionen (z.B. das Mitleid der Buddhisten) das menschliche Zusammenleben bestimmt, behauptet der Vat.2 Geist, dass es Wahrheit (eben das Mitgefühl, die Mitmenschlichkeit, etc.) in allen Religionen gibt. Dann beginnt auch die Konzeption des anonymen Christen von Karl Rahner irgendwo einen positiven Sinn zu machen. Deshalb lehnt auch Bergoglio jede Ordnung oder Gesetzmäßigkeit ab. Sie könnten ja das globale Mitgefühl beeinträchtigen. Da auch Homosexuelle und wiederverheiratete Geschiedene Mitleid haben, darf man auch sie nicht kritisieren. Für dieses Denken ist der Böse der, der Gesetze, Traditionen oder Regeln über die Humanität der Mitmenschlichkeit setzt. Das liebe Gefühl ersetzt das Gesetz.

Eine Heilige Messe, in der die alte einsame Dame von oben keine persönliche Ansprache von einem zu ihr gerichteten lieben Priester erlebt, ist keine Messe der Mitmenschlichkeit. Dagegen dürfen in solchen Messen der christlichen Nächstenliebe alle Menschen, egal welcher Religion, Ethnie, sexueller Orientierung oder Ehestand auch zur Kommunion. Sie alle empfinden Mitgefühl. Sie alle sind anonyme Christen. Sie alle dürfen sich durch den Empfang des Abendmahls an die Präsens des Mitgefühls in ihrem Inneren erinnern. Ob es eine reale Transsubstantiation gibt oder nicht, ist wurscht. Das ist nur etwas für lieblose Gesetzesreiter.

Ich höre hier auf. Jetzt beginnt die Arbeit der Unterscheidung. Emmanuel Lévinas hat in vielem recht. Ich möchte nur eine Frage stellen: Ist es Liebe, wenn die Polizei eine ganze Sippe von armen Großstädtern NICHT daran hindert, auf das Grundstück eines Milliardärs zu stürmen, um von seinem Reichtum zu leben, nur weil etliche Kinder in der Sippe große und liebevolle Kulleraugen haben und alle als ganz schwach erscheinen?
elisabethvonthüringen
Weitere Hilfe, um die VAT2 Kirche zu verstehen... 🤐