Verehrter Herr
@Klaus Elmar Müller Ich danke für Ihr großherziges Lob - und ergänze, daß Sie (als wahrscheinlicher Lehrer?) sicher noch sehr viel mehr Dinge kennen, die ein Dilettant wie ich nicht kennt!
Ad 1.&3.: "Alle Größe ist brüderlich." (GOMEZ DAVILA), d.h. gerade die GegenWart zeigt, daß dem Menschen, der sich zu GOTT aufplustert, nichts bleibt, gerade auch keine große Literatur, nur …
MoreVerehrter Herr
@Klaus Elmar Müller Ich danke für Ihr großherziges Lob - und ergänze, daß Sie (als wahrscheinlicher Lehrer?) sicher noch sehr viel mehr Dinge kennen, die ein Dilettant wie ich nicht kennt!
Ad 1.&3.: "Alle Größe ist brüderlich." (GOMEZ DAVILA), d.h. gerade die GegenWart zeigt, daß dem Menschen, der sich zu GOTT aufplustert, nichts bleibt, gerade auch keine große Literatur, nur noch ein paar primitive Krimis und SchundRomane. Wer sich aber klein macht, wie Sie oder GOETHE oder die Griechen mit ihrer SelbstErKenntnis, der hat das Leben und hat es in Fülle. [Ad 2.: SHAKESPEARE gehört auch dazu - nicht, weil Er privat kath. gewesen sein dürfte (was werden Ihm die Jesuiten in FrankReich schon beigebracht haben?); sondern, weil auch Er "das hohe Leben" (GEORGE) feierte: Besucht von Adeligen und einfachem Volke, verpönt von den "sittlich-hochanständigen" (d.i. ressentiment-zerfressenen) Puritaner-Krämern.] Ad 3.: Alles Formen basiert, wie gesagt, auf dem MaßHalten, der SelbstRelativierung des Menschen. Und deshalb gab es eine WahlVerwandtschaft aller Kunst&Kultur, ein ungezwungenes BeNutzen älterer (und vielleicht größerer) Brüder im Geiste (a la Karoling.Ren.). Dem gegenüber der neuzeitliche Bürger, der sich zur eigenen VerGOeTTlichung "Bildung erwerben" wollte, was rein barbarisch ist - "Gebildet ist jedes Zeitalter, das seine Kunst nicht in Museen steckt." (idem) - und im modernen Proletentum (bar jedlicher "Bildung") endete. Aber diese WahlVerwandtschaft früherer Epochen bedeutet nicht, daß sie sich in ihre Verwandten hätten hinein-denken/fühlen/leben können, was erst ab HERDER&Romantik möglich war. Die heutigen NeoKlassizisten mögen sich über unser "unwissenschaftliches" "EinFühlen" ja lustig machen, aber dies ermöglichte es z.B. F.RÜCKERT, ganze Sprachen über deren SprachGeist mittels weniger Vokabeln zu erahnen. Und damit offenbarten die Dt.Romantiker - vom Aufkläricht erzogene Protestanten (zu denen man diesen närrischen C.G. JUNG keinesFalls zählen darf) - das tiefste Wesen des Katholizismus: "Die Kirche ist eine Geschichte, die sich selbst als System dachte. Solange es keinen Historiker gab, der sie befragte, konnte die Kirche sich als von Anbeginn an unbeweglich erklären, ohne den unbewußten Prozess ihres historischen Metabolismus zu stören. Als sie aber ihre eigene Unermeßlichkeit als eine simple logische Struktur sah, bemühte sich die Kirche, diese Offensichtlichkeit abzustreiten anstatt implizite Kategorien ihrer Praxis theoretisch explizit werden zu lassen. So brachte sie einen Integrismus hervor, der ihr Hinzugewachsenes verbirgt und alternativ dazu einen Progressismus, der ihre Beständigkeit verletzt." "Anstatt Hermeneutik der Religion zu sein war die Theologie ein Rationalismus, der eine Struktur von Metaphern als System von Postulaten behandelte." "Die Entwicklung des christlichen Dogmas hätte explizit hermeneutisch sein müssen - wie sie es implizit gewesen ist - und nicht exegetisch, wie sie es explizit gewesen ist. Um den Verdrehungen des Theologen zu entgehen." "Die Konzile sind Zusammenkünfte von Hermeneutikern, nicht von Gesetzgebern. Die demokratische Interpretation der Konzilspraxis verfälscht den Katholizismus." "Ein extremer Rationalismus (Constitutio de Fide des 1. Vaticanums) und ein virulenter Anti-Historismus (Pontificia Commissio Biblica) hinderten die Kirche zu sehen, daß ein romantischer Heiliger Georg, vom Streitroß der Geschichte aus jene 'Vernunft', die die Kirche verschlingen wollte, mit seiner Lanze aufgespießt hätte." "Der Rationalismus ist der Hochmut der Vernunft, während ihre Demut die Geschichte ist. Der Rationalist hält die Existenz anderer Menschen für unnötig und überflüssig, während die Aufgabe des Historikers darin besteht, die Existenz der Übrigen zu feiern." "Das Christentum ist für den einfachen Beobachter eher ein neuer Typ der Hermeneutik als eine neue Religion. Ein System der geschichtlichen Hermeneutik angesichts der rationalistischen Hermeneutik. Das Christentum ist die Interpretation eines konkreten, unwiderruflichen, einmaligen Sachverhalts als Grund des Universums. Nach der christlichen Hermeneutik legt nicht die Vernunft die Bedeutung der Tatsachen fest. Es gibt im Gegenteil einen Tatbestand, der die Bedeutung der Vernunft bestimmt. Hier erwächst die Vernunft aus der Geschichte, aus einer Tatsache, die sich selbst transzendiert, aus einer empirischen Begebenheit, die zur axiologischen Norm wird. Das Christentum konstruiert in der Tat keine rationale Erklärung Christi sondern konstruiert das Universum als Summe der für die Existenz Christi notwendigen Postulate, verdeutlicht im Bewußtsein der Kirche. Das Christentum lehrt also eine Hermeneutik, die es uns verbietet, einen Wert zu definieren indem wir den Sachverhalt, der ihn hervorbringt, vorwegnehmen, eine Hermeneutik, welche uns die Geschichte zeigt, wie sie sich selbst in ihre axiologische Epiphanien transzendiert, eine Hermeneutik, in der das konkrete Werk sich als verstehbarer Grund erhebt. Radikal entgegengesetzt dem abstrakten Rationalismus ist das Christentum das höchste Paradigma der historischen Vernunft." "Unter dem Windhauch des zeitgenössischen Progressismus hat sich der Historiker in Luft aufgelöst und die Geschichte erneut den Händen des einfachen Gelehrten überlassen. Die moderne Gelehrsamkeit - verfeinerter als die des barocken Folianten, aber verfälscht durch hermeneutische Kategorien, die gleichermaßen anachronistisch sind - archiviert die Geschichte, diese subtile und fragile Erfindung einiger Reaktionäre des 19. Jahrhunderts."