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Virologe Giorgio Palu: 95 Prozent Infizierter in Italien symptomfrei

95 Prozent der am Covid-19 infizierten Italiener sind symptomfrei:: Dies berichtete der angesehene Virologe Giorgio Palu, Professor für Mikrobiologie und Virologie an der Universität von Padua in einem Zeitungsinterview. Entscheidend sei die Zahl der Patienten, die auf Intensivstationen eingeliefert werden. "Das ist die Zahl, die die Gefährlichkeit der Lage bezeugt. Dieses Virus hat eine relativ niedrige Letalität, es kann zwar töten, ist aber nicht die Pest".

Coronatest – nur fünf Prozent der Infizierten zeigten Symptome, sagt ein italienischer Virologe.
Coronatest – nur fünf Prozent der Infizierten zeigten Symptome, sagt ein italienischer Virologe.

Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im Juli dank der hohen Sommertemperaturen und den Sonnenstrahlen stark gesunken war, seien die Neuansteckungen nach der Rückkehr vom Urlaub und dem Beginn der Schule wieder gestiegen. "Das Problem ist nicht die Schule an sich, sondern die öffentlichen Verkehrsmittel, die acht Millionen Schüler nehmen. Es ist jedoch notwendig, dass die Schulen weiterhin offen bleiben", sagte der Experte.

Palu sprach sich gegen einen landesweiten Lockdown aus, wie er in Italien im März und April verhängt worden war. "Als Bürger bin ich gegen einen neuen Lockdown, weil dies für unsere Wirtschaft ein Selbstmord wäre. Als Wissenschafter bin ich dagegen, weil dies die Bildung unserer Jugend beeinträchtigen würde, die unsere Zukunft sind. Ich bin auch als Arzt gegen einen Lockdown, weil man mit einem Ausgangsverbot Personen, die an anderen Krankheiten wie Krebs leiden, den Zugang zu den Behandlungen versperrt. Dabei ist mit dem Covid-19 eine niedrige Sterberate verbunden. Wir müssen dieser Hysterie ein Ende setzen", sagte Palu.

Gegen einen neuen Lockdown sprach sich auch der Präsident des Obersten Gesundheitsinstituts (CSS), Franco Locatelli, aus, dessen Einrichtung die Regierung im Umgang mit der Coronavirus-Epidemie berät. Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen sei wesentlich niedriger als im vergangenen Frühjahr. Ein nächtliches Ausgangsverbot auf landesweiter Ebene würde die Gastronomie weiter belasten, die ohnehin in einer schweren Krise stecke. "Ein Lockdown hätte für das Land unerträgliche soziale und wirtschaftliche Folgen", warnte Locatelli im Interview mit der Tageszeitung "Il Fatto quotidiano" (Samstagsausgabe).

Angesichts einer stark steigenden Zahl von Neuinfektionen in Italien prüft die Regierung in Rom weitere restriktive Maßnahmen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie. Eine nächtliche Ausgangssperre ab 21.00 Uhr wird nicht ausgeschlossen, wie italienische Medien berichteten. In den öffentlichen Verkehrsmitteln soll die Zahl der Personen weiter reduziert werden.

KOMMENTARE (4)

Rudolf Pirnbacher

Handelt es sich hier um eine verifizierte Studie? Oder wird etwas unüberprüft von der APA übernommen, wodurch die Bevölkerung weiter verunsichert wird und Verschwörungstheorien Auftrieb erhalten? Das RKI in Deutschland, dem hohe Kompetenz bezüglich SARS COV 2 zugeschrieben wird, gibt den Manifestationsindex, also den Anteil der Infizierten, die auch tatsächlich erkrankt sind, mit 55 bis 85 % an. Das wären in Summe für präsymptomatisch und asymptomatisch Infizierte nur 15 bis 45 %. Das RKI gibt an, dass asymptomatische Ansteckungen eine untergeordnete Rolle spielen. Weiters hat die APA am 22.9.2020 von einer Studie berichtet, in der nur 20 % der Infizierten symptomfrei bleiben. Konkret wurden 79 Studien ausgewertet. Demnach blieben von 6.616 Personen nur 1.287 während der gesamten Krankheitsdauer asymptomatisch. Bei etwa 80 Prozent hingegen traten früher oder später Symptome auf.
Antworten

Christian Linhart

Guter Punkt, Herr Duschek, dass man bei einer Prävalenzstudie zusätzlich zu PCR tests auch Antikörpertests durchführen sollte. Zusätzlich dazu ist es zwingend erforderlich, eine Prävalenzstudie mit einer zufällig ausgewählten und repräsentativen Stichprobe der Bevölkerung durchzuführen, um einen Selection-bias auszuschliessen. Die normale Teststrategie für das Contact-Tracing hat ja einen sehr starken Selection-Bias und daher ist das damit gewonnene Zahlenmaterial nicht für eine Prävalenzstudie brauchbar. (und daher auch nur sehr bedingt als Entscheidungsbasis für Massnahmen brauchbar) Bei einer solchen Stichprobe müssten sowohl die Symptome der positiv getesteten als auch die Symptome der negativ getesteten Personen erhoben werden. Damit kann man dann die Häufigkeit und Schwere Symptome der beiden Gruppen vergleichen und somit die Symptome statistisch herausrechnen die nicht durch den Sars-Cov2 Virus verursacht werden. Um so ein (oder besseres) Studiendesign zu bekommen, müsste man halt auch mit Mathematikern mit Spezialgebiet Statistik, und mit Epidemiologen sprechen. Experten beider Fachgebiete sind dafür qualifiziert, solche Studien in Zusammenarbeit zu entwerfen. Virolgen dagegen sind nicht notwendigerweise in Statistik bzw der Ausbreitungsdynamik von Krankheiten in der Bevölkerung qualifiziert. Dafür gibt es eben die Fachgebiete Epidemiologie und Statistik. (Manche Virologen haben auch Fachkenntnisse in Epidemiologie und Statistik, d.h. es ist nicht so pauschal zu sagen, ob Virologen in Epidemiologie bzw Statistik qualifiziert sind.) Eine solche Studie wäre recht aufwendig, weil man je nach Durchseuchungsgrad der Bevölkerung eine relativ große Stichprobe von 10000 oder gar 100000 Menschen brauchen könnte. Je größer der Durchseuchungsgrad, desto kleiner kann die Stichprobe sein. Allerdings rechtfertigen wohl die Schwere der Krise und die Kosten der Krise den Aufwand so einer Studie. Eine Studie basierend auf einer zufällig ausgewählten Stichprobe hat auch einer der etwas kritischeren Experten gefordert, der im ORF mal interviewt wurde. (Dr Vander. "statistisch gut definierte Kohorten", 2:48 in https://www.youtube.com/watch?v=KxKnFSEv7Bs ) Ich pflichte Herrn Duschek bei, dass man für eine professionellere Vorgangsweise auch andere Meinungen zulassen müsste und das ganze Meinungsspektrum der Experten heranziehen müsste. Das ist von der Politik leider versäumt worden. Wenn einer der Gründe tatsächlich ist, dass mache Politiker nicht die Charakterstärke haben, einen eignen Irrtum zuzugeben, dann ist das wohl sehr traurig.

Klaus Duschek

Um es klar zu formulieren - die Zahlen, auf die sich Univ. Prof. Palu von der WHO bezieht, stammen aus der Auswertung von 61 Prävalenzstudien (also Verbreitungsstudien auf Basis von Blutuntersuchungen) durch Univ. Prof. Dr. Ioannidis (dem führenden Experten für Infektionskrankheiten und Medizinstatistiker von der Stanford-Universität) und gehen extrem vorsichtig geschätzt von zumindest 10 Prozent "Durchseuchung" aus, was für Österreich grob eine Verzehnfachung der offiziellen Zahlen bedeuten würde. Weiters ist Herrn Linhart absolut beizupflichten - man hätte schon längst valide Prävalanzstudien für Österreich machen können und müssen (dafür fehlte wohl Kurz und Anschober (sowie deren "Experten") das Wissen und die Weitsicht). So könnte man zumindest schon längst bei den PCR-Testungen anbieten, parallel dazu einen Bluttest zu machen, ob nicht bei den PCR-Negativen auch Personen zu finden sind, die bereits Antikörper aufweisen, womit klar wäre, dass sie schon eine Covid-Infektion "erfolgreich" abgeschlossen haben und geheilt sowie nach heutigem Kenntnisstand für zumindest ein halbes Jahr immun sind. Statt dessen testet man wie wild und sauteuer nur mit PCR - und erhält damit eine Momentaufnahme, die fünf Minuten nach Testabnahme schon nicht mehr stimmen muss; von der Frage der Qualität der Probenentnahme durch ungelernte Hilfskräfte ganz abgesehen. Aber für all das hätte man das selbst gezimmerte Podest der absoluten Weisheit (Kurz/Anschober) verlassen und andere Meinungen zulassen müssen - damit natürlich verbunden das für Kurz untragbare Risiko zugeben zu müssen, dass er sich geirrt hätte, was ein Narzisst wie er nie tun könnte!

Christian Linhart

Die Frage der Quote asymptomatischen Personen mit positivem PCR test ist mit dem vorliegenden Zahlenmaterial schwer zu beantworten. Um diese Frage zu beantworten, müsste eine ausreichend große, repräsentative und zufällig ausgewählte Stichprobe der Bevölkerung getestet und dann deren Symptome beobachtet werden, So eine Studie wurde meines Wissens nach nie durchgeführt. (Falls doch, bitte Poste Sie hier einen Link zu dem Paper) Das aktuelle Zahlenmaterial ist statistisch gesehen nicht sonderlich aussagekräftig, weil die Teststrategie ja gezielt Personen mit Symptomen bzw deren Kontaktpersonen herauspickt. Das erzeugt einen starken "selection bias", der eine seriöse Bestimmung der Rate der symptomfreien Menschen mit positivem PCR-test nicht zulässt. Das erklärt, warum unterschiedliche Wissenschafter so unterschiedliche Zahlen bzgl der symptomfreien Menschen mit positivem PCR test präsentieren.