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Santiago_
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Eucharistie u. Materie: L. Scheffczyks Theologie der eucharistischen Wandlung. Dr. Johannes Nebel referiert über "Eucharistie und Materie: Leo Scheffczyks Theologie der eucharistischen Wandlung im …Mehr
Eucharistie u. Materie: L. Scheffczyks Theologie der eucharistischen Wandlung.

Dr. Johannes Nebel referiert über "Eucharistie und Materie: Leo Scheffczyks Theologie der eucharistischen Wandlung im Lichte einiger Aspekte der neueren Diskussion."
„Aus säkularem Blickwinkel kann man die christliche Botschaft solange bequem tolerieren, wie ihre Kernwahrheiten – z.B. Menschwerdung, Erlösungstod, Auferstehung und Himmelfahrt Christi – unausgesprochen und unterschwellig für ’nicht ganz wirklich‘ gehalten werden: Überwiegt die Empfindung bloßer ‚Ideen‘, kann man das Christliche recht friedlich in moderne Meinungsvielfalt untermischen. Was aber nur gedankliche Anregung ist, hat keine missionarische Kraft. Das macht klar: Um die ‚Wirklichkeit‘ müssen wir im gläubigen Denken ringen, nur dann wird Neuevangelisierung „Salz der Erde“ (Mt 5,13)! Dieser Vortrag geht vom Denken des großen Dogmatikers und Kardinals Leo Scheffczyk (1920-2005) aus. Der Bezug zur Wirklichkeitsfrage wird erschlossen anhand der eucharistischen Wandlung, die Scheffczyk in einem brillanten frühen Aufsatz mit der „materiellen Welt“ konfrontierte. Leider sind seine Gedanken in den folgenden Jahrzehnten – bis heute – praktisch vergessen worden. Dagegen hat ein von Bernhard Welte (1906-1983) angestoßenes, von der Philosophie Heideggers mitgeprägtes Eucharistieverständnis in moderner Theologie einen Siegeszug angetreten. Spannend ist, wie der nunmehrige Passauer Bischof Stefan Oster in seiner Habilitationsschrift Erträge dieser Grundrichtung – von Gadamer herkommend – in großer Zusammenschau differenziert mit Thomas von Aquin konfrontiert. Wieweit wird das bei Scheffczyk Aufzeigbare darin eingeholt?“
Santiago_
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SimonK
Woher haben Sie immer nur die unfassbar interessanten Beiträge und Videos? Vielen Dank nochmal für Ihre Arbeit!
Santiago_
Sehr gerne!
M.RAPHAEL
Der Hintergrund ist folgender: Gibt es die Welt nur in unserem Kopf oder ist sie real, als ein tatsächliches faktisches Gegenüber? Entsprechend stellt sich die Frage, was genau in der Transsubstantiation passiert?
Die Tradition versteht die Transsubstantiation als die Wandlung der Substanz von Brot und Wein in die Substanz von Fleisch und Blut unseres Herrn. Die sichtbaren Gestalten, die Hostienscheibe …Mehr
Der Hintergrund ist folgender: Gibt es die Welt nur in unserem Kopf oder ist sie real, als ein tatsächliches faktisches Gegenüber? Entsprechend stellt sich die Frage, was genau in der Transsubstantiation passiert?

Die Tradition versteht die Transsubstantiation als die Wandlung der Substanz von Brot und Wein in die Substanz von Fleisch und Blut unseres Herrn. Die sichtbaren Gestalten, die Hostienscheibe und die Weinflüssigkeit, sind die Akzidenzien, quasi die „nur“ äußeren, zufälligen Eigenschaften, die sich trotz der Substanzwandlung nicht ändern. Das Problem besteht darin, dass, strenggenommen, nach der Wandlung die Akzidenzien in gewisser Weise trägerlos sind. Es handelt sich also um ein richtiges Wunder. Wie kann man das näher hin denken, damit es für den heutigen Menschen glaubwürdiger wird? P. Nebel präsentiert drei unterschiedliche Beispiele: Leo Scheffczyk (S.), Bernhard Welte (W.) und Bischof Oster (O.).

S. vertritt einen Heilsrealismus. Die Welt in der wir leben ist eine reale Außenwelt, die Gott heilsmäßig durchstrukturiert. Sie repräsentiert ein dingliches Gegenüber. Wir leben in ihr und erfahren uns durch sie selbst als real. Die Quantenphysik erlaubt uns die Materie nicht nur auf ihre messbare physikalische Realität zu reduzieren, sondern sie auch auf einer non lokalen transphysischen Ebene wahrzunehmen. Zwischen dieser realen transphysischen Materie und der metaphysischen Vorstellung in Bezug auf diese geschieht die Verwandlung der Substanzen faktisch ganz real. Das Trägerproblem in Bezug auf die sichtbare Gestalt stellt sich so nicht mehr, weil die Materie immer schon transphysisch ist. Nebel: „Der Einbezug des Materiellen in die Wandlungsauffassung verankert die personale Gegenwart Christi in der Eucharistie in den dinglichen Bereich. Dadurch wird sie für den Menschen erst wirklich real und damit sakral.“ Die reale Welt in der wir leben, verweist uns so auf Gott.

W. vertritt eine mehr oder weniger idealistische Position. Ein physikalisches An Sich gibt es so nicht. Die Welt gibt es nur ausgedeutet in unterschiedlichen menschlichen Bezugszusammenhängen. Eine Sache kann nur in ihrem jeweiligen Bezugszusammenhang verstanden werden. Nur im menschlichen Verstehen kommt eine Sache zu sich selbst. In der Transsubstantiation dekretiert Gott einen neuen Bezugszusammenhang. Vor der Wandlung versteht der Mensch Brot und Wein. Nach dem von Gott befohlenen neuen Verständnis in der Transsubstantiation erkennt der Mensch das Fleisch und Blut Christi.

O. sieht alle Realität durch eine personale Perspektive. Substanz ist personale Beziehung. Gott ist allgegenwärtig. Die Eucharistie ist der zeichenhafte und intensivste Ausdruck eines einzigartigen persönlichen Verhältnisses. Die Materie, die ohne persönlichen Bezug ist, ist unwichtig, mangelhaft. Die Transsubstantiation ist dann keine Wandlung von etwas in etwas anderes, sondern Überwindung von etwas Unterpersonalen in vollkommenen personalen Bezug. Die Substanz ist Bezug. In der Eucharistie wird sie zum Zeichen der vollkommenen Zuwendung Gottes.

Zusammenfassung und Bewertung: Der Nachteil der Positionen von W. und O. besteht darin, dass sie, typisch neuzeitlich, ein vom Menschen unabhängiges Sein nicht mehr denken können. Damit kann es aber auch keine reale göttliche Schöpfungsordnung mehr geben, der sich der Mensch unterwerfen muss. Wenn der Bezugsrahmen stimmt (W.) oder es persönliche Beziehungen gibt (O.), ist alles OK. Dann können auch Frauen geweiht werden und so weiter.

Nur S. zeigt klar, dass wir in der Welt Gottes leben und unsere Liebe gerade dadurch beweisen, dass wir unser Leben nach der darin enthaltenen und erkennbaren Ordnung zu gestalten haben, um Ihm wirklich zu gefallen. Nur diese Position kann der katholischen Tradition entsprechen. Leider wird genau das der Grund sein, warum sie kaum Resonanz gefunden hat. Wer will sich schon unterwerfen?

Übrigens mein Beitrag: Die Verklärung des Gewöhnlichen darf nicht als der Position von W. nahe verstanden werden. Auch in der realen Welt von S. hat jedes Ding seinen Platz, wie Gott ihn vorgesehen hat. Die reale Welt ist gemäß Seinem Willen immer schon ausstrukturiert. Deshalb können wir ihn aus der Welt herauslesen, eben die göttliche Schöpfungsordnung. W. denkt vom Menschen her, ich gehorche dem Herrn.
Santiago_
„Aus säkularem Blickwinkel kann man die christliche Botschaft solange bequem tolerieren, wie ihre Kernwahrheiten [...]unausgesprochen und unterschwellig für ’nicht ganz wirklich‘ gehalten werden: Überwiegt die Empfindung bloßer ‚Ideen‘, kann man das Christliche recht friedlich in moderne Meinungsvielfalt untermischen. Was aber nur gedankliche Anregung ist, hat keine missionarische Kraft. Das …Mehr
„Aus säkularem Blickwinkel kann man die christliche Botschaft solange bequem tolerieren, wie ihre Kernwahrheiten [...]unausgesprochen und unterschwellig für ’nicht ganz wirklich‘ gehalten werden: Überwiegt die Empfindung bloßer ‚Ideen‘, kann man das Christliche recht friedlich in moderne Meinungsvielfalt untermischen. Was aber nur gedankliche Anregung ist, hat keine missionarische Kraft. Das macht klar: Um die ‚Wirklichkeit‘ müssen wir im gläubigen Denken ringen, nur dann wird Neuevangelisierung „Salz der Erde“ (Mt 5,13)!