ERSTES KAPITEL
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deine Gedanken“
Das erste Gebot:
Ich bin der Herr, dein Gott.
Du sollst keine anderen Götter neben mir haben
442. Was beinhaltet die Aussage Gottes: „Ich bin der Herr, dein Gott“ (Ex 20, 2)?
2083-2094
2133-2134
Sie beinhaltet für den Gläubigen, die drei göttlichen Tugenden zu bewahren …More
ERSTES KAPITEL
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deine Gedanken“
Das erste Gebot:
Ich bin der Herr, dein Gott.
Du sollst keine anderen Götter neben mir haben
442. Was beinhaltet die Aussage Gottes: „Ich bin der Herr, dein Gott“ (Ex 20, 2)?
2083-2094
2133-2134
Sie beinhaltet für den Gläubigen, die drei göttlichen Tugenden zu bewahren und zu entfalten und die Sünden zu meiden, die ihnen entgegenstehen. Der Glaube hält an Gott fest und weist alles zurück, was ihm widerspricht, wie zum Beispiel den freiwilligen Glaubenszweifel, den Unglauben, die Häresie, die Apostasie und das Schisma. Die Hoffnung erwartet voll Vertrauen die beseligende Schau Gottes und seine Hilfe, und sie meidet Verzweiflung und Vermessenheit. Die Liebe liebt Gott über alles: Darum müssen Gleichgültigkeit, Undankbarkeit, Lauheit, Überdruss oder geistige Trägheit und der Hass gegen Gott, der dem Stolz entspringt, gemieden werden.
443. Was verlangt das Wort des Herrn: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen“ (Mt 4, 10)?
2095-2105
2135-2136
Es verlangt: Gott als den Herrn aller Dinge anbeten; ihm einzeln und gemeinschaftlich die ihm gebührende Verehrung erweisen; in Lob, Dank und Bitte zu ihm beten; ihm Opfer darbringen, vor allem das geistige Opfer unseres Lebens in Vereinigung mit dem vollkommenen Opfer Christi; die ihm gemachten Versprechen und Gelübde einhalten.
444. Wie übt der Mensch sein Recht aus, Gott in Wahrheit und in Freiheit zu ehren?
2104-2109
2137
Jeder Mensch hat das Recht und die moralische Pflicht, die Wahrheit, besonders in dem, was Gott und seine Kirche betrifft, zu suchen und die erkannte Wahrheit aufzunehmen und treu zu bewahren, indem er Gott echte Verehrung erweist. Zugleich verlangt die Würde der menschlichen Person, dass im religiösen Bereich niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, einzeln oder in Verbindung mit anderen innerhalb der gerechten Grenzen der öffentlichen Ordnung nach seinem Gewissen zu handeln.
445. Was verbietet das Gebot Gottes: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (Ex 20, 2)?
2110-2128
2138-2140
Dieses Gebot verbietet:
die Vielgötterei und den Götzendienst, der ein Geschöpf, die Macht, das Geld oder sogar den Teufel anstelle Gottes verehrt;
den Aberglauben, der eine Entgleisung der Verehrung ist, die dem wahren Gott gebührt, und der auch in den verschiedenen Formen der Wahrsagerei, der Magie, der Zauberei und des Spiritismus zum Ausdruck kommt;
die Verfehlungen gegen die Gottesverehrung: die Versuchung Gottes in Worten oder Taten; das Sakrileg, bei dem geweihte Personen oder Gegenstände, vor allem die Eucharistie, entweiht werden; die Simonie, also die Absicht, geistliche Dinge zu kaufen oder zu verkaufen;
den Atheismus, der die Existenz Gottes leugnet und oft auf einer falschen Auffassung von der menschlichen Autonomie gründet;
den Agnostizismus, demzufolge man über Gott nichts wissen kann und der auch die Gleichgültigkeit und den praktischen Atheismus einschließt.
446. Verbietet das Gebot Gottes: „Du sollst dir kein Gottesbild machen…“ (Ex 20, 4) die Verehrung der Bilder?
2129-2132
2141
Im Alten Testament untersagte dieses Gebot, den absolut transzendenten Gott darzustellen. Ausgehend von der Menschwerdung des Sohnes Gottes ist die christliche Verehrung der heiligen Bilder gerechtfertigt (wie das zweite Konzil von Nizäa im Jahr 787 bestätigt), denn sie beruht auf dem Mysterium des Mensch gewordenen Sohnes Gottes, in dem der transzendente Gott sichtbar wird. Es geht dabei nicht um die Anbetung eines Bildes, sondern um die Verehrung der Person, die auf dem Bild dargestellt ist: Christus, die Jungfrau, die Engel oder die Heiligen.
Das Zweite Gebot:
Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren
447. Wie achtet man die Heiligkeit des Namens Gottes?
2142-2149
2160-2162
Man achtet den heiligen Namen Gottes, wenn man ihn anruft, ihn preist, ihn lobt und ihn verherrlicht. Darum sind zu meiden: der Missbrauch, sich auf den Namen Gottes zu berufen, um ein Verbrechen zu rechtfertigen, sowie jeder ungeziemende Gebrauch seines Namens; die Gotteslästerung, die ihrer Natur nach eine schwere Sünde ist; die Flüche und die Untreue gegenüber den im Namen Gottes gemachten Versprechen.
448. Warum ist der Meineid verboten?
2150-2151
2163-2164
Weil man damit Gott, der die Wahrheit selbst ist, zum Zeugen für eine Lüge nimmt.
„Schwöre nicht, weder beim Schöpfer noch beim Geschöpf, es sei denn mit Wahrheit, aus Notwendigkeit und mit Ehrfurcht!“ (hl. Ignatius von Loyola).
449. Was ist der Eidbruch?
2152-2155
Eidbruch bedeutet, unter Eid ein Versprechen abzulegen, das man gar nicht zu halten beabsichtigt oder nachträglich bricht. Der Eidbruch ist eine schwere Sünde gegen Gott, der seine Versprechen stets treu hält.
Das dritte Gebot:
Du sollst den Tag des Herrn heiligen
450. Warum hat Gott „den Sabbattag gesegnet und ihn für heilig erklärt“ (Ex 20, 11)?
2168-2172
2189
Weil man am Sabbat der Ruhe Gottes am siebten Schöpfungstag gedenkt, wie auch der Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens und des Bundes, den der Herr mit seinem Volk geschlossen hat.
451. Wie verhält sich Jesus gegenüber dem Sabbat?
2173
Jesus anerkennt die Heiligkeit des Sabbat und gibt mit göttlicher Autorität dessen wahren Sinn an: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Mk 2, 27).
452. Warum wurde der Sabbat für die Christen durch den Sonntag ersetzt?
2174-2176
2190-2191
Weil der Sonntag der Tag der Auferstehung Christi ist. Als „erster Tag der Woche“ (Mk 16, 2) erinnert er an die erste Schöpfung; als „achter Tag“, der auf den Sabbat folgt, verweist er auf die mit der Auferstehung Christi angebrochene neue Schöpfung. So ist der Sonntag für die Christen zum ersten aller Tage und aller Feste geworden: zum Tag des Herrn, an dem Christus durch sein Pascha den geistlichen Sinn des jüdischen Sabbat zur Vollendung führt und die ewige Ruhe des Menschen in Gott ankündigt.
453. Wie heiligt man den Sonntag?
2177-2185
2192-2193
Die Christen heiligen den Sonntag und die anderen gebotenen Feiertage, indem sie an der Eucharistie des Herrn teilnehmen und sich jener Tätigkeiten enthalten, die die Gottesverehrung behindern oder die dem Herrentag eigene Freude und die notwendige geistige und körperliche Erholung stören. Gestattet sind Tätigkeiten, die mit familiären Verpflichtungen oder wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben zusammenhängen - unter der Voraussetzung, dass sie nicht zu Gewohnheiten führen, die für die Sonntagsheiligung, für das Familienleben und für die Gesundheit nachteilig sind.
454. Warum ist es wichtig, dass der Sonntag als gesetzlicher Feiertag anerkannt wird?
2186-2188
2194-2195
Damit alle Menschen tatsächlich die Möglichkeit haben, über ausreichende Ruhe und Muße zu verfügen und so das religiöse, familiäre, kulturelle und gesellschaftliche Leben pflegen zu können; für Betrachtung, Besinnung, Stille und Bildung in angemessener Weise Zeit zu finden; und sich guten Werken, vor allem dem Dienst an kranken und alten Menschen, widmen zu können.
ZWEITES KAPITEL
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“
Das vierte Gebot:
Du sollst Vater und Mutter ehren
455. Was gebietet das vierte Gebot?
2196-2200
2247-2248
Es gebietet, dass wir unsere Eltern und diejenigen achten und ehren, die Gott zu unserem Wohl mit seiner Autorität ausgestattet hat.
456. Welches ist die Natur der Familie gemäß dem Plan Gottes?
2201-2206
2249
Ein Mann und eine Frau, die miteinander verheiratet sind, bilden mit ihren Kindern eine Familie. Gott hat die Familie gestiftet und ihr die grundlegende Verfassung gegeben. Ehe und Familie sind auf das Wohl der Gatten sowie auf die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet. Zwischen den Mitgliedern einer Familie entstehen persönliche Beziehungen und grundlegende Verantwortungen. In Christus wird die Familie zur Hauskirche, denn sie ist eine Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.
457. Welchen Platz nimmt die Familie in der Gesellschaft ein?
2207-2208
Die Familie ist die Urzelle der menschlichen Gesellschaft. Sie geht jeder Anerkennung durch die öffentliche Autorität voraus. Die familiären Prinzipien und Werte bilden die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens. Das Familienleben ist eine Einübung in das gesellschaftliche Leben.
458. Welche Pflichten hat die Gesellschaft gegenüber der Familie?
2209-2213
2250
Die Gesellschaft hat die Pflicht, Ehe und Familie mit Rücksicht auf das Subsidiaritätsprinzip zu stützen und zu stärken. Die staatlichen Gewalten müssen die wahre Eigenart von Ehe und Familie, die öffentliche Sittlichkeit sowie die Rechte der Eltern und den häuslichen Wohlstand anerkennen, hüten und fördern.
459. Welche Pflichten haben die Kinder gegenüber ihren Eltern?
2214-2220
2251
Die Kinder schulden ihren Eltern Achtung, Dankbarkeit, Folgsamkeit und Gehorsam. Auf diese Weise, und auch durch gute Beziehungen zwischen den Geschwistern, tragen sie zu einer wachsenden Harmonie und Heiligkeit des ganzen Familienlebens bei. In Not, Krankheit, Einsamkeit und im Alter sollen die erwachsenen Kinder ihren Eltern moralisch und materiell beistehen.
460. Welche Pflichten haben die Eltern gegenüber ihren Kindern?
2221-2231
Die Eltern, die an der göttlichen Vaterschaft teilhaben, sind für die Kinder die Erstverantwortlichen in der Erziehung und die ersten Glaubensboten. Sie haben die Pflicht, ihre Kinder als Personen und als Kinder Gottes zu lieben und zu achten und so weit wie möglich für ihre leiblichen und geistigen Bedürfnisse zu sorgen. Sie sollen für die Kinder eine geeignete Schule wählen und ihnen mit klugen Ratschlägen bei der Wahl des Berufes und des Lebensstandes beistehen. Insbesondere haben sie die Aufgabe, sie im christlichen Glauben zu erziehen.
461. Wie erziehen die Eltern ihre Kinder im christlichen Glauben?
2225-2226
2252-2253
Hauptsächlich durch das Beispiel, das Gebet, die Familienkatechese und die Teilnahme am kirchlichen Leben.
462. Sind die familiären Bindungen ein absoluter Wert?
2232-2233
Die Familienbande sind zwar wichtig, aber nicht absolut. Denn die erste Berufung des Christen besteht darin, Christus nachzufolgen und ihn zu lieben: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig“ (Mt 10, 37). Freudig sollen die Eltern ihren Kindern helfen, Jesus nachzufolgen, und zwar in jedem Lebensstand, auch im gottgeweihten Leben oder im priesterlichen Dienst.
463. Wie ist die Autorität in den verschiedenen Bereichen der bürgerlichen Gesellschaft auszuüben?
2234-2237
2254
Sie ist immer als ein Dienst auszuüben. Dabei müssen die Grundrechte des Menschen, eine gerechte Rangordnung der Werte, die Gesetze, die austeilende Gerechtigkeit und das Prinzip der Subsidiarität beachtet werden. Jeder muss bei der Ausübung der Autorität das Interesse der Gemeinschaft und nicht den persönlichen Vorteil suchen und seine Entscheidungen an der Wahrheit über Gott, den Menschen und die Welt ausrichten.
464. Welche Pflichten haben die Bürger gegenüber den staatlichen Behörden?
2238-2241
2255
Die der Autorität Unterstellten sollen ihre Vorgesetzten als Diener Gottes ansehen und mit ihnen in loyaler Weise zusammenarbeiten, damit das öffentliche und gesellschaftliche Leben gut funktioniert. Dies beinhaltet die Heimatliebe und den Einsatz für das Vaterland, das Recht und die Pflicht zur Teilnahme an Wahlen, das Zahlen der Steuern, die Landesverteidigung und das Recht auf eine konstruktive Kritik.
465. Wann darf der Bürger den staatlichen Behörden nicht gehorchen?
2242-2246
2256-2257
Der Bürger hat die Gewissenspflicht, nicht zu gehorchen, wenn Gesetze der staatlichen Behörden den Forderungen der sittlichen Ordnung widersprechen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5, 29).
Das fünfte Gebot:
Du sollst nicht töten
466. Warum muss das menschliche Leben geachtet werden?
2258-2262
2318-2320
Weil es heilig ist. Von seinem Beginn an bedarf es der Schöpfermacht Gottes und bleibt für immer in einer besonderen Beziehung zu seinem Schöpfer, der sein einziges Ziel ist. Niemandem ist es erlaubt, ein unschuldiges menschliches Wesen direkt zu zerstören, weil dies schwer gegen die Menschenwürde und gegen die Heiligkeit des Schöpfers verstößt. „Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben“ (Ex 23, 7).
467. Warum verstößt die rechtmäßige Verteidigung von Menschen und Gesellschaften nicht gegen diese Norm?
2263-2265
2321
Weil es bei der Notwehr um die Entscheidung zur Selbstverteidigung und um die Geltendmachung des Lebensrechtes seiner selbst oder anderer und nicht um die Entscheidung zur Tötung geht. Die Notwehr kann für den, der für das Leben anderer verantwortlich ist, sogar eine schwerwiegende Verpflichtung sein. Die eingesetzte Gewalt darf jedoch das notwendige Maß nicht überschreiten.
468. Wozu dient eine Strafe?
2266
Eine Strafe, die von einer rechtmäßigen öffentlichen Autorität verhängt wird, hat das Ziel, die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wieder gutzumachen, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Personen zu verteidigen und zur Besserung des Schuldigen beizutragen.
469. Welche Strafe darf verhängt werden?
2266-2267
Die verhängte Strafe muss der Schwere der Straftat angemessen sein. Infolge der Möglichkeiten, über die der Staat verfügt, um das Verbrechen zu unterdrücken und den Täter unschädlich zu machen, sind heute die Fälle, in denen die Todesstrafe absolut notwendig ist, „schon sehr selten oder praktisch überhaupt nicht mehr gegeben“ (Enzyklika Evangelium vitae). Wenn unblutige Mittel hinreichend sind, hat sich die Autorität an diese Mittel zu halten, denn sie entsprechen besser den konkreten Bedingungen des Gemeinwohls, sind der Würde der Person angemessener und nehmen dem Schuldigen nicht endgültig die Möglichkeit der Besserung.
470. Was verbietet das fünfte Gebot?
2268-2283
2322-2325
Das fünfte Gebot verbietet als schwerwiegende Verstöße gegen das Sittengesetz:
den direkten und willentlichen Mord und die Beihilfe dazu;
die direkte Abtreibung, als Ziel oder als Mittel gewollt, und die Mitwirkung daran; dieses Vergehen wird mit der Exkommunikation bestraft, weil das menschliche Wesen von der Empfängnis an in seiner Unversehrtheit absolut zu achten und zu schützen ist;
die direkte Euthanasie, die darin besteht, dass man durch eine Tat oder die Unterlassung einer geschuldeten Handlung dem Leben behinderter, kranker oder sterbender Menschen ein Ende setzt;
den Selbstmord und die freiwillige Beihilfe dazu, weil er ein schwerer Verstoß gegen die rechte Liebe zu Gott, zu sich selbst und zum Nächsten ist. Die Verantwortung dafür kann aufgrund eines Ärgernisses verstärkt oder wegen besonderer psychischer Störungen oder schwerer Furcht vermindert werden.
471. Welche medizinischen Verfahren sind gestattet, wenn der Tod unmittelbar bevorsteht?
2278-2279
Die Pflege, die man gewöhnlich einer kranken Person schuldet, darf nicht abgebrochen werden. Erlaubt sind dagegen die Verwendung schmerzlindernder Mittel, die nicht auf den Tod abzielen, sowie der Verzicht auf die Anwendung medizinischer Verfahren, die in keinem Verhältnis stehen und bei denen es keine begründete Hoffnung auf einen positiven Ausgang gibt.
472. Warum muss die Gesellschaft jeden Embryo schützen?
2273, 2323
Das unveräußerliche Lebensrecht jedes Menschen von der Empfängnis an ist ein Grundprinzip der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Gesetzgebung. Wenn sich die Staatsmacht nicht in den Dienst der Rechte aller - und besonders der Schwächsten, zu denen die Ungeborenen gehören – stellt, werden die Grundmauern des Rechtsstaates untergraben.
473. Wie vermeidet man das Ärgernis?
2284-2287
2326
Das Ärgernis besteht darin, andere zum Bösen zu verleiten. Man vermeidet das Ärgernis, wenn man die Seele und den Leib der Person achtet. Wenn man andere absichtlich zu einer schlimmen Verfehlung verleitet, begeht man eine schwere Sünde.
474. Welche Pflicht haben wir gegenüber dem Leib?
2288-2291
Wir sollen in vernünftiger Weise für die eigene leibliche Gesundheit und die Gesundheit anderer Sorge tragen, dabei jedoch den Körperkult und jede Art von Übertreibungen meiden. Außerdem sind der Genuss von Drogen, die zu äußerst schweren Schädigungen der Gesundheit und des menschlichen Lebens führen, sowie das Übermaß an Speisen, Alkohol, Tabak und Medikamenten zu meiden.
475. Wann sind wissenschaftliche, medizinische oder psychologische Experimente an Personen oder Menschengruppen sittlich erlaubt?
2292-2295
Solche Experimente sind sittlich erlaubt, wenn sie im Dienst des ganzheitlichen Wohls der Person und der Gesellschaft stehen und keine unverhältnismäßigen Gefahren für das Leben und die physische und psychische Unversehrtheit der betroffenen Personen mit sich bringen; diese müssen entsprechend informiert und einverstanden sein.
476. Sind die Verpflanzung und das Spenden von Organen vor und nach dem Tod gestattet?
2296
Die Organverpflanzung ist sittlich annehmbar, wenn der Spender seine Zustimmung gegeben hat und keine übermäßigen Gefahren für ihn bestehen. Für die edle Tat der Organspende nach dem Tod muss der tatsächliche Tod des Spenders sicher feststehen.
477. Welche Handlungen stehen im Widerspruch zur Achtung der körperlichen Unversehrtheit der menschlichen Person?
2297-2298
Solche Handlungen sind: Entführungen und Geiselnahmen, Terrorismus, Folterung, Vergewaltigungen, direkte Sterilisation. Nur aus streng therapeutischen Gründen sind Amputationen und Verstümmelungen einer Person sittlich zulässig.
478. Welche Fürsorge schuldet man den Sterbenden?
2299
Sterbende haben ein Recht darauf, die letzten Momente ihres irdischen Daseins in Würde zu leben. Man soll ihnen vor allem durch das Gebet und die Sakramente beistehen, die auf die Begegnung mit dem lebendigen Gott vorbereiten.
479. Wie soll man die Leiber der Verstorbenen behandeln?
2300-2301
Die Leiber der Verstorbenen sind ehrfürchtig und liebevoll zu behandeln. Die Einäscherung ist gestattet, sofern sie nicht die Auferstehung des Fleisches in Frage stellen will.
480. Was fordert der Herr von jeder Person im Blick auf den Frieden?
2302-2303
2330
Der Herr, der jene selig preist, „die Frieden stiften“ (Mt 5, 9), fordert den Frieden des Herzens. Als unsittlich verurteilt er den Zorn, der das Verlangen nach Rache für ein erfahrenes Übel ist, sowie den Hass, der dem Nächsten absichtlich Böses wünscht. Wenn man diesen Haltungen willentlich und in Dingen von großer Bedeutung zustimmt, sind es schwere Sünden gegen die Liebe.
481. Was ist der Friede in der Welt?
2304-2305
Der Friede in der Welt, der für die Achtung und die Entfaltung des menschlichen Lebens erforderlich ist, besteht nicht einfach darin, dass kein Krieg ist oder ein Gleichgewicht der einander entgegengesetzten Kräfte herrscht. Der Friede ist die „Ruhe der Ordnung“ (hl. Augustinus), „das Werk der Gerechtigkeit“ (Jes 32, 17) und die Wirkung der Liebe. Der irdische Friede ist Abbild und Frucht des Friedens Christi.
482. Was ist für den Frieden in der Welt erforderlich?
2304-2306
Für den Frieden in der Welt ist erforderlich, dass die persönlichen Güter angemessen verteilt und gesichert sind, die Menschen frei miteinander verkehren können, die Würde der Personen und der Völker geachtet und die Gerechtigkeit und Brüderlichkeit unter den Menschen gepflegt werden.
483. Wann ist der Einsatz militärischer Gewalt sittlich gestattet?
2307-2309
Der Einsatz militärischer Gewalt ist sittlich gerechtfertigt, wenn die folgenden Bedingungen gleichzeitig gegeben sind: die Sicherheit, dass der erlittene Schaden dauerhaft und schwerwiegend ist; die Wirkungslosigkeit aller friedlichen Alternativen; ernsthafte Aussichten auf Erfolg; die Vermeidung von schlimmeren Schäden, auch in Anbetracht der Zerstörungskraft der modernen Waffen.
484. Wem obliegt im Fall der Kriegsgefahr die strenge Beurteilung dieser Bedingungen?
2309-2311
Sie kommt dem klugen Ermessen der Regierenden zu. Diese haben auch das Recht, den Bürgern die Pflicht zur nationalen Verteidigung aufzuerlegen. Sie sollen dabei das persönliche Recht jener achten, die den Waffengebrauch aus Gewissensgründen verweigern, aber dann die Pflicht haben, der Gemeinschaft in anderer Form zu dienen.
485. Was verlangt das sittliche Gesetz im Fall eines Krieges?
2312-2314
2328
Das sittliche Gesetz bleibt immer gültig, auch im Fall eines Krieges. Es verlangt, dass die Zivilbevölkerung, die verwundeten Soldaten und die Kriegsgefangenen menschlich behandelt werden. Vorsätzliche Handlungen gegen das Völkerrecht und Befehle, solche Handlungen auszuführen, sind Verbrechen, für die blinder Gehorsam kein Entschuldigungsgrund sein kann. Massenvernichtungen sowie die Ausrottung eines Volkes oder einer ethnischen Minderheit sind als schwerste Sünden zu verurteilen. Man ist sittlich verpflichtet, sich Befehlen zu widersetzen, die solche Verbrechen anordnen.
486. Was ist zu tun, um den Krieg zu vermeiden?
2315-2317
2327-2330
Wegen der Übel und Ungerechtigkeiten, die jeder Krieg mit sich bringt, muss alles getan werden, was vernünftigerweise möglich ist, um ihn auf jeden Fall zu verhindern. Insbesondere müssen vermieden werden: Anhäufung und Handel von Waffen außerhalb der gesetzlichen Regelungen durch rechtmäßige Gewalten; Ungerechtigkeiten vor allem in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht; ethnische und religiöse Diskriminierungen; Neid, Misstrauen, Stolz und der Geist der Rache. Alles, was unternommen wird, um diese und andere Übel zu beseitigen, trägt zum Aufbau des Friedens und zur Vermeidung des Krieges bei.
Das sechste Gebot:
Du sollst nicht Ehebrechen
487. Welche Aufgabe hat der Mensch in Bezug auf seine geschlechtliche Identität?
2331-2336
2392-2393
Gott hat den Menschen als Mann und Frau mit gleicher personaler Würde geschaffen und ihm die Berufung zur Liebe und zur Gemeinschaft eingeprägt. Jeder Mensch muss seine geschlechtliche Identität annehmen und ihre Bedeutung für die ganze Person, ihre spezifische Eigenart für Mann und Frau sowie ihre gegenseitige Ergänzung anerkennen.
488. Was ist die Keuschheit?
2337-2338
2395
Die Keuschheit ist die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person. Die Geschlechtlichkeit wird wahrhaft menschlich, wenn sie in rechter Weise in die Beziehung von Person zu Person integriert ist. Die Keuschheit ist eine sittliche Tugend, ein Geschenk Gottes, eine Gnade, eine Frucht des Geistes.
489. Was erfordert die Tugend der Keuschheit?
2339-2343
2346
Sie erfordert das Erlernen der Selbstbeherrschung als Ausdruck einer menschlichen Freiheit, die auf die Selbsthingabe ausgerichtet ist. Dazu bedarf es einer ganzheitlichen, ständigen Erziehung, die sich in graduellen Wachstumsschritten vollzieht.
490. Welche Mittel helfen, um die Keuschheit zu leben?
2340-2347
Es stehen viele Mittel zur Verfügung: die Gnade Gottes, die Hilfe der Sakramente, das Gebet, die Selbsterkenntnis, die Praxis einer den jeweiligen Situationen angepassten Askese, die Übung der sittlichen Tugenden, besonders der Tugend der Mäßigung, deren Ziel es ist, dass die Leidenschaften von der Vernunft geleitet werden.
491. In welcher Weise sind alle berufen, in Keuschheit zu leben?
2348-2350
2394
In der Nachfolge Christi, der das Vorbild der Keuschheit ist, sind alle berufen, ihrem jeweiligen Lebensstand entsprechend ein keusches Leben zu führen: die einen in der Jungfräulichkeit oder in der gottgeweihten Ehelosigkeit, die eine hervorragende Weise ist, sich leichter mit ungeteiltem Herzen Gott hinzugeben; die anderen, die verheiratet sind, indem sie die eheliche Keuschheit leben; und die Unverheirateten, indem sie enthaltsam leben.
492. Welche Hauptsünden gegen die Keuschheit gibt es?
2351-2359
2396
Sünden, die entsprechend der jeweiligen Natur des Gegenstandes schwer gegen die Keuschheit verstoßen, sind: Ehebruch, Selbstbefriedigung, Unzucht, Pornographie, Prostitution, Vergewaltigung, homosexuelle Handlungen. Diese Sünden sind Ausdruck des Lasters der Unkeuschheit. Wenn sie an Minderjährigen begangen werden, wiegen solche Handlungen noch schwerer, weil sie gegen deren physische und moralische Unversehrtheit verstoßen.
493. Weshalb verbietet das sechste Gebot alle Sünden gegen die Keuschheit, obwohl es lautet: „Du sollst nicht ehebrechen“?
2336
Auch wenn es im biblischen Text des Dekalogs heißt: „Du sollst nicht die Ehe brechen“ (Ex 20, 14), folgt die Überlieferung der Kirche den sittlichen Weisungen des Alten und des Neuen Testaments insgesamt und bezieht das sechste Gebot auf alle Sünden gegen die Keuschheit.
494. Welche Aufgabe haben die staatlichen Behörden in Bezug auf die Keuschheit?
2354
Da die staatlichen Behörden die Achtung der Menschenwürde zu fördern haben, sollen sie beitragen, ein für die Keuschheit günstiges Klima zu schaffen. Durch angemessene Gesetze müssen sie auch die Ausbreitung einiger der oben genannten schweren Vergehen gegen die Keuschheit verhindern, um vor allem die Minderjährigen und die Schwächsten zu schützen.
495. Welches sind die Güter der ehelichen Liebe, auf welche die Geschlechtlichkeit hingeordnet ist?
2360-2361
2397-2398
Die Güter der ehelichen Liebe, die für Getaufte durch das Sakrament der Ehe geheiligt ist, sind: Einheit, Treue, Unauflöslichkeit und Bereitschaft zur Fruchtbarkeit.
496. Welche Bedeutung hat der eheliche Akt?
2362-2367
Der eheliche Akt hat eine doppelte Bedeutung: die Vereinigung (die gegenseitige Hingabe der Gatten) und die Fortpflanzung (die Bereitschaft zur Weitergabe des Lebens). Niemand darf die untrennbare Verknüpfung, die Gott zwischen den beiden Bedeutungen des ehelichen Aktes gewollt hat, zerstören, indem er die eine oder die andere ausschließt.
497. Wann entspricht die Empfängnisregelung der sittlichen Ordnung?
2368-2369
2399
Die Empfängnisregelung, die ein Aspekt der verantwortlichen Vater- und Mutterschaft ist, entspricht objektiv der sittlichen Ordnung, wenn sie von den Eheleuten ohne äußeren Zwang und nicht aus Egoismus, sondern aus ernsthaften Gründen und mit Methoden vollzogen wird, die den objektiven Kriterien der Sittlichkeit entsprechen, das heißt durch zeitweilige Enthaltsamkeit und die Wahl von unfruchtbaren Perioden.
498. Welche Mittel zur Empfängnisregelung sind unsittlich?
2370-2372
2399
Jede Handlung ist in sich unsittlich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel. Solche Handlungen sind zum Beispiel die direkte Sterilisation oder die Empfängnisverhütung.
499. Warum sind künstliche Insemination und Befruchtung unsittlich?
2373-2377
Sie sind unsittlich, weil sie die Zeugung von dem Akt trennen, bei dem sich die Gatten einander hingeben, und so eine Herrschaft der Technik über den Ursprung und die Bestimmung der menschlichen Person errichten. Die Techniken der heterologen künstlichen Insemination und Befruchtung, bei denen eine dritte Person außer dem Ehepaar eingeschaltet wird, verletzen außerdem das Recht des Kindes, von einem Vater und einer Mutter abzustammen, die es kennt, die miteinander ehelich verbunden sind und die das ausschließliche Recht haben, dass der eine nur durch den anderen Vater oder Mutter wird.
500. Als was soll ein Kind angesehen werden?
2378, 2398
Das Kind ist ein Geschenk Gottes, das vorzüglichste Geschenk der Ehe. Es gibt kein Recht auf Kinder („das Kind, das einem um jeden Preis zusteht“). Das Kind hat jedoch das Recht, die Frucht des ehelichen Aktes seiner Eltern zu sein; es hat auch das Recht, vom Augenblick seiner Empfängnis an als Person geachtet zu werden.
501. Was können die Eheleute tun, wenn sie keine Kinder bekommen?
2379
Wenn Eheleuten, die alle berechtigten medizinischen Hilfsmittel ausgeschöpft haben, das Geschenk eines Kindes versagt bleibt, können sie ihren Großmut zeigen, indem sie Pflege- oder Adoptivkinder annehmen oder wichtige Dienste zugunsten des Nächsten erfüllen. Auf diese Weise werden sie in reichem Maße geistlich fruchtbar.
502. Welche Verstöße gegen die Würde der Ehe gibt es?
2380-2391
2400
Solche Verstöße sind: Ehebruch, Ehescheidung, Polygamie, Inzest, freies Verhältnis (Zusammenleben, Konkubinat), vor- und außerehelicher Geschlechtsverkehr.
Das siebte Gebot:
Du sollst nicht stehlen
503. Worum geht es im siebten Gebot?
2401-2402
Es geht um die allgemeine Bestimmung und Verteilung der Güter, um das Privateigentum und um die Achtung der Personen, ihrer Güter und der Unversehrtheit der Schöpfung. Die Kirche sieht in diesem Gebot auch das Fundament ihrer Soziallehre, die das rechte Handeln im wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben, das Recht und die Pflicht der menschlichen Arbeit, die Gerechtigkeit und die Solidarität unter den Nationen sowie die Liebe zu den Armen umfasst.
504. Unter welchen Voraussetzungen besteht das Recht auf Privateigentum?
2403, 2452
Das Recht auf Privateigentum besteht unter der Voraussetzung, dass man das Eigentum auf gerechte Weise erworben oder bekommen hat und die allgemeine Bestimmung der Güter zur Befriedigung der Grundbedürfnisse aller Menschen vorrangig bleibt.
505. Welchen Zweck hat das Privateigentum?
2404-2406
Das Privateigentum hat den Zweck, die Freiheit und die Würde der einzelnen Personen zu gewährleisten. Es soll ihnen zudem helfen, den Grundbedürfnissen jener nachzukommen, für die sie verantwortlich sind, und auch anderen beizustehen, die in Not leben.
506. Was gebietet das siebte Gebot?
2407-2415
2450-2451
Das siebte Gebot gebietet die Achtung fremden Gutes durch die Übung der Gerechtigkeit und der Liebe, der Mäßigung und der Solidarität. Insbesondere fordert dieses Gebot, dass gegebene Versprechen und geschlossene Verträge eingehalten werden, dass begangenes Unrecht wiedergutgemacht und unrecht erworbenes Gut zurückgegeben wird, dass die Unversehrtheit der Schöpfung geachtet wird, indem die Bodenschätze, die Pflanzen und Tiere in der ganzen Welt - unter besonderer Beachtung der vom Aussterben bedrohten Arten - klug und maßvoll genutzt werden.
507. Wie soll sich der Mensch den Tieren gegenüber verhalten?
2416-2418
2456-2457
Tiere sind Geschöpfe Gottes. Der Mensch soll sie mit Wohlwollen behandeln. Übertriebene Liebe zu Tieren ist ebenso zu meiden wie ihr wahlloser Gebrauch, vor allem für wissenschaftliche Experimente, welche die vernünftigen Grenzen überschreiten und die Tiere unnötig leiden lassen.
508. Was untersagt das siebte Gebot?
2408-2414
2453-2455
Das siebte Gebot untersagt vor allem den Diebstahl, also die widerrechtliche Aneignung fremden Gutes gegen den vernünftigen Willen des Besitzers. Das geschieht auch bei der Zahlung ungerechter Löhne, bei der Spekulation mit dem Wert von Gütern, um daraus zum Schaden anderer Gewinn zu ziehen, sowie bei der Fälschung von Schecks und Rechnungen. Das siebte Gebot verbietet außerdem Steuerhinterziehung und Betrug im Handel sowie mutwillige Beschädigung privaten oder öffentlichen Eigentums. Es untersagt auch Wucher, Bestechung, privaten Missbrauch von Gesellschaftseigentum, schuldhaft schlechte Ausführung von Arbeiten sowie Verschwendung.
509. Welchen Inhalt hat die Soziallehre der Kirche?
2419-2423
Die Soziallehre der Kirche ist eine organische Entfaltung der Wahrheit des Evangeliums über die Würde der menschlichen Person und seine gesellschaftliche Dimension. Sie enthält Grundsätze für die Reflexion, erarbeitet Maßstäbe des Urteilens und gibt Richtlinien und Orientierungen zum Handeln.
510. Wann mischt sich die Kirche im sozialen Bereich ein?
2420, 2458
Die Kirche mischt sich ein und fällt auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet ein sittliches Urteil, wenn die Grundrechte der Person, das Gemeinwohl oder das Heil der Seelen es erfordern.
511. Wie ist das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zu gestalten?
2426, 2459
Es ist - entsprechend seinen eigenen Methoden - im Rahmen der sittlichen Ordnung und der sozialen Gerechtigkeit so zu gestalten, dass es im Dienst des ganzen Menschen und der gesamten menschlichen Gemeinschaft steht. Der Mensch muss Urheber, Mitte und Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Lebens sein.
512. Was widerspricht der Soziallehre der Kirche?
2424-2425
Im Widerspruch zur Soziallehre der Kirche stehen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, welche die Grundrechte der Personen hintansetzen oder den Profit zu ihrem ausschließlichen Maßstab oder zu ihrem letzten Ziel erheben. Deshalb lehnt die Kirche die Ideologien ab, die in neuerer Zeit mit dem „Kommunismus“ oder mit atheistischen, totalitären Formen des „Sozialismus“ einhergehen. Außerdem weist sie den Individualismus und den absoluten Vorrang der Marktgesetze über die menschliche Arbeit in der Praxis des „Kapitalismus“ zurück.
513. Welche Bedeutung hat die Arbeit für den Menschen?
2427-2428
2460-2461
Die Arbeit ist für den Menschen eine Pflicht und ein Recht. Durch die Arbeit wirkt er mit dem Schöpfergott zusammen. Wenn der Mensch mit Einsatz und Kompetenz arbeitet, entfaltet er seine natürlichen Fähigkeiten, ehrt die Gaben des Schöpfers und die empfangenen Talente, sorgt für sich und die Seinen und dient der menschlichen Gemeinschaft. Darüber hinaus kann die Arbeit mit der Gnade Gottes ein Mittel der Heiligung und der Mitarbeit mit Christus für das Heil der anderen sein.
514. Auf welche Art der Arbeit hat jeder Mensch ein Recht?
2429-2430
2433-2434
Ohne ungerechte Zurücksetzung soll jedem Menschen der Zugang zu einer sicheren, ehrenwerten Arbeit offen stehen. Dabei ist auf die unternehmerische Freiheit und auf eine gerechte Entlohnung zu achten.
515. Welche Verantwortung hat der Staat bezüglich der Arbeit?
2431, 2433
Dem Staat obliegt es, für die Sicherheit der individuellen Freiheiten und des Eigentums sowie für eine stabile Währung und für leistungsfähige öffentliche Dienste zu sorgen. Der Staat hat die Ausübung der Menschenrechte im wirtschaftlichen Bereich zu überwachen und zu leiten. Den Umständen entsprechend soll die Gesellschaft den Bürgern helfen, Arbeit zu finden.
516. Welche Aufgabe haben die Unternehmensleiter?
2432
Die Unternehmensleiter sind für die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen ihrer Tätigkeiten verantwortlich. Sie sollen auf das Wohl der Menschen und nicht nur auf die Steigerung der Gewinne bedacht sein. Gewinne sind aber notwendig, um Investitionen, die Zukunft des Unternehmens, die Arbeitsplätze und eine positive Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens zu sichern.
517. Welche Pflichten haben die Arbeitnehmer?
2435-2436
Sie müssen ihre Arbeit gewissenhaft, mit Kompetenz und Hingabe erfüllen und sich bemühen, eventuelle Streitfragen im Dialog zu lösen. Gewaltloser Streik ist sittlich erlaubt, wenn er ein notwendiges Mittel zu einem angemessenen Nutzen darstellt und auf das Gemeinwohl Rücksicht nimmt.
518. Wie werden Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Nationen verwirklicht?
2437-2441
Auf internationaler Ebene müssen sich alle Nationen und Institutionen in Solidarität und Subsidiarität dafür einsetzen, dass Elend, Ungleichheit der Ressourcen und der ökonomischen Mittel, wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeiten, Ausbeutung der Menschen, Anhäufung der Schulden der armen Länder und unmoralische Mechanismen, welche die Entwicklung der wirtschaftlich schwachen Länder behindern, beseitigt oder wenigstens verringert werden.
519. Wie beteiligen sich die Christen am politischen und gesellschaftlichen Leben?
2442
Die gläubigen Laien greifen direkt in das politische und gesellschaftliche Leben ein, indem sie die irdischen Bereiche mit christlichem Geist durchdringen und als echte Zeugen des Evangeliums und als Diener des Friedens und der Gerechtigkeit mit allen zusammenarbeiten.
520. Woran orientiert sich die Liebe zu den Armen?
2443-2449
2462-2463
Die Liebe zu den Armen orientiert sich am Evangelium der Seligpreisungen und am Beispiel Jesu, der sich ständig den Armen zugewandt hat. Jesus hat gesagt: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25, 40). Die Liebe zu den Armen zeigt sich im Einsatz gegen die materielle Armut, auch gegen die zahlreichen Formen kultureller, moralischer und religiöser Armut. Die geistigen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit und die vielen Wohltätigkeitseinrichtungen, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, geben ein konkretes Zeugnis für die vorrangige Liebe zu den Armen, welche die Jünger Jesu kennzeichnet.
Das achte Gebot:
Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen
521. Welche Pflicht hat der Mensch gegenüber der Wahrheit?
2464-2470
2505
Jeder Mensch ist in seinen Taten und Worten zur Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit berufen. Jeder hat die Pflicht, die Wahrheit zu suchen, an der Wahrheit festzuhalten und sein ganzes Leben an den Forderungen der Wahrheit auszurichten. In Jesus Christus hat sich die Wahrheit Gottes voll und ganz gezeigt: Er ist die Wahrheit. Wer ihm nachfolgt, lebt im Geist der Wahrheit und hütet sich vor Doppelzüngigkeit, Falschheit und Heuchelei.
522. Wie legt man Zeugnis für die Wahrheit ab?
2471-2474
2505-2506
Der Christ muss die Wahrheit des Evangeliums in allen Bereichen seines öffentlichen und privaten Lebens bezeugen, nötigenfalls sogar mit dem Opfer seines eigenen Lebens. Das Martyrium ist das erhabenste Zeugnis, das man für die Wahrheit des Glaubens ablegen kann.
523. Was untersagt das achte Gebot?
2475-2487
2507-2509
Das achte Gebot untersagt:
das falsche Zeugnis, den Meineid und die Lüge, deren Schwere gemessen wird an der Natur der Wahrheit, die sie entstellt, an den Umständen, an den Absichten des Lügners sowie an den Nachteilen, die den Belogenen daraus erwachsen;
das vermessene Urteil, die üble Nachrede, die Diffamation und die Verleumdung, die den guten Ruf und die Ehre, auf die jeder Mensch ein Recht hat, mindern oder zerstören;
die Schmeichelei, die Lobhudelei oder Gefälligkeit, vor allem wenn sie auf schwere Sünden oder auf das Erlangen unrechtmäßiger Vorteile abzielen.
Eine Verfehlung gegen die Wahrheit verlangt Wiedergutmachung, wenn sie anderen Schaden zugefügt hat.
524. Was verlangt das achte Gebot?
2488-2492
2510-2511
Das achte Gebot verlangt die Achtung der Wahrheit, verbunden mit der Diskretion der Liebe: bei der Mitteilung und Information, die stets das persönliche und allgemeine Wohl, den Schutz des Privatlebens und die Gefahr des Ärgernisses berücksichtigen müssen; bei der Wahrung von Berufsgeheimnissen, die immer einzuhalten sind, außer in Sonderfällen bei Vorliegen entsprechend gewichtiger Gründe; und auch bei vertraulichen Mitteilungen, die unter dem Siegel der Verschwiegenheit gemacht wurden.
525. Wie sind die sozialen Kommunikationsmittel zu gebrauchen?
2493-2499
2512
Die Information durch Medien muss im Dienst des Gemeinwohls stehen, inhaltlich stets der Wahrheit entsprechen und bei Beachtung der durch Recht und menschliche Rücksichtnahme gezogenen Grenzen auch vollständig sein. Außerdem muss sie in der Ausdrucksweise ehrlich und angemessen sein und die sittlichen Grundsätze, die legitimen Rechte und die Würde der Person genau beachten.
526. Welche Beziehung besteht zwischen Wahrheit, Schönheit und sakraler Kunst?
2500-2503
2513
Die Wahrheit ist von sich aus schön. Sie bringt den Glanz geistiger Schönheit mit sich. Neben dem Wort gibt es zahlreiche Ausdrucksformen der Wahrheit, besonders die Kunstwerke. Sie sind die Frucht eines von Gott geschenkten Talentes und der Anstrengung des Menschen. Um wahr und schön zu sein, muss die sakrale Kunst das in Christus erschienene Mysterium Gottes erahnen lassen und verherrlichen und zur Anbetung und Liebe Gottes, des Schöpfers und Retters, führen, der die erhabene Schönheit der Wahrheit und der Liebe ist.
Das neunte Gebot:
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau
527. Was verlangt das neunte Gebot?
2514-2517
2528-2530
Das neunte Gebot verlangt, die fleischliche Begierde in Gedanken und Wünschen zu überwinden. Beim Kampf gegen diese Begierde bedarf es der Läuterung des Herzens und der Tugend der Mäßigung.
528. Was untersagt das neunte Gebot?
2518-2519
2531
Das neunte Gebot untersagt, Gedanken und Wünsche in Bezug auf Handlungen zu pflegen, die vom sechsten Gebot untersagt sind.
529. Wie erlangt man die Reinheit des Herzens?
2520, 2532
Mit der Gnade Gottes und im Kampf gegen die ungeordneten Begierden erlangt der Getaufte die Reinheit des Herzens durch die Tugend und die Gabe der Keuschheit, die lautere Absicht, den äußerlich und innerlich reinen Blick, die Beherrschung der Gefühle und der Phantasie und das Gebet.
530. Was verlangt die Reinheit darüber hinaus?
2521-2527
2533
Reinheit verlangt Schamhaftigkeit. Diese wahrt den Intimbereich des Menschen, bringt das Feingefühl der Keuschheit zum Ausdruck und lenkt Blicke und Gesten entsprechend der Würde der Personen und ihrer Gemeinschaft. Sie befreit von einer diffusen Erotik und hält von allem fern, was die krankhafte Neugier fördert. Sie verlangt auch eine Reinigung des gesellschaftlichen Umfeldes durch einen ständigen Kampf gegen die Permissivität der Sitten, die auf einem irrigen Verständnis der menschlichen Freiheit beruht.
Das zehnte Gebot:
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut
531. Was verlangt und was verbietet das zehnte Gebot?
2534-2543
2551-2554
Dieses Gebot ergänzt das vorangehende Gebot und verlangt eine innere Haltung der Achtung gegenüber fremdem Eigentum. Es verbietet die Gier, die ungezügelte Habsucht fremder Güter und den Neid, der darin besteht, dass man traurig ist, weil es einem anderen gut geht, und maßlos danach verlangt, sich dessen Gut anzueignen.
532. Was verlangt Jesus mit der Armut des Herzens?
2544-2547
2555-2556
Jesus macht es seinen Jüngern zur Pflicht, ihn allen und allem vorzuziehen. Die Loslösung vom Reichtum im Geist der evangelischen Armut und das Vertrauen auf die Vorsehung Gottes, das uns von der ängstlichen Sorge um die Zukunft befreit, sind Vorbereitungen auf die Seligkeit der Armen im Geiste, „denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5, 3).
533. Was ist das größte Verlangen des Menschen?
2548-2550
2557
Das größte Verlangen des Menschen besteht darin, Gott zu schauen. Das ist der Aufschrei seines ganzen Wesens: „Ich will Gott schauen!“ Der Mensch erreicht sein wahres und vollkommenes Glück in der Schau und in der Seligkeit dessen, der ihn aus Liebe erschaffen hat und in seiner grenzenlosen Liebe an sich zieht.
„Wer Gott schaut, hat alle Güter erlangt, die man sich nur denken kann“ (hl. Gregor von Nyssa).