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Deutschland Trauerfeier in Berliner Moscheen

„Die Moscheebesucher huldigen einem Mörder und Terroristen“

„Diese Vorbilder stehen für Terror, Gewalt und Schreckensherrschaft“

Im Berliner Bezirk Neukölln gab es eine Trauerfeier für den getöteten iranischen General Soleimani. Die Veranstaltung wurde begleitet von Gegenprotesten, an denen auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister Falko Liecke teilnahm.

Quelle: WELT

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In zwei Berliner Moscheen wurde am Donnerstagabend um den getöteten iranischen General Soleimani getrauert. In Neukölln sind 150 Polizisten im Einsatz, um die Trauerzeremonie von der Gegenkundgebung zu trennen. „Nieder mit der Islamischen Republik“, fordern Demonstranten.

Ehsan Ahmadinejad ist aufgebracht. „Freiheit für Iran! Nieder mit der Islamischen Republik!“, ruft er immer wieder. Der 44-Jährige steht am Donnerstagabend vor dem Islamischen Zentrum Imam Riza in Berlin-Neukölln. In der türkisch-schiitischen Moschee findet eine Trauerzeremonie für den iranischen General Qassem Soleimani statt. Soleimani wurde in der vergangenen Woche unter Einsatz einer Drohne des US-amerikanischen Militärs im Irak getötet.

„Wir freuen uns, dass der Terrorist Soleimani getötet wurde“, sagt Demonstrant Ahmadinejad. 2009 kam er als politischer Flüchtling aus dem Iran nach Deutschland. „Mir tun die Kinder leid, die von diesen Menschen, die um einen Terroristen trauern, erzogen werden.“

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Demonstranten stoßen auf den Tod Soleimanis an – „Keine Träne für Terroristen“, rufen sie
Quelle: Frederik Schindler


Durch den Eingang zur Moschee huschen immer wieder Besucher, knapp 100 werden es später laut Polizeiangaben sein. Doch niemand ist bereit, Fragen zu beantworten. Noch wenige Stunden vor Beginn der Zeremonie hatte die Gemeinde ihre Mitglieder auf ihrer Facebook-Seite gebeten, Journalisten keine Interviews zu geben. „Vor unserem Zentrum wird eine Gruppe von Zionisten und Heuchlern demonstrieren“, heißt es dort. Schließlich führt ein Mann die anwesenden Journalisten in den Hinterhof des Gebetshauses. Dort stehen einige Männer, doch auch dort will sich niemand äußern. Ein Mann filmt lediglich nacheinander die Journalisten ab und behauptet, sie zu kennen.

Auch unter den Demonstranten des jährlichen antisemitischen Al-Quds-Marschs sollen regelmäßige Besucher der Imam-Riza-Moschee sein. Ein Imam, der dort predigt, ist Tevekkül Erol. WELT liegen Screenshots von mittlerweile gelöschten Twitter-Postings von Erol vor, auf denen die Flagge der Hisbollah zu sehen ist. Auch ein Sturmgewehr gehört zur Flagge der libanesischen Miliz.

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Der Tweet des Imam wurde mittlerweile gelöscht
Quelle: Screenshot: Twitter/Sebastian Leber


Aufgerufen zum Protest hat das Bündnis „Stop the Bomb“, das sich gegen Geschäfte mit dem iranischen Regime richtet. Auch Shiva Moghaddam ist der Einladung gefolgt. „Die Moscheebesucher huldigen einem Mörder und Terroristen“, sagt sie. Moghaddam floh 1985 vor dem frauenfeindlichen Regime aus dem Iran nach Berlin. Heute unterstützt sie andere aus dem Iran geflohene Frauen. „Als deutsch-iranische Bürgerin stelle ich mich gegen die Verherrlichung der Quds-Brigaden.“ Die Exiliraner von „Stop the Bomb“ hatten im Vorfeld ein Verbot der Trauerzeremonie gefordert.


Soleimani stand auf der Terrorliste der Europäischen Union und der USA, die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung kann nach Strafgesetzbuch mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Soleimani galt als Drahtzieher der iranischen Unterstützung der islamistischen Terrororganisationen Hamas, Hisbollah und Islamischer Dschihad. Im Syrien-Krieg orchestrierte er Tausende schiitische Milizionäre, um den dortigen Machthaber Baschar al-Assad zu unterstützen.

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Viele Exiliraner forderten im Vorfeld ein Verbot der Trauerzeremonie
Quelle: Frederik Schindler
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„Das bloße Trauern um eine Person stellt für sich genommen keine Unterstützungshandlung dar“, teilt ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung auf WELT-Anfrage mit. „Vielmehr setzt das Unterstützen konkrete Handlungen voraus, die das Ziel der Vereinigung fördern.“ Zum Moscheeverein gebe es „Hinweise auf einzelne personenbezogene Verbindungen zum iranischen Regime“.

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Angeblich soll es im Rahmen von Freitagspredigten auch zu antisemitischen Äußerungen gekommen sein, so der Sprecher weiter. In Neukölln sind 150 Polizisten im Einsatz, um die Kundgebung von der Trauerzeremonie zu trennen und beide Versammlungen zu schützen.

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Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor der Imam-Riza-Moschee
Quelle: Frederik Schindler


Etwa 60 Menschen haben sich mittlerweile gegenüber der Moschee zusammengefunden. Neben Exiliranern und Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gehören auch Aktivisten aus dem israelsolidarischen Spektrum der politischen Linken zur Demonstrationsgruppe. „Keine Geschäfte mit dem iranischen Regime“ steht auf einem Transparent, „Kein Frieden mit den Feinden Israels“ auf einem anderen.

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Unter den Demonstranten sind auch Aktivisten aus dem israelsolidarischen Spektrum der politischen Linken
Quelle: Frederik Schindler

Auch Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) ist vor Ort. „Von einer Trauerfeier für einen Terrorpaten geht ein falsches Signal an Kinder und Jugendliche aus“, sagt er WELT. „Soleimani ist kein Vorbild, sondern steht für eine terroristische Schreckensherrschaft.“ Dann macht ein Gerücht die Runde unter den Demonstranten. Auch im Islamischen Zentrum Berlin im Ortsteil Tempelhof soll es einen Gedenkgottesdienst für den hochrangigen General geben.

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Am Eingang des Islamischen Zentrums Berlin in Tempelhof hängt ein Bild des getöteten Generals, Kerzen sind aufgestellt
Quelle: Frederik Schindler
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Und tatsächlich: Sechs Kilometer weiter wird ebenfalls um Soleimani getrauert. Die Veranstalter wollen sich nicht äußern, lassen jedoch Journalisten in den Gebetsraum. Ungefähr 200 Menschen haben sich dort versammelt. Die meisten tragen Schwarz, auf der rechten Seite sitzen die Männer, auf der linken Seite die Frauen und Kinder. Dann wird ein Bild von Qassem Soleimani präsentiert. „Die USA töteten durch einen feigen Angriff den Helden der iranischen Nation. Das iranische Volk wird den Namen und die Erinnerung dieses hocherhabenen Märtyrers für immer hochhalten“, steht darunter.

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Bilder aus einer Moschee in Berlin Tempelhof – auch dort trauert man um den gefallenen General Soleimani
Quelle: Frederik Schindler


Viele Gottesdienstbesucher lauschen gespannt den Worten des Imam. Doch nicht alle scheinen interessiert zu sein, einige Kinder und Jugendliche spielen auf ihren Smartphones. Am Ende der Predigt sind Rufe von draußen zu hören. Einige exiliranische Demonstranten sind von Neukölln nach Tempelhof gekommen, um ihrem Protest gegen Islamismus Ausdruck zu verleihen. „Khamenei, ein Terrorist!“, rufen sie. Die Teilnehmer der Trauerzeremonie lassen sich davon nicht stören.

Trauerfeiern für getöteten General Soleimani

Quelle: Gunter Hartmann/Thomas Vögeding/Sabrina Bracklow

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