Ischa
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Georg Ratzinger liebte besonders - Mozart, Bach und Schubert!

Es spricht für die Grösse des verstorbenen Domkapellmeisters, dass er diese drei Komponisten schätzt, also gerade auch einen Bach einschliesst.
Das Grösste, was Bach meiner eigenen Meinung nach komponiert hat, sind die Goldberg-Variationen.
"Sein einziges gedrucktes Variationenwerk für Cembalo nannte Johann Sebastian Bach in nicht zu unterbietendem Understatement schlicht Clavier-Übung und fügte auf dem Titel des Erstdrucks folgende ausführliche Erklärung hinzu:

Clavier-Übung
bestehend
in einer
ARIA
mit verschiedenen Veraenderungen
vors Clavicimbal
mit 2 Manualen.
Denen Liebhabern zur Gemüths-
Ergetzung verfertiget von
Johann Sebastian Bach.

Heute ist das Opus unter seinem populären Beinamen Goldberg-Variationen bekannt, was auf einen Bericht des ersten Bach-Biographen Johann Nikolaus Forkel zurückgeht. Bach habe das Werk – wie schon eingangs erwähnt – für seinen Gönner Graf Hermann Carl von Keyserlingk in Dresden geschrieben, der an Schlaflosigkeit litt. Um ihm die Zeit in schlaflosen Nächten zu vertreiben, habe sich Keyserlingk ein paar Stücke gewünscht, „die so sanften und etwas muntern Charakters wären“.

Sein Hauscembalist, der damals noch jugendliche Bach-Schüler Johann Gottlieb Goldberg (1727-1756), sollte sie ihm vorspielen. Zum Dank für das vollendete Werk habe Bach einen königlichen Lohn erhalten: „einen goldenen Becher, welcher mit hundert Louisd’or angefüllt war“, das höchste Honorar, das er jemals für eines seiner Werke entgegennehmen durfte.

Der Lohn war dem Rang der Variationen angemessen: Aus dem eher unscheinbaren Wunsch des Kurländischen Grafen nach „etwas muntern“ Cembalostücken ließ Bach einen monumentalen Variationenzyklus in 30 Teilen erwachsen – die bedeutendsten „Claviervariationen“ vor Beethovens Diabelli-Variationen...."
www.kammermusikfuehrer.de/werke/56

Der grösste Interpret - wieder meiner Meinung nach - war das Genie Glenn Gould.
www.youtube.com
Ischa
BIOGRAFIE
"Glenn Gould ist zweifellos einer der bekanntesten und berühmtesten klassischen Pianisten der modernen Geschichte mit einem Stil, der sowohl ausdrucksstark als auch technisch präzise war. Er wurde 1932 in Toronto geboren und genoss eine privilegierte, geschützte Erziehung. Seine musikalischen Begabungen zeigten sich bereits in der Kindheit, und obwohl seine Eltern ihn nie dazu verleiteten …Mehr
BIOGRAFIE

"Glenn Gould ist zweifellos einer der bekanntesten und berühmtesten klassischen Pianisten der modernen Geschichte mit einem Stil, der sowohl ausdrucksstark als auch technisch präzise war. Er wurde 1932 in Toronto geboren und genoss eine privilegierte, geschützte Erziehung. Seine musikalischen Begabungen zeigten sich bereits in der Kindheit, und obwohl seine Eltern ihn nie dazu verleiteten, ein Wunderkind zu werden, wurde er mit fünfzehn Jahren professioneller Konzertpianist und erlangte bald einen nationalen Ruf.

Mit Anfang 20 wurde er auch durch Rundfunk- und Fernsehsendungen, Aufnahmen, Schriften, Vorträge und Kompositionen anerkannt. Goulds musikalische Neigungen, der Klavierstil und die Unabhängigkeit des Geistes zeichneten ihn schon früh als Außenseiter aus. Er bevorzugte die strukturell komplizierte Musik und verachtete die frühromantischen und impressionistischen Werke im Kern des Standardrepertoires für Klavier, wobei er die elisabethanische, barocke, klassische, spätromantische und Musik des frühen zwanzigsten Jahrhunderts bevorzugte; Bach und Schönberg standen im Mittelpunkt seiner Ästhetik und seines Repertoires. Er war ein intellektueller Darsteller mit einer besonderen Begabung zur Verdeutlichung von Kontrapunkt und Struktur, aber sein Spiel war auch ausdrucksstark und rhythmisch dynamisch. Er hatte die Technik und die Klangpalette eines Virtuosen, obwohl er viele pianistische Konventionen störte.

In dem Glauben, dass die Rolle des Darstellers richtig kreativ war, bot er originelle, zutiefst persönliche, manchmal schockierende Interpretationen (extreme Tempi, ungewöhnliche Dynamiken, wählerische Phrasierungen) an, insbesondere in kanonischen Werken von Mozart, Beethoven und Brahms.

Goulds amerikanisches Debüt, 1955, und die Veröffentlichung seiner ersten Columbia-Aufnahme von Bachs Goldberg Variations startete seine internationale Konzertkarriere. Trotz seiner musikalischen Eigenheiten erwarb er sich weithin Anerkennung, während seine extravaganten Bühnenmanieren sowie seine Hypochondrie und andere persönliche Exzentrizitäten, die seine Berühmtheit steigerte.

Obwohl seine Bühnenauftritte sehr gefragt waren, rationierte er seine Auftritte enorm (er gab weniger als vierzig Konzerte in Übersee): "Bei Konzerten fühle ich mich erniedrigt wie ein Vaudevillianer". Schließlich zog er sich 1964 endgültig aus dem Konzertleben zurück. Gould hatte musikalische, temperamentvolle und moralische Einwände gegen Konzerte und hielt sie öffentlich: "Der Zweck der Kunst", schrieb er, "ist nicht die Freisetzung eines Adrenalinkrieges, sondern die allmähliche, lebenslange Arbeit an einem Zustand von Wunder und Gelassenheit.“ Noch bevor er in Rente ging, war er nicht damit zufrieden, ein Konzertpianist zu sein. Er arbeitete zusätzlich an Radio- und Fernsehprogrammen, veröffentlichte Schriften zu vielen musikalischen und nichtmusikalischen Themen und komponierte weiter. Er nannte sich gern "einen kanadischen Schriftsteller, Komponisten und Rundfunksprecher, der zufällig in seiner Freizeit Klavier spielt."

www.sonyclassical.de/…/glenn-gould

Thomas Bernhard verfasse ein Werk, das indirekt mit Gould zu tun hat: Der Untergeher

DER UNTERGEHER (1983)

"Auslöser der Gedanken und Erinnerungen, die der Roman wiedergibt, ist der Selbstmord des Pianisten Wertheimer, eines Freundes des Ich-Erzählers. Der geistigen Annäherung entspricht die äußerliche Bewegung des Erzählers, der zunächst ins Gasthaus von Wankham eintritt, dort (im Zentrum des Buches) mit der Wirtin spricht und sich dann in Wertheimers Jagdhaus in Traich von dem Holzknecht Franz über die letzte Lebenszeit des Verstorbenen informieren lässt.

28 Jahre zuvor wurden Wertheimer und der Erzähler während eines Kurses bei Horowitz in Salzburg mit der übermächtigen Spielkunst von Glenn Gould konfrontiert. Beide gaben daraufhin ihre Laufbahn auf (der Erzähler sofort, Wertheimer erst später) und widmeten sich der Schriftstellerei: Wertheimer wurde zum Geisteswissenschaftler, der Erzähler zum „Weltanschauungskünstler“, der seit Jahren an einer Studie über Glenn Gould arbeitet.

Der Erzähler vermutet als möglichen Grund für den Selbstmord des Freundes Wertheimer – neben der Ausweglosigkeit, in die sich dieser als Pianist hineingespielt habe, und neben Glenns Tod – vor allem auch den Weggang seiner geliebten Schwester, die einen Schweizer Großindustriellen geheiratet hat – genau vor ihrem Wohnhaus hat sich Wertheimer nämlich aufgehängt. „Lange vorausberechneter Selbstmord, dachte ich, kein spontaner Akt von Verzweiflung“, steht schon im Motto des Romans.

Der erste Roman der „Künstler- oder Künste-Trilogie“, dem Holzfällen und Alte Meister folgen, stellt, wie die beiden anderen Texte, ein Memento Mori in den Mittelpunkt. In allen drei Texten geht es um die verheerende Rolle der Kunst, wie durch den absoluten Willen zur Perfektion die wichtigen Dinge des Lebens aus den Augen verloren werden und wie sich das Leben bzw. der Tod letztlich stärker als die Kunst erweisen. Der „verlogenen“ Welt der Kunst wird jeweils der Verlust eines „lebenswichtigen Menschen“ gegenüber gestellt, was zur tiefgreifenden Relativierung einer vom Erzähler selbst einmal geteilten Gedankenwelt führt.

Im Zentrum der Reflexionen steht in Der Untergeher jedoch der ausführliche Vergleich des Ich-Erzählers mit Wertheimer, der zur Konfrontation zweier unterschiedlicher Lebensmodelle bei gleich gelagerter Ausgangsposition wird. Für den Erzähler verkörperte sein Freund all jene Ursachen für existenzielles Scheitern, die er selbst habe vermeiden können; vor allem habe er sich nicht (wie Wertheimer) von dem Perfektionsanspruch, den Glenn Gould zu erfüllen schien, vernichten lassen. Glenn Gould erscheint bei Bernhard als Inkarnation von Eigenschaften, von denen auch viele seiner anderen Protagonisten unablässig reden: Präzisionsstreben und Selbstdisziplin, Isolationsdrang und Ordnungsfanatismus, aber auch Naturhass und die ambivalente Sehnsucht nach dem Aufgehen in der Welt der Kunst."

thomasbernhard.at/…/der-untergeher