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»Havanna-Syndrom« US-Botschaftspersonal in Wien meldet verdächtige Erkrankungen

Schwindel, Kopfweh – die Symptome sind bekannt, die Ursache noch immer nicht: Die US-Regierung untersucht erneut unerklärliche Krankheitsfälle ihres Botschaftspersonals. Diesmal geht es um die Vertretung in Wien.
US-Botschaft in Wien

US-Botschaft in Wien

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RONALD ZAK/ Associated Press

Die US-Regierung untersucht eine Reihe unerklärlicher Krankheitsfälle ihres Personals aus der Botschaft in Wien. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, hätten am Freitag Angehörige der US-Mission in Österreichs Hauptstadt und andere Regierungsmitarbeiter verdächtige Krankheitssymptome gemeldet. Die Betroffenen klagten über plötzlich auftretenden Schwindel und auch Kopfschmerzen.

Die US-Spionageabwehr ist hellhörig geworden, weil die Anzeichen bekannt sind. Sie gleichen jenen, die 2016 und 2017 erstmals von Botschaftsmitarbeitern und Geheimdienstlern auf Kuba gemeldet worden waren: Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrenprobleme.

Bis heute ist nicht klar, was damals die Ursache war. Aktuell ist von rund 20 Fällen die Rede. Neben Gesundheitsexperten des US-Außenministeriums sind auch das Verteidigungsministerium und der Auslandsgeheimdienst CIA mit dem Fall befasst.

»Gemeinsam mit anderen Regierungsabteilungen untersuchen wir Berichte über mögliche ungeklärte Gesundheitsvorfälle in der US-Botschaft in Wien«, teilte das Außenministerium in einer ersten Stellungnahme mit. Alle Betroffenen seien »umgehend und angemessen« behandelt worden.

Erste Berichte schon kurz nach dem Amtsantritt Bidens

Die Berichte aus Wien wurden vom Magazin »New Yorker« aufgedeckt. Demnach hätte es die ersten Meldungen schon kurz nach dem Amtsantritt Joe Bidens gegeben.

Da die ersten bekannten Fälle in Havanna passiert sind, ist seitdem vom »Havanna-Syndrom« die Rede. Die Kuba-Erkrankungen hatten verschiedenste Theorien über den möglichen Auslöser entstehen lassen – von Pestiziden über einen Angriff mit Schallwaffen bis hin zu Insekten.

Ende 2020 hatten Wissenschaftler der National Academy of Sciences im Auftrag der US-Regierung einen Bericht zu den Ereignissen auf Kuba vorgelegt. Er vertritt die These, dass Mikrowellenwaffen die Beschwerden ausgelöst haben könnten. »Das Komitee ist der Ansicht, dass viele der von Mitarbeitern des Ministeriums geschilderten Symptome mit den Auswirkungen gerichteter, gepulster Hochfrequenzwellen übereinstimmen«, heißt es in der 64-seitigen Untersuchung.

Erst im April hatten zwei Meldungen aus den USA für Aufsehen gesorgt. Damals wurden ebenfalls zwei Regierungsbeamte plötzlich krank – in Washington, mitten im Machtzentrum der USA: eine Person aus dem Umfeld des Nationalen Sicherheitsrats sowie eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses.

Mindestens 130 bekannte Fälle

Laut einer Auskunft aus dem Mai werden derzeit mindestens 130 solcher Fälle innerhalb der US-Regierung untersucht. Im vergangenen Jahr waren es noch einige Dutzend.

Obwohl manche überzeugt sind, dass es sich hierbei um direkte Mikrowellenangriffe handelt, schließen andere Fachleute auch eine Art Massenpsychose nicht aus. Dabei reden sich Menschen Krankheitssymptome ein, die sie von anderen kennen.

In Wien, seit jeher Schauplatz etlicher Agentengeschichten, wird derzeit über das iranische Atomprogramm verhandelt. Diplomaten aus der EU, China und Russland sitzen dort mit Vertretern aus Teheran am Verhandlungstisch. Die USA nehmen »indirekt« teil. Es ist nicht bekannt, ob Leute aus der US-Delegation unter den Erkrankten sind.

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