Beda M. Stadler, Gastautor / 12.06.2020 / 06:08 / Foto: Achgut.com / 138 / Seite ausdrucken

Corona-Aufarbeitung: Warum alle falsch lagen

Das Coronavirus verzieht sich allmählich. Was hat sich in den vergangenen Wochen eigentlich abgespielt? Die Experten haben grundlegende Zusammenhänge übersehen. Die Immunantwort gegen das Virus ist viel stärker, als man dachte. 

Dies ist keine Anklageschrift, aber eine schonungslose Bilanz. Ich könnte mich selber ohrfeigen, weil ich das Virus SARS-Cov-2 viel zu lange mit Panik im Nacken betrachtet habe. Ein wenig ärgere ich mich auch über viele meiner Immunologen-Kollegen, die bislang die Diskussion rund um Covid-19 den Virologen und Epidemiologen überlassen haben. Mir scheint, es wäre Zeit, einige der hauptsächlichen und komplett falschen Aussagen rund um dieses Virus in der Öffentlichkeit zu kritisieren.

  • Erstens: Es war falsch, zu behaupten, das Virus sei neu. 
  • Zweitens: Noch falscher war es, zu behaupten, es bestünde in der Bevölkerung keine Immunität gegen dieses Virus.
  • Drittens: Es war sozusagen die Krönung der Dummheit, zu behaupten, man könne die Krankheit Covid-19 symptomlos durchmachen oder andere gar ohne Symptome anstecken. 

Nun aber der Reihe nach:

1. Ein neues Virus?

Ende 2019 tauchte in China das Coronavirus auf, das man als neuartig ansah. Nachdem aber die Gensequenz, also der Bauplan für das Coronavirus, identifiziert war und dieses einen verwandten Namen zu dem 2002 aufgetauchten SARS erhalten hatte, nämlich SARS-Cov-2, hätte man eigentlich bereits fragen sollen, wie weit diese Verwandtschaft eventuell bis zu anderen Coronaviren, die auch uns Menschen krank machen, reichen könnte. Nein, stattdessen hat man diskutiert, von welchem Vieh, das zugleich auch auf dem chinesischen Speiseplan existiert, das Virus wohl abstammen könnte. Inzwischen glauben allerdings viel mehr Menschen sogar daran, die Chinesen seien so dumm, dieses Virus im eigenen Land auf sich selber losgelassen zu haben. 

Jetzt, da es darum geht, Impfstoffe gegen das Virus herzustellen, tauchen hingegen wissenschaftliche Arbeiten auf, die aufzeigen, dass dieses sogenannte neue Virus stark verwandt ist mit SARS sowie mit anderen Beta-Coronaviren, unter denen wir jedes Jahr in der Form von Erkältungen leiden. Neben den reinen Sequenzhomologien, zwischen den verschiedenen für Menschen krankheitserregenden Coronaviren werden derzeit diverse Bereiche auf den Viren definiert, wie sie von den menschlichen Immunzellen erkannt werden. Dabei geht es also nicht mehr bloß um die genetische Verwandschaft, sondern wie das Virus für das Immunsystem aussieht, also welche Teile von SARS-Cov-2 aber auch anderen Coronaviren allenfalls als Impfstoff verwendet werden könnten. 

Also: SARS-Cov-2 ist gar nicht so neu, sondern eben ein saisonales Erkältungsvirus, das mutiert ist und wie alle anderen Erkältungsviren im Sommer verschwindet – was jetzt auch fast überall auf der Welt beobachtbar ist. Grippeviren mutieren übrigens in einem wesentlich höheren Masse, und niemand würde behaupten, ein neuer Grippevirus-Stamm sei etwas komplett Neues. Viele Tierärzte haben sich denn auch über die Behauptung vom komplett neuen Virus geärgert, schließlich verwenden sie seit Jahren Impfstoffe gegen Coronaviren bei Katzen, Hunden, Schweinen und Rindern. 

2. Die Mär von der fehlenden Immunität

Von der Weltgesundheitsorganisation WHO bis zu den Facebook-Virologen haben alle behauptet, das Virus sei besonders gefährlich, weil keine Immunität dagegen vorherrsche, da es ein neues Virus sei. Sogar Anthony Fauci, der wichtigste Berater der Trump-Regierung, betonte anfänglich bei öffentlichen Auftritten jedes Mal, die Gefahr des Virus bestünde darin, dass es dagegen keine Immunität gebe. Tony und ich hatten seinerzeit in den USA oft nebeneinander gesessen in Immunologie-Seminaren am National Institute of Health in Bethesda, weil wir damals auf verwandten Gebieten arbeiteten. Also war ich eine Zeit lang seiner Aussage gegenüber ziemlich unkritisch, schließlich stammte sie von einem respektablen Kollegen.

Der Groschen fiel bei mir erst, als ich realisierte, dass der erste kommerzielle Antikörpertest aus einem alten Antikörper bestand, der eigentlich SARS erkannte. Bei dieser Art von Test schaut man, ob im Blut Antikörper vorhanden sind und die in einem früheren Kampf gegen das Virus so entstanden sind. Aus einem Lama wurden sogar Antikörper isoliert, die gleichermaßen SARS, SARS-Cov-2 und MERS erkennen. Zudem wurde bekannt, dass in China an Orten, wo SARS gewütet hatte, SARS-Cov-2 weniger Unheil anrichtete. Das sind klare Befunde, die zwingend nahelegen, dass unser Immunsystem zumindest SARS und SARS-Cov-2 als teilweise identisch betrachtet und wahrscheinlich das eine Virus uns vor dem anderen schützen könnte.

Ich realisierte da, dass die ganze Welt einfach behauptete, es gebe keine Immunität, aber in Wirklichkeit hatte gar niemand einen Test zur Hand, um eine solche Behauptung zu belegen. Das war keine Wissenschaft, sondern bloß eine Spekulation aus dem Bauchgefühl, die von allen nachgeplappert wurde. Bis heute gibt es nämlich keine Antikörper-Tests, die all die verschiedenen möglichen immunologischen Situationen beschreiben, wie etwa: Ob man immun ist, seit wann, wogegen die neutralisierenden Antikörper gerichtet sind und wie viele Strukturen auf anderen Corona Viren existieren, die ebenfalls zu Immunität führen.

Mitte April erschien dann eine Arbeit aus der Gruppe von Andreas Thiel von der Charité in Berlin. Es war eine Arbeit mit dreißig Autoren, unter anderem auch mit dem Virologen Christian Drosten. Darin wurde gezeigt, dass bei 34 Prozent der Berliner, die nie Kontakt gehabt hatten mit dem SARS-Cov-2 Virus, trotzdem eine T-Zellen-Immunität (eine andere Art der Immunreaktion, siehe unten) dagegen festgestellt werden konnte. Das heißt, unsere T-Zellen, also weiße Blutkörper, erkennen gemeinsame Strukturen auf SARS-Cov-2 und den normalen Erkältungsviren und bekämpfen somit beide.

Eine Studie von John P. A. Ioannidis an der Stanford University, gemäß der Einstein Stiftung in Berlin einer der zehn meistzitierten Wissenschaftler auf der Welt, zeigte zudem auf, dass die Immunität gegen SARS-Cov-2, gemessen mit Antikörpern, wesentlich höher ist als bislang angenommen. Ioannidis ist sicher kein Verschwörungstheoretiker, der bloß gegen den Strom schwimmt, er wird jetzt trotzdem kritisiert, weil keine wirklich präzisen Antikörperteste verwendet worden seien. Die Kritiker geben damit zu, dass auch sie keine solchen Tests haben. Im Übrigen ist John P. A. Ioannidis ein derartiges wissenschaftliches Schwergewicht, dass alle deutschen Virologen zusammengenommen dagegen ein Leichtgewicht sind.

3. Das Versagen der Modellbauer

Die Epidemiologen gingen dem falschen Glauben, es gebe keine Immunität im Volk, ebenfalls auf den Leim. Zudem wollten sie auch nicht wahrhaben, dass Coronaviren eben saisonale Erkältungsviren sind und im Sommer verschwinden. Sonst wären ihre Kurvenmodelle anders ausgefallen. Nachdem die anfänglichen Worst-Case-Szenarien nirgendwo aufgetreten sind, klammern sich manche nun noch an Computer-Modelle, die das Auftreten einer zweiten Welle voraussagen. Lassen wir ihnen diese Hoffnung, ich habe noch nie einen Wissenschaftszweig gesehen, der sich selber derart ins Abseits manövriert hat. Ich habe auch nicht verstanden, weshalb Epidemiologen derart interessiert sind an der Anzahl der Todesfälle anstatt daran, wie viele Leben zu retten wären.

4. Die Immunologie des gesunden Menschenverstandes.

Als Immunologe vertraue ich einem natürlichen Modell, nämlich dem menschlichen Organismus, der ein erprobtes und lernfähiges Immunsystem ausgebildet hat. Ende Februar auf der Rückfahrt nach einer SRF-Arena-Sendung äußerte ich, eingeklemmt im Fiat 500 von Daniel Koch, ihm gegenüber meine Vermutung, dass es im Volk eine Grundimmunität gegen SARS-Cov-2 gibt. Er bestritt diese Ansicht. Ich habe ihn trotzdem später verteidigt, als er darlegte, Kinder seien kein treibendes Moment für diese Pandemie. Er vermutete, Kinder hätten keinen Rezeptor für das Virus, was natürlich Unsinn ist. Aber man muss ihm zugutehalten, dass seine Beobachtung richtig war. Dass ihm dann jedoch Wissenschaftler an den Karren fuhren und entsprechende Studien verlangten, birgt doch eine gewisse Ironie. Schließlich verlangte man auch keine Studien, um zu demonstrieren, dass Menschen aus der Risikogruppe sterben.

Als nach den ersten Statistiken aus China und dann auch aus der weltweiten Datenlage ebenfalls der gleiche Trend zu beobachten war, dass nämlich praktisch nie ein Kind unter zehn Jahren erkrankt, hätte eigentlich jedermann aufs Argument kommen müssen, dass Kinder offensichtlich immun sind. Bei jeder anderen Krankheit, bei der eine bestimmte Gruppe von Menschen nicht krank wird, würde man davon ausgehen, dass diese Gruppe immun ist. Wenn in einem Altersheim Menschen leider sterben, aber am gleichen Ort Pensionäre mit den gleichen Risikofaktoren völlig unbehelligt bleiben, sollte man eigentlich ebenfalls davon ausgehen, dass diese eben immun waren.

Dieser gesunde Menschenverstand ist aber einigen Menschen abhandengekommen, also nennen wir sie hier spaßeshalber "Immunitätsleugner". Diese neue Gattung der Leugner musste beobachten, dass der allergrößte Teil der Menschen, die positiv auf dieses Virus getestet wurden, denen also Viren im Rachen nachgewiesen wurden, gar nicht krank werden. Man hat dafür den Begriff „silent Carrier“ aus dem Hut gezaubert, "stille Träger", und behauptet, man könne krank sein, ohne Symptome zu haben. Das wäre ja pikant. Sollte sich dieses Prinzip in der Medizin von nun an einbürgern, hätten die Krankenkassen ein Problem, aber auch etwa Lehrer, da von nun an Schüler jede Krankheit vorgaukeln können, um die Schule zu schwänzen, schließlich braucht es ja gar keine Symptome mehr, um krank zu sein. 

Der nächste Witz, den gewisse Virologen verbreitet haben, war die Behauptung, dass diese symptomlos Kranken trotzdem andere Menschen anstecken könnten. Diese „gesunden“ Kranken würden im Rachenraum so viele Viren beherbergen, dass bei einer normalen Unterhaltung zwischen zwei Menschen der eine "Gesunde" den anderen Gesunden anstecke. Nun muss man sich vergegenwärtigen, was da alles abläuft. Falls sich irgendwo im Körper, eben auch im Rachen, Viren bilden, heißt das, dass menschliche Zellen zugrunde gehen. Wenn Zellen sterben, wird sogleich das Immunsystem alarmiert, und es entsteht eine Entzündung. Eines der fünf Kardinalsymptome einer Entzündung ist der Schmerz. Es ist verständlich, dass leidende Covid-19-Patienten sich nicht mehr an das anfängliche Kratzen im Hals erinnern können und dann allenfalls behaupten, sie hätten vor ein paar Tagen noch keine Symptome gehabt. Daraus als Arzt oder Virologe eine Story von "gesunden" Kranken zu machen, die Panik verursacht und oft ein Grund war für strengere Lockdown-Massnahmen, zeigt, wie schlecht der Witz in Wirklichkeit war. Wenigstens hat die WHO die Behauptung der asymptomatischen Ansteckung nicht übernommen und zweifelt diese Behauptung sogar auf ihrer Webpage an.

Hier auf griffige Art und speziell für die Immunitätsleugner nochmals eine ganz kurze Zusammenfassung, wie wir Menschen von Keimen angegriffen werden und reagieren: Hat es in unserer Umgebung krank machende Viren, so werden alle Menschen, egal ob immun oder nicht, vom Virus befallen. Ist man immun, beginnt jetzt der Zweikampf mit dem Virus. Als erstes versuchen wir mit Antikörpern zu verhindern, dass sich das Virus an unsere Zellen bindet. Dies gelingt natürlich nur teilweise, nicht alle werden blockiert, und viele Viren werden sich in den geeigneten Zellen einnisten. Das muss nicht zu Symptomen führen, ist aber eben auch keine Krankheit. Denn die zweite Garde des Immunsystems kommt jetzt zur Hilfe. Das sind die oben bereits erwähnten sogenannten T-Zellen, weiße Blutzellen, die von außen feststellen können, in welchen anderen Zellen sich die Viren verstecken, um sich dort zu vermehren. Solche Zellen, die quasi Viren ausbrüten, werden dann im ganzen Körper gesucht und von den T-Zellen umgebracht, bis das letzte Virus ausgerottet ist.

Macht man also bei einem immunen Menschen einen PCR-Corona-Test, wird ja kein Virus detektiert, sondern nur ein kleines Stück des viralen Genoms. Der Test wird so lange positiv sein, bis keine Trümmer des Virus mehr vorhanden sind. Richtig, auch wenn längst keine infektiösen Viren mehr vorhanden sind, kann ein Corona-Test also noch positiv ausfallen, weil durch die PCR-Methode selbst ein kleines Stück des viralen Genmaterials im Test genügend vervielfältigt wird. So geschehen, als aus Korea die Meldung rund um den Globus ging und von der WHO übernommen wurde, dass mehr als zweihundert Koreaner, die Covid-19 durchgemacht hatten, wieder angesteckt worden seien, dass also wahrscheinlich keine Immunität gegen dieses Virus entstehe. Die Erklärung des wahren Sachverhalts und die Entschuldigung kamen erst etwas später, als man feststellte, dass die immunen Koreaner alle kerngesund seien und nur einen kurzen Zweikampf mit dem Virus hatten. Der Haken war eben, dass die Virustrümmer mit dem allzu sensitiven Test noch erfasst wurden und das Signal „positiv“ auslösten. Wahrscheinlich beruhen bei uns eine Großzahl der täglich rapportierten Ansteckungen bloß auf solchen Virustrümmern.

Der PCR Test mit seiner enormen Empfindlichkeit war also am Anfang goldrichtig, um herauszufinden, wo das Virus sein könnte. Der Test kann aber nicht feststellen, ob die Viren noch intakt, also noch ansteckend sind. Leider hat dies auch dazu geführt, dass einige Virologen die Stärke des Test-Signals mit der Viruslast, also der Menge an Viren, gleichgesetzt haben, die man ausatmen könne. Zum Glück blieben unsere Kitas trotzdem offen. Da deutsche Virologen wahrscheinlich aus Prinzip nicht in andere Länder blicken, in den die Fallzahlen schneller sinken als zu Hause, ging das an ihnen vorbei.

5. Corona-Immunität als Problem.

Was heißt das für die Praxis? Die überaus lange Inkubationsperiode von 2 bis 14 Tagen und Berichte über 22 bis 27 Tage sollte jeden Immunologen aufschrecken. Genauso wie die Behauptung, die meisten Patienten würden nach 5 Tagen kein Virus mehr ausscheiden. Beides legt nämlich wiederum den Schluss nahe, dass es – quasi im Hintergrund – eine Grundimmunität geben muss, die zu einer Verzerrung der Vorgänge führt, wie man sie normalerweise erwarten würde – eben zu langen Inkubationszeiten und zu rascher Immunität. 

Genau diese Immunität scheint auch bei den Patienten mit ernsthaftem Verlauf das Problem zu sein. Unsere Antikörpertiter, also die Treffsicherheit des Abwehrsystems, nehmen nämlich mit zunehmendem Alter ab. Aber auch bei Menschen, die falsch oder unterernährt sind, kommt es zu einer Immunschwächung, weshalb das Virus ja nicht nur die medizinischen Probleme eines Landes aufzeigt, sondern auch einen Teil der sozialen Missstände. 

Hat ein Angesteckter also zu wenig Antikörper, also eine zu schwache Immunabwehr, wird sich das Virus langsam, aber stetig über den ganzen Körper verteilen. Jetzt da nicht mehr genügend Antikörper vorhanden sind, bleibt nur noch das zweite Bein der Immunantwort übrig: Die T-Zellen beginnen überall im Körper gegen die vom Virus befallenen Zellen zu kämpfen. Dies kann zu einer überschießenden Immunreaktion führen, quasi zu einem gewaltigen Gemetzel, das wird dann Zytokin-Sturm genannt. Ganz selten kann dies auch bei Kleinkindern passieren und wird dann als Kawasaki Syndrom bezeichnet. Mit diesem Spezialfall bei Kindern hat man auch bei uns versucht, Panik zu schüren. Interessant ist allerdings, dass dieses Syndrom einfach und gut zu behandeln ist. Den Kindern werden nämlich Antikörper von gesunden Blutspendern verabreicht, also von Menschen, die Coronavirus-Erkältungen durchgemacht haben. Somit wird hier die totgeschwiegene Immunität in der Bevölkerung trotzdem therapeutisch eingesetzt.

Was nun?

Das Virus ist erst mal weg. Wahrscheinlich wird es im Winter zurückkommen, das wird aber keine zweite Welle sein, sondern eben eine Erkältung. Wer als gesunder junger Mensch derzeit mit einer Maske herumläuft, sollte deshalb gescheiter einen Helm tragen, da das Risiko, dass einem etwas auf den Kopf fallen könnte, größer ist als eine schwere Erkrankung mit Covid-19. 

Sollte in vierzehn Tagen nun trotzdem ein signifikanter Anstieg an Ansteckungen zu beobachten sein, wüssten wir wenigstens, dass eine der Lockerungsmaßnahmen von vorher eine sinnvolle Einschränkung war. Ansonsten empfehle ich allen die Lektüre von John P. A. Ioannidis’ neuester Arbeit, in der er die Situation bezogen auf die weltweite Datenlage vom 1. Mai 2020 beschreibt: Unter 65-Jährige ohne Vorerkrankung machten demnach bloß 0,7 bis 2,6 Prozent aller Covid-19-Todesfälle aus. Um der Pandemie Herr zu werden, reiche eine Strategie aus, die sich auf den Schutz der über 65-jährigen Risikopersonen beschränke. Wenn ein Top Experte dieser Ansicht ist, wird ein erneuter Shut-Down zu einem No-Go.

Zurück auf dem Weg zur Normalität, würde es uns Bürgern jetzt guttun, wenn sich einige Panikmacher entschuldigen würden. Etwa Ärzte, die eine Triage der über 80-jährigen Covid-19-Patienten forderten, damit diese nicht mehr beatmet werden. Auch Medien, die mehrmals Panik-Videos aus italienischen Spitälern gezeigt haben, um damit etwas zu illustrieren, das so nie existiert hat. Alle Politiker, die TESTEN, TESTEN, TESTEN forderten, ohne überhaupt zu wissen, was der Test misst. Oder der Bund für eine App, die nie funktionieren wird und mich auch dann warnen wird, wenn jemand in meiner Nähe positiv, aber nicht ansteckend ist.

Im Winter, wenn dann die Grippe und andere Erkältungen wieder grassieren werden, können wir uns dann etwas weniger oft küssen, aber die Hände waschen sollte man ja auch ohne Viren. Und Menschen, die trotzdem etwas aufgelesen haben, sollen dann die Masken hervornehmen und allen zeigen, wie viel sie aus dieser Pandemie gelernt haben. Und falls wir immer noch nicht gelernt haben, unsere Risikogruppen zu schützen, müssen wir auf einen Impfstoff warten, der hoffentlich auch bei den Risikopersonen funktionieren wird.

Lesen Sie zum gleichen Thema: Corona-Aufarbeitung: Eine Analyse mit unangenehmen Fragen

 

Professor Dr. Beda M. Stadler ist emeritierter Professor für Immunologie und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit ist er auch publizistisch tätig. Dieser Beitrag erschien auch in der Schweizer Weltwoche.

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Hans Schnaider / 12.06.2020

Es ist ein Irrtum zu glauben, daß unsere Regierenden in der corona-zeit kopflos geworden wären und nicht wüßten was zu tun wäre. Ganz im Gegenteil!  Wenn Wissenschaftler sagen, linksrum ist richtig und andere, daß es rechtsrum sei ist das genau die Nebelwand, vor der man ein polit-mediales Strohfeuer anzünden kann , um die Wähler zu einer nichts ändernden Abstimmung in’s Wahllokal zu bitten. Es ist ein Jammer ! Wenn sie wenigstens klug wären ! Aber sie sind nur schlau.

Bargel, Heiner / 12.06.2020

Vielen Dank für diesen Beitrag, der eine weitere Seite des Problems beleuchtet. Nämlich die empfängliche Population, und ihre Immunität und den Aufbau ihrer Immunbarriere, die neben Übertragungsweg und Reservoir/Infektionsquelle Elemente des epidemischen Prozesses darstellen und die inneren Triebkräfte repräsentieren. Hinzu kommen die Epidemieformen, hier eine Tardivepidemie als selbstauslöschende Kettenreaktion, da die Immunen nicht mehr als Reservoir/Infektionsquelle zur Verfügung stehen. Für alle, die die gern Länder vergleichen, ist es dringend erforderlich, die “äußeren Triebkräfte” von Epidemien mit zu beleuchten, damit sie selbst herausfinden, warum in jedem Land die Epidemie anders abläuft. “Sezieren” sie die Länder nach: abiotischen (Geografie, Wetter, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Sonneneinstrahlung)  und sozialen Faktoren (materielles Lebensniveau, hygienischer Zustand der Bevölkerung, Bevölkerungsdichte und Ortschaftsgröße, Verkehrswesen und Verkehrswege, Stand und Art und Weise der medizinischen Versorgung). Mit einer solchen ganzheitlichen Betrachtungsweise, die mir schon seit Beginn der Epidemie fehlt (es herrscht die vorwiegende und einseitige Betrachtung des Virus mit seiner pathogenen Eigenschaft als Maß aller Dinge), hätte man viel Unsinn verhindern können. Aber das interdisziplinäre Denken wurde ja immer unterdrückt, obwohl Adolf Gottstein, einer der Väter der deutschen Sozialhygiene, Sanitätsstadtrat von Charlottenburg und Stadtältester von Berlin, schon 1896 (!) davor warnte, bei kontagiösen Erkrankungen nur mit den bakteriologischen Methoden zu arbeiten und vor allem epidemiologische Methoden empfahl. Die epidemische Sozialhygiene scheint da völlig versagt zu haben, da man von ihr nichts hört. Das ist aber auch kein Wunder. Am “Leuchtturm der Medizin”, Charité Berlin, Institut für Sozialmedizin, forscht man lieber an “Rosenkranzbeten und Gesundheit” oder Homöopathie. Präventive Infektionsepidemiologie und Seuchenbekämpfung - Fehlanzeige!

Maria Dreiling / 12.06.2020

Was zum Kuckuck ist alles eine Vorerkrankung? Kann letztlich auch alles sein - oder?  Ich habe vor etwa 25 Jahren folgende “Entdeckung” gemacht: Kein Herzinfarkt ohne Narbe/Operationsnarbe auf der unteren Körperhälfte!!!!!! 100 %!!!!!  Wenn bei Herzinfarkt eine jegliche Operation schon eine VORERKRANKUNG bedeutet, dann behaupte ich, daß für diese “schlimmen” Embolien mit Pneumonie auch eine oder zwei oder drei oder vier Operationen (Magen, Galle, Leistenhernie, Hüftgelenke, Kniegelenke etc. gut genug ist. Sehr geehrter Prof. Stadler, Sie kommen meiner Version, wie es denn zu Pneumonien kommt, was Viren sind und ihre eventuelle Funktion am nächsten. Ich finde es schade, daß sich Mediziner, Intensivmediziner und besonders Internisten nicht zu Worte melden - erst der Rechtsmediziner findet Thromben und entzündete Venen - keine Arterien!

A. Ostrovsky / 12.06.2020

@Karla Kuhn Frau Kuhn, ich verstehe Ihr Entsetzen. Stellen Sie sich mal vor, die Gottkanzlerin soll mal Physik studiert haben. Physik ist eine der exakten Wissenschaften, wo man mit Geschwätz keinen Blumentopf gewinnt. Da muss man exakte Messungen und exakte Rechnungen vorweisen und drei Mal die Probe gemacht haben. Da muss man sein gesamtes Vorgehen so dokumentieren, dass es jeder andere Physiker nachmachen kann und damit verifizieren kann, ob er zu den selben Ergebnissen kommt. Hätte sie ein Handwerk gelernt, müsste man ihr jetzt dringend raten, sich das Lehrgeld zurückgeben zu lassen. Das ist aber nicht der erste “wissenschaftliche” Aussetzer. Hätte sie irgendwas von einer exakten Wissenschaft verinnerlicht, hätte sie sofort erkannt, dass der Drosten ohne Belege fabuliert. Sie war noch nicht mal in der Lage zu erkennen, dass andere Fachleute, die sich öffentlich zu Wort gemeldet haben, Recht hatten.  Oder, die andere Möglichkeit: Sie hat ihre Erfahrungen und Erkenntnisse “vergessen” müssen, weil man sie unter Druck gesetzt hat, eine Agenda zu bedienen, die von vornherein die Wissenschaft nur als Feigenblatt verwendet hat, um rücksichtslose Machtinteressen zu bemänteln, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen, und über die es schon ganz viele “Verschwörungstheorien” gibt. Immerhin ist Bill Gates KEIN Wissenschaftler, er versteht nichts von Statistik, kan gerade mal in digitaler Logik denken, und hat einen Hintergrund von Geburtenbegrenzung und Rassenhygiene über beide Eltern und seine Unterstützung von Geheimdiensten kann nur ein Blinder übersehen. Er ist weder ein guter Programmierer, noch ein guter Systementwickler. Er ist ein Machtauthist mit sehr starken Neigungen zur Weltherrschaft. Die C-Krise trägt seine Signatur! Merkel hat sich vermutlich untergeordnet. Vielleicht wird sie mit geheimer Waffentechnologie gezwungen. Wenn ich da an die Zitteranfälle denke…. Also die Ukraine ist CIA-Territorium. Deutschland vermutlich auch,

Lars Flöter / 12.06.2020

Lächerliche Nummer hier mit “Tony” und “Dani” zu prahlen! Mal davon abgesehen, dass Leute wie Koch vor Gericht gehören (und nicht weil das social distancing in nem Fiat 500 schwerlich funktioniert habe dürfte), ist es nun mal Makel der C Prominenz mit den Natel-Nummern der B -Prominenz zu prahlen! Was Sie, Stadler, hier erzählen, ist Grundwissen Physikum und man schämt sich für Ihren Gratismut, mit den ollen Kamellen erst um die Ecke zu kommen, wenn die absehbare Aufregung den Altersruhestand definitiv nicht mehr gefährdet! Genau diese Typen sind das GANZE Problem der Corona-Krise…

A. Ostrovsky / 12.06.2020

Wenn ich die Gottkaiserin wäre, die ihrem Volk jeden Wunsch von den Lippen abliest, wäre ich jetzt orientierungslos. Ja was will mein geliebtes Volk eigentlich? Wollen sie mehr Restriktionen oder weniger? Soll die Polizei nun mit Härte gegen ältere Damen vorgehen, oder die jungen Menschen mit Hintergrund gewähren lassen? Wollen die Menschen nun den Maulkorb oder wollen sie ihn nicht. Wenn ich also als Gottkaiserin nur auf die Vertreter meines Volkes hören könnte, deren Ruf bis zu mir vordringt, wüsste ich jetzt nicht weiter. Dashalb hier für meine geliebte Gottkaiserin ein Vorschlag, wie ich es machen würde: Ich hätte zuerst den Wieler, den Schleimer und Konformist aus dem Spiel genommen. Dann hätte ich jemanden bestimmt, der die Gesundheitsämter auf Trab bringt. In einer Situation, die jeden Tag anders sein kann, dürfen die nicht am Wochenende zwei Tage zusperren. Ohne solide Datenbasis sind keine soliden Entscheidungen möglich. Ich hätte die Labore verpflichtet, alle Proben, positive und negative zu melden, hätte ganz früh repräsentative Test vorbereitet, und hätte mit der Schlamperei aufgeräumt, dass nur Personen mit Symptomen getestet werden und dann auch noch nur die positiven Ergebnisse gemeldet werden, die aber mit fünf Tagen Verspätung. DAS WAR DER FEHLER! Wer im Nebel auf Sicht fährt und dann Scheuklappen vor den Augen hat, der SOLL BITTE nichts entscheiden. Es ist also nicht die Frage, ob die falschen Entscheidungen schnell oder langsam getroffen werden. Sie sollen gar nicht getroffen werden, stattdessen die richtigen. Und dann den hochkarätigen Sachverstand von Dr. Wodarg und anderen arrogant verketzern, das war UNVERZEIHLICH, Eure Durchlaucht. Geben Sie den Thron frei für bessere Kaiser*innen! Und haben Sie an der Uni in Leipzig wirklich keine Statistik gelernt? Waren sie an der Uni in Leipzig?  Oder wo?

Karsten Dörre / 12.06.2020

@Ulrich Jäger, “Zurück auf dem Weg zur Normalität, würde es uns Bürgern jetzt guttun, wenn sich einige Panikmacher entschuldigen würden.” (Zitat aus dem Artikel von Prof. Dr. Stadler). Darauf bezog sich mein Einwand zur Entschuldigung. Eine Entschuldigung ist ein Schuldeingeständnis, da man sich mit der Entschuldigung entschulden will, von Schuld befreien. Also obacht, wenn Sie “Entschuldigung” sagen ;)

Paul Höß / 12.06.2020

Die hier angeführte Mail habe ich schon am Sonntag (22.3.) als Antwort für einen “Besorgten” verfasst. >Einfach zum Nachdenken: >Arme Menschen sterben früher als Reiche. >Also können wir eine negative Korrelation des BIP zur Sterbewahrscheinlichkeit annehmen. >Das BIP betrifft 82 Mio. Menschen in Deutschland, auch eine extrem geringe Korrelation verursacht eine hohe Anzahl von Toten. >CoronaVIRUS Infizierte sind derzeit etwa 40.000 bis 80.000 Menschen in Deutschland. >CoronaHYSTERIE betrifft 82 Mio. Menschen in Deutschland. >Ich gehe davon aus, daß die Zahl der Toten, die von der KoronaHYSTERIE verursacht werden, die Opfer des KoronaVIRUS um mindestens einen Faktor 10 übertreffen. >Wenn wir also nur NICHTS täten, würden wir wahrscheinlich tausende Menschenleben retten. KoronaVIRUS Infektion ist eine körperliche messbare Krankheit. KoronaHYSTERIE betrachte ich dagegen als Geisteskrankheit, ähnlich wie Schizophrenie, die aber im Unterschied dazu, hochansteckend ist und besser als eine Massenpsychose charakterisert werden kann.  

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