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Panorama Berlin

Protest gegen Corona-Maßnahmen – Politiker kritisieren Verhalten der Teilnehmer scharf

Veranstalter beendet laut Polizei Demo – Protest geht aber weiter

Tausende haben in Berlin gegen die Maskenpflicht zum Schutz vor Corona-Ansteckungen protestiert – größtenteils ohne Mundschutz und Abstand. Nach einer Strafanzeige beendete der Veranstalter die Demonstration.

Quelle: WELT/ Thomas Vedder

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Tausende Menschen demonstrierten in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Regeln wie Mundschutz oder Abstand wurden kaum eingehalten. Politiker kritisierten das Verhalten der Teilnehmer scharf. „Ja, Demonstrationen müssen auch in Corona-Zeiten möglich sein. Aber nicht so.“

Trotz steigender Infektionszahlen haben am Samstag Tausende Menschen in Berlin gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie protestiert. Nach Schätzungen der Polizei schlossen sich bis zu 17.000 Menschen einem Demonstrationszug auf der Straße des 17. Juli an, rund 20.000 beteiligten sich anschließend an einer Kundgebung. Die Demonstranten forderten ein Ende aller Auflagen.

Da bereits während der Demonstration die Hygiene-Regeln nicht eingehalten wurden, stellte die Polizei Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung. Der erklärte den Demonstrationszug am Nachmittag für beendet. Weil auch auf der anschließenden Kundgebung viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versammlung aufzulösen. Die Veranstalter seien nicht in der Lage, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, sagte ein Polizeisprecher.

Die Teilnehmer der Demonstration propagierten das Ende der Pandemie, während die Zahlen weltweit weiter ansteigen: Innerhalb eines Tages hätten sich weltweit 292.000 Menschen infiziert, teilte die WHO am Freitagabend mit – ein neuer Rekord. Und auch die Neuinfektionen in Deutschland sind zuletzt wieder angestiegen. Laut Robert-Koch-Institut wurden 955 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages gemeldet.

Polizisten tragen einen Teilnehmer der Corona-Demonstration in Berlin weg
Polizisten tragen einen Teilnehmer der Corona-Demonstration in Berlin weg
Quelle: REUTERS

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn unterstrich das Demonstrationsrecht, zugleich äußerte er aber harsche Kritik am Berliner Protestzug geäußert. „Ja, Demonstrationen müssen auch in Corona-Zeiten möglich sein. Aber nicht so“, schrieb der CDU-Politiker am späten Samstagnachmittag auf Twitter.

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Abstand, Hygieneregeln und Alltagsmasken dienten dem Schutz aller. Die Pandemie sei nur „mit Vernunft, Ausdauer und Teamgeist“ zu meistern. „Je verantwortlicher wir alle im Alltag miteinander umgehen, desto mehr Normalität ist trotz Corona möglich“, betonte Spahn.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte die Teilnehmer scharf. Die Demonstranten würden die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen und riskierten damit die Gesundheit anderer Menschen, sagte Müller in der rbb-Abendschau. Es gebe noch keinen Impfstoff und kein Medikament, man sei noch nicht über den Berg.

„Die größte Verschwörungstheorie ist die Corona-Pandemie“

Zu sehen waren bei der Demonstration Ortsschilder und Fahnen verschiedener Bundesländer. Ihrem Unmut über die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus machten die Menschen mit Trillerpfeifen und Rufen nach „Freiheit“ oder „Widerstand“ Luft. Auch Parolen wie „Die größte Verschwörungstheorie ist die Corona-Pandemie“ waren zu hören.

Zur Demonstration aufgerufen hatte unter anderem die Initiative„Querdenken 711", die bereits seit Wochen in Stuttgart demonstriert. Nach Angaben von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) riefen auch verschiedene Neonazi-Organisationen zur Teilnahme auf.

Eine junge Frau winkt der Menschenmenge zu, die bei der Demonstration gegen Corona-Maßnahmen über die Friedrichstraße zieht
Eine junge Frau winkt der Menschenmenge zu, die bei der Demonstration über die Friedrichstraße zieht
Quelle: dpa/Christoph Soeder
Abstandsregeln und Mundschutz? Fehlanzeige
Abstandsregeln und Mundschutz? Fehlanzeige
Quelle: AP/Markus Schreiber
Ein Schild mit der Aufschrift "AHA Regel der Freiheit: Aufwachen, Hinterfragen, Absetzen der Maske & der Regierung" ragt aus der Menschenmenge vor dem Brandenburger Tor
Ein Schild mit der Aufschrift „AHA Regel der Freiheit: Aufwachen, Hinterfragen, Absetzen der Maske & der Regierung" ragt aus der Menschenmenge vor dem Brandenburger Tor
Quelle: dpa/Paul Zinken
Zu der Demonstration hat die Initiative „Querdenken 711" aufgerufen
Zu der Demonstration hat die Initiative „Querdenken 711" aufgerufen
Quelle: dpa/Christoph Soeder

Das Motto der Kundgebung lautet „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“. Den Titel „Tag der Freiheit“ trägt auch ein Propagandafilm der Nazi-Ikone Leni Riefenstahl über den Parteitag der NSDAP 1935. In Stuttgart hat die Initiative bereits wiederholt demonstriert.

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„Ziemlich voll geworden“

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Auf Twitter schrieb die Polizei bereits am Mittag, es sei bei der Versammlung auf der Straße Unter den Linden „ziemlich voll geworden“. Die Teilnehmer seien auf ausreichende Abstände und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung hingewiesen worden.

Laut Polizei wurde es „ziemlich voll"
Laut Polizei wurde es „ziemlich voll", 1100 Beamte sind im Einsatz
Quelle: REUTERS

Menschen mit Mund-Nasen-Schutz wurde aus dem Protestzug „Masken weg“ entgegengerufen. Zu größeren Zwischenfällen kam es zunächst nicht. An mehreren Stellen wurden Protestzug und Gegendemonstranten von Polizeieinheiten abgeschirmt. Gegendemonstranten unter dem Motto „Omas gegen rechts“ riefen dem Zug „Nazis raus“ entgegen, der Spruch schallte als Echo zurück.

Auch Gegendemonstrationen wie "Omas gegen Rechts" sind angekündigt
Auch Gegendemonstrationen wie „Omas gegen rechts“ sind angekündigt
Quelle: AFP/JOHN MACDOUGALL
Teilnehmer einer Gegendemonstration stehen an der Ecke Torstraße/Tucholskystraße
Teilnehmer einer Gegendemonstration stehen an der Torstraße Ecke Tucholskystraße – sie tragen Mundschutz
Quelle: dpa/Christoph Soeder

Unverständnis für die Demo gab es von politischer Seite. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schrieb auf Twitter: „Tausende #Covidioten feiern sich in #Berlin als ,die zweite Welle‘, ohne Abstand, ohne Maske. Sie gefährden damit nicht nur unsere Gesundheit, sie gefährden unsere Erfolge gegen die Pandemie und für die Belebung von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Unverantwortlich!“ Brandenburgs CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann schrieb auf Twitter: „Wieder 1000 Neuinfektionen/Tag, und in Berlin wird gegen Corona-Auflagen demonstriert? Diesen gefährlichen Blödsinn können wir uns nicht mehr leisten.“

Eine ebenfalls für Samstag angemeldete Veranstaltung des Verschwörungstheoretikers Attila Hildmann war im Vorfeld unter anderem wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung untersagt worden. Es war das zweite Verbot einer Hildmann-Kundgebung in Folge.

Korrektur: In einer früheren Version des Textes wurden 18 verletzte Polizisten angegeben. Dies wurde jedoch von der Nachrichtenagentur dpa korrigiert. Die Zahl der verletzten Beamten bezog sich auf Einsätze beim gesamten Demonstrationsgeschehen in Berlin. Die Polizei kann derzeit nicht sagen, ob und wie viele dieser Vorfälle der Kundgebung von Corona-Gegnern zuzuordnen sind.

dpa/AFP/wolf/cwu/jr

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