Melchiades
1535

§3.Die christliche Ehe ein Sakrament.

Dieser göttlichen Lehre gemäß lebte und webte Eleazar.

Ohne das Gebet , den Besuch des Gottesdienstes , den oftmaligen Empfang der hl. Kommunion im
Verein mit seiner Gemahlin irgendwie zu beschränken,

erfüllte er treu alle Pflichten als Gutsherr und Vasall des Königs.

Im Kriege war er tapfer und dem Feinde furchtbar,

im Frieden liebevoll gegen seine Untergebenen, dienstfertig gegen Jedermann,

wohltätig gegen die Armen, aus denen er Zwölf an seinem Tische täglich bewirtete.

Wie seine Gattin , besuchte er sehr oft die Spitäler, pflegte eigenhändig die Kranken.

Eines Tages traf er sechs Aussätzige in grauenvollem Zustand.

Mutig nahte er ihnen, tröstete sie freundlich und -

küßte ihre Eiterbeulen , als wären dieselben ein seltenes Heiligtum.

Sogleich standen alle Sechs vollkommen gesund auf, und das ganze Spital duftete

von paradiesischem Wohlgeruch.

In einer Hungersnot verteilte er den ganzen Vorrat an Getreide und -

Gott füllte wunderbar wieder seine leeren Kasten.

Auf die Frage, warum er so verschwenderisch austeile , lächelte er :

„Der liebe Gott tut uns Kindern zuviel Ehre an, indem er Sich herabneigt, kleine Gaben von uns
anzunehmen, damit wir dadurch das Recht erlangen zur Bitte :

„Zukomme uns dein Reich.“

Zu Eleazars Erbgütern gehörte auch die Herrschaft Ariano im Neapolitanischen,

ein Geschenk Karls II. , aber die Inwohner weigerten sich trotzig ,

diesen jungen Franzosen als ihren Herrn anzuerkennen ,

spotteten über seinen Milchbart und drohten mit bewaffneten Widerstand.

Eleazar , weit entfernt , ihnen zu zürnen und sein Recht mit Gewalt zu verteidigen,

benahm sich desto wohlwollender und gütiger gegen sie.

Seine Freunde rieten ihm , die Haupträdelsführer an den Galgen zu hängen ,

die Aufgehetzten werden dann schon zahm werden.

Der edle Fürst erwiderte :

„Soll ich meine Regierung mit Morden anfangen? Es ist kein Ruhm für den Löwen,

ein Lamm zu zerreißen , aber ein großer für das Lamm ,

über einen Löwen zu triumphieren.

Ich hoffe zu Gott , daß ihr dieses Wunder bald sehen werdet.“

Und wirklich schnell legte sich die Aufregung , die Verführten bekannten reuevoll ihr begangenes
Unrecht und ehrten in dem Landesherrn ihren Vater.

Diesmal verwunderte sich sogar Delphina über die heldenmütige Selbstbeherrschung
ihres Mannes und lobte:

„Aber was bist doch du für ein Wesen , daß du gegen solche Unbill eine so milde Heiterkeit
zu bewahren vermagst !“


Eleazar belehrte sie :

„Bei dergleichen Vorkommnissen schaue ich nur auf den Gekreuzigten Jesus

und denke :

„Schlügen meine Unterthanen mich auch ins Gesicht,

so wäre dies gar nichts im Vergleich zu dem,

was Du , o Jesus !

von mir und für mich - armes Geschöpf - duldest.“