eiss
3436

Einige Gedanken zur politischen Hetze der letzten Wochen

Sind politische Lügen grundsätzlich abzulehnen?
Nein.


Politische Lügen können ihren Nutzen und Zweck haben. Das klassische Beispiel ist Nero, der den Brand von Rom gelegt und am Fenster stehend auf seiner Leier dazu gespielt haben soll. Kann so nicht gewesen sein. Neros Lehrer, Seneca, gilt noch heute als Guter und auf Agrippina, seine Mutter, sind die Kölner heute noch stolz, denn ihr haben sie den Altar zu verdanken. Aber die Verschwörungstheorien über Nero haben einen unseligen Politiker für alle Zeiten bis hinein in die heutigen Hollywood-Filme diskreditiert. Ein anderes Beispiel ist die Darstellung von 9/11 als einem neuen Pearl Harbor, ein Bild, das den Nutzen hat, die amerikanische Politik in eine einfache Bildsprache zu übersetzen. Politische Lügen können zweckdienlich sein, vom Trojanischen Pferd bis hin zu 9/11. Die politische Frage ist also immer, wem dient die Lüge? Deshalb hier einige Gedanken zu den Lügen unserer Zeit.

Beten die Muslime einen Götzen an?
Nein.


Vielmehr ist das Erstarken des Islam in Deutschland ein Zeichen der Hoffnung, dass der in der Mitte unserer Kultur vollzogene Aufstand gegen Gott nicht für immer herrschen muss.

“Father?” – “Yes, son?” – “I want to kill you.“ So singt es Jim Morrison in “The End”. Die Gottessöhne und -schwestern treffen sich im Gottesdienst, im Stuhlkreis um den Tisch, zum gemeinsamen Mahl der Erinnerung. Und manchmal an Karfreitag, in dieser ganz anderen Liturgie des Leidens und Sterbens, geraten wir ins Grübeln und fragen uns, wo eigentlich der Vater geblieben ist. Kam er im Osten um oder war er im KZ? Starb er im Feuersturm oder auf der Flucht? Oder ging er in die Vernichtung? Jedenfalls fehlt er. Aber das sind flüchtige Gedanken, die schnell wieder von der Hoffnung, der Liebe und grenzenloser Barmherzigkeit verdrängt werden. Und wenn einer zu sehr an diesen Erinnerungen leidet, dann kann vielleicht mit psychologischer Betreuung das Trauma verarbeitet werden.

Der Islam stört diese stille und friedliche Idylle emanzipierter Gottessöhne, weil er die Erinnerung an den Vater hochwühlt. Aber statt Betroffenheit über die eigene Tat auszulösen, statt wieder vor Ihm niederzuknien, antworten diese Emanzipierten mit Hass auf jene, die die Erinnerung an den Vater nicht verschwinden lassen. Deshalb ist der Hass auf den Islam auch dort am stärksten, wo die Emanzipation von den christlichen Grundlagen unserer Kultur am stärksten vorangeschritten ist.

Kann der Kampf gegen den Islam das Christentum stärken?
Nein.


Das Christentum siegt aus der Liebe und der Überlegenheit seiner Glaubenswahrheiten. Dort, wo das Christentum mit Krieg verbreitet wurde, hat das nur funktioniert, wenn das Christentum als Muster einer überlegenen Kultur auf eine unterlegene Kultur traf, und diese unterlegene Kultur durch die Adaption des christlichen Glaubens sich stärken und rüsten konnte.

Die Kreuzzüge sind umgekehrt ein Beispiel dafür, wie es läuft, wenn die bekämpfte Kultur keineswegs unterlegen ist. Faktisch haben die Kreuzzüge den Islam samt der antiken heidnischen Philosophie nach Europa hineingezogen und stärker denn je gemacht.

Ähnlich verläuft es heute mit dem amerikanischen Krieg der Kulturen. Die Fixierung auf einen Gegner („Der Islam ist unser Unglück“) mag pragmatisch richtig sein, weil mit Hassparolen Menschen eingeschüchtert und zu emotionalen Ausbrüchen verleitet werden können. Schon Ludendorf hatte in der „Totale Krieg“ zu seinen Erfahrungen mit dem Ersten Weltkriegs geschrieben, dass die Kriege der Zukunft in einer modernen Gesellschaft nur dann erfolgreich geführt werden könnten, wenn der eigenen Bevölkerung ein Gefühl existenzieller Bedrohung vermittelt werden könnte. Aber im kulturellen Resultat stärken solche Konfrontationen den Bekämpften. Am Ende des Kampfes gegen das Christentum macht Rom das Christentum zur Staatsreligion. Die arabischen Staaten sind zerschlagen und werden reorganisiert. Aber der Islam wird global aus der Konfrontation gestärkt hervorgehen. Und das hat auch innere Gründe, weil es eben sehr wohl eine Nähe von Islam und Reformation, von Luther und Mohammed gibt.

Kann der Kampf gegen den Islam wenigstens das sogenannte christliche Abendland stärken?
Nein.


Das Abendland ist Westen, der sich in Distanz zum Osten, der aufgehenden Sonne, dem Licht, definiert. Mit der Entdeckung Amerikas hat das christliche Abendland aufgehört, hier zu existieren oder eine für Europa sinnvolle Bestimmung zu sein. Europa kann nicht mehr Abendland sein, weil Westen nun jenseits des Atlantiks liegt und dieser Westen zur globalen Führungsmacht der Reformation (nebst diverser Aliasbegriffe) aufgestiegen ist. Europa kann aber auch deshalb nicht Morgenland werden. Europa liegt in der Mitte einer neu zu definierenden globalen Weltordnung, und Deutschland muss sich als die Mitte von Europa verstehen. Wir brauchen eine Bestimmung der Mitte und des Maßes unserer Ziele.

Die Hetze gegen den Islam und Flüchtlingswelle aber ist im politischen Kalkül nur jener Kontext, der nach der Osterweiterung nunmehr die Süderweiterung der EU vorbereitet. Denn eine grundlegende Vorkehrung gegen einen Flüchtlingsstrom mit Völkerwanderungscharakter kann nur sein, die nordafrikanischen Staaten zu stabilisieren, einen Assoziiertenstatus für diese Länder zu schaffen, um dann den Flüchtlingsstrom vom Meer an die Grenzen dieser Länder zu verlagern. Im Ergebnis einer solchen Süderweiterung (und Grenzsicherung) der EU wird der Islam zu der stärksten religiösen Kraft angewachsen sein.

Kann Deutschland die Mitte Europas werden?
Ja, aber mit Einschränkungen.

Das Hauptproblem Deutschlands ist der Charakter der Deutschen, das Schwanken zwischen Minderwertigkeitsgefühlen und Überheblichkeit, zwischen triefendem Nationalismus und globalen Phantasien einer besseren Welt mit guten Menschen. Eigentlich sind wir Deutsche die idealen Nummer-Zwei-Kandidaten, mit unserem Fleiß und unserer Sachlichkeit und Beharrlichkeit. Aber als Nummer Eins haben wir große Probleme, Maß und Mitte zu finden und zu wahren, Recht auch mit Gerechtigkeit und Milde zu verbinden, zu führen ohne zu verführen. Wir sonnen uns in Verantwortungslosigkeit, aber es fehlt uns eine Kultur der Herrschaft, die Herrschaft als Aufgabe und Schutz der eigenen Bevölkerung versteht. Mit der reformatorischen Ich-Kultur können wir nur Nummer-Zwei sein, denn für die Nummer Eins bräuchten wir einen tiefen Glauben an den Sinn und die Bestimmung unserer eigenen Kultur. Wir bräuchten einen Karl den Großen, aber im Grunde sind wir bei Lenin, der schon seinerzeit erkannte, dass im Sozialismus eine Köchin den Staat regieren könne. Wir brauchen eine kulturrevolutionäre Erneuerung quer durch die ganze Gesellschaft, die uns verändert und neu entdeckt. Denn nur wer an sich glaubt, kann seinem Nächsten beistehen und nur wer an Gott glaubt, kann an sich glauben.

Kann der katholische Glaube die Mitte Europas werden?
Ja, aber mit langem Atem.

Das vor uns liegende Europa hat in seiner Geschichte nur einen Anhaltspunkt und Anker, von dem aus es seine Größe, Macht und seine Werte ordnen kann: das ist Rom, aber das Rom des Pantheon. Aber ein Europa, das Religionen duldet, ist mehr als ein Europa der französischen Revolution, dessen Toleranzbegriff aus der Terrorherrschaft der Vernunft Robespierres stammt. Ein Europa der Toleranz gegenüber den Religionen der Menschen wäre ein Fortschritt und ein kultureller Rahmen, in dem Gutes wachsen kann.
elisabethvonthüringen
Noch ein Gedanke bezw. eine Beobachtung zum Thema "Warum gerade jetzt -- auf Knopfdruck":
Als 2004 im Dezember der Tsunami (bis dorthin war der Begriff hierzulande unbekannt) im Indischen Ozean wütete, verzogen sich in manchen Gegenden die Tiere schon Tage vorher in höhere Regionen. Das ist nachweislich geschehen. Es war der Instinkt, der zum Überleben beitrug!
Kann es nicht auch sein, dass sich …Mehr
Noch ein Gedanke bezw. eine Beobachtung zum Thema "Warum gerade jetzt -- auf Knopfdruck":

Als 2004 im Dezember der Tsunami (bis dorthin war der Begriff hierzulande unbekannt) im Indischen Ozean wütete, verzogen sich in manchen Gegenden die Tiere schon Tage vorher in höhere Regionen. Das ist nachweislich geschehen. Es war der Instinkt, der zum Überleben beitrug!

Kann es nicht auch sein, dass sich nun viele "Flüchtlinge", ihrem Instinkt folgend, einfach auf den Weg aus einer Gefahrenzone heraus machen und (vermeintlich) sicherere Gefilde aufsuchen?? Die wenigsten werden von den Großangelegten weltweiten Militärmanövern wissen, es aber durchaus spüren, dass "Was" in der Luft liegt!!

PS. Vielleicht habe ich mir - in den Bergen lebend - doch eher den gesunden Instinkt (modern sagt man "Bauchgefühl") bewahren können, als es den Großstädtern möglich war??

Übrigens: Heute ist Fatimatag UND Elul 29... 😉 🤗 😇
elisabethvonthüringen
<<Wieso gerade jetzt, wie auf Knopfdruck, dieser Ansturm von Millionen? Es herrscht klar ein gesetzloser Zustand.
Die Verwaltung ist am Anschlag, alle Ordnungskräfte am Boden.
DAS ist es, was Seehofer vor Augen hat.
Und wir alle abkriegen werden.<<
Was wir früher unter "gesundem Hausverstand" verstanden (und ausdrücken durften) fällt heute unter den Begriff "Hetze"...kann es das sein?
Gut, die …Mehr
<<Wieso gerade jetzt, wie auf Knopfdruck, dieser Ansturm von Millionen? Es herrscht klar ein gesetzloser Zustand.
Die Verwaltung ist am Anschlag, alle Ordnungskräfte am Boden.
DAS ist es, was Seehofer vor Augen hat.
Und wir alle abkriegen werden.<<

Was wir früher unter "gesundem Hausverstand" verstanden (und ausdrücken durften) fällt heute unter den Begriff "Hetze"...kann es das sein?

Gut, die Generation, die die "verordnete Sprachlosigkeit" erlebt hat-es ist nun 80 Jahre her- ist am Absterben. Die Nachkommenden haben diese "Überlebensweise" nicht mitbekommen, bezw. wollten damit auch nicht konfrontiert werden und sehen die heutige "Strategie" im Lichte eines Gutmenschentums, das einen eschatologischen Gedanken erst gar nicht (mehr) zulässt...

Vielleicht zwingt hilft uns "Der Islam" sogar, den Unterschied zwischen Gutmenschentum und Christentum wieder sichtbar zu machen?
Ein weiterer Kommentar von elisabethvonthüringen
elisabethvonthüringen
Danke, lieber eiss für diese nachdenkenswerten Gedanken...ich habe nachgedacht:
Gibt es überhaupt einen "Kampf gegen den Islam"? Darf es den (politisch?) überhaupt geben??Wir sind doch dazu verdonnert aufgerufen, uns gegenseitig zu ehren, schätzen, lieben und achten...(bis dass der Tod uns scheidet???????????????)
Kann es sein, dass Gott, der Herr, den Islam dazu gebraucht, das Christentum wieder …Mehr
Danke, lieber eiss für diese nachdenkenswerten Gedanken...ich habe nachgedacht:

Gibt es überhaupt einen "Kampf gegen den Islam"? Darf es den (politisch?) überhaupt geben??Wir sind doch dazu verdonnert aufgerufen, uns gegenseitig zu ehren, schätzen, lieben und achten...(bis dass der Tod uns scheidet???????????????)

Kann es sein, dass Gott, der Herr, den Islam dazu gebraucht, das Christentum wieder zum Leuchten zu bringen??

Kann es jemals ein "Europa der Toleranz" geben? Was ich momentan sehe, ist da eher ein "Europa des Fatalismus' " im Entstehen, nach dem Motto: Es soll jeder (an das) glauben dürfen was er will und was ihm gut tut und gefällt......
<<<Wir sonnen uns in Verantwortungslosigkeit, aber es fehlt uns eine Kultur der Herrschaft, die Herrschaft als Aufgabe und Schutz der eigenen Bevölkerung versteht. Mit der reformatorischen Ich-Kultur können wir nur Nummer-Zwei sein, denn für die Nummer Eins bräuchten wir einen tiefen Glauben an den Sinn und die Bestimmung unserer eigenen Kultur.<<< O Gott, wie wahr...