Heilwasser
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Der Wert des nötigen Kompromisses

Der Wert des nötigen Kompromisses

Heute möchte ich mal über den Wert und die Sinnhaftigkeit
des Kompromisses reden, weil dies dem ein oder anderen
vielleicht gar nicht bewusst ist. Auch oder vor allem Leute,
die sich im katholischen Glauben ganz streng nehmen und
vielleicht zum Skrupulantentum neigen, sollten sich folgende
Betrachtung vor Augen führen.

Es könnte sein, dass ein gläubiger Mensch überall das Gute
anstrebt und doch in eine Sackgasse gerät. Er versucht viel
zu beten, ja noch viel mehr als die Pflicht verlangt, um immer
eins draufzusetzen. An dieser Stelle sollte er auf jeden Fall
schon mal gründlich untersuchen, warum er immer eins
draufsetzen möchte. Befriedigt er damit vielleicht einen
egoistischen Zwang, der darin besteht, sich über die andern
erhaben fühlen zu können? Dann kommt noch die Meinung
hinzu, überall seinen Willen durchsetzen zu müssen, da er
ja weiß, dass er viel betet und sich darum bald unbewusst
für erleuchteter und geistlich fortgeschrittener hält als andere.
Also macht er es sich zur Aufgabe, überall da mit dem
Kopf durch die Wand zu wollen, wo man seinen Auffas-
sungen widerspricht oder entgegenhandelt. Das geht sogar
so weit, dass er an anderen nicht akzeptieren kann, dass
sie spirituell noch nicht so weit sind. Natürlich bringt ihm
das viel Gegenwehr ein und er kriegt ständig eine auf den
Deckel, doch das stört ihn bald nicht mehr, denn er sagt
sich: ich bin das Opfer, die andern sind schuld. Und so
versteift er sich in dieser Opferrolle und sieht sich als
Märtyrer inmitten von Leuten, die er als Störer, Ungläubige
oder Toren ansieht. Kompromisse sind für ihn wie selbst-
verständlich eine Art Glaubensabfall.

Ist das wirklich der christliche Weg und eine gute katholische
Spiritualität?
Ist es nicht vielmehr so, dass ein Heiliger völlig
unkompliziert ist, weil er flexibel denken und sich dem
Nächsten auch anpassen kann, ohne im Glauben Abstriche
machen zu müssen? Obiger wird sagen, in jedem Kompromiss
liegt ein Stück Verleugnung, ich sage, im nötigen Kompromiss
liegt das wertvolle Opfer. Ich denke, man sollte einerseits
sehr fest im katholischen Glauben stehen, andererseits, wozu
er gerade befähigt, kompromissbereit und sehr flexibel sein,
wenn es um Dinge geht, wo es gar keinen Grund gibt, störrisch
zu sein und wo man es im Gewissen gut verantworten kann. Das
sind ja gerade die täglichen kleinen Opfer aus Nächstenliebe,
wenn ich Willensverzicht üben muss. Wer aber von der
Durchsetzungsfähigkeit des eigenen Willens so über-
zeugt ist und davon lebt, soll wissen: Er muss sein Ego
dringend zurückfahren! Katholische Frömmigkeit be-
deutet, dem anderen zu helfen und auf seine Belange,
Nöte und Sorgen einzugehen und gerade nicht, ihm
ständig eine selbstgefertigte Schablone, die man selber
als Ideal ansieht, überzustülpen. Das ist grundverkehrt!
Wir sollen den anderen immer da abholen, wo er gerade
steht und bedenken, wie langsam wir uns selber ändern.
Außerdem sollen wir den anderen gar nicht bekehren
wollen! Tatsächlich nicht? Nein, ganz sicher nicht, denn
als Jesus sprach, kehrt um und glaubt an das Evangelium,
meinte er jeden Einzelnen selbst. Wir müssen uns selber
ändern und werden somit Vorbild für die anderen. Wir
geben nur Zeugnis von der Wahrheit, bekehren aber
tut der Herr! Das müssen wir einmal verinnerlicht
haben, damit wir uns von dem Zwang lösen, andere
nach unserer Schablone ausrichten zu wollen. Jesus
behandelt nämlich jeden ganz einzigartig. Er hat
1000 Möglichkeiten. Er führt jeden anhand seiner
ganz speziellen Talente, Fähigkeiten und Neigungen
ans Ziel, nie anders. Der Wind des Heiligen Geistes weht
in der Seele so sanft, weil sich die persönlichen Neigungen
nur sanft bewegen lassen. Der Mensch ist nunmal ein
störrischer Esel und das weiß der Herr nur zu gut.

Nicht unsere Meinungen sind ausschlaggebend, sondern
das Mitgefühl, das Eingehen und die Hilfsbereitschaft
dem anderen gegenüber! Augustinus sagt mit Paulus
einmal: Wer den Nächsten nicht liebt, den er sieht,
kann Gott nicht wahrhaft lieben, Den er nicht sieht.

Joannes Baptista
Der Grad zwischen Müßigkeit und Aktionismus ist sehr schmal. Besser mehr beten als zu wenig. Sicher, in Demut, doch sich der Gefahr bewusst seien, dass die Zeit kurz ist und viele Strafen durch Gebet abgemildert werden können.
Heilwasser
Stimmt. Es gibt aber tatsächlich auch die Variante, dass Leute nur noch aufs Gebet schauen und das restliche Leben völlig vergessen. Die meinen, das sei richtig so. Ich kenne eine solche Person und die machte sich das Leben so sehr schwer durch ihre Beterei, dass sie letztendlich in der Klapse landete. Nun hat sie sich wieder gefangen und daraus gelernt. Darüber hinaus kenne ich noch so manch …Mehr
Stimmt. Es gibt aber tatsächlich auch die Variante, dass Leute nur noch aufs Gebet schauen und das restliche Leben völlig vergessen. Die meinen, das sei richtig so. Ich kenne eine solche Person und die machte sich das Leben so sehr schwer durch ihre Beterei, dass sie letztendlich in der Klapse landete. Nun hat sie sich wieder gefangen und daraus gelernt. Darüber hinaus kenne ich noch so manch anderen, der es ähnlich machte und auch da türmen sich die Probleme auf. Ich kenne auch jemand, zu dem der Herr sagte: Begnüge dich mit Weniger. Und diesem Umstand ist mal der Artikel geschuldet.
Heilwasser
Es ist sogar so, dass die Muttergottes einmal sagte: Die Heiligen dachten am Anfang immer, sie müssten Heldentaten vollbringen, doch das wäre gar nicht nötig gewesen. Einfach nur ein geordnetes Frömmigkeitsleben wünscht der Herr. Alles andere baut darauf auf, aber man kann die Kür nicht vorwegnehmen, indem man die weltlichen Pflichten als unwichtig betrachtet.
Joannes Baptista
Ich verstehe, was Sie meinen. Die Gefahr ist tatsächlich nicht zu unterschätzen!
Heilwasser
Ist es gut, eine ideale Schablone zu haben, die man überall anwendet? 🤔
Heilwasser
Die Schablone kann vielleicht helfen, doch sicher nicht in jedem Fall.